Hintergrund
Im Zuge des laufenden Projekts „isPO - integrierte, sektorenübergreifende Psychoonkologie“ wird ein neues Programm zur gestuften psychoonkologischen Versorgung von Menschen mit Krebserstdiagnose entwickelt, implementiert und evaluiert. Primäres Ziel ist es, Ängste und Depressionen im ersten Jahr nach Diagnosestellung zur reduzieren. Die erste Versorgungsstufe des isPO-Programms wird allen teilnehmenden Patient*innen zuteil. Dabei geht es im Wesentlichen um zentrale Informationen, die im Rahmen einer basalen psychosozialen Versorgung ein sogenannter isPO-Onkolotse vermittelt. Es handelt sich dabei um eine von Krebs selbstbetroffene Person, die für ihre Tätigkeit innerhalb von isPO geschult und zertifiziert wird.
Die Rolle des isPO-Onkolotsen besteht darin, „Wegweiser*in“ und „Mutmacher*in“ für die Patient*innen zu sein. Aufgrund eigener Erfahrungen ist er*sie oftmals eher als eine nicht-betroffene Person in der Lage, die Patient*innen-Perspektive einzunehmen und Informationen authentisch zu erläutern. Außerdem werden die isPO-Onkolotsen als Teil des psychoonkologischen Versorgungsteams begriffen.
Im Sinne der Patient*inneninformation besteht die Versorgung durch den isPO-Onkolotsen aus einem Info-Paket „Rund um Krebs“ sowie einem persönlichen Gespräch. Dabei ist explizit festgelegt, dass weder medizinische, psychosoziale oder juristische Ratschläge und Empfehlungen ausgesprochen noch die eigene Krankheitsgeschichte zum Maßstab gemacht werden. Das Info-Paket enthält folgende Bestandteile: Adressen zu wohnortnahen Hilfsangeboten, Informationen zu Leistungsangeboten der Krankenkasse, ausgewählte Broschüren der Krebsgesellschaft NRW und Kontaktadressen zur Krebs-Selbsthilfe und weitergehenden Hilfsangeboten.
Fragestellung
Zur Evaluation der Versorgung durch den isPO-Onkolotsen wird der Frage nachgegangen, inwieweit die von den Patient*innen wahrgenommene Versorgungsqualität einen Einfluss auf die Veränderung ihrer psychischen Belastung (prä-post) hat.
Methode
Als Endpunkt wird die Differenz der Ausprägung von Angst- und Depressionssymptomen der Messzeitpunkte vor Einschreiben in das Versorgungsprogramm (T0) und nach viermonatiger Laufzeit (T1) betrachtet. Gemessen werden diese mithilfe der „Hospital Anxiety and Depression Scale“ (HADS). Die wahrgenommene Qualität der Versorgung durch den isPO-Onkolotsen wird anhand einer schriftlichen Patient*innenbefragung erfasst. Zur statistischen Analyse wird die regression of difference herangezogen. Dabei soll betrachtet werden, inwieweit die wahrgenommene Versorgungsqualität die Varianz der Differenz in den HADS-Werten erklärt.
Ergebnisse
Die Ergebnisse dienen der Bewertung von Qualität und Wirksamkeit der Versorgung durch den isPO-Onkolotsen. Diese erfolgt im Lichte des Forschungsstandes zur informationellen und emotionalen Unterstützung durch eine gleichbetroffene Person (one-to-one peer support) innerhalb der (psycho-)onkologischen Versorgung [1,2].
Diskussion
Interventionen des one-to-one peer support sind international bislang unzureichend untersucht [2], insbesondere deren Wirksamkeit [1]. Somit bietet der Fokus auf die Versorgung durch den isPO-Onkolotsen die Möglichkeit, neue Erkenntnisse zur Selbsthilfeforschung beizutragen.
Praktische Implikationen
Mit der Integration der Selbsthilfe kommt das isPO-Programm der Forderung des Nationalen Krebsplans nach einer „engeren Einbindung der Selbsthilfe in die Versorgung“ nach (siehe Ziel 7) [3]. Außerdem entspricht die Ausgestaltung des isPO-Onkolotsenkonzeptes den Empfehlungen der S3-Leitlinie zur Psychoonkologie [4]. Dies betrifft den Einsatz von Gleichbetroffenen als Gesprächspartner*innen, die Vermittlung von Informationen zum Alltagsleben mit Krebs und zu Angeboten der Krebs-Selbsthilfe, die Qualifizierung von Selbsthilfevertreter*innen und eine Kooperation der psychoonkologischen Fachkräfte mit der Selbsthilfe.
