Die DG-Sucht und die DGPPN haben jüngst neue Behandlungsleitlinien zu den alkohol-, tabak- und medikamentenbezogenen Störungen herausgegeben. An der Überarbeitung der Alkohol- und Tabakleitlinien wirkten 50 Fachgesellschaften mit. Die erste Auflage der AWMF-S3-Behandlungsleitlinie zu den medikamentenbezogenen Störungen wurde von 41 Fachgesellschaften konsentiert. Aktuell wird eine AWMF-S1-Behandlungsleitlinie zu den internetbezogenen Störungen erstellt.
Im Symposium referiert Falk Kiefer über neue und am individuellen Bedarf adaptierte Empfehlungen zu den alkoholbezogenen Störungen – von der Trinkmengenreduktion bis zu lebenslanger Abstinenz, von der offenen Selbsthilfe bis zur vollstationären psychotherapeutischen Rehabilitation. Die Empfehlungen sollen dazu beitragen, dass mehr Betroffene als bisher durch Therapieangebote erreicht werden.
Anil Batra berichtet über Empfehlungen aus der S3-Leitlinie zu den tabakbezogenen Störungen. Er plädiert dafür, dass angesichts der bevölkerungsweiten Bedeutung des Tabakkonsums die Beratungsangebote und die therapeutischen Interventionen zum Rauchstopp systematisch im Gesundheitswesen verankert und als fester Bestandteil in die Fort- und Weiterbildung integriert werden sollten.
Ursula Havemann-Reinecke stellt bei der Darstellung der Empfehlungen der Behandlungsleitlinie zu den medikamentenbezogenen Störungen heraus, dass aktuelle Daten auf eine Zunahme des Konsums hoch potenter Opioide hinweisen. Andere relevante Stoffgruppen mit hohem Missbrauchspotenzial betreffen die Benzodiazepine, Gabapentinoide, Cannabinoidmedikamente, Stimulanzien sowie nicht-opioide Schmerzmittel.
Hans-Jürgen Rumpf referiert über die S1-Leitlinie zu den internetbezogenen Störungen. Internetnutzungsstörungen beziehen sich auf die Computerspielstörung, die Soziale-Netzwerke-Nutzungsstörung, die Shoppingstörung sowie die Pornografienutzungsstörung. In der Leitlinie werden Behandlungsempfehlungen für Erwachsene sowie für Kinder und Jugendliche abgeleitet.
Bis zu einem Drittel aller Depressionen nehmen einen chronischen Verlauf. Persistierende Depressionen werden in den Klassifikationssystemen der ICD-11 und des DSM-5 unterschiedlich aufgeführt. Die meisten Patienten berichten einen frühen Beginn vor dem 21. Lebensjahr und von frühen zwischenmenschlichen Traumatisierungen, insbesondere emotionale Vernachlässigung oder Missbrauch. Außerdem weisen persistierende depressive Störungen im Vergleich zu akut-episodischen Depressionen eine höhere Komorbiditätsrate, eine stärkere Beeinträchtigung der sozialen Leistungsfähigkeit, kleinere soziale Netzwerke, stark ausgeprägtes Vermeidungsverhalten sowie einen feindselig-submissiven Beziehungsstil auf und zeigen häufigere Suizidversuche, Behandlungsresistenz und Hospitalisierungen. In diesem Rahmen gelten sie auch als schwierig zu behandeln, etwa knapp die Hälfte scheint therapieresistent, wobei es keinen Konsens zur Definition des Begriffs Therapieresistenz gibt. Gleichzeitig könnten diese Charakteristika im Sinne einer individualisierten Behandlung als spezifische therapeutische Targets dienen.
Chronisch depressive Patienten sprechen allgemein weniger gut auf psychotherapeutische und pharmakologische Behandlung an als akut episodisch Depressive oder sie benötigen höhere „Dosen“ und eine längere Behandlungsdauer, um eine Verbesserung zu erreichen. Ungefähr die Hälfte der persistierend depressiven Patienten sind Nonresponder auf Psycho- oder Pharmakotherapie, weitere 20% erreichen keine Remission. Zum Vergleich psycho- und pharmakologischer Ansätze liegen uneinheitliche Ergebnisse vor. Dabei ist die in den meisten Studien vor allem bei der Dysthymie sehr kurze Behandlungsdauer zu berücksichtigen, in der sich die Wirksamkeit von Psychotherapie nicht voll entfalten kann. Dazu sind mindestens 18 Sitzungen nötig. In den gängigen Leitlinien wird eine Kombination beider Methoden empfohlen, die Behandlungspräferenz erwies sich dabei als Moderator für das Ansprechen auf die Therapie.
Einleitung: Entsprechend den Leitlinien der Deutschen Adipositas Gesellschaft stellt die Adipositas-Chirurgie im Hinblick auf die Adipositas Grad II und III das Mittel der Wahl im Hinblick auf eine nachhaltige Gewichtsreduktion und Besserung begleitender metabolischer, kardiovaskulärer und onkologischer Risikofaktoren dar. In der Regel ist nicht nur eine klinisch signifikante und persistierende Gewichtsabnahme zu beobachten, sondern auch eine hohe Rückbildungsrate Adipositas-assoziierter somatischer Erkrankungen und eine Besserung des psychosozialen Funktionsniveaus und der Lebensqualität. Psychische Störungen, insbesondere unipolare Depressionen zeigen sich postoperativ rückläufig. Dies gilt insbesondere für kürzere Katamnesen (bis zu drei Jahren). Studien mit längeren Beobachtungszeiträumen kommen zu uneinheitlichen Ergebnissen. Schwerpunkt des Vortrags wird die Diskussion der Lebensqualität und der bei Adipositas häufigsten komorbiden psychischen Störungen wie Essstörungen, Depression und Sucht sein.
Methoden: narratives Review
Ergebnisse: Essstörungen nehmen kurzfristig nach der bariatrischen Operation ab, scheinen aber im Verlauf wieder zuzunehmen. Bezogen auf Studien mit kurzer (< 3 Jahre) und mittlerer Katamnese (3 – 6 Jahre) sinkt die Prävalenz depressiver Störungen, während die Prävalenz von schädlichem Gebrauch von Alkohol, insbesondere nach Bypass-Operationen zuzunehmen scheint. Kurz- und mittelfristig steigt bei der Mehrzahl der Patienten die Lebensqualität. Studien mit längeren Katamnesen(>6 Jahre) kommen zu uneinheitlichen Ergebnissen.
Schlußfolgerungen: Die Mehrzahl der Studien mit kurzer und mittlerer Katamnese spricht für eine Besserung psychischer Symptome bzw. Störungen. Die Ergebnisse der Studien mit längerer Katamnese weisen divergente Befunde auf. Der prädiktive Wert einer präoperativen psychiatrischen, psychosomatischen oder psychologischen Stellungnahme wird diskutiert.
Die Digitalisierung in der Medizin hat insbesondere im Bereich der psychischen Erkrankungen durch die SARS-CoV2-19-Pandemie erheblich an Bedeutung gewonnen. Dabei sind in kurzer Zeit nicht zuletzt durch die bestehenden Kontaktbeschränkungen telemedizinische Versorgungsansätze für alle Altersgruppen vom Kindesalter bis zum Senium breit in der Versorgung aufgegriffen worden. Hierbei sind in der Regel bestehende Therapieformate im Sinne einer Transformation in telemedizinische Anwendungen übertragen worden. Diese Entwicklung wird auch gesundheitspolitisch stark befördert, wodurch Rahmenbedingungen auch für innovative Ansätze mit Digitalen Gesundheitsanwendungen entstehen. Die Entwicklungen in der Digitalisierung bieten die Chance für neue und ortsunabhängige Zugänge zu Therapie, die Entwicklung digital-gestützter innovativer Behandlungsformate oder eine genauere Erhebung diagnostisch relevanter Daten durch Mobiles Assessment. Jedoch bestehen in der Anwendung der telemedizinischen Zugänge bei psychischen Erkrankungen auch Fragen zur Datensicherheit, technischer Umsetzbarkeit, Therapieadhärenz mit Aspekten der therapeutischen Beziehung und generell dem wissenschaftlichen Nachweis der Effektivität von telemedizinischer Behandlung. Dabei zeichnen sich unterschiedliche Bedarfe und Präferenzen über die Altersspanne von z.B. „Digital Natives“ und älteren Patienten ab. Das gemeinsame Symposium der DGKJP und DGPPN widmet sich diesem altersübergreifend hoch relevanten und zukunftsorientierten Thema.
