Background: In Germany, 75% of the persons with dementia (PWD) are community-dwelling. Society and health policy emphasize care for highly dependent older people at their home as long as possible. However, dementia implies a complex interdisciplinary and multi-professional management. Whereas the health care system offers all necessary forms of treatment and care, there is no systematic coordination of medical and care services. Dementia care networks (DCN) aim to overcome this problem to improve treatment and care for people with dementia by integration of relevant health care actors (including GP, specialist physician, pharmacist, nursing care, physiotherapy, ergotherapy). Thus, DCN are a promising approach to improve coordination and to avoid interface problems. However, empirical data concerning the effectiveness of such DCN as well as factors that influence effectiveness and sustainability of DCN are currently missing.
Aims: (1) To analyze the utilization of dementia-specific treatment and care in DCN; (2) to identify (financial) challenges and (3) determinants for success in regional dementia care networks; (4) to support sustainable implementation of successful structures (translation).
Methods: We conducted a multicenter, interdisciplinary evaluation of Dementia Networks in Germany (DemNet-D). Totally 13 DCN and 560 dyads of PWD and their caregivers participated in this study. Qualitative analyses were based on standardized interviews with representatives of the DCN, quantitative analyses on primary data obtained in face-to-face interviews with PWD and their caregivers.
Results: (1) Patients in DCN more often received treatment by general practitioners (93% vs. 90%) and neurologist/ psychiatrists (74% vs 31%) and were treated more often with anti-dementia drugs (52% vs. 30%) compared to primary and nursing care settings. Furthermore, these patients received more often non-pharmacological treatments, like physiotherapy (24% vs. 6%) and occupational therapy (15% vs. 6%). (2) Predictors for financial sustainability were a secure funding of more than 50.000$/year for human resource coordinating the DCN, a mix of different financing sources, and investments of the municipality. (3) The scientific evidence concerning “building up”, “financing”, “practicing” and “evaluating” DCN were transferred into practically relevant information on an online-information-portal (www.demenznetzwerke.de) and a toolbox of more than 135 practically relevant documents and instruments obtained from different German DCN. Since the launch of this website in September 2015, more than 8,850 downloads of tools are recorded, meaning that there were on average 600 downloads of tools every month.
Scientific outlook: Results of the DemNet-D study had a policy impact on German legislation: nursing health care insurances now can support DCN with an annual funding of up to 20.000$ per DCN. DCN improve treatment and care in dementia and the funding as well as the online-based toolbox are important steps towards the sustainability of DCN.
Hintergrund.
Der Großteil von Menschen mit Demenz wird von Angehörigen zu Hause versorgt (Frewer-Graumann, 2014). Versorgende Angehörige stellen wichtige Akteure im Versorgungssystem dar. Sie sind aufgrund der Situation stark belastet, nehmen jedoch Unterstützungsangebote wenig in Anspruch. Bedürfnisse der Angehörigen müssten fokussiert werden um langfristig häusliche Versorgungsarrangements zu stabilisieren.
Fragestellung.
Wie ist die aktuelle Angebotsstruktur in der Region? Das regionale Versorgungsangebot soll analysiert werden.
Wie und von wem werden die Angebote in Anspruch genommen? Ergebnisse sollen Informationen über die Nutzungsrate und Prädiktoren der Angehörigen identifizieren. Es soll die Inanspruchnahme und Nutzbarkeit von Unterstützungsleistungen untersucht werden.
Welche Barrieren gibt es hinsichtlich der Nutzung von Angeboten? Individuelle, systemische und institutionelle Barrieren für die Inanspruchnahme sollen ermittelt werden.
Welche regionalen Versorgungslücken gibt es? Es soll herausgefunden werden, welche Personen nicht mit aktuellen Angeboten erreicht werden. Ausgehend davon, dass der ländliche Raum unterversorgt ist, liegt ein Fokus des Projektes in der Analyse der Unterschiede der Versorgung von ländlichem und städtischem Raum.
Methode.
Es handelt sich um ein „Mixed-Method“ Projekt (Ernst, 2004). Nach einer Literaturrecherche werden drei Arbeitspakete durchgeführt.
Drei Fokusgruppen (qualitativ) (Schulz et al., 2012) mit an der Versorgung von Menschen mit Demenz beteiligten AkteurInnen (versorgende Angehörige, Anbieter, Experten) zu folgenden Themen: Inanspruchnahme, Nutzbarkeit von Angeboten, Barrieren, Versorgungslücken. Die Auswertung erfolgte über qualitative Inhaltsanalysen.
Anbieterbefragung (quantitativ) (Raab-Steiner et al., 2016): Online-Fragebogen (n=70); Analyse der Anbieterperspektive.
Angehörigenbefragung (quantitativ): Schriftliche Befragung (n=250); Analyse der NutzerInnenperspektive und des nutzungsspezifischen Verhaltens.
Ergebnisse.
Aktuelle Ergebnisse der Fokusgruppen: TeilnehmerInnen der Angehörigengruppe berichten von Belastungen durch die Pflege und Betreuung, vor allem aber durch den notwendigen organisatorischen Aufwand. Außerdem wird eine fehlende Unterstützung durch eine Grundversorgung als sozialstaatliche Daseinsvorsorge bemängelt. Barrieren der Inanspruchnahme sind die mangelnde Flexibilität und eine fehlende unabhängige Beratung. Häufig greifen versorgende Angehörige auf das private Netzwerk (informelle Hilfen) zurück. Im Optimalfall ergänzen sich formelle und informelle Versorgung.
Die ExpertInnen merken an, dass es im ländlichen Raum an qualifizierter Grundversorgung (Fachärzte, Pflegedienste) fehlt. Der Zugang zu passgenauen Angeboten wird u.a. durch lange Wege und Wartezeiten erschwert. Deutlich wird, dass Netzwerke aufgrund von Konkurrenz zwischen den Anbietern nicht zu Stande kommen, Anbieter nicht individuenzentriert arbeiten und unzureichend an andere Anbieter weitervermitteln.
Ein weiteres Ergebnis ist die fehlende Versorgung von jung erkrankten Menschen (unter 50 Jahren) gleichermaßen im städtischen und ländlichen Raum. Ebenso fehlen Angebote für Erkrankte mit einer früh gestellten Diagnose. Angebote werden hier dringend benötigt.
Zukünftige Ergebnisse: Die Schlussfolgerungen der Fokusgruppe werden zukünftig durch Ergebnisse der bevorstehenden Befragungen ergänzt. Mithilfe der vorliegenden Ergebnisse werden die Befragungen konzipiert. Es sollen Ergebnisse zu Angebotsstrukturen, zur Nutzungsrate, zu Prädiktoren, zu Versorgungslücken und zu Barrieren gewonnen werden.
Diskussion.
