In dem Symposium werden Ergebnisse von Online Studien zu Auswirkungen der Covid-19 Pandemie und von sexualisiertem Substanzkonsum (Chemsex) auf die psychische Gesundheit von LGBTIQ Personen sowie Effekte einer Videointervention zur Suizidprävention vorgestellt.
Die Auswirkungen der Covid-19 Pandemie auf das psychische Wohlbefinden von sexuellen und geschlechtlichen Minoritäten wurden in einer Multicenter Studie im Zeitraum von April bis Juli 2020 in einer Onlinebefragung (N=2.332) anhand einer multivariaten linearen Regression mit dem WHO-5 Fragebogen analysiert. Angehörige von sexuellen und geschlechtlichen Minoritäten wiesen ein niedrigeres psychisches Wohlbefinden als die cis-heterosexuelle Vergleichsgruppe auf. Als besonders vulnerable Gruppe zeigten sich bi- und asexuelle Personen sowie trans* Personen.
In der Studie „Chem-QuISS - Chems, Queere Identität, Scham und Sexualerleben“ des LMU Klinikums München wurde anhand einer Online Untersuchung mit ca 1500 Proband*innen untersucht, ob es einen Zusammenhang zwischen schwul/lesbischer Identität (LGBIS-DE), Schamempfinden (SHAME), Sexualerleben (MFS) und Konsummuster gibt. Chemsex, ein Neologismus aus den Wörtern „chemicals“ und „sex“, beschreibt eine Unterform des sexualisierten Substanzkonsums. Besonders verbreitet ist diese Praxis unter Männern, die Sex mit Männern haben (MSM), wobei Methamphetamin, GHB/GBL, Mephedron und Ketamin zu den bevorzugt genutzten Substanzen zählen.
In dem österreichischen Suizidpräventionsprojekt “Es wird besser” konnte gezeigt werden, dass Videos mit persönlichen Erzählungen über gemeisterte Krisen einen positiven Effekt auf LGBTQ Jugendliche haben. Durchgeführt wurden Inhaltsanalysen von Videos (n=198), eine qualitative Fokusgruppenuntersuchung mit acht Gruppen (n=19 Jugendliche) sowie eine randomisiert kontrollierte Studie (n=483). Eine Identifikation mit der im Video gezeigten Person ist ein Schlüsselfaktor für die Wirkung von suizidpräventiven Botschaften.
Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die psychische Gesundheit von LGBTIQ*-Personen
Pichit Buspavanich, Berlin (Germany)
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Autor:in:
Pichit Buspavanich, Berlin (Germany)
Hintergrund:
Aktuelle Studien weisen darauf hin, dass sich die Auswirkungen Covid-19 Pandemie mit sozialer Isolation deutlich auf die mentale Gesundheit auswirkt. Zu dem wissen wir, das LGBTIQ* Menschen ein deutlich erhöhtes Risiko für psychische Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen oder Substanzmittelmissbrauch aufweisen. Vor diesem Hintergrund möchten wir der vorliegenden Studie das psychische Wohlbefinden von LGBTIQ* Menschen im Vergleich zu cis-heterosexuellen Menschen untersuchen.
Methode:
Es wurden Daten einer deutschlandweiten Onlinebefragung von April 2020 bis Juli 2020 (N = 2 332) verwendet. Das psychische Wohlbefinden wurde anhand des WHO-5 (well-being index) erhoben in den Subgruppen cis-heterosexuelle Menschen sowie Individuen von Minderheiten von sexuellen und geschlechtlichen Identitäten. Es wurde eine multivariate lineare Regression mit dem WHO-5 Final Score als abhängige Variable durchgeführt.
Ergebnisse:
Individuen von Minderheiten von sexuellen und geschlechtlichen Identitäten zeigten ein niedrigeres psychisches Wohlbefinden als cis-heterosexuelle Individuen. Als besonders vulnerable Gruppe zeigten sich die bisexuellen, asexuellen und trans* Menschen. Als protektive Faktoren für ein besseres Wohlbefinden haben sich das Wohnen in urbanen Lebensräumen sowie eine Partnerschaft gezeigt.