Live-Stream des Industriesymposiums & On-Demand
Elektrokonvulsionstherapie (EKT) ist ein wissenschaftlich und klinisch fundiertes, modernes und sicheres Behandlungsverfahren. Seit einigen Jahrzehnten wird an biologischen Alternativ-Therapien zur EKT geforscht, die bei ähnlicher Wirkung mit weniger Nebenwirkungen einhergehen sollen. Vor mehr als 25 Jahren, 1994, verkündete Zyss das Ende der EKT durch den Einsatz der transkraniellen Magnetstimulation (TMS). Das Verfahren wurde seither technisch weiterentwickelt und in klinischen Studien randomisiert, kontrolliert und prospektiv untersucht. Zunächst werden die heutigen Indikationsbereiche und die Wirkstärke der repetitiven TMS (rTMS) dargestellt. Weiter wird thematisiert, welchen Fortschritt wir von der repetitiven, paired und tripple pulse oder theta burst Technik noch zu erwarten haben und welche Abgrenzung sich zur transkraniellen Gleischstromstimulation (tDCS) und zur EKT derzeit ergibt? Der zweite Beitrag beschäftigt sich mit den neuromodulatorischen Effekten der rTMS, die über das direkt stimulierte Kortexareal hinausgehen. Darauf basierend wird die Wirkung auf die kortikale Exzitabilität sowie die Hirnstruktur und -funktion thematisiert und mögliche Zusammenhänge mit therapeutischen Wirkungen diskutiert. Als weitere Option zur Behandlung therapieresistenter depressiver Patienten wird seit 2004 der Wirkstoff Ketamin diskutiert. Die Substanz wirkt als Antagonist am glutamatergen NMDA Rezeptor und wurde bisher intravenös verabreicht. Nun ist auch die nasale Verabreichung des Razemats möglich. Im dritten Beitrag wird die Effektstärke der (Es)-Ketamin Anwendung sowie die Einordung des Wirkstoffes in einen Behandlungsalgorithmus beschrieben. Der letzte Vortrag stellt die Weiterentwicklung der EKT vor und zeigt, dass sie sich klinisch neben den anderen Verfahren behaupten konnte. Derzeit bleibt offen, ob rTMS, tDCS, Ketamin und EKT zukünftig als sequentielle Alternativen, als parallele Augmentierung oder mit unterschiedlichen Indikationen angewendet werden sollen.
Der Beziehung zwischen Therapeut und Patient kommt in der Psychotherapie eine wichtige Rolle zu. Sie ist nicht nur eine wichtige Voraussetzung für eine gelingende Kooperation sondern wird selbst als wichtiges therapeutisches Agens angesehen Es gibt in den verschiedenen Psychotherapieverfahren unterschiedliche Akzentsetzungen wie das Abstinenzgebot in der psychodynamisch/psychoanalytischen Psychotherapie, die Parameter der Wärme und emotionalen Empathie in der klientenzentrierten Psychotherapie, oder das Arbeitsbündnis in der Verhaltenstherapie. Daneben gibt es auch störungsspezifisch unterschiedliche Anforderungen an die therapeutische Beziehung.
Trotz dieser Varianten in der Beziehungsgestaltung gibt es auch transdiagnostische Beziehungsmerkmale. In dem Symposium zu Transdiagnostischen Variationen der therapeutischen Beziehung wird M. Linden anhand empirischer Daten die Unterschiede bezüglich der „Beziehung“ in Abhängigkeit davon darstellen, aus welcher Perspektive ist sie betrachtet wird. C. Lammers wird das Prinzip der komplementären Beziehungsgestaltung darstellen. J. Lindenmeyer wird am Beispiel des alkoholabhängigen Patienten beschreiben, welche Rolle Reaktanz in der therapeutischen Beziehung spielt. B. Strauß fasst aus psychodynamischer Sicht die grundsätzliche Bedeutung der Beziehungsgestaltung zusammen.
Das Symposium fügt sich ein in einem aktuellen Arbeitsschwerpunkt im Referat Psychotherapie unter dem Obertitel der transdiagnostischen Psychotherapie.
Menschen mit psychischen Störungen und insbesondere mit schweren Krankheitsverläufen benötigen oft komplexe Hilfen im Bereich Behandlung, Medizinischer Rehabilitation, soziale und berufliche Teilhabe sowie Pflege. Mit dem „Personenzentrierten Ansatz“ hat die Aktion Psychisch Kranke ein Konzept zur Umsetzung einer leistungsträgerübergreifenden Versorgung vorgelegt. Im Dialog des BMG zu Weiterentwicklung der Hilfen für psychisch erkrankte Menschen stand in der letzten Legislatur der SGB V – Bereich im Mittelpunkt. Als notwendiger nächster Schritt für die nächsten Legislatur ist der aktuelle Weiterentwicklungsbedarf in der Verknüpfung mit den anderen Leistungsbereichen in den Fokus zu rücken.
Ausgehend von den Ergebnissen des Dialogs in Bezug auf die Kooperationsgebote und die Personenzentrierung im SGB V, die kurz von Prof. Brieger dargestellt werden, sollen die gesetzlichen und konzeptionellen Weiterentwicklungen thematisiert werden, z.B. in Bezug auf
- Chancen durch das Bundesteilhabegesetz für eine leistungsträgerübergreifende Versorgung – eine erste Bilanz (Matthias Rosemann)
- Pflege und rehabilitative Ansätze im Alter – Modelle für die Zukunft (Prof. Dr. Michael Rapp)
- Teilhabe an Arbeit und Beschäftigung – gemeinsame Verantwortung von Behandlung, Rehabilitation und Arbeitsförderung (Prof. Dr. Katarina Stengler)
Insgesamt liegen wenig nationale und internationale Erkenntnisse vor, wie viele Menschen mit psychischen Erkrankungen von Wohnungslosigkeit betroffen sind bzw. in prekären Wohnverhältnissen leben.
Dieses Symposium präsentiert Methoden und Ergebnisse aktueller empirischer Studien aus Deutschland und der Schweiz. Es werden Erhebungen über die Häufigkeit von psychischen Erkrankungen bei wohnungslosen Menschen und Risikoprofile vorgestellt. Ferner werden Versorgungspfade der von Wohnungslosigkeit betroffenen psychisch erkrankten Personen aufgezeigt.
S. Gutwinski stellt die Ergebnisse der Berliner WOHIN-Studie vor. Es werden die Einflussgrößen der Wohnungslosigkeit bei psychisch erkrankten Menschen aufgezeigt im Hinblick auf Präventionsmöglichkeiten von Wohnungslosigkeit.
Es folgt die Präsentation der Forschungsergebnisse zur Wohnforschung im Kontext der psychiatrischen Versorgung in der Schweiz durch M. Jäger. Dabei geht der Referent der Frage nach, wie Wohnungslosigkeit und psychische Gesundheit miteinander verknüpft sind und welche Hilfsangebote in der deutschsprachigen Schweiz für Betroffene bestehen.
I. Haussleiter stellt die Ergebnisse einer retrospektiven Routinedatenanalyse zweier großer psychiatrischer Klinikverbünde aus der WohnLos-Studie aus NRW vor, um u.a. die Prävalenz von Wohnungslosigkeit bei Patient*innen in stationärer psychiatrischer Behandlung aufzuzeigen. Zudem wird gezeigt, wie viele der erkrankten Patient*innen nicht entlassen werden konnten, weil geeigneter Wohnraum fehlte.
J. Heinz betrachtet das stationäre Entlassungsmanagement bei psychisch erkrankten Personen in NRW, die in prekären Wohnverhältnissen lebten oder wohnungslos waren. Daneben werden die Zugangswege der psychisch erkrankten Personen in Einrichtungen der Sozialen Rehabilitation nachgezeichnet.
Die Zuhörenden des Symposiums erhalten einen Überblick zu aktuellen Forschungsergebnissen und Handlungsempfehlungen zur Wohnungslosigkeit bei psychisch erkrankten Menschen.
Stress-related mental disorders are the most prevalent and cost-intensive disorders of our time. On the other hand, resilience, i.e. maintaining or regaining mental health despite stressors, is a frequent phenomenon. Since several years, resilience research is undergoing a period of transition. Based on a new understanding of resilience as dynamic process, new approaches were proposed. This symposium will present current results and conceptual developments of neurobiological resilience research. Introducing the symposium, Prof. Tüscher presents the frequent stressor and mental health monitoring (FRESHMO)-paradigm. First behavioral and fMRI results from the Longitudinal Resilience Assessment Study (LORA) & Mainz Resilience Project (MARP) resilience studies exemplifying FRESHMO operationalization and measurement of resilience for the identification of resilience processes in longitudinal studies will be shown. The potential of high-frequency monitoring will be further illustrated by the example of even higher frequency sampling in case of the Corona crisis as an ubiquitous stressor by M.Sc. Ahrens. This approach has led to the identification of different respondent groups and resilient factors in the context of a major natural and societal stressor. The question which genetic factors can predict resilience will be addressed by Prof. Plichta. Analyses of polygenic risk and resilience scores as neurobiological resilience predictors are derived from the LORA study and will be discussed in terms of their ability to explain significant variance in resilience in comparison to self-reported resilience factors. The symposium is concluded by presentation of neuropsychological predictors of resilience by Dr. Kollmann. Emotional interference control is a postulated cognitive mechanism of positive appraisal as a major resilience mechanism. The talk discusses the importance of the mechanism and clinical implications of the results for the prevention of stress-related disorders.
"Begutachtung symptomarmer Funktionsstörungen = Grenzbefunde"
Entscheidend ist beim Gutachter/der Gutachterin, auf die individuelle Wahrnehmung des Probanden/der Probandin zu achten. Hier unterscheiden wir die unvoreingenommene Wahrnehmung von der hypothesengeleiteten, deduktiven Wahrnehmung. Im Rahmen des Symposiums soll näher auf den Primacy Effekt, den Halo-Effekt und den Rosenthal-Effekt eingegangen werden. Auf Seiten des Probanden / der Probandin können Antworttendenzen, Aggravation, Simulation und auch Dissimulation die Beurteilung erschweren u.a.m.Stellvertretend für diese Problematik sollen näher beleuchtet werden die Pseudologia phantastica, der Pseudoerinnerungen sowie CFS, MCS, Fibromyalgie als Chiffren moderner Leiden.