Die Ergebnisse verdeutlichen, wie komplex, heterogen und individuell die Versorgungssituation ist und dementsprechend flexible und passgenaue Unterstützungsangebote notwendig sind. Erkenntnisse über Prädiktoren, Barrieren und Nutzbarkeit sollen zu einer passgenauen Weiterentwicklung von Versorgungsangeboten führen.
Oft verhindert Bürokratie professionelle, bedarfsgereiche Angebote, die für Wohlbefinden der Betroffenen sorgen könnten. Deutlich wird daher: Die Kommune muss diese Problematik erkennen, weil sich nur über die Wirtschaftlichkeit im ländlichen Raum die Frage nach der Passgenauigkeit von Angeboten und Bedarfen nicht lösen lässt. Notwendig sind Anreize durch die Kommune, damit dort Angebote etabliert werden. Hierzu leistet das Projekt im Sinne einer Entwicklung einer gesamtgesellschaftlichen Versorgungsstruktur einen Beitrag.
Praktische Implikationen.
Ergebnisse des Projektes sollen eine passgenaue Weiterentwicklung der Angebotsstrukturen ermöglichen. Akteure der Region erhalten die Ergebnisse als Manual mit Hinweisen zur Verbesserung der Versorgungssituation.
Hintergrund: In Anbetracht der steigenden Prävalenz- und Inzidenzraten von Demenzen haben Studien zur Versorgungssituation von Betroffenen und pflegenden Angehörigen in den vergangen zwanzig Jahren stark zugenommen (Alzheimer‘s Association 2015). Die Forschungsergebnisse zeigen, dass die Pflege demenziell erkrankter Personen in Deutschland vorwiegend im familiären Kontext erbracht wird (Unger R, Rothgang H 2013). Bislang ist jedoch wenig über alleinlebende an Demenz erkrankte Personen und deren Versorgungssituation bekannt. Mit Blick auf die zunehmende Singularisierung der Haushalte im Alter (Statistisches Bundesamt 2015) sind solche Daten jedoch unerlässlich, um den künftigen Versorgungsbedarf zu identifizieren und neue Interventionsansätze zu erproben. Vor diesem Hintergrund werden in der Studie Alleinlebende mit einer Demenzerkrankung am Beispiel der Stadt Oldenburg in den wissenschaftlichen Blick gerückt.
Fragestellung: Welche soziodemografischen Merkmale (Alter, Geschlecht, Gesundheitsstand) kennzeichnen alleinlebende Personen mit einer Demenzerkrankung? Welche Formen der sozialen Unterstützung spielen bei der häuslichen Pflege eine Rolle?
Methode: Um Daten zu alleinlebenden demenziell Erkrankten in Oldenburg zu gewinnen, wurden alle dort ansässigen Pflegedienste (N=24) Anfang Jahr 2017 per Telefon und Email kontaktiert. Insgesamt haben sich 23 Pflegedienste bereit erklärt, an der Studie teilzunehmen. Dazu haben sie auf postalischem Wege einen Fragebogen zur „Ambulanten Pflege alleinlebender demenziell veränderter Personen“ erhalten. Zum aktuellen Befragungszeitpunkt (März 2017) haben zehn Pflegedienste den Fragebogen zurückgesendet (derzeitige Ausschöpfungsquote 41,6%), wovon neun Fragebögen als gültig gewertet werden können. Um den Rücklauf zu erhöhen, sind bis Ende April zwei Nachfassaktionen geplant. Die Auswertung der Daten erfolgt deskriptiv.
Vorläufige Ergebnisse: In den befragten Pflegeeinrichtungen werden momentan 614 Personen ambulant betreut, wovon 1/5 der Pflegebedürftigen (n=128) eine ärztlich diagnostizierte Demenzerkrankung aufweisen. Etwas weniger als die Hälfte der Betroffenen (n=54) lebt allein zu Hause - 37% sind davon hochaltrig (über 85 Jahre). Die Demenzprävalenz ist bei Frauen mit 60% höher als bei Männern; der weibliche Anteil alleinlebender demenziell Erkrankter fällt mit 70% im Vergleich zum männlichen noch höher aus. Über die Hälfte der alleinlebenden demenziell erkrankten Personen weisen schwere Beeinträchtigungen in der Selbstständigkeit auf (Pflegegrad 3). Über 20% der Betroffenen wurden in Pflegegrad 4 bzw. 5 eingestuft. Die Inanspruchnahme des ambulanten Pflegedienstes wird in erster Linie von Familienangehörigen (53%) initiiert. Am zweithäufigsten veranlasst ein rechtlicher Betreuer/ eine rechtliche Betreuerin (20%) die ambulante Versorgung. Bei 15% der Betroffenen wird die ambulante Pflege durch ärztliches Personal (behandelnder Hausarzt/ behandelnde Hausärztin oder Krankenhauspersonal) eingeleitet. Die Initiative, einen ambulanten Pflegedienst zu bemühen, geht am wenigsten von den/der Betroffenen selbst aus (3%). Der Großteil der alleinlebenden demenziell Erkrankten nimmt neben der ambulanten Pflege hauswirtschaftliche Unterstützung und/oder weitere Serviceleistungen wie z.B. Essen auf Rädern in Anspruch. Darüber hinaus übernehmen bei 59% der Betroffenen Familienangehörige Pflege- und Betreuungsleistungen. In der häuslichen Pflege erhalten andere Unterstützungsformen wie Ehrenamt (12%) und Freundeskreis/Nachbarschaft (16%) den geringsten Stellen-wert.
Diskussion: Die Ergebnisse machen den großen sowie geschlechtersensiblen Versorgungsbedarf von alleinlebenden Personen mit Demenz deutlich. Es kann gezeigt werden, dass Personen mit dieser Erkrankung im hohen Lebensalter und auch mit schwerer Beeinträchtigung der Selbstständigkeit allein leben können. Dies kann in den meisten Fällen (nur) ermöglicht werden, weil sich die Betroffenen auf die Unterstützung ihrer Angehörigen verlassen können. Somit stellt die häusliche Versorgung bei an Demenz erkrankten Personen ohne familiäre Ressourcen eine besondere Herausforderung dar. Die Studienbefunde machen deutlich, dass sich die Betroffenen in aller Regel nicht eigenständig professionelle Unterstützung suchen. Mit der künftigen Abnahme des Anteils familiärer Pflege kommt daher der Vernetzung kommunaler Akteure sowie einem „demenzfreundlichen“ Umfeld eine enorme Bedeutung zu.
Praktische Implikationen: Aus den Ergebnissen ergeben sich folgende Fragen an die Praxis:
1. Wie können Alleinlebende mit einer Demenzerkrankung ohne familiäre Ressourcen für Versorgungsangebote erreicht werden?
