Schon heute kommt ein breites Spektrum von KI-Methoden zum Einsatz, um Persönlichkeitsmerkmale sowie psychiatrische Erkrankungen frühzeitig zu diagnostizieren oder sogar präsymptomatisch vorauszusagen. Die Ansatzpunkte sind dabei denkbar vielfältig. Neben der KI-basierten Analyse von Hirnscans kommt der Suche nach komplexen Biomarkern anhand digitaler Phänotypisierung von aktiven oder passiven Daten, wie sie vor allem bei der Nutzung von Smartphones generiert werden, hohe Bedeutung zu. Ebenso wie die algorithmenbasierte Analyse der Sprache zielen diese Verfahren darauf ab, Rückschlüsse auf Kognition, Emotion oder Verhalten zu ziehen und damit die Diagnostik und Prädiktion psychischer Erkrankungen zu objektivieren und zu individualisieren. Wenn sich die Erwartungen erfüllen, könnte dies den Eintritt in ein neues Zeitalter der „evidence-based psychiatry“ bedeuten. Gleichzeitig erheben sich eine Reihe von medizinischen und ethischen Bedenken gegen den Einsatz von KI in der Psychiatrie und damit der Vorstellung, die wesentlichen Aspekte des individuellen Menschseins ließen sich als digitale Daten erfassen. Das Symposium will Fragen im Kontext dieses hochaktuellen Themas aufgreifen und in interdisziplinärer Perspektive diskutieren.