Somit läge im Erfolgsfall mit isPO erstmals ein psychoonkologisches Versorgungsprogramm vor, das die Unterstützung durch eine selbstbetroffene Person als festen und zentralen Baustein vorsieht.
[1] Macvean, A., Coroiu, A., & Korner, A. (2015). One-to-one peer support in cancer care: a review of scholarship published between 2007 and 2014. European Journal of Cancer Care, 24, 299-312.
[2] Meyer, M. L., White, V. M., & Sanson-Fisher, R. (2008). One-to-one volunteer support programs for people with cancer: A review of the literature. Patient Education and Counseling, 70, 10-24.
[3] Bundesministerium für Gesundheit. (2012). Nationaler Krebsplan: Handlungsfelder, Ziele, Umsetzungsempfehlungen und Ergebnisse. Verfügbar unter https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/5_Publikationen/Praevention/Broschueren/Broschuere_Nationaler_Krebsplan.pdf
[4] Leitlinienprogramm Onkologie. (2014). Psychoonkologische Diagnostik, Beratung und Behandlung von erwachsenen Krebspatienten: Langfassung Version 1.1. Verfügbar unter http://leitlinienprogramm-onkologie.de/Leitlinien.7.0.html
Hintergrund:
Die Onkologie ist in Deutschland stark von einer sektorenübergreifenden Versorgung geprägt. Die jüngeren strukturellen Entwicklungen lassen sektorale Grenzen zunehmend verschwimmen. Zusammen mit gesellschaftlichen Entwicklungen und medizinischen Fortschritten verändern sich dadurch die Anforderungen und Ansprüche sowie der Arbeitsalltag ambulant tätiger Hämatologen und Onkologen. Dieser Beitrag greift diese Aspekte auf, wobei auch ein Augenmerk auf die angehenden Mediziner gelegt wird.
Fragestellung:
Wie wirken sich strukturelle, gesellschaftliche und medizinische Veränderungen der ambulanten (onkologischen) Versorgung auf die niedergelassenen Hämatologen und Onkologen aus?
Methode:
Verschiedene Datenquellen, wie die der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (Bundesarztregister, MVZ-Statistik), der Bundesärztekammer (Ärztestatistik), des Berufsverbandes der Niedergelassenen Hämatologen und Onkologen (Mitgliederbefragung, Strukturdatenerhebung) und andere, werden für eine Sekundärdatenanalyse herangezogen und mit Blick auf die Entwicklungen der letzten Jahre deskriptiv und prognostisch ausgewertet.
Ergebnisse:
Innerhalb des ambulanten Sektors ist ein stetiger Rückgang der Anzahl an Einzel- und Gemeinschaftspraxen in den letzten Jahren zu beobachten, während die Anzahl an Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) einen rasanten Anstieg verzeichnet. Diese Entwicklung geht einher mit einem wachsenden Anteil angestellter Hämatologen und Onkologen im ambulanten Sektor. Diese strukturellen sowie parallele gesellschaftliche Entwicklungen (insb. demografischer Wandel, Wertewandel, veränderte Patientenrolle) und medizinische Fortschritte (z.B. komplexere Therapien, Zunahme an Oralia) verändern die Ansprüche und Anforderungen sowie den Arbeitsalltag niedergelassener Hämatologen und Onkologen. Zentrale Merkmale der Auswirkungen, die in diesem Beitrag thematisiert werden, sind unter anderem die zunehmende Komplexität der Versorgung von Krebspatienten, die veränderte Rolle des niedergelassenen Arztes als unternehmerisch selbstständiger Arzt, der Umgang mit Arbeitsbelastung und der Balance zwischen Arbeit und Familie/Freizeit sowie das Wissensmanagement.
Diskussion:
Der Beitrag bietet einen Einblick in die Entwicklung einiger zentraler Merkmale der ambulanten onkologischen Versorgung. Die Auswirkungen dieser Entwicklungen betreffen niedergelassene Hämatologen und Onkologen, aber auch ihre Patienten und deren Versorgung, beispielsweise mit Blick auf die Delegation ärztlicher Leistungen an qualifizierte medizinische Fachangestellte oder die größere Eigenverantwortung der Patienten bei oral verabreichten Chemotherapien.