2. Welche geschlechtsspezifischen Unterschiede müssen bei der häuslichen Versorgung beachtet werden?
3. Wie funktioniert eine Vernetzung auf Struktur- und Individualebene, um prekäre Versorgungssituationen zu verhindern?
Background: Dementia is turning out to be one of the major challenges for health-care systems in western societies. 24 million people are affected nowadays and the number is expected to double every 20 years. According to current guidelines the key for treatment and care is a state-of the art diagnosis. In Germany however, not every person with dementi ain primary care is diagnosed by a specialist for various reasons. The aim of this presentation is to compare people with dementia in primary care that have been diagnosed by a dementia specialist with people being treated soley in routine care.
Methods: This analysis is part of the DelpHi-study, an intervention trial to test the efficacy of an intervention in primary care. A sample of 485 patients of general practitioners in residency took part in this study. A comprhensive assessment including sociodemographics, clinical and other health-related variables was conducted in all patients. We divided the sample into 2 groups according to a patient had consulted a specialist of the neuro-psychiatric profession in the last 12 months or not. We approacched these specialists and asked for imaging data of these patients.
We analysed the association between consultancy of sdpecialsists and age, sex, functional ability, partnership status, cognitive status and depressive symptoms using logistic regression analyses. Furthermore, we re-analyzed MR-images using easy-to-learn and applicable scores (Fazekas, Schelten and Wahlund)
Results: There is an association between visit to a specialsist and age (younger) and functional ability (less impaired). We could not support the literature about a gender bias in receiviing specialist care. However, we found a mismatch between cognitive testing results, diagnoses and the re-analyzed scores on the MR-images. Results can be discussed in the light of over-/ undertreatment and the need to identify indicators for specialist treatment. Easy to learn analyzing technics for imaging diagnostics could be one approach.
Projektbedarf:
Die Zahl der Menschen mit Demenz steigt stetig an: Derzeit sind in Deutschland nach Angaben der Deutschen Alzheimer Gesellschaft 1,4 Millionen Menschen an Demenz erkrankt, weltweit geht man von ca. 47 Mio. Betroffenen aus. Die Zahl wird voraussichtlich bis 2030 auf 74 Mio. und 2050 auf mehr als 131 Mio. steigen.
Im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung können Menschen mit Demenz gegenüber den Pflegenden und Angehörigen häufig keine Auskunft mehr zu ihrer Biografie, ihrem Tagesablauf und Routinen geben. Wären diese Informationen jedoch den Pflegenden zugänglich in den Systemen für die Pflegeinformation bzw. -dokumentation, könnten gezielte Aktivierungsmöglichkeiten in den Pflege- und Betreuungsalltag einbezogen werden, die bei den Betroffenen zu noch mehr Wohlbefinden und Lebensqualität führen gegenüber dem heutigen Status Quo.
Projektziele und -umsetzung:
Ziel des Projekts Perlen ist es, ein ganzheitliches IT-System zur Dokumentation und Alltagserfassung sowie persönlichen Lebensdokumentation für Menschen mit Demenz zu entwickeln. Der Zusammenhang zwischen Demenz und Diabetes ist ebenfalls Untersuchungsgegenstand des Projekts, da Patienten mit Diabetes Typ-2 überproportional häufig von Demenz betroffen sind und sich Folgen einer Unterzuckerung in neurokognitiven Defiziten äußern können.
Die Entwicklung des IT-Systems erfolgt durch Einsatz modularer technischer Assistenzsysteme wie tragbarer Computersysteme (sog. Wearables: Erfassung von Bewegungen und Vitalparametern: z.B. Aufzeichnung des Schlafrhythmus), interaktiven Benutzerschnittstellen (z.B. sog. Tangible Interfaces, die die Interaktion mit physischen Gegenständen ermöglichen), Smartphones und Tablets sowie der Möglichkeit, bestimmte Aspekte des Menschen mit Demenz aus seiner Biografie im IT-System für den Pflegealltag zur Verfügung zu stellen. Das System soll dazu beitragen, die aktivierende Pflege zu unterstützen, den Dokumentationsaufwand zu verringern und die Qualität der Pflege durch einen besseren Informationsfluss zwischen den Pflegebedürftigen, Angehörigen und Pflegefachkräften zu steigern.
Durch das Perlen-System können die an der Pflege beteiligten Personen besser auf den Betroffenen eingehen, ihn individueller, bedarfsgerechter und situativ unterstützen. Für den Erkrankten selbst soll sich die eigene Situation durch diese individuelle Pflegeassistenz deutlich verbessern.
Hintergrund
Vor dem Hintergrund des demographischen Wandels und dem damit verbundenen Anstieg Älterer und hochaltriger Menschen, nimmt die Häufigkeit demenzieller Erkrankungen zu. Für die häufigsten Demenzformen bestehen im Krankheitsverlauf aufgrund der fortschreitenden Einschränkungen kognitiver, motorischer und visueller Funktionen erhöhte Risiken für die Fahrsicherheit. Die Nutzung eines Autos stellt allerdings insbesondere in ländlichen Regionen eine wesentliche Möglichkeit für den Erhalt der Mobilität dar und trägt damit zur Sicherung der sozialen Teilhabe bei. So fährt ein bedeutender Anteil der Menschen im frühen Demenzstadium weiterhin. Die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt und der richtigen Art und Weise einer Ansprache ist für die beteiligten Akteure mit Unsicherheiten behaftet. In einem Forschungsprojekt, das von der Deutschen Alzheimer Gesellschaft e.V. gefördert wird, wurde daher systematisch der aktuelle internationale Forschungsstand ermittelt.
Fragestellung
Welche Bedarfslagen in Bezug auf den Umgang mit dem Autofahren bei Demenz lassen sich aus den Perspektiven von Patienten/innen mit Demenz, pflegenden Angehörigen und Hausärzten/innen im internationalen Forschungskontext identifizieren? Welche internationalen Erkenntnisse zum Umgang mit dem Thema Autofahren und Demenz lassen sich auf das Beratungssetting in der Hausarztpraxis im deutschen Versorgungskontext übertragen?
Methode
Die Suchstrategie wurde mit Unterstützung der Düsseldorfer Cochrane Group erstellt. Die Suche erfolgte in den Datenbanken Medline, Embase, Cochrane, CINAHL, PsychINFO, BASE und Psyndex.
Die Durchsicht der Abstracts erfolgte durch zwei unabhängige Reviewer/innen. Eingeschlossen wurden Interventionsstudien, Beobachtungsstudien, qualitative Forschungsarbeiten und Reviews einbezogen. Die eingeschlossenen Volltexte wurden in einem multiprofessionellen Team analysiert.
