Bereits in den 50er und 60er Jahren fanden erste Studien zum Einsatz von Psychedelika, insbesondere LSD, im psychiatrisch-psychotherapeutischen Kontext statt. Spätestens seit die amerikanische Food and Drug Administration im Jahr 2018 die Erforschung von Psilocybin zur Behandlung von therapieresistenten Depressionen unterstützt, erfährt das Interesse am Einsatz von halluzinogenen Substanzen bei psychiatrischen Erkrankungen eine mediale und wissenschaftliche Renaissance.
In diesem Symposium im Rahmen des DGPPN-Nachwuchsprogramms wollen drei Nachwissenschaftler*innen auf dem Gebiet der Psychedelika-Forschung zunächst die historische Einordnung und Entwicklung von Psilocybin in der psychiatrischen Forschung in Europa vorstellen. Weiterhin soll das aktuelle Wissen um die neurochemischen und pharmakologischen Mechanismen dieser Substanzgruppe sowie die Ergebnisse von aktuellen klinischen Studien dargestellt werden. Auch sollen verschiedene psychotherapeutische Ansätze für den kombinierten Einsatz von Psychedelika berichtet werden.
In einer kritischen, wissenschaftlich fundierten Einschätzung soll den Fragen nachgegangen werden, inwieweit der Einsatz von Psilocybin eine wirkliche Innovation in der Depressionsbehandlung für zukünftige Generationen von Psychiater*innen darstellt und welche weiteren Möglichkeiten der Einsatz von Halluzinogenen in der klinisch-psychiatrischen Versorgung mit sich bringt.
Historische Entwicklung der klinischen Forschung mit Psychedelika und Ergebnisse aktueller Studien
Lea Julia Mertens, Mannheim (Germany)
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Autor:in:
Lea Julia Mertens, Mannheim (Germany)
Klassische oder serotonergce Psychedelika, zu denen auch Psilocybin gehört, werden seit Jahrtausenden von indigenen Kulturen als Teil von religiösen und spirituellen Heilungsritualen, z. B. in Ayahuasca-Zeremonien, bei denen Teilnehmer einen Dimethyltryptamin (DMT)-enthaltenden Pflanzensud konsumieren, verwendet.
Seit den 1950er Jahren haben klassische Psychedelika im Rahmen der substanzgestützten Psychotherapie (psycholytische oder psychedelische Therapie) auch Anwendung in der westlichen Medizin und Psychiatrie gefunden. Mit ihrem Verbot und der Klassifizierung als „Schedule I Substances“ im Rahmen der UN Convention on Psychotropic Substances (Wien, 1971) und des resultierenden Controlled Substance Act (CSA), die Psychedelika als Substanzen mit einem hohen Missbrauchspotential und ohne evidenz-basierten medizinischen Nutzen deklarierte, fand ihre Erforschung ein jähes Ende In Deutschland sind klassische Psychedelika entsprechend in Anlage 1 des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) gelistet und gelten somit als nicht verkehrsfähig.
Seit den 2000er Jahren erleben wir jedoch eine Renaissance der psychedelischen Forschung. In mehreren westlichen Industriestaaten werden nun neue, nach heutigem Forschungsstandard konzipierte klinische Studien durchgeführt, die Sicherheit, Wirksamkeit und Wirkmechanismen von psychedelischen Substanzen untersuchen.
Dieser Vortrag soll einen Einblick in die historische Entwicklung der klinischen Forschung und therapeutische Anwendung von Psychedelika (insbesondere Psilocybin) geben. Der Fokus soll dabei auf den Ergebnissen aktueller klinischer Studien liegen.
Wirkmechanismen der Psilocybin-unterstützten Therapie
Nathalie Rieser, Zürich (Switzerland)
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Nathalie Rieser, Zürich (Switzerland)
Forschungsergebnisse der Psilocybin-unterstützten Therapie sind vielversprechend. Allerdings sind die Wirkmechanismen der Psilocybin-unterstützten Therapie noch nicht ausreichend untersucht. Die Erforschung solcher Wirkmechanismen ist essentiell um die psychotherapeutische Einbettung besser zu verstehen und zu optimieren. In dieser Präsentation wird die aktuelle Forschung zu potentiellen neurobiologischen, als auch klinischen Wirkmechanismen vorgestellt. Zu den neurobiologischen Wirkmechanismen zählen die Veränderungen im 5-HT2A-rezeptor-system, induzierte Neuroplastizität und Veränderung in der Zusammenarbeit von Gehirnnetzwerken. Zusätzlich finden auch Veränderungen in der Belohnungs- und Emotionsverarbeitung statt, was sowohl neurobiologisch gezeigt, als auch klinisch genutzt werden kann. Abschliessend berichteten Patienten von einer erhöhten Einsicht in dysfunktionale Verhaltensweisen und ein verstärktes Gefühl von sozialer Verbundenheit. Aktuell besteht die Annahme, dass die positiven Therapieeffekte aufgrund eines Zusammenspiels dieser Wirkmechanismen erklärt werden kann.