"Gutachterhaftung"
Zwar tritt das haftungsrechtliche Risiko der Ärzteschaft in der Begutachtung deutlich hinter den kurativen Bereich zurück, gleichwohl sollte es nicht völlig aus dem Blick geraten. Der Vortrag skizziert die rechtlichen Regelungen zur Haftung innerhalb wie außerhalb gerichtlicher Verfahren.Für die gerichtlichen Sachverständigen wurde im Jahr 2002 mit § 839a BGB eine eigene Haftungsnorm in das Gesetz eingefügt, das deren Haftung abschließend regelt. Trotz dieser hohen Hürden kommt immer wieder zu gerichtlichen Auseinandersetzungen über vermeintliche oder tatsächliche gutachterliche Fehlleistungen.
"Begutachtung bei hirnorganischen Psychosyndromen und Demenz"
Psychische Funktionsstörungen aufgrund symptomatischer zerebraler, sogenannter organischer, Erkrankungen, können offensichtlich sein oder auch nur in subtiler Ausprägung auftreten. Selbst dann beeinflussen sie das Krankheitsgeschehen und den Verlauf oft in erheblicher Weise ungünstig. Die Begutachtung dieser Fragenkomplexe erfordert eine detailliertere Kenntnis der höheren Hirnleistungen und der Basisfunktionen. Wesentliche Skalen zur Funktionsbewertung mit indikationsübergreifendem Charakter werden vorgestellt.
Severe psychiatric and neurodevelopmental disorders, such as bipolar disorder, schizophrenia, and autism spectrum disorders, show remarkably high heritability. In the past decade, psychiatric genetics has made substantial progress in identifying the genetic architecture of these polygenic disorders. However, the exact mechanisms that lead from a genetic burden to the actual manifestation of psychiatric disease and how genetic factors influence the clinical outcome remain to be understood. The prevailing hypothesis in the field suggests an interplay between rare and common variants that determines not only whether a patient gets ill, but also the specific disorder, as most variants are associated with multiple disorders. A better understanding of how polygenic effects converge on different – e.g., molecular, cellular and neural – levels and how they influence the clinical phenotype, however, would be key to develop new strategies to treat or even prevent psychiatric disorders.
Our panel will focus on translational approaches that unravel these complex polygenic interactions and relate them to vulnerability, resilience and the course of the disease. A special emphasis will be on a translational perspective and potential clinical applications. Thomas Nickl-Jockschat will present, how transcriptomic analyses can help to delineate polygenic interactions. A special focus will rest upon rare variants, namely copy number variations (CNV), large deletions or duplications that can span over 40 genes, and carry significantly high risk. Schulte/Falkai will focus on translational approaches and potential clinical applications. In a third presentation, Thomas Schulze will focus on how the genetic burden influences the longitudinal phenotypes of psychiatric disorders. Finally, Stephen Glatt will shift the focus from disease to resilience: how the genotype can help to increase resilience against psychiatric disorders.
Dass Menschen aus prekären sozialen Lebensverhältnissen psychisch besonders stark belastet sind und besonderer Aufmerksamkeit bedürfen, ist Grundlage aktueller sozialpsychiatrischer Forschung. Mittlerweile haben sich wissenschaftliche Verfahren etabliert, die eine Diversifizierung der postmodernen Gesellschaft in sogenannte „Milieus“ ermöglichen. Das vom Sinus-Institut etablierte Modell, das die Milieu-Zuweisung anhand eines standardisierten Fragebogens vornimmt, wird u.a. von Parteien, Verbänden, aber auch der Wirtschaft genutzt, um entsprechende Gruppen zu identifizieren. Mit Blick auf medizinische Fragestellungen wurde deutlich, dass sich soziale Milieus erheblich hinsichtlich ihrer Erwartungen und Nutzung alternativer medizinischer Angebote unterscheiden.
Im Symposium werden erstmals aktuelle, in unterschiedlichen stationären psychiatrischen und psychosomatischen Settings (Versorgungspsychiatrie, fachklinische Psychosomatik und psychosomatische Rehabilitation) erhobene Daten vorgestellt und vergleichend diskutiert. Versorgungstechnisch stellt sich die Frage, ob die in den unterschiedlichen Settings behandelten PatientInnen jeweils ein „Abbild“ der Bevölkerung darstellen und falls nein, welche Selektionskriterien zugrunde liegen, auch mit Blick darauf, wie unterversorgte Gruppen ggf. besser erreicht werden. Konzeptuell geht es darum, ob bzw. inwieweit die Milieuzugehörigkeit die Wahrnehmung und Zuordnung der jeweiligen Symptomatik in subjektive Störungsmodelle determiniert. Und nicht zuletzt: Ist Milieuzugehörigkeit ein Prädiktor für den Erfolg oder Misserfolg der jeweiligen Behandlung? Falls ja, inwieweit lassen sich an umschriebenen Patientengruppen gewonnene Therapieergebnisse generalisieren – sollte Therapie milieuspezifisch konzipiert werden?
In aktuellen ethischen Diskussionen in der Psychiatrie werden häufig historische Bezüge hergestellt. Dies geschieht zum Teil auch, um eigene ethische Positionen zu untermauern. Prominente Beispiele hierfür sind die Sterbehilfedebatte oder Diskussionen über die Zulässigkeit der Durchführung von Elektrokrampftherapie oder von Zwangsmaßnahmen.
Auf einer theoretischen Ebene ist dabei jedoch häufig nicht geklärt, welcher normative Stellenwert historischen Bezügen für gegenwärtige Diskussionen zukommt, d.h. ob und inwiefern historische Argumentationen für aktuelle ethische Debatten nützlich sind. Dieser Frage möchte dieses Symposium nachgehen.
In einem grundlegenden Vortrag wird Heiner Fangerau zunächst das Verhältnis von Geschichte und Ethik in der Medizin im Allgemeinen und der Psychiatrie im Speziellen untersuchen und Implikationen für aktuelle ethische Debatten diskutieren.
Chantal Marazia wird den Stellenwert der historischen Perspektive für aktuelle Debatten anhand der Entwicklung des Maßregelvollzugs in der Bundesrepublik und deren Verschränkung mit der Psychiatriereform beleuchten.
Daran anschließend wird Anna-Karina Schomburg die Forschungsfrage diskutieren, inwiefern die Bearbeitung von historischen Quellen einer forensisch-psychiatrischen Klinik einen Beitrag zu ethischen Diskussionen in der Psychiatrie leisten kann.
Abschließend wird Michael Seidel die wenigen und auffällig zurückhaltenden Rückblicke Karl Bonhoeffers auf die Zwangssterilisierung und die Krankenmorde während der NS-Zeit skizzieren und deren implizite und explizite ethische Aspekte analysieren.
Hausärzt*innen nehmen bei Diagnostik und Langzeitbehandlung von akuten wie chronischen Störungen, in der Koordination von Patient*innen-Anliegen und in der Betreuung der sie aufsuchenden Personen eine zentrale Rolle ein. So werden etwa 70 Prozent der psychisch kranken Menschen in der hausärztlichen Praxis betreut. Eine Verdachtsdiagnose aus dem psychiatrisch/psychosomatischen Bereich wird hier oft erstmals geäußert und bis zu einer fachpsychiatrischen Mitbehandlung primär behandelt. Bei akuten psychiatrischen Krisen oder schweren psychischen Störungen Betroffener ist oft eine dringende fachpsychiatrische Beratung oder Mitbehandlung notwendig. Diese kann insbesondere in ländlichen Bereichen nicht immer zeitnah erfolgen. Das Referat hat sich in diesem Symposium die Frage aufgeworfen, wie Hausärzt*innen als erste Anlaufstelle psychisch Kranker adäquat durch andere Institutionen fachpsychiatrisch unterstützt werden können.
Hierzu wurde durch das Gesundheitsministerium des Landes Niedersachsen eine wissenschaftliche Recherche in Auftrag gegeben, die durch das Allgemeinmedizinische Institut der Universität Göttingen durchgeführt wurde und deren Ergebnisse auf dem Symposium vorgestellt werden soll. Ergänzt werden diese wissenschaftlich fundierten Ergebnisse durch praktische Erfahrungsberichte einer niedergelassenen Hausärztin als auch eines niedergelassenen und berufspolitisch aktiven Psychiaters. Zusammen werden Unterstützungsmöglichkeiten und relevante Aspekte für die Versorgung psychisch kranker Menschen in Hausarztpraxen herausgearbeitet und bewertet.
Das Interesse der Erwachsenenpsychiatrie und –psychotherapie am Thema der Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) hat in der letzten Dekade deutlich zugenommen. Dies ist der Einsicht geschuldet, dass bei vielen erwachsenen Patientinnen und Patienten, die klinisch unter der Diagnose einer atypischen Depression, Zwangsstörung, Angsterkrankungen aber auch Persönlichkeitsstörungen oder atypischen schizophreniformen Störungen behandelt werden, ein Asperger Syndrom oder eine Autismus Spektrum Störung der Schlüssel zum Verständnis der oft bunten Symptomatik ist. Diese Symptomatik reicht von heftigen psychosozialen Konflikten in den Familien, den Beziehungen oder am Arbeitsplatz bis hin zu vielfältigen oft atypischen Symptomen wie Kommunikationsstörungen, Missverständnissen, dissoziativen Zuständen, Anspannungszustände und psychosenahen Erlebensweisen. Nach unserer Erfahrung unterscheiden sich Patienten mit ASS, die sich primär in der Erwachsenenpsychiatrie vorstellen, durchaus von solchen, die bereits im Kindes- oder Jugendalter diagnostiziert wurden.
