Autor:innen:
O. Kordonouri (Hannover, DE)
I. Böttcher (Hannover, DE)
B. Aschemeier (Hannover, DE)
E. Marquardt (Hannover, DE)
T. Biester (Hannover, DE)
L. Galuschka (Hannover, DE)
I. Müller (Hannover, DE)
K. Lange (Hannover, DE)
J. Christoph (Hannover, DE)
D. Stiller (Hannover, DE)
P. Achenbach (München, DE)
F. Haupt (München, DE)
A. Ziegler (München, DE)
T. Danne (Hannover, DE)
Hintergrund:
Typ-1 Diabetes (T1D) und Familiäre Hypercholesterinämie (FH) werden oft relativ spät diagnostiziert. Die Diagnose des T1D bei Kindern wird häufig erst gestellt, wenn bereits eine lebensbedrohliche Ketoazidose vorliegt. Demgegenüber wird heute das Auftreten von multiplen Insel-Autoantikörpern als früher Typ-1-Diabetes definiert, der Interventionen zur Vermeidung schwerer Ketoazidosen ermöglicht. Auch mit einer frühzeitigen Diagnosestellung der FH im Kindesalter können Symptome einer Arteriosklerose im jungen Erwachsenenalter hinausgezögert oder vermieden werden.
Ziel:
Angebot eines einmaligen kombinierten Screenings auf frühen T1D und FH für alle Kinder in Niedersachsen und frühe Einleitung gesundheitsfördernder Beratung und Maßnahmen gegen krankheitsspezifische Risiken.
Studiendesign: Populationsbezogenes Screening für Kinder im Alter von 2 bis 6 Jahren während der Vorsorgeuntersuchungen oder anderer Routinevorstellungen beim Kinder-/Hausarzt und standardisierter Follow-up der betroffenen Kinder und Familien in spezialisierten Zentren.
Methodik:
Kapilläre Blutentnahme zur Bestimmung der T1D spezifischen Inselautoantikörper (IAA, GADA, IA-2A, ZnT8A; HelmholtzZentrum München) und von LDL-Cholesterin (Diabeteszentrum Auf der Bult, Hannover) sowie Erhebung der krankheitsspezifischen Familienanamnese mittels Fragebogen. Bei positiver Befunderhebung erfolgt eine Kontrolle und bei Bestätigung eine krankheitsspezifische Schulung und Begleitung der betroffenen Familien. Mögliche psychische Belastungen durch das Wissen um erhöhte Gesundheitsrisiken werden strukturiert durch die Medizinische Psychologie der MHH untersucht. Follow-up-Untersuchungen sind bis zum 12. Lebensjahr oder bis zu 6 Monaten nach T1D-Manifestation geplant.
Vorläufige Ergebnisse:
Aktuell haben 1.155 Kinder (53,4% Jungen; Alter: 3,61,3 Jahre; Alter der Mütter: 34,75,9 Jahre; Alter der Väter: 37,76,7 Jahre; MWSA) am Screening teilgenommen. Bei 43 (3,7%) Teilnehmern konnte auf Grund unzureichenden Probenvolumens oder einer Totalhämolyse die Untersuchung nicht durchgeführt werden. 55/1.112 (4,8%) Kinder hatten erhöhtes LDL-Cholesterin (>135 mg/dl), 2/825 (0,24%) multiple T1D Inselautoantikörper. Bei 10/19 Kindern konnten die erhöhten Lipidwerte durch eine Zweitbestimmung bestätigt werden.
Schlussfolgerung:
Die ersten Ergebnisse des Fr1dolin-Screenings in Niedersachsen liefern erwartete Prävalenzen für das Vorliegen eines frühen T1D (ca. 1:300) aber deutlich höhere für FH (1:200) in der Allgemeinbevölkerung.
Implikationen:
Das Fr1dolin-Screening soll helfen, den Typ-1 Diabetes und die Familiäre Hypercholesterinämie in ihren frühen Stadien zu identifizieren und zu behandeln. Dabei sollen Ketoazidosen bei Diabetesmanifestation bzw. Herzinfarkt und Schlaganfall vorgebeugt und den betroffenen Familien Schulungsprogramme und die Teilnahme an innovativen Präventionsstudien angeboten werden.