Die Digitalisierung in der Medizin hat insbesondere im Bereich der psychischen Erkrankungen durch die SARS-CoV2-19-Pandemie erheblich an Bedeutung gewonnen. Dabei sind in kurzer Zeit nicht zuletzt durch die bestehenden Kontaktbeschränkungen telemedizinische Versorgungsansätze für alle Altersgruppen vom Kindesalter bis zum Senium breit in der Versorgung aufgegriffen worden. Hierbei sind in der Regel bestehende Therapieformate im Sinne einer Transformation in telemedizinische Anwendungen übertragen worden. Diese Entwicklung wird auch gesundheitspolitisch stark befördert, wodurch Rahmenbedingungen auch für innovative Ansätze mit Digitalen Gesundheitsanwendungen entstehen. Die Entwicklungen in der Digitalisierung bieten die Chance für neue und ortsunabhängige Zugänge zu Therapie, die Entwicklung digital-gestützter innovativer Behandlungsformate oder eine genauere Erhebung diagnostisch relevanter Daten durch Mobiles Assessment. Jedoch bestehen in der Anwendung der telemedizinischen Zugänge bei psychischen Erkrankungen auch Fragen zur Datensicherheit, technischer Umsetzbarkeit, Therapieadhärenz mit Aspekten der therapeutischen Beziehung und generell dem wissenschaftlichen Nachweis der Effektivität von telemedizinischer Behandlung. Dabei zeichnen sich unterschiedliche Bedarfe und Präferenzen über die Altersspanne von z.B. „Digital Natives“ und älteren Patienten ab. Das gemeinsame Symposium der DGKJP und DGPPN widmet sich diesem altersübergreifend hoch relevanten und zukunftsorientierten Thema.
Wirksamkeit und Akzeptanz von DIH in Kindheit und Jugend
Michael Kölch, Rostock (Germany)
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Autor:in:
Michael Kölch, Rostock (Germany)
Digital Health Interventions (DHI) finden auch bei psychischen Erkrankungen von Kindern und Jugendlichen vermehrt Verbreitung. Unter DHI werden verschiedenste Interventionen verstanden, von Website über App bis hin auch zu Videosprechstunden. Spätestens seit dem ersten Lockdown aufgrund der Covid-19 Pandemie haben z.B. Videosprechstunden in die kinder- und jugendpsychiatrische und –psychotherapeutische Versorgung Eingang gefunden. Auch aufgrund der Versorgungssituation können DHI eine sinnvolle Ergänzung sein, sowohl um die Zahl der versorgten Patienten*innen zu erhöhen, als auch um intensivere Therapien anzubieten.
Gleichwohl ist die Evidenz einzelner Interventionen, die Zielgruppen und das generelle Ziel (z.B. Prävention, Behandlung) nicht immer ausreichend belegt. Anhand einer Übersicht der Literatur und aufgrund erster Ergebnisse aus einer Feasibility-Studie zu einer App zur Behandlung von Depressionen bei Jugendlichen wird der Stand der Evidenz gezeigt, und Chancen und Grenzen für die Versorgung aufgezeigt.
Viele der Interventionen sind nicht hinreichend untersucht, was ihre Wirksamkeit angeht. Die Anwendungen als App o.ä. müssen regelmäßig adaptiert werden und auch altersspezifische Aspekte beinhalten. Reine online-Angebote scheinen eine unzureichende Adherence aufzuweisen. Bei blended e-therapy Angeboten zeigt sich eine bessere Adherence. Sie sind für die Versorgung von erkrankten Kindern und Jugendlichen besser geeignet und können eine sinnvolle Ergänzung sein. DHI können zu einer intensivierten Therapie beitragen und bieten auch Möglichkeiten die Therapie lebensweltnah zu gestalten.
Onlinebasierte Selbstmanagementprogramme auch für alte Menschen? Zugang, Wirksamkeit und Nutzerakzeptanz
Steffi G. Riedel-Heller, Leipzig (Germany)
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Autor:innen:
Steffi G. Riedel-Heller, Leipzig (Germany)
Janine Stein, Leipzig (Germany)
Franziska D. Welzel, Leipzig (Germany)
Alexander Pabst, Leipzig (Germany)
Melanie Luppa, Leipzig (Germany)
Anette Kersting, Leipzig (Germany)
Hans-Helmut König, Hamburg (Germany)
Margrit Löbner, Leipzig (Germany)
Eine aktuelle repräsentative Erhebung aus unserem Haus hat ergeben, dass fast die Hälfte aller über 75-jährigen das Internet nutzt, 56 % davon für Gesundheitsinformationen. Online-basierte Selbstmanagement-Programme könnten deshalb auch gerade für ältere Menschen eine größere Rolle spielen. Vorgestellt wird eine weitere Analyse einer cluster-randomisierten, kontrollierten Studie mit 647 Hausarztpatienten mit leichter und moderater depressiver Symptomatik. Die Studienteilnehmer erhielten entweder eine klassische Hausarztbehandlung oder eine Hausarztbehandlung plus der Empfehlung des onlinebasierte Selbstmanagementprogramms Moodgym. Moodgym wurde in Australien entwickelt und für den deutschen Sprachraum adaptiert. Es zählt international zu den bestuntersuchten Programmen und beruht auf verhaltenstherapeutischen Prinzipien und ist kostenfrei für alle zugänglich (https://moodgym.de/). Vorgelegt wird eine altersspezifische Intention-to-treat-Analyse in drei Altersgruppen (18-39-jährige, 40- 59-jährige und über 60-jährige). Das Programm war konsistent über alle Altersgruppen hinweg wirksam, mit einer signifikanten Reduktion der depressiven Symptomatik in der Interventionsgruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe. Es gab keine Unterschiede zwischen den Altersgruppen und interessanterweise führten ältere Studienteilnehmer die Module vollständiger durch. Das Potenzial online-basierter Selbstmanagement-Programme bleibt insgesamt zu wenig genutzt. Das trifft ganz besonders für ältere Menschen zu. Fragen einer breiten Implementierung werden diskutiert.