Praktische Implikationen:
Unterstützende Maßnahmen seitens der Politik, Berufsverbände und auch Wissenschaft müssen ebenso ergriffen werden wie auch Maßnahmen innerhalb der an der onkologischen Versorgung beteiligten Einrichtungen, um den veränderten Bedingungen in der ambulanten Versorgung und den steigenden Ansprüchen an eine forschungsnahe Versorgung in der Fläche gerecht werden zu können.
Hintergrund: Das vorliegende Kommunikationskonzept ist ein longitudinales Kommunikationskonzept für Patienten mit limitierter Prognose (Median < 12 Monate). Es wurde anhand des metastasierten Lungenkarzinoms als Modellerkrankung entwickelt. Als eines der ersten Interventionsmodelle schafft das Konzept eine strukturierte und umfassende Kommunikationslinie für Patienten mit eingeschränkter Prognose und deren spezielle Bedürfnisse. Besonderes Kennzeichen des Konzepts sind die vier strukturierten Gesprächssituationen, die zu definierten Zeitpunkten im Erkrankungsverlauf erfolgen. Darüber hinaus werden diese Gesprächssituationen von einem interprofessionellen Team (Tandem Arzt-Pflege) geleitet. Durch die Einführung des interprofessionellen Teams verändert sich im Besonderen die Rolle der Pflegenden und sie erhalten zudem ein Set von neuen Tätigkeitsbereichen (onkologisches Beratungsteam). Zur näheren Analyse des erweiterten Rollenbilds der Pflege sollen daher die neu entstandenen Arbeitsinhalte und deren zeitlicher Umfang in Bezug auf den Arbeitsalltag untersucht werden.
Fragestellung: Was sind die zentralen Arbeitsinhalte des Onkologischen Beratungsteams? Wie ist die Verteilung der täglichen Arbeitszeit bezogen auf die Arbeitsinhalte im Onkologischen Beratungsteam?
Methode: Zur Exploration dieser Fragen wird eine quantitative Methode gewählt: anhand eines Fragebogens (Tätigkeitsstatistik) wurden im Zeitraum eines Jahres (von Januar 2018 bis Januar 2019) der tägliche Zeitaufwand differenziert nach verschiedenen Aufgabenbereichen von den Pflegekräften des onkologischen Beratungsteams erfasst. Die Auswertung der quantitativen Daten erfolgt mittels der Analysesoftware SPSS und wird in deskriptiver Form anhand von Häufigkeitsverteilungen, deren graphischen Darstellungen und weiteren relevanten Kennwerten abgebildet.
Ergebnisse: Es wird deutlich, dass in Hinsicht auf das neue Tätigkeitsfeld der Pflege der zeitliche Arbeitsschwerpunkt auf die Kommunikation mit dem Patienten fällt. Hierbei kann zwischen verschiedenen Formen der Gesprächssituation (bspw. persönlich, telefonisch usw.) unterschieden werden. Neben der Kommunikation mit Patienten und Angehörigen nehmen zudem besonders administrative Tätigkeiten für den Patienten aber auch Dokumentationstätigkeiten einen wichtigen zeitlichen Anteil im Arbeitsalltag des onkologischen Beratungsteams ein.
Diskussion: In wieweit die zeitliche Erfassung der Tätigkeitsstatistik als Praxisdokument genutzt werden kann, soll diskutiert werden. Dabei zeigt sich, dass das erweiterte Tätigkeitsfeld der Pflege und der zeitliche Umfang dieser Arbeitsinhalte grundsätzlich gut erfasst werden können. Es werden jedoch auch vereinzelt die Grenzen des Instruments deutlich. So können beispielsweise durch die standardisierte Form des Tätigkeitsbogens die individuell, unterschiedlichen Arbeitsformen der einzelnen Pflegenden nur schlecht abgebildet werden.
