Autor:innen:
Johanna Siems, Bonn (Germany)
Alexander Blazejak, Bonn (Germany)
Jana Fink, Bonn (Germany)
Max Christian Pensel, Bonn (Germany)
Ulrike Schmidt, Bonn (Germany)
Henrik Rohner, Bonn (Germany)
Alexandra Philipsen, Bonn (Germany)
Einführung:
Die Arbeit untersucht das Auftreten dissoziativer Symptome bei Patient*innen mit psychischen Erkrankungen während der Sars-Cov-II-Pandemie und die Frage, welche Rolle hierbei einer vorbestehenden PTBS zukommt.
Methode:
Patient*innen mit psychischen Erkrankungen des Universitätsklinikums Bonn wurden longitudinal befragt (N=68). Anhand des ETI wurde der diagnostische Status für eine PTBS erhoben (PTBS n= 39, nicht-PTBS: n=29). Die Ausprägung dissoziativer Symptome wurde durch den FDS bestimmt. Die Befragung erfolgte zu drei Zeitpunkten (T0: 04-05/2020, T1: 09-10/2020, T2:04-05/2021).
Ergebnis:
Für den FDS-Gesamtscore fand sich in der ANOVA im Gruppenvergleich ein signifikantes Interaktionsergebnis von T0 nach T1 (N=31, p < .05). Die PTBS-Gruppe zeigte zu T0 einen signifikant höheren Wert (M=16.66, SD=12.98) als die nicht-PTBS Gruppe (M=6.78, SD=4.51; p < .01). Zu T1 näherten sich die Ergebnisse getrieben von einem signifikanten Abfall in der PTBS-Gruppe (p < .001) an, sodass sich der Gesamtscore nicht mehr signifikant unterschied (T1: PTBS: M=11.57, SD=12.00; nicht-PTBS: M=6.24, SD=6.45, p=.201). Zu T2 (N=18) waren die Gruppenwerte wieder verschieden (PTBS: M=10.67, SD=8.20; nicht-PTBS: M=4.43, SD=3.38; p < .05), bei nahezu gleichbleibender Ausprägung in der PTBS-Gruppe.
Schlussfolgerung:
Patient*innen mit PTBS zeigten im Frühjahr 2020 ein hohes Dissoziationsverhalten, das sich im Jahresverlauf reduzierte. Im April/Mai 2020 (T0) wurde die Pandemie in der öffentlichen Wahrnehmung als sehr bedrohlich eingestuft, die behördlichen Maßnahmen waren strikt. Im September/Oktober 2020 (T1) zeigten sich die Pandemiesituation und die behördlichen Maßnahmen milder. Dissoziation kann als Schutzmechanismus gegen Bedrohung interpretiert werden, was erklären kann, warum die im Frühjahr 2020 als besonders beängstigend erscheinende Pandemie- und Maßnahmensituation bei PTBS-Patient*innen mit deutlich stärkeren dissoziativen Symptomen einherging, als im Spätsommer.