Ergebnisse
Es konnten insgesamt 1.732 Abstracts (ohne Duplikate) ermittelt werden. Unter diesen konnten 39 relevante Arbeiten identifiziert werden, die im Volltext ausgewertet wurden. Die Ergebnisse zeigen, dass Patienten/innen, Angehörige und Hausärzte/innen davon ausgehen, dass Fahraktivitäten im fortschreitenden Krankheitsverlauf aufgegeben werden müssen. Ein Großteil der Patienten/innen mit Demenz reduziert die Fahraktivitäten bereits im frühen Stadium und gibt im Verlauf der Erkrankung das Autofahren auch ohne externe Ansprache vollständig auf. Dennoch wird der Umgang mit dem Thema als sehr belastend empfunden und die Ansprache gerade durch Ärzte/innen gewünscht.
Geeignete Strategien und Algorithmen zur Ansprache der Fahrsicherheit und Planung von Mobilitätsalternativen fehlen häufig oder sind nicht bekannt. Ebenso wird ein Mangel an geeigneten Instrumenten zur Erkennung von Fahrsicherheitsrisiken für die Anwendung in der Primärversorgung konstatiert. Aufwendige begleitete Fahrproben sind insbesondere im hausärztlichen Setting nicht realisierbar. Die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Ansprache und Überprüfung der Fahreignung sind im internationalen Kontext ausgesprochen heterogen. Es besteht auf Seiten der Hausärzte/innen Unklarheit bezüglich der rechtlichen Grundlagen und Legitimation zur Ansprache des Themas.
Diskussion
Vor dem Hintergrund der internationalen Studienergebnisse erscheint es sinnvoll, für das deutsche Versorgungssetting eine Handlungsempfehlung zu entwickeln, die zu mehr Sicherheit im Umgang mit dem Thema Autofahren und Demenz in der Hausarztpraxis beiträgt. Aus dem Review ergeben sich erste Schwerpunkte für die Empfehlung. Berücksichtigt werden sollten Inhalte zur frühen Identifikation von Warnhinweisen, zur Ansprache von Fahrsicherheitsrisiken im hausärztlichen Beratungssetting sowie zur partizipativen Entwicklung von Kompensationsstrategien. Die Aufbereitung der rechtlichen Rahmenbedingungen ist dabei entsprechend an gesetzliche Vorgaben sowie das Versorgungssystem in Deutschland anzupassen.
Praktische Implikationen
Eine Empfehlung für die hausärztliche Praxis sollte ein ressourcenorientiertes Vorgehen für die Entwicklung von Strategien im Umgang mit relevanten Einschränkungen ermöglichen. Hierzu gilt es, die spezifischen Bedarfe der Menschen mit Demenz, ihrer Angehörigen sowie der Hausärzte/innen für das deutsche Versorgungsetting zu ermitteln und entsprechende Handlungsempfehlungen durch Experten/innen (bspw. juristisch) zu prüfen.
Hintergrund
Menschen mit schwerer Demenz am Lebensende sind von vielfältigen physischen und psychischen Einschränkungen betroffen. Durch ihre eingeschränkten verbalen Kommunikationsmöglichkeiten können sie sich kaum oder nicht mehr zu ihren Bedürfnissen und Wünschen äußern. Dies führt zu einem erschwerten Zugang zu ihrer Bedürfniswelt und zur Notwendigkeit einer sensiblen Begleitung. Ausgehend davon wurde eine Arbeitshilfe für die Altenhilfe entwickelt. Diese soll Versorgende unterstützen, die Bedürfnisse von Menschen mit schwerer Demenz in der letzten Lebensphase zu erkennen und diesen zu begegnen.
Fragestellung
Ziel der Studie ist die Implementierung der Arbeitshilfe in die Versorgungpraxis der ambulanten und stationären Altenhilfe und die Entwicklung einer entsprechenden Verfahrensanleitung. Folgenden Fragestellungen soll mit einer formativen Evaluation nachgegangen werden:
• Welche Voraussetzungen und welche Begleitung des Prozesses zur Implementierung der Arbeitshilfe sind notwendig?
• Was sind förderliche und hemmende Faktoren für die Implementierung?
Methode
Studiendesign: Die formative Evaluation der Implementierung folgte überwiegend einem qualitativen Ansatz mit quantitativen Anteilen. Im Rahmen einer Einführungsveranstaltung wurde die Arbeitshilfe den Versorgenden vorgestellt. Im Anschluss wendeten sie die Arbeitshilfe für ca. 8 Wochen an und führten dabei Bedürfnisanalysen von Menschen mit schwerer Demenz durch.
Datenerhebung: Mittels Fragebögen wurden zur Einführung der Arbeitshilfe Items zum Belastungserleben, Skalen zum Handlungsspielraum und zur Veränderungsmüdigkeit der Versorgenden (Fragebogen 1), sowie eine Bewertung nach Anwendung der Arbeitshilfe (Fragebogen 2) erhoben. Der begleitende telefonische Austausch und weitere Kontakte mit den Einrichtungen wurden dokumentiert. Des Weiteren wurden Fokusgruppen mit Versorgenden zu ihren Anwendungserfahrungen durchgeführt. Mögliche Wirkungen auf die Menschen mit schwerer Demenz wurden mittels der Bedürfnisanalysen erhoben. Zur Anpassung der Verfahrensanleitung an die Praxisanforderungen diente ein Evaluations-Workshop mit den teilnehmenden Einrichtungen.
Auswertung: Die qualitativen Daten wurden inhaltsanalytisch ausgewertet, weiterhin erfolgte eine überwiegend deskriptive Analyse der quantitativen Daten.
Ergebnisse
Aktuell konnte die Arbeitshilfe in 6 stationären und 5 ambulanten Einrichtungen der Altenhilfe eingeführt werden. 7 Fokusgruppen wurden geführt mit insgesamt 48 Versorgenden. 53 Mitarbeitende beantworteten Fragebogen 1 und 14 Mitarbeitende Fragebogen 2. Das Belastungserleben der Versorgenden war gering ausgeprägt, sie hatten einen mittleren bis hohen Handlungsspielraum und eine geringe Veränderungsmüdigkeit. Die Bewertung der Arbeitshilfe fiel positiv aus. 18 Bedürfnisanalysen von Menschen mit schwerer Demenz wurden erstellt. Dabei wurde die Erfüllung zuvor unerfüllter Bedürfnisse der Betroffenen sichtbar.
Positiv für den Implementierungsprozess wirkten sich u.a. das Vorhandensein einer Schlüsselperson, zur Moderation des Prozesses innerhalb der Einrichtung, und die Möglichkeit zur Auseinandersetzung mit der Arbeitshilfe während der Arbeitszeit aus. Die Erstanwendung erforderte zeitliche und personale Ressourcen.
Die Versorgenden berichteten eine Sensibilisierung für die Bedürfnisse von Menschen mit schwerer Demenz und die Vorteile der individuellen Betrachtung dieser. Der vermehrte Austausch im Team ermöglichte eine umfassendere Kenntnis des einzelnen Betroffenen.
