Im Rahmen der Erstellung der Forschungsagenda unserer Gesellschaft (1) wurde zusammengefasst, dass wir in der Vergangenheit in Deutschland zwar im Rahmen von Grundlagenforschung bahnbrechende Erkenntnisse zur Pathophysiologie des Schmerzes erbracht haben. Trotz dieser Erfolge, so konstatieren wir weiter in unserer Forschungsagenda, hat aber nur wenig von den neuen Erkenntnissen den Weg in die Klinik gefunden. Die Gründe hierfür sind vielfältig und reichen vom Problem der Speziesunterschiede, Erfassungsmethoden von Schmerz-assozierten Symptomen im Tierexperiment, der In-vitro-/In-vivo-Problematik über die Frage nach besseren Modellen bis hin zu Verständigungsschwierigkeiten zwischen Grundlagenforschern und klinischen Forschern bzw. Therapeuten in der Schmerzmedizin. Wir wollen in diesem Symposium diese Problematik aufnehmen und in eine positive Richtung führen, die auch schon damals in der Forschungsagenda als „Lücken die es zu füllen gibt“ identifiziert werden konnte (1). Hierzu gehört das Fehlen mechanismenorientierter Studien an Tier-Schmerzmodellen, humaner Surrogatmodelle am Menschen und Patientenpopulationen (mit gleicher Fragestellung und i. S. eines translationalen Ansatzes (1)). Wir wollen diskutieren, warum Grundlagenforschung häufig immer noch klinikfern bleibt und Wege aufzeigen, wie man das möglicherweise aufbrechen kann. Der Wunsch nach solchen translationalen Forschungsansätzen sollte in die Tat umgesetzt werden. Ziel des Symposiums ist es, einen Überblick über verschiedene Möglichkeiten translationaler Ansätze in der Schmerzforschung aufzuzeigen. Darüber hinaus wird dargestellt, wie mit neuen Methoden, innovativen Auswertungsansätzen und einer sinnvollen Kombination von Experimenten klinisch relevante Mechanismen der Schmerzentstehung und Schmerzmodulation identifiziert werden und in die Klinik transformiert werden können.
Der Refresher-Kurs konzentriert sich auf chronisch-rezidivierende Schmerzen bei Kindern und Jugendlichen, deren Prävalenz in den letzten Jahren zunahm. Die häufigsten Lokalisationen sind dabei – insbesondere bei Kindern im Grundschulalter – die Bauchschmerzen und – verstärkt um die Pubertät – die Kopfschmerzen. Chronisch-rezidivierende Bauchschmerzen und Kopfschmerzen sollen hinsichtlich ihrer Klassifikation, der notwendigen und sinnvollen Diagnostik und der ggf. diagnose¬spezifischen Therapieansätze genauer diskutiert werden. Hinsichtlich der Abklärung muskuloskelettaler Schmerzen, deren Prävalenz bei Kindern und Jugendlichen ebenfalls zunimmt, können wir auf das Referat von Prof. Dr. J.-P. Haas am Abend im Rahmen des Kurses „Rheumatologie und Schmerz“ verweisen. Als umfassendes Therapiekonzept stellt der letzte Beitrag die stationäre „Interdisziplinäre multimodale Schmerztherapie“ bei Kindern und Jugendlichen vor.
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Jeder Mensch hat potente körpereigene Schmerzhemmsysteme, die in absteigende und rein supraspinale Systeme unterteilt werden können. Eine Dysfunktion der endogenen Schmerzhemmung wird mit der Entwicklung und Aufrechterhaltung chronischer Schmerzen sowie mit der Stärke akuter Schmerzen in Verbindung gebracht. Außerdem stellt die endogene Schmerzhemmung ein Target für die innovative, nicht-medikamentöse Therapie von Schmerzen dar. Wichtig für die Schmerztherapie ist auch die Beeinflussung der endogenen Schmerzhemmung durch psychologische Faktoren, die die endogene Schmerzhemmung zur entscheidenden Schnittstelle zwischen Psyche und nozizeptiver Verarbeitung macht. Neben der Schmerzhemmung gibt es auch fazilitierende Systeme, beide werden als „endogene Schmerzmodulation“ zusammengefasst.