In diesem Workshop sollen die Besonderheiten dieser großen Patientenuntergruppe in Hinblick auf Symptomatik, komorbide andere psychische Symptome, Diagnostik und Therapie thematisiert werden. Unter anderem sollen dabei das in Freiburg entwickelte Konzept einer ambulanten Gruppentherapie und erste Erfahrungen mit einem spezifischen stationären Therapieprogramm für diese Patientengruppe vorgestellt werden.
Die Schematherapie nach Jeffrey Young stellt eine moderne psychotherapeutische Methode zur Behandlung von Patienten mit chronischen, komplexen psychischen Erkrankungen dar. Die Verbreitung hat in den letzten Jahren nicht zuletzt wegen der guten Studienergebnisse in der Behandlung von Patienten mit schweren Persönlichkeitsstörungen stark zugenommen. Die Schematherapie geht davon aus, dass Menschen bereits in der Kindheit überdauernde, dysfunktionale Konzepte (Schemata) von sich selbst, von anderen und der Welt entwickeln, wenn die Grundbedürfnisse von Kindern (z.B. Sicherheit, Liebe oder Akzeptanz) nicht erfüllt werden. Während Schemata eher überdauernd und rigide sind („traits“), können die daraus resultierenden Modi sehr schnell wechseln und beschreiben so den aktuellen emotionalen Zustand („states“) einer Person. Das Modusmodell stellt die zentralen Probleme einer Person im Hier und Jetzt klar dar, wird schnell verstanden und ist das zentrale Element in der aktuellen schematherapeutischen Arbeit.
Dieser Workshop wird entsprechend der aktuellen Entwicklung der Schematherapie die Arbeit mit dem Modusmodell in den Vordergrund stellen. Neben der Vermittlung theoretischer Grundkenntnisse (Schema- und Modusmodell) sollen exemplarisch schematherapeutischer Techniken demonstriert und trainiert werden.
Methoden: Vortrag mit Powerpoint-Präsentation, Video- oder Livedemonstration, Arbeit mit Fallbeispielen mit Erarbeitung eines Moduskonzeptes, Einübung der therapeutischen Techniken in Rollenspielen, Handouts.
Zielgruppe: Ärzte, Psychologen, Sozialarbeiter oder Pflegepersonal mit Interesse für Schematherapie. Vorkenntnisse in Bezug auf Schematherapie sind nicht erforderlich.
Hypnotherapie wirkt als wissenschaftlich anerkanntes Verfahren nicht nur bei der Raucherentwöhnung oder in der Schmerztherapie, sondern lässt sich auch vielseitig und zeiteffektiv in den Stationsalltag einer psychiatrischen Allgemeinstation oder in die ambulante Patientenversorgung integrieren.
Zusätzlich zu den Techniken der klassischen Hypnose arbeitet die Erickson‘sche Hypnotherapie auch mit Therapieprinzipien, die auf den ersten Blick nur wenig mit „Hypnose“ zu tun zu haben scheinen. Kenntnisse dieser Prinzipien können im normalen Patientengespräch wie auch gerade in Krisensituationen den entscheidenden Unterschied machen und insbesondere die Arbeit mit „schwierigen“ Patienten erleichtern. Und wenn Sie bereits mit imaginativen Techniken arbeiten, sei es bei der Imagination eines sicheren Ortes oder den imaginativen Techniken der Schematherapie, dann kann ein solides Grundwissen zur Hypnotherapie Ihnen zu einem vertieften Verständnis verhelfen, wenn die Therapie mal nicht so läuft wie geplant.
In diesem Kurs möchte ich mit Ihnen wichtige Grundprinzipien der klassischen wie auch der Erickson’schen Hypnotherapie erarbeiten.
Dabei werden Sie Therapieprinzipien kennenlernen, die man auch als „Einsteiger“ gut in den Arbeitsalltag integrieren kann.
Zielgruppe:
Der Workshop ist offen für alle Interessierten, die therapeutisch mit Patienten arbeiten.
Methodik:
Interaktiver Vortrag, Demonstration, Übungen.
Psychische Störungen, die zum ersten Eingangsmerkmal des § 20 StGB zugeordnet werden (krankhafte seelische Störung), weisen hinsichtlich der Diagnostik und der forenisch-psychiatrischen Beurteilung insgesamt eine hohe Übereinstimmung zwischen Gutachter*innen aus. Auch bei der Intelligenzminderung helfen zumindest die testpsychologischen Untersuchungen, sofern sie richtig angewendet werden, um die Intelligenzfunktion zu erfassen und zu beurteilen.
Komplizierter wird es bei der Beurteilung des vierten Eingangsmerkmals, welches
bis zum 31.12.2020 als „schwere andere seelische Abartigkeit“ zu beurteilen war und nun seit dem 01.01.2021 endlich als „schwere psychische Störung“ zu klassifizieren ist. Die Anforderungen an eine solche „schwere psychische Störung“ sind hoch, wenn es darum geht, einen forensisch relevanten Einfluss auf die Steuerungsfähigkeit zu beschreiben.
Zu diesem vierten Eingangsmerkmal gehören insbesondere schwere Ausprägungen von Persönlichkeitsstörungen und auch sexuell paraphile Störungen. Das Seminar ist ein Aufbau-Seminar und befasst sich ausschließlich mit der gutachterlichen Beurteilung des vierten Eingangsmerkmals.
In allen neuen Leitlinien für Bipolare Störungen wird Lithium als Mittel der ersten Wahl genannt (in einigen sogar als einziges Mittel der ersten Wahl). Gerade jüngere Kolleginnen und Kollegen fühlen sich aber unsicher, diese Therapie einzusetzen, da viele medizinische Aspekte und Einschränkungen berücksichtigt werden müssen.
Die Workshop-Leiter sind für die hier relevanten Fragestellungen sehr erfahren und durch ihre universitären Anbindungen auch mit dem aktuellen Stand der Forschung vertraut.
Ziele: Die Teilnehmenden werden in der Lage sein, Lithium in der Praxis einzusetzen und werden sich dabei kompetent und sicher fühlen. Insbesondere werden sie erlernen, welche Kontrolluntersuchungen erforderlich sind, welche Ko-Medikationen besondere Aufmerksamkeit verlangen und welche Kombinationstherapien erfolgsversprechend sind. Der Einsatz von Lithium in speziellen Patientengruppen (Frauen im gebärfähigen Alter, Schwangere, Ältere) wird ebenso vermittelt werden, wie Beginn und Dauer einer Lithiumtherapie. Fallbeispiele und praktische Übungen zur Anwendung von Lithium stellen einen wichtigen Teil des Kurses dar.
(inkl. Kombinationen und Alternativen und inkl. Thema Kinderwunsch, Schwangerschaft und Wochenbett bei Bipolaren Störungen)
Für die psychiatrische Notfallbehandlung sind bestimmte Grundfertigkeiten notwendig. Dazu zählen sowohl die Vorbereitung auf den ersten Dienst und Grundfertigkeiten der ärztlichen Gesprächsführung als auch das Wissen über die wichtigsten psychiatrischen Notfälle und die rechtlichen Rahmenbedingungen. Alle diese Dinge werden in diesem Workshop in einem interaktiven Format vermittelt.
Aufbau
1. Allgemeine Fertigkeiten
1.1. Was muss ich vor meinem ersten Dienst wissen?
1.2. Gesprächsführung in Notfallsituationen
1.3. Konfliktdeeskalation
2. Akute Syndrome
2.1. Akute Erregung
2.2. Delir
2.3. Stupor
2.4. Suizidalität
2.5. Depressivität
2.6. Angst
2.7. Traumatisierung
2.8. Selbstverletzung
3. Psychopharmakologie für den Notfall
3.1. Wichtige Notfallmedikamente
3.2. Malignes Neuroleptisches Syndrom und Periniziöse Katatonie
4. Rechtliche Rahmenbedingungen (PsychKG, BGB, etc)
Zielgruppe: Psychiaterinnen und Psychiater in den ersten Berufsjahren. Studentinnen und Studenten im Praktischen Jahr.
Methode: Kurzer Vortrag, interaktive Erarbeitung von Algorithmen der Notfallbehandlung. Einübung von wichtigen Techniken im Rollenspiel. Als Grundlage können gerne Fallbeispiele der Teilnehmer dienen.
Nach belastenden Erlebnissen entwickelt eine bedeutende Minderheit der Betroffenen anhaltende psychische Syndrome. Die posttraumatische Belastungsstörung (PTSD) ist die bedeutsamste und am besten untersuchte Traumafolgestörung.
Deren Diagnose ist im Alltag mitunter nicht leicht und fehlerhaft. Erschwerend kommt hinzu, dass die Klassifikationssysteme ICD und DSM unterschiedliche Wege gehen. Die Diagnostik der (komplexen) PTSD anhand der Klinik, wie auch von Selbst- und Fremdbeurteilungsverfahren wird vorgestellt.