Diskussion
Die Arbeitshilfe unterstützt die Versorgenden im Prozess der Bedürfniserkennung und der Gestaltung einer personenzentrierten Versorgung. Versorgende erhalten Unterstützung zur bedürfnisorientieren Versorgung, dem Erkennen und Erfüllen von Bedürfnissen von Menschen mit schwerer Demenz. Die Arbeitshilfe kann so zur Steigerung der Lebensqualität von Menschen mit schwerer Demenz und zur Verringerung von Unsicherheiten der Versorgenden beitragen.
Praktische Implikationen
Die Arbeitshilfe unterstützt die personenzentrierte Versorgung für Menschen mit schwerer Demenz. In einem nächsten Schritt können die Wirkungen auf die Betroffenen und die Versorgenden in der breiten Anwendung erfasst werden. Zur Verbreitung und Etablierung der Arbeitshilfe erscheint die Entwicklung eines Multiplikatoren-Konzeptes zur Implementierung sinnvoll.
Background
Alzheimer’s disease (AD) is one of the most common neurodegenerative diseases in the elderly with more than 600.000 patients in Germany. Curative therapies for AD are lacking. Earlier studies showed positive effects of antidementia drugs (ADDs) on the patients’ cognition, the ability to perform activities of daily living, and the global clinical impression. Current guidelines of the German neurological and psychiatric associations recommend a symptomatic treatment of mild to moderate with acetylcholine esterase inhibitors. Memantine is only recommended for the treatment of patients with moderate to severe AD. Recent studies showed that the use of ADDs in German dementia patients ranges from 42% to 52% with a lower prescription rate among nursing home inhabitants.
Objective
Earlier studies assessed the use of ADDs in Germany on the basis of claims data, not containing information on patients’ severity of dementia and further clinical status. Therefore, we used primary data to evaluate patients’ cognitive status by means of the Mini-Mental Status Examination (MMSE) and assessed the prescription of ADDs ac-cording to the guideline recommendations. Additionally, we hypothesized that the prescription of ADDs is associated with the patients’ clinical status and socio-demographic characteristics such as age, gender, living situation, and level of care.
Methods
In this cross-sectional study, 395 community-dwelling (n = 272) and institutionalized (n = 123) patients with AD were consecutively recruited together with their primary caregivers from five study sites in Marburg-Biedenkopf, Germany. The use of ADDs was identified by the ATC-codes N06AD02 (Donepezil), N06AD03 (Rivastigmine), N06AD04 (Galantamine), and N06AX01 (Memantine). Patients were classified into four severity groups depending on their MMSE score: mild cognitive deficits (27 - 30 pts.), mild dementia (20 - 26 pts.), moderate dementia (10 - 19 pts.), and severe dementia (0 - 9 pts.). The further clinical assessment comprised the patients’ ability to perform activities of daily living (Alzheimer’s Disease Cooperative Study-Activities of Daily Living, ADCS-ADL), the presence of neuropsychiatric symptoms (Geriatric Depression Scale, GDS and Neuropsychiatric Inventory, NPI), and the health-related quality of life (HrQoL). Patients’ HrQoL was assessed with the generic EQ-5D index and EQ VAS and the disease-specific QoL-AD (Quality of Life-Alzheimer’s Disease). First, we evaluated the unadjusted bivariate associations between the patients’ socio-demographic and clinical status and the use of ADDs and finally included the independent variables in multiple logistic regression analyses.
Results
ADDs were prescribed in 46.6% of all participants and less often in nursing home inhabitants compared to community-dwelling patients (38.2% vs. 50.4%, Chi²-test: p = 0.025). Additionally, ADDs were more often used in privately insured patients than in patients in the statutory health insurance (71.4% vs. 49.2%, Chi²-test: p = 0.025). Patients using ADDs reported significantly less depressive symptoms (GDS) (29.9% vs. 38.4%, Chi²-test: p = 0.038) and a higher HrQoL according to the QoL-AD (Mann-Whitney U test: p = 0.029) and the EQ-5D index (Mann-Whitney U test: p = 0.001). Patients not treated with ADDs scored slightly higher in the NPI (Mann-Whitney U test: p = 0.587) and lower in the ADCS-ADL (Mann-Whitney U test: p = 0.563), suggesting a higher burden of neuropsychiatric symptoms and a lower ability to perform daily activities.
The majority of patients (79.3%, n = 146) medicated with ADDs were treated by neurologists or psychiatrists. The multiple regression analysis showed that patients with mild to moderate dementia had a higher chance of receiving ADDs (OR 3.752, 95% CI: 1.166 – 12.080 and OR 3.526, 95% CI: 1.431 – 8.688) as well as those treated by neuropsychiatric specialists (OR 2.467, 95% CI: 1.288 – 4.726). Deviating from the guideline recommendations, 39% of the patients with mild cognitive deficits (MMSE 27 - 30) and 48% of the mild demented patients (MMSE 20 - 26) received Memantine.
Discussion and Conclusion
Further research is required to evaluate reasons for the low prescription rate and the partly inappropriate use of ADDs. Generally, the treatment with ADDs can be restricted by medical reasons (contraindications, interactions, adverse events, etc.) and the patients’ adherence to the medication. Additionally, it is possible that the guideline recommendations are insufficiently implemented in the healthcare institutions. Attending physicians, dementia patients and their caregivers should be educated about benefits and risks of a treatment with ADDs and the guideline implementation should be evaluated in further studies. Longitudinal studies are required to determine the causative direction of associations between the use of ADDs and patients’ clinical status.
HINTERGRUND: Schätzungen zufolge leben derzeit 1,6 Mio. Personen mit Demenz (PmD) in Deutschland [1]. Aufgrund des prognostizierten Anstiegs der Lebenserwartung wird davon ausgegangen, dass die Prävalenz zukünftig stark ansteigen wird [2]. Die durchschnittlichen Kosten für im häuslichen Umfeld versorgte PmD im beginnenden Krankheitsstadium betragen pro Jahr mehr als 15.000 EUR. Im schweren Stadium steigen diese auf mehr als 44.000 EUR, wobei der höchste Kostenanteil auf die informellen Pflegekosten entfällt [3]. Die neu überarbeitete S3-Leitlinie “Demenzen” zeigt auf, dass nicht-medikamentöse neben pharmakologischen Interventionen ein zentrales und notwendiges Element in der Behandlung von PmD darstellen [4]. Auf Aspekte der Kostenwirksamkeit von nicht-medikamentösen Verfahren wird im Rahmen der Leitlinie jedoch nicht eingegangen.
FRAGESTELLUNG: Ziel des systematischen Reviews ist die Identifikation von Wirtschaftlichkeitsstudien zu nicht-medikamentösen Interventionen bei PmD.