Praktische Implikationen: Das Praxisdokument der Tätigkeitsstatistik ermöglicht es, die jeweils relevanten Aufgabenbereiche der Pflege im Fall des onkologischen Beratungsteams zu verdeutlichen. Es zeigt auf, welcher Zeitumfang für die jeweiligen Tätigkeitsbereiche benötigt wird. Als Praxisdokument bildet der Tätigkeitsbogen eine Diskussionsgrundlage, um mit dem jeweiligen Pflegenden Abreitstätigkeit und zeitlichen Umfang zu besprechen. Darüber hinaus kann dieses Instrument im Sinne einer Qualitätssicherung als Anstoß zu einem einheitlichen Vorgehen innerhalb der Pflege genutzt werden.
Hintergrund: Im Jahr 2015 lag die altersstandardisierte Prävalenz des malignen Melanoms (MM) bei 0,37% und des nicht-melanozytären Hautkrebses (NMSC) bei 1,7%. Zählt man die Inzidenzraten des MM und des NMSC zusammen, ist Hautkrebs die häufigste Krebserkrankung in Deutschland. Um eine frühzeitige Diagnosestellung zu unterstützen, wurde im Jahr 2008 das gesetzliche Hautkrebsscreening (gHKS) eingeführt. Das gHKS besteht aus einer Hautuntersuchung durch einen Hautarzt oder Hausarzt und kann von gesetzlich Versicherten ab dem 35. Lebensjahr alle 2 Jahre in Anspruch genommen werden.
Fragestellung: Wie ist der Informationsstand der Allgemeinbevölkerung hinsichtlich des gHKS sowie der wahrgenommene Ablauf und Aufwand, sprich Wartezeit und Anfahrtsweg, des gHKS?
Methode: Zufällig ausgewählte deutschsprachige Personen ab 18 Jahren aus der gesamten Bundesregion wurden telefonisch zum gesetzlichen Hautkrebsscreening befragt. Die Querschnittserhebung fand zwischen dem 22.01.2019 und dem 01.02.2019 statt. Inhalte der Befragung waren die Kenntnis über und Inanspruchnahme des gHKS, wobei der Fokus auf den Aufwand und den Ablauf des gHKS gelegt wurde. Die Datenauswertung erfolgte deskriptiv über die gesamte Stichprobe sowie gesondert für die Gruppe der ab 35 Jährigen. Außerdem wurden Subgruppenanalysen für ausgewählte soziodemographische Variablen wie Alter, Geschlecht, Bildungsstatus, Region und Ortsgröße durchgeführt. Um ein repräsentatives Meinungsbild der Gesamtbevölkerung zu erhalten, wurden Gewichtungsfaktoren für diese Variablen miteinbezogen. Ein Teil der Fragen wurde bereits in vergleichbaren Surveys vorangegangener Jahre (2013, 2015, 2017) untersucht und in die Antworten wurden in der Auswertung mit diesen verglichen.
Ergebnisse: Insgesamt nahmen 1.015 Personen an dem Telefonsurvey teil. 60% der Befragten gaben an, dass Hautkrebs kein Thema sei, das sie besorgt. Unter den Männern waren es 69,6% und unter den Frauen 51,2%. Im Vergleich zu den Vorjahren nahm die Besorgnis ab. 44,5% der Befragten wussten, dass gesetzlich Krankenversicherte ab 35 Jahren alle zwei Jahre einen Anspruch auf das gHKS haben. Dieses Wissen nahm mit zunehmendem Alter und Bildungsniveau zu. Von den Befragten haben 452 (44,5%) mindestens einmalig jemals an einem gHKS teilgenommen, Männer seltener als Frauen. Im Vergleich zu Vorjahren war eine steigende Tendenz zu beobachten. Die meisten Teilnehmer (41%) haben maximal zwei Wochen auf Ihren Termin gewartet, wobei Frauen durchschnittlich länger als Männer gewartet haben. Meistens erfolgte die Anfahrt mit dem Auto (61%), mit zunehmender Ortsgröße aber vermehrt auch durch andere Fortbewegungsmöglichkeiten wie öffentliche Verkehrsmittel, Fahrrad fahren oder gehen. Bei 88% der Teilnehmer dauerte die Anfahrt bis zu 30 Minuten und nur bei 2% länger als 60 Minuten. 23% der Teilnehmer gab an, beim Arzt im Vorfeld keine Möglichkeit zum Stellen von Fragen zum gHKS gehabt zu haben. Der Anteil steigt mit zunehmenden Alter und bei geringerem Bildungsniveau. Ähnliche Ergebnisse zeigten sich zur Aufklärung vor dem gHKS und zur Aufklärung über Möglichkeiten der Hautkrebsvorbeugung.