Für die Anwendung dieser Konzepte in der klinischen Praxis sind das Verständnis der zugrundeliegenden Mechanismen ebenso essentiell wie Daten zur Aktivität und Bedeutung der absteigenden Schmerzhemmung bei Patienten. Dieses Symposium wird die verschiedenen Aspekte der endogenen Schmerzhemmung beleuchten und zusammenführen. Zunächst werden Mechanismen und Ansatzpunkte der Aktivierung der absteigenden im Vergleich zur supraspinalen Schmerzhemmung beim Gesunden diskutiert [1,2], dann die Rolle der endogenen Schmerzhemmung bei der Migräne dargestellt, die als Erkrankung mit zyklischem Verlauf einen interessanten Sonderfall darstellt [3,4]. Schließlich wird beleuchtet, inwiefern die Aktivität der endogenen Schmerzhemmung klinische Schmerzen vorhersagen oder auch beeinflussen kann, sowie untersucht inwiefern Ähnliches für die dem Schmerz verwandte Empfindung des Juckens gilt.
Annäherung am Beispiel Nackenmuskulatur bei chronischen Nackenschmerzen
Ein typisches Nackenschmerzsymptom ist das Gefühl verspannter Muskulatur. Patienten wie Behandelnde gehen i.d.R. davon aus, dass verspannte Muskulatur fester oder steifer sei als asymptomatische Muskulatur und dass das Ziel einer Therapie eine Senkung des Muskeltonus sei. Ultraschall-Scherwellenelastografie ermöglicht die Messung und Bildgebung der Steifigkeit von (Muskel-)gewebe. Unsere Studie mit Scherwellenelastografie der Nackenmuskulatur in Ruhe und während unterschiedlicher Aktivitäten an 38 Frauen, 20 mit chronischen Nackenschmerzen und 18 Kontrollen, zeigt eine hohe individuelle Variabilität der Rekrutierung, der intra- und intermuskulären Koordination der Nackenmuskulatur sowie im Mittel gleiche oder niedrigere objektive Muskelspannung bei den Nackenschmerzpatientinnen. Ergänzende systematische Literaturrecherchen unterstützen, dass das Gefühl verspannter Muskulatur nicht mit erhöhter objektiver Muskelanspannung korreliert, und dass bei Nackenschmerzen weder objektive Muskelsteifigkeit noch EMG-Aktivität erhöht sein müssen. Anscheinend spielt bei der Palpation die vom Patienten rückgemeldete Empfindlichkeit eine große Rolle.
Spezifizierung von Nackenmuskeldysfunktion durch digitale Bildanalysen
Elastogramme (Bilder) der Steifigkeit der Nackenmuskulatur erlauben neue Einsichten in mechanische Gewebeeigenschaften und in die aktive Anspannung verschiedener Muskeln mit ähnlicher Funktion. Die Komplexität der Bilder bedingt eine hohe Subjektivität ihrer visuellen Bewertung. In wieweit können computergestützte, selbstlernende Auswertungsverfahren die Nackenelastogramme der Patientinnen der im ersten Vortrag vorgestellten Studie von den Bildern der Kontrollen unterscheiden? Wo liegen die Gruppenunterschiede und was bedeuten sie für die Interpretation einer „Nackenmuskeldysfunktion“? Mit den besten 30 Variablen erreichten wir eine kreuz-validierte AUC (Fläche unter der ROC-Kurve) von ca. 0,8, mit den besten 50 Variablen sogar eine kreuz-validierte AUC von ca. 0,85. Dabei waren Bilder von Aktivität aussagekräftiger als Bilder entspannter Muskulatur. Die Analysen belegen, dass Nackenschmerzpatienten häufig Schwierigkeiten mit der Rekrutierung der tiefliegenden, spinal stabilisierenden Muskulatur zeigen.
Intramuskuläre Koordination motorischer Einheiten unter verschiedenen (schmerzhaften) Bedingungen
Muskuläre Koordination findet nicht nur zwischen Muskeln sondern auch innerhalb dieser zwischen Muskelanteilen und motorischen Einheiten statt. Verschiedene Methoden der Elektromyografie (EMG) und insbesondere High-Density EMG ermöglichen Einblicke in das Timing, den Ort und die Anzahl von Muskelaktionspotentialen und somit in Muskelrekrutierung. Wie verändert sich Muskelrekrutierung unter Bedingungen wie experimenteller Schmerz, Fatigue, Ischämie und was bedeutet das für die Bewegung?
