Autor:innen:
Prof. Dr. med. Uwe Sander | Hochschule Hannover | Germany
Prof. Dr. Gabriela von Lewinski | DIAKOVERE Annastift | Germany
Dr. Holger Gothe | IGES Institut GmbH | Germany
Dr. Christiane Patzelt | Hochschule Hannover | Germany
Felix Hopf | Hochschule Hannover | Germany
Susann Kiss | Hochschule Hannover | Germany
Prof. Dr. Martin Emmert | Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) | Germany
Benjamin Kolb | Hochschule Hannover | Germany
Hintergrund
Patient Reported Outcome Measures (PROMs) werden zunehmend für die Messung der Ergebnisqualität von Behandlungen genutzt. In der Endoprothetik werden sie in Großbritannien seit mehr als 10 Jahren eingesetzt. Dort konnte ihr Wert für die Identifikation von Kliniken mit über- und unterdurchschnittlichen Behandlungsergebnissen unter Verwendung eines um PROMs erweiterten Qualitätsindikatorenset gezeigt werden. [1] In Deutschland werden PROMs für die Qualitätssicherung in der Endoprothetik derzeit nicht systematisch genutzt. Als Voraussetzung müssten dafür in Zukunft, unter anderem, patientenspezifische Risikofaktoren für den Erfolg - gemessen an den Ergebnissen von PROMs – bestimmt werden. Nur durch eine adäquate Risikoadjustierung wäre ein fairer Klinikvergleich zwischen Kliniken mit unterschiedlichem Casemix möglich.
Fragestellung
Welchen Einfluss haben patientenspezifische Risikofaktoren auf den Erfolg von Hüfttotalendoprothesen-Versorgungen (Hüft-TEP) gemessen an den Ergebnissen von PROMs?
Methode
Für die Untersuchung wurde ein systematischer Literaturreview auf den Datenbanken PubMed, Cochrane und EMBASE durchgeführt. Mit Hilfe einschlägiger Literatur wurde eine Suchsyntax entwickelt. Der erste Block adressierte das zu betrachtende Ergebnis (PROMs), mit Begriffen wie „Patient Reported Outcome” oder „PROM”, der zweite Block enthielt Begrifflichkeiten zur Prozedur (Hüft-TEP), wie „Hip replacement“ oder „THA“. Die Suchsyntax wurde mit den MeSH-Terms „Patient Reported Outcome Measures“, „Arthroplasty, Replacement, Hip“ und „Hip Prosthesis“ erweitert. Der Durchführung des Systematic Review liegen die Richtlinen des PRISMA-Statements zugrunde. Eingeschlossen wurden Studien, die den Einfluss von patientenseitigen Charakteristika und Risikofaktoren wie Alter, Geschlecht, Vorerkrankungen, etc. auf den Erfolg der Hüft-TEP-Versorgung anhand des Oxford Hip Score (OHS) messen. Der OHS wird in Großbritannien bereits seit längerer Zeit verwendet und aufgrund der guten Evidenzlage als Einschlusskritierium aufgenommen. [2] Die Qualität der eingeschlossenen Studien wurde mit der Newcastle Ottawa Scale (NOS) bewertet.
Ergebnisse
Insgesamt konnten 12 Studien eingeschlossen werden. Davon erreichten alle Studien nach Bewertung gemäß der NOS einen Wert ≥5 und damit eine für den Einschluss hinreichende Qualität. Die in den eingeschlossenen Studien untersuchten Risikofaktoren waren Alter, BMI, Komorbiditäten, Psychologischer Status, Geschlecht, Sozioökonomischer Status und Grad der Osteoarthritis. Dabei kommen viele der eingeschlossenen Studien zu dem Ergebnis, dass sowohl der Zuwachs der OHS-Werte zwischen prä- und post-operativen Messungen als auch das unterschiedliche Ausgangs- und Endniveau der absoluten OHS-Werte signifikant ist. Eine Studie zum Risikofaktor Komorbiditäten konnte beispielsweise für beide Gruppen (ohne und mit Komorbiditäten) einen Zuwachs von 17,9 bzw. 16,5 Punkten zwischen prä- und post-operativer Messung feststellen, wobei sich der absolute Wert um 2,7 bzw. 2,6 Punkte unterschied. Für die OHS-Werte sind damit zwischen den Messzeitpunkten, unabhängig von Gruppe der Probanden, in etwa gleiche Zuwächse zu verzeichnen. Gleiches gilt beispielsweise für das Alter und den BMI. Für die Risikofaktoren Geschlecht, Sozioökonomischer Status und Grad der Osteoarthritis konnte dies hingegen nicht statistisch signifikant nachgewiesen werden.
Diskussion
International finden PROMs zunehmend Verwendung, wie z.B. in Großbritannien oder Schweden. Damit sollen bestimmte Aspekte der Versorgungsqualität dargestellt werden, die nur durch Patienten selbst bewertet werden können und für sie von besonderer Bedeutung sind, z.B. Schmerzen oder Aktivitäten des täglichen Lebens. Ein Vorteil dabei ist, dass PROMs beantwortet werden können, ohne nach individuellen Werturteilen zu fragen. Zusammen mit bestehenden Kennzahlen, z.B. zu Komplikationen, ermöglichen sie eine mehr auf Patientenbedürfnisse ausgerichtete Bewertung des Behandlungserfolgs. Diese Bewertung scheint zudem vergleichsweise wenig durch vorliegende patientenspezifische Risikofaktoren beeinflusst zu sein, da die gezeigten Wertezuwächse zwischen prä- und post-operativen Messungen unabhängig von der Risikogruppe der Patienten in etwa gleich groß waren.
Praktische Implikationen
Die qualitätssichernden Verfahren zur elektiven Hüft-TEP-Versorgung können mit PROMs um die Patientenperspektive ergänzt werden und damit die Behandlungsergebnisse umfassender bewerten. Die Ergebnise des systematischen Literaturreviews können zur Entwicklung der notwendigen Risikoadjustierung beitragen.
Gefördert von der Deutsche Arthrose-Hilfe e. V.
Literatur
[1] Gutacker N, Siciliani L, Moscelli G et al. Choice of hospital: Which type of quality matters? J Health Econ 2016; 50:230–246.
[2] NHS Digital. Patient Reported Outcome Measures (PROMs). URL: https://digital.nhs.uk/data-and-information/data-tools-and-services/data-services/patient-reported-outcome-measures-proms (11.04.2019).