Autor:innen:
B. Weschke (Berlin, DE)
C. Hertzberg (Berlin, DE)
C. Potratz (Berlin, DE)
K. Kotulska (Warsaw, PL)
K. Riney (South Brisbane, AU)
F. Jansen (Utrecht, NL)
M. Feucht (Wien, AT)
P. Curatolo (Rome, IT)
P. Krsek (Prague, CZ)
R. Nabbout (Paris, FR)
A. Jansen (Brussels, BE)
E. Aronica (Amsterdam, NL)
K. Wojdan (Warsaw, PL)
D. Kwiatkowski (Boston, US)
L. Lagae (Leuven, BE)
S. Jozwiak (Warsaw, PL)
Fragestellung
Kinder mit tuberöser Sklerose (TSC) haben ein Risiko von 70-80% für eine häufig bereits im ersten Lebensjahr manifeste Epilepsie und ein hohes Risiko für eine neurokognitive Entwicklungsstörung (DD)und eine Autismus-Spektrum-Erkrankung (ASD).
Ziele der EPISTOP-Studie sind
(1) die Idenitifikation von klinischen, biochemischen und molekulargenetischen Biomarkern der Epileptogenese bei Kindern mit TSC in den ersten 2 Lebensjahren,
(2) Prüfung der Hypothese, dass eine präventive Behandlung mit Vigabatrin (VGB) vor Auftreten eines ersten Krampfanfalls das Risiko für Epilepsie, DD und ASD im Alter von 2 Jahren vermindern kann.
Material und Methode
Im Rahmen des EU- Fp7-Projekts „EPISTOP“ (Epileptogenesis in a Genetic Model of Epilepsy – Tuberous sclerosis Complex) wurden zwischen 2014 und 2018 unter Beteiligung von 16 Konsortialpartnern 101 bis zu 4 Monate alte, bis dahin anfallsfreie Kinder mit klinisch und/oder molekulargenetisch gesicherter TSC eingeschlossen und bis zum Alter von 24 Monaten engmaschig klinisch und mit Video-EEG, zweimalig (bei Studieneinschluss, mit 24 Monaten) mit cerbraler MRT und viermalig (mit 6, 12, 18 und 24 Monaten) psychokognitiv (Bayley III, ADOS) untersucht. Die Kinder wurden entweder bei Auftreten zumindest fokaler interiktaler epileptiformer Entladungen (IED) im EEG in >1% der Ableitungszeit präventiv oder erst nach Auftreten klinisch erkennbarer Anfälle (konventionelle Therapie)mit VGB in Standarddosis behandelt. In Zentren mit Erlaubnis durch die lokalen/nationalen Behörden erfolgte die Gruppenzuordnung randomisiert. Blutentnahmen erfolgten bei Studieneinschluss, bei Erreichen des EEG-Randomisierungskriteriums oder mit 6 Monaten, beim ersten klinischen Anfall sowie mit 24 Monaten. Hirnbiopsien wurden gegebenenfalls bei einem epilepsiechirurgischen Eingriff entnommen.
Ergebnisse
(1) Eine engmaschige Video-EEG-Dokumentation ermöglichte die Abschätzung des Epilepsie-Risikos bei Kindern mit TSC
(2) Eine hohe Läsionslast im cMRT im Alter von < 4 Monaten korrelierte mit der Prävalenz und der Schwere einer Epilepsie sowie Entwicklungsproblemen mit 24 Monaten
(3) Die Prävention mit VGB bei Auftreten von IED im EEG verringerte das Risiko einer Epilepsie oder verzögerte ihr Auftreten und verminderte das Risiko einer BNS- sowie einer pharmakoresistenten Epilepsie bis zum Alter von 2 Jahren
(4) Ein späterer Epilepsiebeginn war mit einem besseren kognitiven Ergebnis assoziiert
Diskussion
Das Video-EEG ist ein nützlicher Biomarker der Epileptogenese bei Kindern mit TSC. Die Ergebnisse der präventiven Therapie bestätigen die einer vorangehenden Beobachtungsstudie (Jozwiak, 2011). Obwohl Faktoren wie TSC-Mutation und Läsionslast für das Outcome mit entscheidend sind, kann es durch Verhinderung oder Verzögerung einer Epilepsie verbessert werden.
Schlussfolgerung
Kinder mit TSC sollten frühestmöglich diagnostiziert, engmaschig mit Video-EEG verfolgt und bei Auftreten von IED präventiv mit VGB behandelt werden.