Risikofaktoren, Eigenschaften des Traumas selbst, die initiale psychopathologische Symptomatik sowie Kognitionen tragen zur Entwicklung einer (komplexen) PTSD bei. Diese Grundlagen werden im Workshop dargestellt. Traumatisierungen erschüttern die Integrität des Menschen, sein Weltbild, seine Überzeugungen und Einstellungen. Die Bearbeitung der Kognitionen ist ein wichtiges Element der Therapie und wird in Grundzügen vermittelt. Die Symptomatik wird von den Patienten häufig nicht als Traumafolge verstanden bzw. kann nicht eingeordnet werden. Eine intensive Psychoedukation ist notwendig. Zur ersten Wiedergewinnung von Kontrolle haben sich Entspannungsverfahren und Atemtechniken bewährt. Zentral in der Verhaltenstherapie der PTSD ist die Konfrontationstherapie. Das von der Arbeitsgruppe von Edna Foa entwickelte Modell der Konfrontationstherapie wird im Workshop vorgestellt. Dies ist ein für Patienten wie Therapeuten belastendes Verfahren mit der Notwendigkeit, die bisher vermiedenen Emotionen und Kognitionen zu mobilisieren und mittels Habituation zu bewältigen. In den letzten beiden Jahrzehnten wurden weitere spezifische Therapiemethoden entwickelt und evaluiert, z.B. die EMDR, die kurz gezeigt wird. Psychopharmaka reduzieren in kontrollierten Studien erfolgreich die PTSD-Symptomatik. Detailliert wird die medikamentöse Vorgehensweise im akuten wie auch chronischen Fall behandelt. Die Form und Wirksamkeit von Frühinterventionen ist umstritten. Aufgezeigt wird der aktuelle Forschungsstand. Die Wirksamkeit der genannten Verfahren in Metaanalysen und Cochrane-Analysen wird vergleichend vorgestellt, ebenso die Empfehlungen der neuen AWMF-Leitlinie zur PTSD. Der Workshop hat einen verhaltenstherapeutischen Schwerpunkt mit den am besten evaluierten und wirksamen Verfahren bei Typ I Trauma. Jedoch ist auch die Diagnostik und Behandlung von Typ II -Traumata Gegenstand des Workshops.
Die Begutachtung von Traumafolgestörungen wird ebenfalls vorgestellt. Auch werden Literaturempfehlungen und links gegeben.
Zielgruppe:
Assistenten in fortgeschrittener Weiterbildung sowie Fachärzte
Didaktische Methoden:
Vortrag, Video, eingehende Diskussion
Allgemeiner Teil:
Was ist C/L Psychiatrie und Psychosomatik? Zur Epidemiologie psychiatrischer Störungen in der somatischen Versorgung, Modelle der konsiliarpsychiatrischen Versorgung.
Welche psychotherapeutischen Grundkenntnisse braucht der CL-Psychiater? (Arbeit mit Bindungsstilen im Konsildienst)
Spezieller Teil: Differentielle Diagnostik und Therapie häufiger Krankheitsbilder im psychiatrischen Konsiliardienst:
- Delir – ein biopsychosozialer Notfall. Was muss der CL-Psychiater wissen? Was kann der
CL-Psychiater vom Internisten oder Chirurgen erwarten?
- Depressionsbehandlung bei körperlich Kranken
- Probleme bei der konsiliarischen Behandlung von Patienten mit komorbiden Sucht- und
körperlichen Erkrankungen
- Arzneimittelinteraktionen von Psychopharmaka und internistischer Medikation
- Somatoforme Störungen
- Schmerztherapie – was muß der CL-Psychiater wissen ?
Zielgruppe:
Assistenzärzte in Weiterbildung und Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie (anrechenbar für das DGPPN-Zertifikat Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik im Konsiliar- und Liaisondienst,
Methode:
Mischung aus mediengestützten Schwerpunktreferaten, Falldarstellungen, Gruppendiskussion unter Einbeziehung der Teilnehmer, Kleingruppenarbeit, Handouts
Live-Stream des Industriesymposiums & On-Demand
75% der psychischen Erkrankungen beginnen vor dem 25. Lebensjahr, so dass betroffene Frauen die Familienplanung meistens noch nicht abgeschlossen haben. Zudem kann eine erstmalige psychische Erkrankung auch durch die verschiedenen Risikofaktoren in der Peripartalzeit ausgelöst werden. Durch die Weiterentwicklung therapeutischer Möglichkeiten und nebenwirkungsärmerer Medikakmente hat sich die soziale Prognose auch von Frauen mit schweren psychischen Voerkrankungen verbessert, so dass sie und ihre Partner sich immer häufiger bewusst die Frage stellen, ob und unter welchen Bedingungen sie ein Kind bekommen können. Bei ungeplanten Schwangerschaften tritt dagegen häufig die Frage auf, ob durch die verwendete Medikation Risiken für das ungeborene Kind entstanden sind.
Durch die Erfassung und wissenschaftliche Auswertung von Schwangerschaftsverläufen unter Medikation gibt es einen ständigen Wissenszuwachs zu möglichen Auswirkungen von Psychopharmaka auf das ungeborene Kind; im Mittelpunkt des Interesses steht häufig das Risiko für kindliche Fehlbildungen. Allerdings ist der Erfahrungsumfang zu den einzelnen Wirkstoffen recht unterschiedlich und Langzeitauswirkungen auf die Entwicklung der Kinder über das dritte Lebensjahr hinaus sind noch nicht abschließend zu bewerten.
Der zweite Fokus der Beratung und Betreuung insbesondere vorerkrankter Frauen betrifft die psychische Stabilität während der Schwangerschaft und in der Postpartalzeit. Insbesondere bei affektiven Erkrankungen wie der rezidivierend depressiven Störung und der bipolaren Störung besteht in den ersten Tagen und bis zu 6 Wochen nach der Entbindung eine hohe Rückfallgefahr. Die Schwangerschaft sollte, wenn möglich, daher schon von Anfang an engmaschig begleitet werden und die postpartale Rezidivprophylaxe mit besonderer Aufmerksamkeit geplant werden. Geeignete Maßnahmen des peripartalen Managements werden vorgestellt und ein Exkurs in den Bereich der traumasensiblen Geburtsbegleitung unternommen.
Diese Veranstaltung wird nicht als Video-on-Demand-Angebot verfügbar sein.
Im Verlauf von pharmakologischen Behandlung in der Psychiatrie kann eine Umstellung, Reduktion, oder das Absetzen der Medikamente indiziert sein, beispielsweise beim Auftreten von Nebenwirkungen, Schwangerschaft, körperlichen Erkrankungen, Abklingen der Symptomatik oder anderen Gründe.
Eine genaue Kenntnis darüber kann sich für die Behandlung als vorteilhaft erweisen, beispielsweise bei medikamentösen Umstellungen bei der sich Absetzsymptome und Nebenwirkungen von Präparaten überschneiden können.
In unserem Symposium möchten wir über physiologische Grundlage von Absetzsymptomen, sowie über spezifische Symptome nach Absetzen von Antipsychotika und Antidepressiva und referieren.
Das Symposium beleuchtet Entwicklungstendenzen innerhalb der forensischen Psychiatrie und Rechtsprechung, die das Fach forensische Psychiatrie vorwiegend als Mittel zur Gefahrenabwehr und weniger als medizinisches Fachgebiet mit einem durch medizinische Störungsbegriffe begrenzten Aufgabenbereich ansehen. Auf der anderen Seite gibt es Haltungen in der Allgemeinpsychiatrie, die Zwangsbehandlungen äusserst kritisch bewerten und die Abwehr von Fremdgefährdung nicht als psychiatrische Aufgabe ansehen.
Zwischen diesen beiden Extremen wird sich das Fach positionieren und dabei letztlich auch seine Möglichkeiten und Grenzen definieren müssen. Das Symposium soll ausleuchten, welche Argumente dabei beachtenswert sind. Zunächst wird Prof. Elmar Habermeyer (Zürich) einen Überblick über die Schweizer Situation geben, die nach Abkopplung der Behandlung vom Vorliegen einer Schuldminderung nun auch die Behandlung nicht mehr an das Vorliegen einer psychischen Störung bindet. Danach wird Prof. Dr. Henning Radtke (Bundesverfassungsgericht Karlsruhe) die juristischen Anforderungen an das Fachgebiet skizzieren, konkret darlegen, welche Aufgaben dem Fach zugewiesen werden und was dabei auch Zwang rechtfertigt bzw. rechtfertigen kann. Herr Dr. Gather (Bochum) wird aus allgemeinpsychiatrischer und medizinethischer Perspektive den Umgang mit Fremdgefährdungen und der Behandlung im Zwangskontext darstellen. Dabei wird er der forensischen Psychiatrie eine spezifische Bedeutung zuweisen und diese in Bezug zu allgemeinpsychiatrischen Aufgaben stellen. Prof. Jürgen Müller (Göttingen) wird abschliessend aktuelle Entwicklungen mit Bezug auf den psychiatrischen Maßregelvollzug aufgreifen und mögliche Konsequenzen für die Ausgestaltung der Massregelbehandlung im Grenzgebiet zwischen „bad or mad“ diskutieren.