Schmerzen im Rahmen der meisten Ätiologie sind nicht uniform, werden vom Patienten unterschiedlich eingeschätzt und – dies ist besonders eklatant - nicht jede/r profitiert gleich gut von bestimmten Thera-pien oder benötigt alle verfügbaren Therapieoptionen. Patienteneigenen Risikofaktoren so wie Prä-diktoren, die sich aus der Pathogenese des Krankheitsprozesses ergeben, werden dabei eine steuernde Funktion zugeschrieben. Ziel wäre, durch eine sorgsame Betrachtung Patienteneigener Risikofaktoren und auslösender, verstärkender bzw. aufrechterhaltender Faktoren geeignete Therapieoptionen zu entwickeln bzw. den entsprechenden Patienten zur Verfügung zu stellen. Wir wollen in diesem Symposi-um diese Fragestellung von verschiedenen Seiten beleuchten, wollen Aspekte von Therapieresponse und individualisierter Therapie in verschiedenen Versorgungskontexten aufarbeiten und Response für bestimmte Therapien untersuchen und in die klinische Praxis einordnen.
Für den akuten postoperativen Schmerz scheint eigentlich alles ziemlich simpel und klar zu sein. Es gibt übergreifende und Prozeduren-spezifische evidenzbasierte Therapiekonzepte. Aber warum trotzdem einige der Patienten von starken postoperativen Schmerzen betroffen sind, ist nicht wirklich klar und welche Akutschmerztherapien bei welchen dieser Risiko-Patienten dann helfen ist noch viel weniger evident.
Für komplexe Interventionen wie die interdisziplinäre multimodale Schmerztherapie sind Untersu-chungen von Therapieresponse und prädiktive Faktoren von großer Bedeutung. Es gibt Hinweise auf Gruppencharakteristiken, die eine solche Therapie nicht benötigen bzw. von ihr auch nicht profitieren so wie Risikofaktoren für einen frühzeitigen Therapieabbruch. Diese sollen hier beleuchtet und in die prak-tisch-klinische Tätigkeit eingeordnet werden.
Für den neuropathischen Schmerz haben die letzten 10 Jahre klinischer Forschung gezeigt, dass selbst bei gleicher Ätiologie, ein unterschiedlicher Pathomechanismen zugrunde liegen kann. Therapieerfolge bei neuropathischen Schmerzpatienten sind deshalb möglicherweise durch unterschiedliche Mechanis-men erklärt. Hier ist nun die Frage, welche Therapien bei welchen pathophysiologischen Mechanismen besser wirken als andere.
Das Symposium bringt psychologische und medizinische experimentelle Forschung zusammen mit Versorgungsforschung im Bereich der spezialisierten und allgemeinen ambulanten Palliativversorgung. In einer Hinführung wird das im Bereich der Schmerzmedizin so spannende Thema der Placebo- wie auch Noceboforschung auch für die Palliativmedizin betrachtet. Im G-BA Innovationsfondsprojekt APVEL wurden in Zusammenarbeit mit der AOK Sekundärdaten von fast 1 Mio. Patienten in deren letztem Lebensjahr analysiert und in Verbindung gebracht mit einer parallelen prospektiven Patientenbefragung unter zahlreichen AAPV wie auch SAPV-Teams in Nordrhein. Der Beitrag fasst den aktuellen Status der SAPV zusammen und zeigt Forderungen für eine Optimierung auf. Ein weiterer Beitrag beleuchtet das so nah an der Schmerzmedizin liegende Thema Jucken – diesmal im Kontext der Palliativversorgung – Leitlinien-gestützt und mit praktischen Beispielen.
Das Symposium wird interaktiv und mit Praxisrelevanz drei aktuelle Bereiche der Palliativversorgung für eine multiprofessionelle Zielgruppe beleuchten.
Zielgruppe: Das Symposium richtet sich an alle in der Palliativmedizin tätigen Berufsgruppen (Medizin, Pflege, Psychologie, Physiotherapie, Seelsorge u.a.)
Das Fibromyalgiesyndrom bleibt eine klinisch-therapeutische und diagnostische Herausforderung. Die Einordnung als funktionelles somatisches Syndrom in der S3-Leitlinie zum FMS macht den bio-psycho-sozialen Kontext deutlich. Im Workshop werden aktuelle Erkenntnisse zur Pathophysiologie (z.B. zur Small-Fibre-Pathologie) zur Therapie und zur heterogenen klinischen Repräsentation vorgestellt und in Bezug auf ihre Konsequenzen für Diagnostik und Behandlung dargestellt und diskutiert. Dabei stehen insbesondere auch die Indikation und die Umsetzung im Rahmen einer interdisziplinären multimodalen Schmerztherapie im Fokus.