Die beruflichen Teilhabechancen insbesondere schwer psychisch kranker Menschen sind im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung deutlich reduziert. Als ein wesentliches Ziel einer umfassenden Behandlung (schwer) psychisch kranker Menschen gerät deshalb die berufliche Beschäftigung zunehmend in den Fokus. In dem Symposium wird Dr. Uta Gühne (Leipzig) zunächst einen Einblick in die S3-Leitlinien "Psychosoziale Therapien bei schweren psychischen Erkrankungen" und in die evidenzbasierten Möglichkeiten beruflicher Teilhabe geben. Zudem wird sie ausgewählte Ergebnisse zu den Teilhabemöglichkeiten von Menschen mit schweren affektiven und schizophrenen Störungen aus der Implementierungsstudie IMPPETUS vorstellen.
Ausgehend von den Empfehlungen der Leitlinie sollen in drei weiteren Beiträgen der konzeptionelle Ansatz des Supported Employment vertieft und beispielhafte Herangehensweisen zur Unterstützung der beruflichen Teilhabe in Deutschland betrachtet werden.
Dipl.-Psych. Dorothea Jäckel (Berlin) wird einen Überblick über die Wirkfaktoren von Individual Placement and Support (IPS) geben. Neben der Programmtreue gelangen IPS Jobcoaches/empoyment specialists in den Fokus. Aktuelle Forschungsbefunde werden präsentiert.
Prof. Dr. Ulrike Marotzki (Hildesheim) stellt ausgewählte Ergebnisse aus dem bundesweiten Forschungsprojekt Jobcoaching zur Arbeitsplatzsicherung Definieren und Evaluieren (JADE), durchgeführt an der HAWK Hildesheim/Holzminden/Göttingen zu Jobcoachingverläufen mit psychisch kranken Menschen vor. Auch hierbei werden die Betroffenen direkt am Arbeitsplatz begleitet und das soziale Umfeld einbezogen.
Chancen in einer verstärkten Umsetzung von Supported Employment in Deutschland werden auch in der besonderen Expertise von Ergotherapeuten und Ergotherapeutinnen gesehen. Sven Kornwinkel (Düsseldorf) wird aus seiner praktischen Erfahrung als Jobcoach berichten und dazu das Prozessmodell Jobcoaching der Projektgruppe des Deutschen Verbandes Ergotherapie nutzen.
Was kann die berufliche Teilhabe von Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen verbessern? – eine wissenschaftliche Perspektive
Uta Gühne, Leipzig (Germany)
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Autor:innen:
Uta Gühne, Leipzig (Germany)
Thomas Becker, (Germany)
Markus Kösters, (Germany)
Steffi G. Riedel-Heller, Leipzig (Germany)
Hintergrund: Die beruflichen Teilhabechancen schwer psychisch kranker Menschen sind im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung deutlich reduziert. Als ein wesentliches Ziel einer umfassenden Behandlung gerät deshalb die berufliche Beschäftigung zunehmend in den Fokus. In den S3-Leitlinien "Psychosoziale Therapien bei schweren psychischen Erkrankungen" werden Ansätze, die dem Prinzip des Supported Employment (SE) folgen und eine frühe Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt anstreben, mit der höchsten Empfehlungsstärke empfohlen. Eine überzeugende Implementierung dieses Ansatzes in Deutschland ist bisher nicht erfolgt.
Methoden: Vorgestellt werden Ergebnisse aus der Beobachtungsstudie IMPPETUS zur Arbeitssituation schwer psychisch kranker Menschen (N=300) in Deutschland. Mögliche Prädiktoren für eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wurden mit Hilfe binärer logistischer Regression analysiert. Zudem wurde die Präferenz für eine solche Beschäftigung erfragt.
Ergebnisse: Nur ein Drittel (34 %) der Befragten war auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt beschäftigt; fast ein Drittel war arbeitslos (30 %), und 28 % gaben an, aufgrund einer psychischen Erkrankung vorzeitig in den Ruhestand eingetreten zu sein. Die psychosoziale Funktionsfähigkeit stand in einem positiven Zusammenhang mit der Beteiligung am Arbeitsmarkt (p < 0,001); eine gleichzeitige chronische körperliche Erkrankung war negativ assoziiert (p = 0,002). Der Wunsch nach Arbeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt war bei mehr als der Hälfte der Befragten stark.
Schlussfolgerung: Die Ergebnisse bestätigen ein hohes Risiko des Ausschlusses vom Arbeitsmarkt bei psychisch kranken Menschen und weisen auf das Erfordernis erhöhter Anstrengungen zur Verbesserung der Erwerbsbeteiligung hin. Insbesondere bei Vorliegen eines starken Wunsches nach Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sollten SE-Ansätze angeboten werden.
abgesagt: Jobcoachingverläufe mit psychisch kranken Menschen
JobcoachingAP im Return-to-Work-Prozess: ein systemisch-lösungsorientiertes Unterstützungsangebot für psychisch erkrankte Arbeitnehmende und deren Arbeitgebende
Sven Kornwinkel, Düsseldorf (Germany)
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Autor:in:
Sven Kornwinkel, Düsseldorf (Germany)
Im Ergebnisbericht einer von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) durchgeführten Studie „Rückkehr zur Arbeit nach einer psychischen Krise –Vernetzung von betrieblichen und klinischen Akteuren im Return to Work-Prozess“ beschreiben die Autoren (B. Schwarz, R. Singer, R. Stegmann, U. Wegewitz, 2019) die betriebliche Wiedereingliederung nach psychischen Krisen als ein individuelles, komplexes und multifaktorielles Geschehen, an dem verschiedenste Akteure aus den Betrieben, medizinisch-therapeutischen Einrichtungen und den Leistungsträgern beteiligt sind. Häufig fehlt es an Abstimmung und Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Akteuren und die psychisch erkrankten Arbeitnehmenden erhalten im Rahmen der Wiedereingliederungsmaßnahme im betrieblichen Umfeld wenig individuelle und bedarfsorientierte Unterstützung.
Qualifizierte, systemisch- lösungsorientierte JobcoachesAP können in der Planung und der Durchführung von Wiedereingliederungsprozessen genau diese Unterstützung leisten und die Kommunikation zwischen den Akteuren fördern. In diesem Vortrag werden Sie den JobcoachingAP Prozess kennenlernen und etwas über die Rolle und die Haltung der JobcoachesAP erfahren. Anhand von Beispielen aus der Praxis wird dargestellt wie JobcoachesAP die Arbeitnehmenden und deren betriebliches Umfeld durch den Wiedereingliederungsprozess begleiten und die erfolgreiche Integration unterstützen.