Dissoziation ist als strukturierte Separation mentaler Prozesse beschreibbar. Im ICD-10 wie auch im DSM-5 werden hierzu Funktionsausfälle auf kognitiv-psychischer (z.B. dissoziative Amnesie, dissoziative Fugue, dissoziative Identitätsstörung, Derealisations- und Depersonalisationsstörung) wie auch körperlicher Ebene (z.B. dissoziativer Stupor) aufgeführt, im ICD-10 zusätzlich pseudoneurologische Funktionsausfälle (Konversionsstörungen). Änderungen im ICD-11 werden aufgezeigt.
Da dissoziative Störungen häufig übersehen werden, bieten sich psychometrische Instrumente zum Screening und zur Diagnosesicherung an.
Die epidemiologischen Daten weisen erhebliche Schwankungen auf. Für die Allgemeinbevölkerung wird eine Prävalenz von 2 bis 8% angegeben; zur Geschlechtsspezifität gibt uns widersprüchliche Daten. Es bestehen hohe Komorbiditätsraten, wobei Angst- und somatoforme sowie Persönlichkeitsstörungen am häufigsten sind. Dissoziative Symptome treten als Stress-assoziiertes Symptom bei einer Vielzahl anderer Störungen auf.
Bei der Entstehung dissoziativer Störungen spielen traumatische Erfahrungen eine wichtige Rolle. Im Rahmen eines Diathese-Stress-Modells wird Dissoziation als Stress-assoziiertes Verhaltensmuster konzeptualisiert, das in Abhängigkeit einer individuellen Disposition und dem Ausmaß belastender Erfahrungen auftritt. Die individuelle Disposition ist unter anderem durch genetische Faktoren und frühe traumatische Erfahrungen in Verbindung mit dem Fehlen protektiver Faktoren bestimmt.
In diesem Symposium wird zunächst ein Überblick über dissoziative Symptome und Dissoziative Störungen gegeben. Danach wird die Diagnostik dissoziativer Psychopathologie dargestellt. Ein Schwerpunkt des Symposiums liegt auf den psycho- und pharmakotherapeutischen Optionen zur Behandlung dissoziativer Symptome und Störungen.