Diskussion: Die Ergebnisse zeigen, dass die Besorgnis der Allgemeinbevölkerung zum Thema Hautkrebs abnimmt, obwohl die Prävalenzraten weiter steigen. Bei Frauen ist die Besorgnis ausgeprägter ist als bei Männern. Das spiegelt sich auch in der Teilnahmerate am gHKS wieder. Der Wissensstand über den Anspruch auf ein gHKS ist nicht sehr hoch in der Bevölkerung. Die meisten gHKS-Teilnehmer fühlten sich beim Screening gut informiert und hatten in Bezug auf Wartezeit und Anfahrtsweg einen sehr geringen Aufwand.
Praktische Implikationen: Da die Prävalenzraten für Hautkrebs weiter steigen, ist es wichtig, in Zukunft die Allgemeinbevölkerung hinsichtlich Risiken und Vorsorge des Hautkrebs besser zu informieren. Diejenigen, die an einem gHKS teilgenommen haben, berichten größtenteils positiv von dem Erlebnis. Allerdings sollten für die Zukunft Strategien entwickelt werden, um insbesondere mehr Männer und Menschen mit niedrigerem Bildungsniveau für das Thema Hautkrebs zu sensibilisieren.
Hintergrund
Krebspatientinnen und -patienten erleben neben körperlichen Auswirkungen auch psychische Belastungen. Erkrankte Eltern mit minderjährigen Kindern versuchen ihre Patientenrolle und ihre Elternrolle auszubalancieren. Dabei können die Sorge um die Kinder sowie Unsicherheiten in der Kommunikation über die Erkrankung und im Umgang mit den Kindern zusätzliche belastende Faktoren darstellen. Für die psychosoziale Versorgung betroffener Eltern ist es daher relevant, die spezifische Situation der Familien einzubeziehen. Deutschlandweit gibt es bereits vereinzelt psychosoziale Angebote für Familien mit einem krebskranken Elternteil, jedoch liegen bisher keine systematischen Erkenntnisse zu spezifischen Unterstützungsbedürfnissen der Familien vor.
Fragestellung
Vor dem dargestellten Hintergrund werden folgende Fragestellungen untersucht:
• Welche familienbezogenen Unterstützungsbedürfnisse berichten an Krebs erkrankte Mütter?
• Wie groß ist der Anteil betroffener Mütter, die ein psychosoziales Unterstützungsangebot in Anspruch nehmen?
• Was sind Barrieren der Inanspruchnahme psychosozialer Unterstützungsangebote?
Methode
Die Fragestellungen wurden mithilfe eines querschnittlichen Studiendesigns untersucht. Auf Basis qualitativer Vorarbeiten wurde eine Liste von 25 familienbezogenen Unterstützungsbedürfnissen erstellt und eingesetzt. Insgesamt wurden n=68 krebskranke Mütter mit mindestens einem minderjährigen Kind (< 18 Jahre) zu ihren Unterstützungsbedürfnissen und der Inanspruchnahme eines psychosozialen Unterstützungsangebots befragt. Die Datenerhebung erfolgte konsekutiv über bestehende Kooperationen mit örtlichen onkologischen Stationen. Es wurden deskriptive Analysen angewandt.
Ergebnisse
Die befragten Mütter sind durchschnittlich 43 Jahre als (SD=6.3), 85% leben in einer Partnerschaft. Die häufigsten Diagnosen sind Brustkrebs (76%) und gynäkologische Krebserkrankungen (22%).
Als häufigste Unterstützungsbedürfnisse für sich selbst als Mutter werden Informationen über die seelische Verarbeitung bei Kindern (74%) und Unterstützung im Umgang mit den Kindern (68%) genannt. Bezüglich eigener Sorgen und Ängste als Mutter wünschen sich 63% der Patientinnen Unterstützung und 62% geben das Bedürfnis an, bei der Aufklärung ihrer Kinder unterstützt zu werden.