Die Corona-Pandemie bedeutet für die ambulante Versorgung von Menschen mit psychischer Störung eine anhaltende Herausforderung. Sowohl Ängste und Bedenken auf Seiten der Patient*innen, als auch Einschränkungen auf Seiten der betreuenden Therapeut*innen und Dienste erschweren vor allem die Versorgung von Menschen mit hoher Krankheitsschwere und komplexem Hilfebedarf. Aufsuchendes Arbeiten in Pandemiezeiten ist mit einem zusätzlichen logistischen Aufwand verbunden und geht mit einer Mehrbelastung des Personals einher.
Erfahrungen aus der ambulanten, gemeindepsychiatrischen Arbeit aus Sicht verschiedener Angebote und Dienste sollen in dem Symposium berichtet werden. Hindernisse und Schwierigkeiten bei der Aufrechterhaltung der Versorgung werden benannt, mögliche Lösungen vorgestellt und diskutiert.
Seitdem die WHO Covid-19 am 11. März 2020 als Pandemie bezeichnete, führt weltweit der sog. „Lockdown“ zu massiven Einschränkungen des öffentlichen Lebens. In den einzelnen Ländern werden Regelungen zur Pandemieeindämmung getroffen, die sich massiv auf das gesamte Gesundheits- und Versorgungssystem, insbesondere auch für Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen auswirken. Unterschiedliche Schutzverordnungen werden verabschiedet, die z.B. zu extremen Einschränkungen der Besuchsmöglichkeiten in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen und sogar zu Schließungen von Einrichtungen des Gesundheitswesens führten. Auch die Arbeitstätigkeit von Menschen mit psychischen Erkrankungen gerät aus den Fugen: Homeoffice, Distanzarbeit, Kurzarbeit, vorübergehende Pause der Arbeit, Verlust der Arbeitsstelle sind mögliche Folgen. Auch die „Rückführung“ in den Alltag gestaltet sich nicht immer ganz leicht.
Wie erleben das Menschen mit psychischen Erkrankungen? Wie wirkt sich die Pandemie auf Arbeit, Alltag, das Erleben und die Teilhabe von Betroffenen und Angehörigen aus? Und wie gehen die Therapeuten mit der Situation um? Wiederholte Veränderungen erfordern Flexibilität, Therapien und Arbeit finden oft online oder telefonisch statt, persönliche Kontakte sind eingeschränkt.
Was bedeuten die Veränderungen für Menschen mit psychischen Erkrankungen und deren Angehörige? Welche Befürchtungen und Hoffnungen, Bedürfnisse und Wünsche haben sie für die Zukunft, wie sehen sie ihr entgegen? Wo und wie kann Teilhabe dennoch gelingen? Wie verändert die Digitalisierung im Allgemeinen therapeutische Prozesse? Und wandelt sich der therapeutische Prozess in Deutschland und den angrenzenden Ländern Schweiz, Österreich und den Niederlanden auf ähnliche Weise oder lassen sich Unterschiede erkennen? Können wir voneinander lernen?
Es diskutieren:
Katarina Stengler (Ärztin, Deutschland), Franca Eckinger (Ergotherapeutin, Schweiz), Gesa Döringer (Systemische Therapeutin, Niederlande), Helga Vitecek-Kandolf (Ergotherapeutin, Österreich), Ilona Enk (Ergotherapeutin, Deutschland), Cordt Winkler (Betroffener und Genesungsbegleiter, Deutschland)
Der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Verbund German Center for Brain Stimulation (GCBS) untersucht seit 2015 in einem koordinierten, translationalen Forschungskonzept aktuelle Entwicklungen im Bereich der nicht-invasiven Hirnstimulationsverfahren (engl. non-invasive brain stimulation, NIBS). Dabei stehen Methoden wie die rTMS (repetitive transkranielle Magnetstimulation) und die tDCS (engl. transcranial direct current stimulation) und deren Entwicklung für die klinische Anwendung bei psychischen Erkrankungen im Vordergrund. Die Anwendungsmöglichkeiten von NIBS sind vielfältig. Sie umfassen ambulante, teilstationäre und stationäre Settings sowie bei der tDCS sogar die Möglichkeit von Home Treatment; sie reichen von der Monotherapie über die Kombination mit anderen Therapieprinzipien aus Pharmakotherapie, anderen somatischen Therapien und Psychotherapie bis zu spezifisch konzipierten NIBS-augmentierten Therapien. Zum Ende der Förderperiode sollen in dem Symposium aktuelle Ergebnisse aus der NIBS Forschung vorgestellt werden. Klaus Funke (Bochum) wird Daten vergleichender, tierexperimenteller Untersuchungen zu Effekten von NIBS auf elektrophysiologischer und Verhaltensebene zeigen. Christian Plewnia (Tübingen) wird Ergebnisse aus der systematischen Forschung zu NIBS augmentiertem Training kognitiver Kontrolle bei Gesunden und depressiven Patienten berichten. Sabine Aust (Berlin) stellt die Hauptergebnisse einer plazebokontrollierten Multicenterstudie zur Kombination von Gruppenpsychotherapie und NIBS bei Depression (PsychotherapyPlus Studie) vor, und Frank Padberg berichtet die Hauptergebnisse einer plazebokontrollierten Multicenterstudie zur Augmentation von Pharmakotherapie mit tDCS bei Depression (DepressionDC Studie). In allen Beiträgen werden die aus den Ergebnissen entstehenden Perspektiven für die Weiterentwicklung von NIBS für die Klinik dargestellt und mit den Kongressteilnehmern diskutiert.
kostenfrei
Der Vortrag vermittelt die Grundlagen des Arbeitsvertragsrechts und beleuchtet die Besonderheiten des ärztlichen Arbeitsverhältnisses. Zentrale Begrifflichkeiten des Arbeitszeitrechts wie Bereitschaftsdienst, Rufbereitschaft und Überstunden werden anhand von Beispielen aus der Praxis ebenso erläutert, wie typische Problemlagen und Fallstricke beim Berufseinstieg. Darüber hinaus werden die gegenseitigen Rechte und Pflichten der Arbeitsvertragsparteien erörtert. Die Agenda ist dabei bewusst flexibel gestaltet, um auf besondere Fragen und Problemstellungen der Teilnehmer eingehen zu können. Im Anschluss besteht zudem Gelegenheit, Einzelfragen mit dem Referen-ten zu erörtern.
Veränderungen des Schlafs in psychischen Erkrankungen können mit der Elektroenzephalographie erfasst werden und zu einem besseren Verständnis der zugrunde liegenden Prozesse im Gehirn beitragen.
Zuerst wird Marcel Zeising in seinem Vortrag auf Wechselwirkungen zwischen Psyche und Schlaf in der Depression eingehen. In der vorgestellten Studie zeigt sich, dass die Herzfrequenzvariabilität im Schlaf depressiver Patienten im Vergleich zu Gesunden deutlich eingeschränkt war und diese mit der reduzierten Schlafqualität korrelierte.
Die präfrontale Theta Cordance (pf-TC) ist ein quantitativer EEG Biomarker, der mit der frontocingulären Dysfunktion bei Majoren Depressionen korreliert. Misst man die pf-TC im REM-Schlaf, so kann man bereits nach einer Woche mit hoher Zuverlässigkeit das Ansprechen auf eine antidepressive Therapie vorhersagen. Thorsten Mikoteit zeigt erste Ergebnisse einer prospektiven, randomisiert kontrollierten Studie. Im Gegensatz zur Kontrollgruppe konnte durch die biomarkergeleitete Therapie die Rate der Therapieversager signifikant reduziert werden.
Abstinente Alkoholabhängige benennen häufig Schlafprobleme als Rückfallgrund. Es gibt Hinweise darauf, dass Veränderungen im REM-Schlaf besonders rückfallprädiktiv sind. Anhand mehrerer durchgeführter Studien sollen hier die Zusammenhänge zwischen nächtlicher Gedächtniskonsolidierung und Schlafveränderungen mit einem frühen Rückfall dargestellt werden.
Abschließend geht Robert Göder auf Schlafspindeln als Biomarker psychotischer Erkrankungen ein. Schlafspindeln sind Graphoelemente des Non-REM-Schlafs und werden in thalamo-kortikalen Netzwerken generiert. Sie sind in der Schizophrenie typischerweise reduziert und stehen sowohl mit Gedächtnisstörungen als auch psychopathologischen Auffälligkeiten bei dieser Erkrankung in Verbindung. In dem Vortrag werden neueste Studienergebnisse präsentiert und die zugrundeliegenden neurobiologischen Mechanismen sowie Ansatzpunkte für neuartige Therapien diskutiert.
In dem Symposium werden zunächst Befunde aus bildgebenden Verfahren zu hochfrequentem Pornografiekonsum und zwanghafter sexueller Verhaltensstörung gezeigt und klinisch eingeordnet (Krüger). Anschließend werden die psychologischen Mechanismen, die dieser Störung zugrunde liegen, vorgestellt und diskutiert (Antons & Brand). Dann werden die diagnostischen Möglichkeiten insbesondere im Kontext der ICD-11, Prävalenzschätzungen und ein integratives therapeutisches Vorgehen bei zwanghafter sexueller Verhaltensstörung vorgestellt (Briken). Es folgen Ergebnisse aus einer systematischen Übersicht zu therapeutischen Interventionen bei der problematischen Pornografienutzung, die im Rahmen einer AWMF Leitlinie zum Thema erstellt wurde (Stark).