METHODE: Eine systematische Literaturrecherche wurde für den Recherchezeitraum von 2010 bis 2016 in nachfolgenden Datenbanken durchgeführt: EconLit, Embase, Cochrane Library, PsycINFO und PubMed. Die Suchstrategie der Volltextsuche in PubMed kombinierte beispielsweise 13 Suchbegriffe zum Krankheitsbild der Demenz mit 12 Suchbegriffen zum Thema Kosten. Die Einschlusskriterien für das systematische Review umfassten Zeitschriftenpublikationen zu gesundheitsökonomischen Evaluationen von nicht-medikamentösen Therapien für PmD. Die Qualität der Studien wurde anhand der Drummond-Kriterien bewertet [5].
ERGEBNISSE: Insgesamt entsprachen neun RCT-basierte ökonomische Evaluationen den Einschlusskriterien. Zwei Publikationen beurteilten Interventionen zur körperlichen Aktivierung von zu Hause lebenden PmD. Die Bewegungsprogramme erwiesen sich bezogen auf die Endpunkte Verhaltensauffälligkeit und körperlicher Funktionsfähigkeit als kosteneffektiv.
Eine weitere Studie weist auf die Kosteneffektivität eines strukturierten ergotherapeutischen Aktivitätsprogramms bei PmD mit psychischen Verhaltensauffälligkeiten hin.
Im Bereich der kognitiven Verfahren zeigten die drei eingeschlossenen Studien eine uneinheitliche Evidenz. Die Kostenwirksamkeit einer gruppenbasierten Reminiszenz-Therapie sowie einer individuellen kognitiven Stimulationstherapie im häuslichen Umfeld konnte nicht belegt werden. Im Gegensatz dazu wurde die Wirtschaftlichkeit eines gruppenbasierten kognitiven Stimulationsprogramms von in Pflege- und Tagespflegeeinrichtungen betreuten PmD festgestellt.
In der Kategorie der psychotherapeutischen Verfahren wurden zwei Interventionen als wirksam und kostenneutral evaluiert: kognitive Verhaltenstherapie sowie eine angeleitete gruppenbasierte Selbstmanagement-Therapie.
DISKUSSION: Es gibt Hinweise darauf, dass körperliche Aktivierung, ergo- und psychotherapeutische Verfahren kostenwirksame Interventionen darstellen. Jedoch muss berücksichtigt werden, dass sich die einbezogenen Studien durch ein hohes Maß an methodischer Heterogenität auszeichnen. Dies bezieht sich insbesondere auf die Diversität der Endpunkte, Fallzahlen, Perspektiven sowie Zeithorizonte. Erhebungswerte zur Lebensqualität von PmD sollten mit Vorsicht interpretiert werden, dies gilt auch für Proxy-Erhebungen [6].
PRAKTISCHE IMPLIKATIONEN: Angesichts der steigenden Prävalenz und der aktuell unzureichenden medikamentösen Therapieoptionen, kommt den nicht-medikamentösen Verfahren bei PmD eine wachsende Bedeutung zu. Sie sollten daher im Sinne einer nationalen Versorgungsplanung zukünftig eine stärkere Aufmerksamkeit erfahren.
FÖRDERHINWEIS: Die vorliegende Arbeit wird durch die Karl und Veronica Carstens-Stiftung im Rahmen des Nationalen Graduiertenkollegs "Optimierungsstrategien bei Demenz - OptiDem" (Leitung: Prof. E. Gräßel, Erlangen) gefördert.
[1] Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V. (2016). Informationsblatt 1. Die Häufigkeit von Demenzerkrankungen. Berlin.
[2] Robert Koch-Institut (Hrsg) (2015). Gesundheit in Deutschland. Gesundheitsberichterstattung des Bundes. RKI, Berlin; S. 442-444.
[3] Boess, F. G., Lieb, M., Schneider, E., Zimmermann, T. M., Dodel, R., Belger, M. (2016). Kosten der Alzheimer-Erkrankung in Deutschland – aktuelle Ergebnisse der GERAS-Beobachtungsstudie. Gesundh ökon Qual manag; 21(05): 232-241.
[4] Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde & Deutsche Gesellschaft für Neurologie (2016). S3-Leitlinie "Demenzen".
[5] Drummond, M. F., Sculpher, M. J., Torrance, G. W., O'Brien, B. J., Stoddart, G. L. (2005). Methods for the economic evaluation of health care programme. Third edition. Oxford: Oxford University Press.
[6] Arons, A. M., Krabbe, P. F., Scholzel-Dorenbos, C. J., van der Wilt, G. J., Rikkert, M. G. (2013). Quality of life in dementia: a study on proxy bias. BMC Med Res Methodol; 13:110.
Background
Frontotemporal dementia (FTD) is the clinical term for a pathological, heterogeneous set of neurodegenerative disorders that together are known as frontotemporal lobar degenerations (FTLDs). The neuropsychological and functional abilities in people with FTLD are more severely affected than in individuals with other types of dementia. This has a strong impact on everyday life of people with FTLD, their families and the health care system including financial problems, family conflicts, high rates of depression, substantial caregiver burden and a decrease in health related quality of life. Additionally, the diagnostic process remains difficult with a high rate of misdiagnosis and inappropriate health care service.
(1) There is a clear lack of research on quality of life, coping or social interaction for people with FTLD. Less research has been done addressing the subjective experiences and the lived experience of people with FTLD and their relatives. Especially in Germany only a few studies have aimed on psycho-social factors or health care issues.
(2) Existing analyses on burden of disease are not connected to the broader social network. Data on formal and informal costs and cost-effectiveness of management and treatment for people with FTLD do not exist.
(3) Existing results have methodological limitations concerning their generalizability and validity, are too heterogeneous or do not differentiate in subtypes.
(4) Previous research is mainly based on cross-sectional analyses, thus only able to identify associations. Longitudinal analyses however could describe pathways and identify supporting/ hindering factors for the course of the burden of disease, thus offering target points to develop and design effective interventions
Objectives
DESCRIBE-FTD-HC is an add-on-study to the broader register study of neurodegenerative diseases (DESCRIBE). The overall aim is to provide evidence for the development of specific interventions for people with FTLD and their families by describing and analysing the lived experience, quality of life, psychosocial and health care for people living with FTLD and their association to clinical characteristics of the disease, their changes over time and their differences between FTLD-subtypes.
Design and Methods
Based on a framework developed in previous studies the data will be collected in a longitudinal mixed-method approach focussing on:
1. lived experience and subjective views on specific challenges, needs and adaptation for people living with FTLD and their relatives during the trajectory of the illness
2. different domains of quality of life.
3. psychosocial factors and social health regarding health care utilisation of people with FTLD and their caregivers and social and economic burden of disease including protective or risk factors.
