Raum:
Saal A3 (später on Demand)
Topic:
Wissenschaftliches Programm
Topic 18: Stimulationsverfahren, internetbasierte Interventionen und andere psychiatrische Therapieformen
Format:
Symposium
Dauer:
90 Minuten
Besonderheiten:
Q&A-Funktion
Die Elektrokonvulsionstherapie (EKT) hat in der letzten Dekade deutlich an Bedeutung für die klinische Versorgung von Patienten mit schweren und therapieresistenten affektiven Störungen und schizophrenen Psychosen gewonnen. Die aktuellen Leitlinien sprechen spezifische Empfehlungen für den Einsatz der EKT aus, die Behandlungszahlen in Deutschland haben sich von 2008 bis 2016 etwa verdoppelt, und die EKT ist in der Weiterbildungsordnung erstmals als Handlungskompetenz explizit erwähnt. Nach wie vor jedoch ist die Anwendungshäufigkeit im internationalen Vergleich relativ gering, und es bestehen deutliche regionale Unterschiede, was sich etwa in hohen Zuweisungszahlen an größere EKT-Zentren widerspiegelt. Das Symposium soll daher die Versorgungssituation mit einer der wirkstärksten psychiatrischen Therapieformen aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchten. Inwieweit könnte eine Akkreditierung die Verfügbarkeit und Qualität der EKT beeinflussen? Welche Rolle spielt die ambulante Durchführung der EKT und welche medizinischen und gesundheitsökonomischen Rahmenbedingungen braucht diese? Welche Konsequenzen und Schwierigkeiten für die Versorgung ergeben sich aus knappen Behandlungsressourcen durch fehlende Verfügbarkeit oder reduzierte Kapazitäten in der COVID-19 Pandemie?
zugeschaltet: Analyse von externen Zuweisungen zur EKT: Implikationen für die Versorgung
Fabienne Bühler, Göttingen (Germany)
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Autor:in:
Fabienne Bühler, Göttingen (Germany)
Zwischen 2008 und 2016 hat sich die Anwendung der Elektrokonvulsionstherapie (EKT) in Deutschland auf ca. 5700 Patienten pro Jahr etwa verdoppelt; zugleich stieg die Zahl der Patienten, die explizit zur Durchführung der EKT an Kliniken mit entsprechendem Angebot verlegt wurden überproportional an. Darin spiegelt sich wider, dass im selben Zeitraum die Anzahl der EKT durchführenden Kliniken mit 45% mehr oder weniger gleichgeblieben ist. Durch aktuelle Empfehlungen in den Leitlinien für Unipolare Depression, Bipolare Störungen und Schizophrenie ist zu erwarten, dass sich der Trend zur vermehrten Anwendung der EKT fortsetzen wird, was durch vorläufige, noch unveröffentlichte Daten untermauert wird.
Überregionale Zuweisungen sind bei bestehender Indikation zur EKT und fehlendem eigenen Angebot einerseits zu begrüßen, widersprechen andererseits jedoch dem Prinzip der regionalen und wohnortnahen Versorgung. Zudem ist in vielen Fällen nach einer Akutbehandlung mit EKT eine Erhaltungs-EKT zur Rezidivprophylaxe indiziert. Die gravierenden Effekte einer ausbleibenden Erhaltungs-EKT im Rahmen der Corona-Pandemie wurden mit Rückfallraten von etwa 50% innerhalb eines halben Jahres sichtbar. Spätestens nach Entlassung der Patienten aus der Akutbehandlung und Rückkehr an den Wohnort kann eine fehlende regionale Versorgung mit EKT also zu Problemen führen, indem entweder mit hohem Aufwand für die Patienten weite Transportwege in Kauf genommen werden müssen oder aber die Betroffenen bei Verzicht auf die indizierte Erhaltungsbehandlung einem erhöhten Rezidivrisiko ausgesetzt sind.
Um die in diesem Kontext zu erwartenden Versorgungsaspekte konkreter zu untersuchen, führten wir eine Analyse, der in einem 12-Monatszeitraum erfolgten externen Anmeldungen zur EKT an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsmedizin Göttingen durch. Ziel der Analyse war dabei eine Darstellung der Zuweiserstruktur, der angemeldeten Patienten sowie der Behandlungsergebnisse.
zugeschaltet: Wirksamkeit der Erhaltungs-EKT – Lektionen aus der Corona-Pandemie
David Zilles-Wegner, Göttingen (Germany)
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Autor:in:
David Zilles-Wegner, Göttingen (Germany)
Nach erfolgreicher Akutbehandlung mit EKT stellt die Erhaltungs-EKT (EEKT) eine evidenzbasierte Strategie zur Rezidivprophylaxe bei depressiven, bipolaren und schizophrenen Erkrankungen dar. Im Zusammenhang mit der Coronapandemie mussten weltweit viele Kliniken ihre EKT-Prgramme reduzieren. Zu Beginn der Pandemie wurden an der Universitätsmedizin Göttingen n = 53 Patienten unterschiedlicher Diagnosen mit EEKT behandelt. Auf individueller Basis wurde gemeinsam über eine unveränderte Fortführung, eine Frequenzreduktion bzw. ein komplettes Aussetzen der EEKT entschieden. Alle Patienten wurden ambulant bzw. telefonisch weiter betreut. In den Gruppen mit veränderter Frequenz und Aussetzen der EEKT zeigte sich im Vergleich zu der Gruppe mit kontinuierlicher Weiterbehandlung eine signifikante klinische Verschlecherung sowie eine signifikant höhere Rehospitalisierungsrate. Die Patienten mit kontinuierlicher Weiterbehandlung zeigten hingegen sogar eine leichte weitere Verbesserung im klinischen Gesamteindruck über das 6-Monats-Intervall. In einem naturalistischen Setting konnte somit die rezidivprophylaktische Wirksamkeit der EEKT eindrücklich bestätigt werden. In zukünftigen Situationen limitierter Ressourcen muss die Behandlungskontinuität dieser vulnerablen Population schwer betroffener Patienten mit affektiven und psychotischen Erkrankungen prioritär aufrechterhalten werden.