iCal
Raum:
A8 (Stream/on Demand)
Topic:
Wissenschaftliches Programm
Topic 07: Persönlichkeitsstörungen, F6
Format:
State-of-the-Art-Symposium
Dauer:
90 Minuten
Besonderheiten:
Q&A-Funktion
zugeschaltet: Verlauf, Prognose und Behandlung von Persönlichkeitspathologien
Sabine C. Herpertz, Heidelberg (Germany)
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Autor:in:
Sabine C. Herpertz, Heidelberg (Germany)
Die Langzeitstudien zum Verlauf von Persönlichkeitsstörungen machen deutlich, dass die
Stabilität der Diagnosen nicht hoch ist. Das Funktionsniveau allerdings bleibt mäßig bis
schlecht. Bereits bei jungen Erwachsenen ist die Sozialprognose hinsichtlich Bildungsniveau
und Beschäftigungsstatus sehr viel schlechter als bei der vergleichbaren Altersgruppe in der
Allgemeinbevölkerung. Das erhöhte Suizidrisiko zieht sich durch alle Altersgruppen. Im
Erwachsenenalter drohen Vereinsamung, vielfältige komorbide psychische sowie auch
somatische Erkrankungen. Die somatisch bedingte Mortalitätsrate und die verlorenen
Lebensjahre liegen dabei ähnlich hoch wie bei Patient*innen mit schizophrenen und
bipolaren Störungen. Bei der Behandlung von Persönlichkeitspathologien ist der Bedarf sehr
unterschiedlich und an den Schweregrad zu adaptieren. Persönlichkeitsstörungen sollten
bereits in der Primärversorgung erkannt werden und in der Behandlung Beachtung finden.
Im psychiatrisch-psychotherapeutischen Versorgungssystem bewähren sich zum einen
störungsspezifische Behandlungsprogramme wie die Dialektisch-Behaviorale Therapie
(DBT) und die Mentalisierungsbasierte Therapie (MBT). Da solche störungsspezifischen
Programme nicht für große Patientenzahlen zugänglich sind, muss es daneben auch breit
zur Verfügung stehende, auf die spezifischen Bedürfnisse dieser Patientengruppe
abgestimmte Versorgungsprogramme geben, wie sie z.B. in Psychiatrischen
Institutsambulanzen implementiert werden können. Ist eine weiterreichende Behandlung
notwendig, so kann sich diese an den dominierenden Funktionsbeeinträchtigungen
orientieren und die passenden psychotherapeutischen Module zusammengestellt werden.
Stationäre Kriseninterventionen sind soweit wie möglich zu vermeiden und durch
hochfrequente Angebote zu ersetzen; dagegen kann es Sinn machen, einzelne besonders
intensive und die Patienten fordernde Behandlungsschritte im stationären Setting
anzubieten. Solche Behandlungsangebote im Sinne eines Stepped-Care Ansatzes werden
dargestellt werden.
Die Bedeutung des zukünftigen Domain-Konzeptes in der ICD-11 für Diagnostik und Behandlung von Persönlichkeitsstörungen
Peter Fiedler, Heidelberg (Germany)
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Autor:in:
Peter Fiedler, Heidelberg (Germany)
In der ICD-11 wird mit Ausnahme der Borderline-Persönlichkeitsstörung auf eine kategoriale
Typenzuordnung gänzlich verzichtet. Mit Blick auf eine Verbesserung der Indikation
psychotherapeutischer Maßnahmen wurden im Gegenzug fünf allgemeine
Persönlichkeitscluster (sog. Trait Domains) operationalisiert, die als behandlungsrelevante
Persönlichkeitsmerkmale in den Vordergrund rücken: (a) Antagonismus (vs. Verträglichkeit);
(b) Psychotizismus (vs. Adäquatheit); (c) Verschlossenheit (vs. Extraversion); (d) Negative
Affektivität (vs. emotionale Stabilität); (e) Enthemmtheit; (f) Zwanghaftigkeit (bzw. dem
Anankasmus). Mit der Streichung der Störungskategorien handelt es sich vermutlich um die
radikalste Änderung gegenüber der traditionellen Persönlichkeitsstörungsdiagnostik, jedoch
mit dem wünschenswerten Vorteil, dass damit zukünftig einer vorschnellen Stigmatisierung
von Patienten die Grundlage entzogen wird. Der Vortrag setzt sich ausführlich mit der
Bedeutung und mit den Vorteilen dieser Innovation für Diagnostik und Behandlung der
Persönlichkeitsstörungen auseinander.