Recruitment/ Eligibility
All participants of DESCRIBE-FTD are eligible to participate in this study and will be asked for their written informed consent at the time of the standard FTLD routine assessment.
Data Assessment/ Data Collection
For the qualitative data collection an explorative approach will be chosen using creative, open and flexible methods to enable participating according to the CORTE-criteria.Therefore people with FTLD and their family members will be interviewed annually in their own home according to their respective disease related abilities using theoretical sampling until saturation of data. All conducted data will be audiotaped, transcribed verbally and analysed using content analysis combined with narrative approaches.
The quantitative data collection will be conducted using standardized questionnaires and computer assisted data assessment (CATI).
Quality of life will be assessed by AAIQOL (self & proxy), BASQUID (self) and the Clinical Insight Rating (proxy) for people with FTLD and the QCRS (Quality of the Current Relationship Scale) for respective family members. KIDSCREEN will be applied in families with children/teens under the age of 18.
Aspects of Social health will be assessed by socio-economic status, RUD, EQ5-D, FIMA, BSSS, HrQoL, DelpHi-ass for people with FLTD. For the Family members SHiP and DelpHi will be used to assess Health status in addition to the Caregiver burden and needs assessment.
Expected results
This research will provide evidence and gain new innovative knowledge about the insights and subjective needs, adaption und usage patterns within the trajectory of living with FTLD for concerned persons and their families; the process and associated factors of Quality of life aspects in the course of the disease as well as psycho-social aspects, caregiver burden and utilisation of health services and associated factors.
Overall this will be the first step for the development, evaluation and Implementation of individualized and tailored interventions for people with different subtypes of FTLD and their families. In the end this will improve the health care and living situation of people affected.
Hintergrund
Das Projekt beschäftigt sich -am Beispiel von Morbus Parkinson- mit den bislang kaum erforschten Grundlagen des Zusammenspiels situations-, krankheitsbezogener und therapiebedingter Parameter auf Seiten der jungerkrankten Betroffenen und ihrer je spezifischen Ausprägung bei der Entstehung proaktiver bzw. reaktiver Muster der Krankheitsbewältigung.
Junge Menschen mit chronischen Erkrankungen haben aufgrund ihres Lebensabschnittes sowohl in persönlicher, als auch in wirtschaftlicher Hinsicht mannigfaltigere und anderes geartete Bewältigungsanforderungen als ältere Betroffene. Diese resultieren v.a. aus der Tatsache, dass die Jungerkrankten aufgrund ihres Lebensalters privat und beruflich in der Regel noch voller Pläne und Verpflichtungen stecken. Beispielsweise kommt es im Krankheitsverlauf mit Zunahme der Symptomatik häufig zur Erwerbsunfähigkeit, die krankheitsbedingte Frühberentung oder Arbeitslosigkeit nach sich ziehen kann und zumeist an finanzielle Einbuße gekoppelt ist.
Ziel dieses Projektes ist es zentrale Themen der Bewältigung (Anforderungen und Umgangsstrategien) und deren Wechselspiel aufzuzeigen, um daraus resultierende Erfordernisse für die Versorgungsforschung und -gestaltung zu diskutieren.
Fragestellung
1) Welche Bewältigungsanforderungen werden von jungerkrankten Parkinsonbetroffenen im
Krankheitsverlauf beschrieben?
2)Welche unterschiedlichen Umgangsstrategien zur Krankheitsbewältigung werden von den
Betroffenen im eingesetzt?
Methode
Methodisch fundiert sich das Projekt über einen multiperspektivischen Ansatz mit hohem Erkenntnispotential für tertiärpräventive Fragestellung.
Mit 15 jungerkrankten Parkinsonbetroffenen werden prospektive Fallstudien zur Ermittlung der Bedingungen und Formen ihrer Präventions- und Resilienzpotentiale im Zeitverlauf durchgeführt (N=15).
Der Feldzugang erfolgte vorrangig über Selbsthilfegruppen für (jungerkrankte) Menschen mit Parkinson.
Bei den 15 Studienteilnehmenden handelt es sich um kontrastierende Fälle. Einschlusskriterien sind, dass die Diagnosestellung vor dem 45 Lebensjahr stattgefunden hat und mindestens acht Jahre zurückliegt und der sog. medikamentöse „Honey Moon“ sich dem Ende zuneigt oder aber bereits überschritten ist und demzufolge neue Bewältigungsstrategien gefunden werden müssen.
Das Projekt ist auf drei Jahre angelegt und beinhaltet vier Erhebungszeitpunkte.
Die Daten werden aus teilstrukturierten Interviews, Tagebuchaufzeichnungen und einer Gruppendiskussion gewonnen und mittels inhaltlich-strukturierende Inhaltsanalyse sowie einer darauf aufbauenden Typenbildung ausgewertet.
Ergebnisse
Erste Ergebnisse zeigen zum Beispiel, dass es offensichtlich hinsichtlich der Medikamenteneinnahme zwei Gruppen von Patienten gibt: Diejenigen, die strikt nach Zeitplan und diejenigen, die nach aktuellem Körpergefühl vorgehen. Wobei in beiden Gruppen das Einnahmeregime nicht allein durch die aktuelle Befindlichkeit bestimmt wird, sondern auch hinsichtlich eines je individuellen Kalküls über die langfristige (nachlassende) Wirkung der Medikamente bezogen auf zukünftige (berufliche und nichtberufliche) Lebensplanung.
Diskussion
Um jungen Menschen mit chronischen Erkrankungen eine nachhaltige und bedarfsgerechte Unterstützung zuteilwerden zu lassen, müssen sie in der Art und Weise ihres Bewältigungshandelns lebensphasengerecht und entsprechend ihrer subjektiven Bewältigungsstrategien sowie der jeweils vorherrschenden Symptomausprägung unterstützt werden.
Auf der Grundlage erster Ergebnisse zeigt sich, dass eine solche bedarfsgerechte Versorgung häufig große Lücken aufweist. Schon in der Diagnosephase wird aufgrund des relativ geringen Alters der Krankheitsstatus von Professionellen (Ärzten, Physiotherapeuten) und dem sozialem Umfeld oft nicht richtig erkannt und eingeschätzt. Die Patienten werden zwischen den verschiedenen medizinischen Fachdisziplinen und Einrichtungen hin und her überwiesen (= Drehtüreffekte), fachliche Koordination findet kaum statt.
Aber auch im weiteren Verlauf der gesicherten Diagnose mangelt es häufig an einer situationsadäquaten Unterstützung und Fallsteuerung.