Das Thema Suizidgefährdung („Suizidalität“) ist im psychiatrischen Hilfesystem von zentraler Bedeutung, wird aber noch zu selten offen und differenziert diskutiert. Ängste, Scham und Schuldgefühle erschweren oft den Austausch zwischen Betroffenen und Fachpersonen. Dabei ist gerade das „Darüber-Sprechen“ wichtig, um gegenseitiges Verständnis zu schaffen und individuell passende Hilfen zu ermöglichen.
Das Symposium bietet deshalb einen multiperspektivischen Zugang aus ärztlicher, pflegerischer und Patientinnen-Sicht:
Elke Prestin beleuchtet das Thema Suizidgefährdung aus der Betroffenenperspektive, beschreibt das subjektive Erleben in suizidalen Krisen und formuliert Wünsche an das psychiatrische Hilfesystem.
Lieselotte Mahler stellt die Relevanz und Möglichkeiten von gemeinsam mit der Patient*in getroffenen Entscheidungen dar. Im Fokus stehen dabei Verantwortungsübernahme und -abgabe sowie die geteilte Risiko-Abwägung, z.B. im Rahmen von Behandlungsvereinbarungen. Anhand von Praxisbeispielen zeigt sie, wie wichtig es ist, bei Suizidgefährdung zu differenzieren, und wie es möglich sein kann, „trotz“ Suizidalität angstfrei im Kontakt zu bleiben und die Bedürfnisse der Patient*innen in den Mittelpunkt der Begleitung zu stellen.
André Nienaber stellt ein Projekt des LWL-PsychiatrieVerbundes vor. Pflegefachpersonen von zwei Stationen mit dem Schwerpunkt Behandlung von Menschen mit der Diagnose Depression in zwei psychiatrischen Fachkrankenhäusern wurden zur Einschätzung von Suizidgefährdung im klinischen Alltag und zu ihrem Umgang mit suizidgefährdeten Menschen befragt.
Auf die einleitenden Impulsvorträge soll eine Diskussion mit Publikumsbeteiligung folgen.
Traumatische Erlebnisse in der Kindheit, Missbrauchserfahrungen oder Vernachlässigungen, haben schwerwiegende und langfristige Auswirkungen. Obwohl Kindesmissbrauch immer in einem sozialen Kontext stattfindet, und auch die Prävalenz von Kindesmissbrauch vom sozio-politischen Kontext abhängt, sind die sozialen Rahmenbedingungen von Kindheitstraumata noch unzureichend erforscht. Im ersten Vortrag stellt Georg Schomerus Befunde zur Stigmatisierung von Opfern von Kindesmissbrauch vor - die Tabuisierung von Traumaerfahrung erschwert Hilfsangebote und trägt so möglicheweise zur Isolation der Betroffenen bei. Die folgenden drei Beiträge untersuchen regionale Unterschiede in der Prävalenz von berichteter Kindheitstraumatisierung und werfen insbesondere die Frage auf, ob die Kindheitsbedingungen in der ehemaligen DDR als traumaprotektiv angesehen werden können. Christine Ulke präsentiert Ergebnisse von zwei epidemiologischen Studien aus dem Verbundprojekt DDR-PSYCH. Das Projekt untersucht Unterschiede in der psychischen Gesundheit von Menschen mit ost- bzw. westdeutschem Hintergrund. Die Ergebnisse deuten auf häufigere traumatische Kindheitserfahrungen in den alten Bundesländern im Vergleich zu den neuen Bundesländern hin. IAnn-Christin Schulz berichtet über eine Studie, welche Kindheiten in Ost- und Westdeutschland sowei im Ausland miteinander vergleicht. Christoph Kasinger stellt Befunde zum sexuellen Kindesmissbrauch als Trauma und PTSB in Ost- und Westdeutschland in verschiedenen Alterskohorten vor. Die Ergebnisse der Studien widersprechen der Erwartung, dass die stärker institutionalisierte Kindheit in der DDR mit höheren Traumatisierungsraten assoziiert war und werden unter verschiedenen kausalen und methodischen Hypothesen diskutiert.
Frauen haben ein hohes Risiko für psychische Erkrankungen, das neben biologischen Faktoren, die bisher nur unzureichend verstanden sind, auch durch zahlreiche psychosoziale Bedingungen wie Gewalterfahrung, niedrigen sozioökonomischen Status, Verantwortung für Angehörige und Unterdrückung mit bedingt ist. Insbesondere Frauen mit Migrationshintergrund sind vielen dieser ungünstigen psychosozialen Bedingungen ausgesetzt. Auch haben Frauen in der Peripartalzeit ein besonders hohes Risiko psychische Erkrankungen zu entwickeln. Daher ist die Gewinnung von Kenntnissen über Prävalenz und Ursachen psychischer Erkrankungen von Frauen sowie über mögliche Unterstützungsmöglichkeiten von großer Bedeutung für die psychiatrische Praxis. Das Symposium soll dazu beitragen, die Behandlung von Frauen mit psychischen Erkrankungen in verschiedenen Lebensphasen bzw. unter verschiedenen Lebensumständen zu verbessern.
Die erste Rednerin wird über "Die Bedeutung der Rolle des Mannes für die psychische Gesundheit von Müttern" sprechen, die zweite wird sich mit dem Thema der Unterstützung für psychisch kranke Mütter beschäftigen in ihrem Vortrag über "Wie können psychisch kranke Mütter unterstützt werden?". Die dritte Rednerin wird über "Die gefährdete Gruppe der Mütter mit Migrationshintergrund - wie kann man sie engagieren und unterstützen" referieren, während die letzte Rednerin das Thema " Geschlechterungleichheit in der Gesundheit: Was sind die Gründe und lassen sie sich verändern?“ im Fokus haben. Alle Präsentationen werden mit dem Plenum diskutiert.
Innovative Interventionen zur nachhaltigeren Wirksamkeit stationärer Therapien sind wegen hoher Rückfälligkeit hoch relevant.
Studiendesign und Erfahrungsberichte zur Wirksamkeit einer einmaligen Einnahme von Psilocybin in der Rückfallprävention werden präsentiert. In einer placebo-kontrollierten Doppelblindstudie werden die Patienten therapeutisch vorbereitet, in der Substanzsitzung begleitet und ihre Erfahrungen anschliessend psychotherapeutisch integriert. Die Wirkmechanismen werden mit Fragebögen und MRT-Messungen erfasst. Erste Erfahrungen auf qualitativer Ebene dieses integrativen Therapieansatzes werden diskutiert.
Die Ergebnisse einer zweiten multizentrischen, randomisiert-kontrollierten Doppelblindstudie zeigen, welche Wirkung zwei alkoholspezifische Inhibitionstrainings auf das Trinkverhalten drei Monate nach stationärem Austritt aufweisen. Das Training basiert auf dem Go-NoGo-Paradigma, wurde sechs Mal durchgeführt und die Effekte gegen ein unspezifisches Kontrolltraining getestet. Die Drei-Monate Katamnese zeigte, dass das Inhibitionstraining die abstinenten Tage signifikant erhöht und Trinkexzesse verringert.
Die dritte randomisiert-kontrollierte Studie zur leistungssensiblen Suchttherapie, deren Ziel die Förderung einer von Stolz und Ehrlichkeit geprägten Haltung des Patienten gegenüber der eigenen Abhängigkeitserkrankung ist, wies nach, dass die Experimentalgruppe während und nach stationärer Behandlung signifikant weniger Rückfälle bzw. weniger Konsumtage aufwies.
Die vierte randomisiert-kontrollierte Studie geht der Frage nach, ob verschieden häufige telefon- oder textbasierte Kurzkontakte zwischen Patienten und den ihnen aus dem stationären Setting bekannten Therapeuten in den Monaten nach stationärem Austritt, die Rückfallhäufigkeit in dieser vulnerablen Nachbehandlungsphase positiv beeinflussen. Häufigere Telefonkontakte verringern die im Vergleich zur Kontrolle ohne Nachsorgekontakte.
Im Symposium soll die Bedeutung der genannten Differenzkategorien für die psychiatrisch-psychotherapeutische Praxis und Forschung anhand der Unterschiede der psychischen Gesundheit und der Versorgungsstrukturen für unterschiedliche Bevölkerungsgruppen diskutiert werden. Mit den Beiträgen werden die Verschränkungen von gesellschaftlichen Diskriminierungspraktiken als Determinanten der Gesundheitslage, insbesondere der psychischen Gesundheit, vorgestellt. Intersektionalität soll als Analyseinstrument eine Möglichkeit für das Verständnis von Wechselwirkungen zwischen individuellen Praktiken und komplexen sozialen Systemen sowie Ansätze für die Darstellung von Komplexität, Entwicklung von Fragestellungen und neue Perspektive für die Forschung liefern.