Diskussion:
LGBTIQ* Menschen sind bis heute struktureller und individueller Marginalisierung und Diskriminierung ausgesetzt, die zu vielfältigen Aspekten der psychischen Gesundheit beitragen können, insbesondere in stressbedingten Zeiten wie der Covid-19 Pandemie. In diesem Kontext sollen in weiterführenden Studien relevante Risiko- und Schutzfaktoren und diesen zugrundeliegenden Mechanismen identifiziert werden. Aus den gewonnenen Erkenntnissen soll eine übergreifende Strategie zur Förderung der psychischen Gesundheit von LGBTIQ* Menschen abgeleitet werden.
Relevanz queerer Identität – sexuelles Selbstbild und Scham bei sexualisiertem Substanzgebrauch
Sinan Karcher, München (Germany)
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Autor:in:
Sinan Karcher, München (Germany)
In der Studie „Chem-QuISS - Chems, Queere Identität, Scham und Sexualerleben“ des LMU Klinikums München wurde anhand einer Online Untersuchung mit etwa 1500 Proband*innen untersucht, ob es einen Zusammenhang zwischen schwul/lesbischer Identität (LGBIS-DE), Schamempfinden (SHAME), Sexualerleben (MFS) und Konsummuster gibt. Chemsex, ein Neologismus aus den Wörtern „chemicals“ und „sex“, beschreibt eine Unterform des sexualisierten Substanzkonsums. Besonders verbreitet ist diese Praxis unter Männern, die Sex mit Männern haben (MSM), wobei Methamphetamin, GHB/GBL, Mephedron und Ketamin zu den bevorzugt genutzten Substanzen zählen.
Die Wirkung von "Es wird besser" – Suizidpräventionsvideos auf LGBTQ*-Jugendliche: Inhaltsanalyse, Fokusgruppen und eine randomisiert-kontrollierte Studie
Stefanie Kirchner, Wien (Austria)
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Autor:innen:
Stefanie Kirchner, Wien (Austria)
Till Benedikt, Wien (Austria)
Martin Plöderl, Salzburg (Austria)
Thomas Niederkrotenthaler, Wien (Austria)
Hintergrund: In “Es wird besser” Kurzvideos berichten LGBTQ+ Personen von Krisensituationen im Rahmen ihres Coming Out und wie sie diese gemeistert haben. In unserer Studie erhoben wir erstmalig den Inhalt der österreichischen Videos; erfassten wie LGBQ+ Jugendliche diese empfinden, und testeten die Wirkung ausgewählter Videos auf LGBTQ Jugend.
Methoden: Die Studie beinhaltete (1) eine Inhaltsanalyse (n=198 Videos); (2) eine qualitative Fokusgruppenuntersuchung (acht Gruppen); und (3) eine randomisiert kontrollierte Studie. LGBTQ Jugendliche (n=483) wurden einem „Es wird besser“ Video (n=242) oder einem Kontrollvideo (n=241) zugeteilt. Suizidalität sowie andere Variablen wurden vor (T1), direkt nach dem Video (T2) sowie nach vier Wochen (T3) erhoben und mittels linearer gemischter Modelle ausgewertet.
Ergebnisse: Die Videos, welche vorrangig schwule Männer zeigten und das Coming Out thematisierten, wurden von LGBQ+ Jugendlichen als hilfreich angesehen und Verbesserungsvorschläge diskutiert. In der Wirkung zeigte sich kein Effekt auf Suizidalität in der gesamten Interventionsgruppe. Nonbinary/transgender Jugendliche zeigten eine kurzfristige Verbesserung in der Suizidalität (T2: durchschnittliche Veränderung [MC] zu T1 MC=-0.20 (95% CI -0.39 bis -0.02); P=0.01, Mittelwertsdifferenz [MD] im Vergleich zur Kontrollgruppe MD=-0.54 (95% CI -1.01 bis -0.08); P=0.02; d=-0.10). Die Wirkung war erhöht bei jenen mit schwerer depressiver Symptomatik. Identifikation hatte einen indirekten positiven Effekt auf Suizidalität.
Schlussfolgerungen: Erzählungen über gemeisterte Krisen haben einen positiven Effekt auf LGBTQ Jugendliche, vor allem für nonbinary/transgender Jugendliche mit depressiver Symptomatik. Identifikation mit der im Video gezeigten Person ist ein Schlüsselfaktor für die Wirkung von suizidpräventiven Botschaften.
Dieses Projekt wird vom FWF (Projektnummer P30918-B27, PI: TN) gefördert.