Praktische Implikation
Ziel des Projektes ist es, entsprechende Erkenntnisse für die individuelle Anpassung medizinischer, therapeutischer und pflegerischer Versorgungshandlungen nutzbar zu machen, um so zu einer Optimierung phasenbezogenen Beratungs- und Therapieleistungen, etwa einer partizipativen Entscheidungsfindung, zu gelangen. Diese wiederum sind Voraussetzung zur Verbesserung der Resilienz und des Selbstwirksamkeitserlebens der Jungerkrankten und den damit verbundenen positiven Wirkungen auf das Selbstmanagement des Krankheitsverlaufs im Sinne einer tertiären Prävention.
Titel: Patientenverfügungen und Vorsorgevollmachten für die Gesundheits-versorgung bei Hochaltrigen – Ergebnisse der AgeCoDe-AgeQualiDe-Studie
Hintergrund: Der Abschluss von Patientenverfügungen (eng. advance directives, Abk. „ADs“) und Vorsorgevollmachten (eng. power of attorney, Abk. „POA“) könnte wesentlich zum Schutz der Autonomie einer Person im Falle von fehlender Entscheidungsfähigkeit in zukünftigen Situationen der Gesundheitsfürsorge beitragen.
Fragestellung: Da solche Situationen naturgemäß mit zunehmendem Alter häufiger auftreten, war Ziel der Studie (i) Informationen über die Häufigkeit von ADs/POA bei Hochaltrigen zu gewinnen und (ii) Faktoren zu identifizieren, die mit dem Abschluss von ADs/POAs in Zusammenhang stehen.
Methode: Datengrundlage bildet die hausarztbasierte AgeCoDe-AgeQualiDe-Studie mit hochaltrigen Studienteilnehmern 85+. Die Berechnung der Häufigkeiten von ADs und POA für die Gesundheitsversorgung erfolgte mit 95% Konfidenzintervallen. Mittels einer multivariaten logistischen Regressionsanalyse wurde der Zusammenhang zwischen dem Vorhandensein von ADs und POA und den soziodemografischen, kognitiven, funktionalen und gesundheitsbezogenen Merkmalen der Teilnehmer analysiert.
Ergebnisse: Von den 868 teilnehmenden Patienten hatten n=161 Demenz und n=3 waren aus anderen Gründen nicht in der Lage, die Fragen zu beantworten. Von den verbliebenen 704 (81,1%) Studienteilnehmern ohne Demenzerkrankung (Durchschnittsalter=88,7 Jahre; Standardabweichung=3,0) gaben 69,0% (95%-KI=65,6-72,4) an, eine Patientenverfügung zu besitzen und 64,6% (95%-KI=61,1-68,2), eine Vorsorgevollmacht zu haben. Individuelle Merkmale lieferten keine eindeutige Erklärung für die Variabilität beim Vorhandensein/Fehlen von ADs und POA (Regressionsmodell: Nagelkerkes Pseudo-R²=0,034/0,051). Als Begründung für das Fehlen von ADs gab die überwiegende Mehrheit der Patienten an, den Verwandten oder Ärzten zu vertrauen, die richtige Entscheidung für sie zu treffen, falls es notwendig sein sollte (konstatiert von 59,4% und 44,8% der Patienten ohne ADs). Von den Hochaltrigen mit ADs erhielt die Mehrheit Unterstützung bei der Vorbereitung (79,0%), am häufigsten von ihren Kindern/Enkelkindern (38,8%). Bei Patienten mit POA waren Kinder/Enkelkinder ebenfalls die am häufigsten genannte Gruppe der Vertrauenspersonen für den Fall des Inkrafttretens der POA.
Diskussion: Die Ergebnisse weisen auf eine substanziell Verbreitung von Patientenverfügungen und Vorsorgevollmachten bei den Ältesten in Deutschland hin. Einige der Erwachsenen ohne ADs/POA hätten möglicherweise Patientenverfügungen abgeschlossen, wenn sie im Vorfeld besser informiert worden wären oder mehr Unterstützung erfahren hätten.
Praktische Implikationen: Aus oben genanntem Grund wäre es bei der Angebotsplanung von Advanced Care Planning-Programmen für Hochaltrige hilfreich, auf diese besonderen Bedürfnisse zu reagieren und außerdem die einstellungsbezogenen Unterschiede innerhalb dieser Zielgruppe in Betracht zu ziehen.
Hintergrund: Die Versorgung Demenzkranker stellt insbesondere im Zuge der demografischen Entwicklung eine zentrale Herausforderung für das Gesundheits- und Sozialsystem dar.
Methode:
Der Vortrag gibt eine kurze Übersicht zur Versorgung Demenzkranker in Deutschland in den Bereichen Diagnosepraxis, Behandlungs- und Präventionspraxis, beleuchtet verschiedene Versorgungs-Settings und lotet Optimierungsbedarfe aus. Eingebettet in diese Übersicht werden eigene empirische Ergebnisse einer großen im Jahr 2003 gestarteten, multizentrischen prospektiven Kohortenstudie (AgeCoDe/AgeQualiDe-Studie, Individuen ab 75 Jahren zur Basisuntersuchung mit n=3327; 1,5 Jahre Abstand zwischen den Messzeitpunkten) zu den verschiedenen Themenbereichen.
Ergebnisse:
Die Hausärzte stellen nach wie vor wichtige Akteure und erste Ansprechpartner für Senioren bei der Demenzdiagnostik dar. Kassendaten verweisen darauf, dass testpsychologische und bildgebende Verfahren vergleichsweise selten zum Einsatz kommen. Gleiches gilt für die Behandlung mit Antidementiva. Ergebnisse der AgeCoDe-AgeQualiDe-Studie zeigen, dass eine leitliniengerechte Pharmakotherapie mit Acetylcholinesterase-Hemmern und Memantine bei hausärztlich versorgten Patienten nur in einem geringen Umfang stattfindet. Im selben Zug sind Behandlungen mit Neuroleptika sehr häufig und der Gebrauch von potenziell inadäquater Medikation (PIM) ist verbreitet. Die AgeCoDe-AgeQualiDe-Studie identifiziert substantielle ungedeckte Bedarfe bei zu Hause versorgten Demenzkranken. Zudem bleibt vielen Betroffenen ein Heimeintritt nicht erspart. Krankenhäuser erweisen als sich unzureichend auf die Situation Demenzkranker vorbereitet.
Diskussion:
Die Übersicht zum Wissensstand zur Versorgung Demenzkranker identifiziert Optimierungsbedarf und verweist gleichzeitig auf Forschungslücken im Bereich der Versorgungsforschung. Die Hoffnung einer optimierten Versorgung liegt auf einer multiprofessionellen und sektorübergreifenden Versorgung. Hausarztbasierte optimierte Versorgungsmodelle (zum Beispiel Dementia Care Management) und sich zunehmend etablierende Demenzversorgungsnetzwerke sind wichtige Initiativen. Profunde gerontopsychiatrische Kompetenz ist für die Verbesserung der Versorgung auf allen Ebenen unabdingbar.