Für ihr Kind berichten 71% der Mütter ein Bedürfnis nach altersangemessenen Informationen über die Erkrankung und 53% wünschen sich für ihr Kind professionelle Unterstützung im Umgang mit der Erkrankung. Etwa jede zweite Mutter gibt Unterstützungsbedürfnisse für ihren Partner im Umgang mit den Kindern (57%) sowie im Umgang mit der Erkrankung an (56%). 63% der Mütter haben den Wunsch, Angebote für die gesamte Familie zu erhalten und 49% wünschen sich Unterstützung bei der Kommunikation über Krebs in der Familie. Als praktische und organisatorische Unterstützungsbedürfnisse werden Informationen zur Haushaltshilfe (63%), allgemeine Informationen zum Thema Krebs und Familie (57%), Informationen zu finanziellen Hilfen (56%) und Hilfen bei der Betreuung der Kinder (52%) genannt.
In Zusammenhang mit ihrer Krebserkrankung berichten 43% der Mütter, psychosoziale Unterstützung in Anspruch genommen zu haben. Von diesen nutzten 69% psychotherapeutische Unterstützung für sich und 66% ein familienbezogenes Angebot (n=9 für sich als Elternteil, n=5 für die ganze Familien, n=5 nur für das Kind).
Als zentraler Grund für die Nicht-Inanspruchnahme psychosozialer Hilfen wird eine ausreichende Unterstützung durch das soziale Umfeld (74%) genannt. Darüber hinaus berichten Mütter, dass sie zunächst lernen wollten, selbst mit der Erkrankung umzugehen (59%), dass die Erkrankung kein großes Thema in der Familien werden solle (58%) oder dass psychosoziale Unterstützung die Familie belasten könne (28%). Etwa jede vierte Mutter gab an, nicht über ein solches Angebot aufgeklärt worden zu sein (24%).
Diskussion
Die Ergebnisse der Untersuchung verdeutlichen den hohen Bedarf familienspezifischer Unterstützungsangebote. Gleichzeitig hat nur ein Teil der Befragten ein spezifisches Angebot genutzt. Diese Diskrepanz und die Ergebnisse im Hinblick auf Barrieren der Inanspruchnahme lassen vermuten, dass betroffene Eltern zum einen eigene bzw. familiäre Ressourcen im Umgang mit der Situation nutzen und zum anderen wenig Aufklärung über die Möglichkeit psychosozialer Unterstützungsangebote erfahren.
Praktische Implikationen
Es zeigt sich, dass die entwickelte Liste zu familienspezifischen Unterstützungsbedürfnissen die Bedürfnisse der Patientinnen angemessen abbildet und daher auch für die klinische Versorgung betroffener Eltern angewandt werden kann. Es wird deutlich, dass die Aktivierung und Stärkung vorhandener Ressourcen betroffener Eltern zentral ist und niedrigschwellige, präventive Angebot sowie eine angemessene Aufklärung darüber für die Familien weiter etabliert werden sollten.
Background: In the last years medical treatment for cancer has improved and thereby has increased the life expectancy of cancer patients. Hence, the focus in health care research shifted towards improving quality of life of cancer patients. Cancer patients’ psychological burden originates from all kinds of psychosocial challenges related to the diagnoses. Cancer Counselling Centres (CCCs) try to address all those concerns. However, current literature lacks research on the effectiveness of CCCs. This study aims to assess the effectiveness of two CCCs in Hamburg with regard to quality of life and other psychosocial variables (distress, anxiety, etc.).
Methods and analysis: This prospective observational study with a non-randomized control group has three measurement points: before the first counselling session (baseline) and at two weeks and three months after baseline. Patients or relatives (>18 years old) are included, who seek counselling between December 2018 and November 2020 and have sufficient German skills. The control group will be recruited at clinics and oncological out-patient centres in Hamburg. Propensity scoring will be applied to adjust for differences between control and experimental group at baseline. Sociodemographic, medical data and counselling concerns are measured at baseline. Quality of life (SF-8, EORTC-QLQ-C30), well-being (WHO-5), anxiety (GAD-7), depression (PHQ-9) and further psychosocial variables are assessed at all time points. With a total of 787 participants differences of a small effect size (f=0.10) can be detected with a power of 80%.
Ethics and dissemination: The study has been registered prior to data collection with the German Registration of Clinical Trials (DRKS) in September 2018. The ethical approval was received by the local psychological ethical committee of the centre of psychosocial medicine (LPEK) at the UKE in August 2018. The results will be published in peer-reviewed journals.