Felicia Lazaridou stellt Strukturelle Kompetenz als eine Trainingstechnik und Überbrückungsmöglichkeit zwischen den Perspektiven der Intersektionalität einerseits, und andererseits der Bedeutung von Wahrnehmungen und Artikulationen von stigmatisierten Menschen vor. Mirjam Faissner macht mit dem Konzept der Intersektionalität vertraut und schafft theoretische Grundlagen für das Verständnis intersektionaler Ansätze in der psychischen Gesundheitsversorgung und -forschung. Der Beitrag gibt einen Überblick zu vorliegenden intersektionalen Forschungsmethoden und weist auf Forschungslücken hin. Amma Yeboah erläutert Geschlecht als bio-psychosoziales Spektrum und analysiert Implikationen für die psychische Gesundheitsversorgung und -forschung. Die Differenzierung des Geschlechts einerseits im Sinne der Biologie (Sex) und der sozialen Rolle (Gender) andererseits soll als Ausgangspunkt für die kritische Reflexion wissenschaftlicher Studien und der psychischen Versorgungspraxis dienen. Frank Keating diskutiert die Erkenntnisse aus seiner Forschung zur Intersektion von ‚Race‘, psychischer Gesundheit und Maskulinität.
Zunächst wird in einem medizinhistorischen Exkurs die einstige Hilflosigkeit der Medizin gegenüber geschlechtlicher Varianz zurückverfolgt und an die daraus resultierenden Auswirkungen auf die Transgendergesundheitsversorgung erinnert. Ohne ein differenziertes Verstehen von Geschlecht und ohne Hinterfragen der verwurzelten Diskriminierungspotenz in der Medizin waren die Behandlungskonzepte strukturlos und willkürlich. Darunter lud sich die Beziehungsebene zwischen Behandelnden und Behandlungssuchenden bis zur Feindseligkeit auf, die wichtigste Basis für das Gelingen therapeutischer Interventionen war somit vertan.
Darauf aufbauend befasst sich der zweite Teil des Vortrages mit den Entwicklungen in der Medizin in den letzten zwanzig Jahren. In einer mühsamen Selbstreflexion ihrer Fehlannahmen über Geschlecht ist es der Medizin auf dem Boden zunehmender evidenzbasierter Erkenntnisse gelungen, Geschlecht als hochindividuelles Ausdrucksbegehren wahrzunehmen und die zwingende Verbindung zur Psychopathologie aufzugeben. Aktuell wächst das Verständnis dafür, dass jedes geschlechtliche Erleben hochindividuell ist. Dementsprechend bedarf es einer Entwicklungsförderung bzw. –begleitung, deren Ziel darin besteht, eine etwaige Geschlechtsdysphorie zu mildern, ohne das notwendigerweise körpermodifizierende Eingriffe zum Einsatz kommen müssen.
Abschließend beinhaltet der dritte Teil des Vortrages einen Überblick hinsichtlich moderner Behandlungswege in Psychiatrie und Psychotherapie. Auch hormonelle und chirurgische Behandlungswege als geschlechtsangleichende Behandlungen werden kurz vorgestellt.
Eine psychische Erkrankung erfordert von betroffenen Personen sich mit Themen der Gesundheit/Krankheit und deren Folgen auseinanderzusetzen. Dabei werden eigene Verhaltensweisen
reflektiert und gegebenenfalls angepasst. Diese anzupassen stellt grundsätzlich eine große
Herausforderung dar. Unterstützend scheinen sich positiv formulierte Zielsetzungen auszuwirken.
Wurde ein Ziel gesetzt, kann das zu einer positiven Dynamik führen. Vergleichbar mit einem
Gummiband, das zwischen der Person und dem zukünftigen Ziel gespannt ist. Doch reicht es
aus, seine Ziele und Wünsche optimistisch und zuversichtlich zu beschreiben, um diese in der
Folge zu erreichen?
Problemstellungen
Der recovery-orientierte Ansatz erforderrt von psychiatrischen Dienstleistungen, die
partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen den Fachpersonen und den Patientinnen und
Patienten zu fördern (1). Zentrale Werte dabei sind erweiterte Formen der selbstbestimmten
Partizipation und der Selbstfürsorge (2). Ein weiteres Merkmal recovery-orientierter Arbeitsweise
ist die Unterstützung der von den Patientinnen und Patienten festgelegten Recovery-Ziele (3).
Um individuelle und persönliche Wünsche und Ziele zu beschreiben ist es unabdingbar, dass
Fachpersonen in der Lage sind, diesen Prozess mittels Techniken und Instrumenten zu
unterstützen.
Pflegefachpersonen begegnen in ihrer Praxis mitunter Patientinnen und Patienten, die keine
Aussagen zu Wünschen und Zielen für die Zeiträume des Klinikaufenthaltes und darüber hinaus
machen können. Was ist zu tun, respektive wie kann man mit diesen Personen ins Gespräch
kommen?
Wenn Ziele und Wünsche bezeichnet werden können, lohnt es sich, diese möglichst klar zu
formulieren. Im Workshop wird neben den in der psychiatrischen Pflege etablierten Techniken
(SMART, RUMBA & GAS) die WOOP-Strategie (4) vorgestellt. WOOP ist eine mentale,
evidenzbasierte Strategie aus dem Fachbereich der positiven Psychologie, die in
unterschiedlichen Bereichen eingesetzt wird. Die praktische Anwendung wird mittels einer
kostenlosen App unterstützt.
Grundsätzlich können Pflegefachpersonen Patientinnen und Patienten bei der Formulierung ihrer
Ziele wirksam unterstützen. Ergänzend zur Formulierung von Zielen ist es angezeigt sich
eingehend mit den möglichen Hindernissen bei der Zielerreichung auseinanderzusetzen und
entsprechende Strategien zu entwickeln.
Thema
Recovery-orientierte Intervention
Ziele
Im Workshop werden verschiedene Techniken und Vorgehensweisen zur Unterstützung bei der
Zielformulierung und -erreichung vorgestellt.
Die Teilnehmenden erhalten die Möglichkeit mittels Übungssequenzen praktische Erfahrungen zu
sammeln.
Ablauf
Inputreferat
Praktische Übungen
Diskussion
Gestaltung
Die theoretischen Inhalte werden anhand eines Inputreferats vermittelt. Für die
Übungssequenzen stehen Arbeitsvorlagen zur Verfügung. Die in der Diskussionsrunde
gewonnenen Erkenntnisse der Teilnehmenden werden auf Flipchart visualisiert.
Zielgruppe: Pflegefachpersonen, psychiatrisches Fachpersonal, Erfahrene, Angehörige,
Interessenten
Lernziele
Unterschiedliche Techniken der Zielformulierungen kennenlernen
Vorgehensweisen bei der gemeinsamen Zielformulierung kennenlernen
Praktische Anwendung der Techniken
Transfer in die eigene Praxis erkennen
Literatur
1 Zuaboni, G., Ventling, S., & Schulz, M. (2014). Das Recovery Konzept in der Psychiatrie -
Implikationen für Case Management. Case Management, 4, 189-194.
2 McKenna, B., Furness, T., Dhital, D., Ennis, G., Houghton, J., Lupson, C., & Toomey, N. (2014).
Recovery-oriented care in acute inpatient mental health settings: an exploratory study. Issues in
Mental Health Nursing, 35(7), 526-532.
3 Shepherd, G., Boardman, J., Rinaldi, M., & Roberts, G. (2014). ImROC 8. Supporting recovery
in mental health services: Quality and Outcomes. London: Centre of Mental Health.
4 http://woopmylife.org/home-de/
Schematherapie ist eine vielbeachtete Psychotherapie, die bei Persönlichkeitsstörungen zunehmend evidenzbasiert ist. Sie wird aber auch z.B. bei chronischen Depressionen oder komplexer PTBS eingesetzt. Im Symposium werden neue Anwendungsformen für Praktiker vorgestellt und Studienergebnisse berichtet. Eva Fassbinder (Kiel) stellt die Ergebnisse einer internationalen Multicenterstudie vor, die Imagery Rescripting, eine der zentralen Techniken der Schematherapie, mit EMDR in der Behandlung von PTBS nach Kindheitstrauma vergleicht. Beide Behandlungen führten zu einer Reduktion der PTBS-Symptomatik sowie weiterer Outcomes mit hohen Effektstärken. Hierbei gab es keine signifikanten Unterschiede, aber niedrige Abbruchraten bei beiden Methoden. Samy Egli (München) stellt die Ergebnisse der randomisiert-kontrollierten OPTIMA-Studie aus dem klinischen Versorgungsalltag vor, in der Schematherapie, kognitiven Verhaltenstherapie und individuelle supportive Therapie bei vorliegender Depression als Primärdiagnose miteinander verglichen wurden. Alexandra Schosser (Wien) berichtet über eine Studie in der ambulanten Rehabilitation chronisch Depressiver, die mit Kognitiver Verhaltenstherapie bzw. Schematherapie behandelt wurden und untersucht Effekte auf Schemata und Depressivität bei 1732 Betroffenen. KVT und Schematherapie zeigten signifikante Verbesserungen bezüglich depressiver Symptomatik, mit höheren Effektstärken in der mit Schematherapie behandelten Gruppe. Jutta Stoffers-Winterling (Mainz) stellt die neuen S3-Leitlinien zur Diagnostik und Behandlung der Borderline-Persönlichkeitsstörung vor, die den Einsatz strukturierter, störungsspezifischer Methoden empfehlen. Vor diesem Hintergrund wird die aktuelle Evidenz zur Schematherapie zusammenfassend dargestellt und die Übertragbarkeit auf klinische Settings kritisch diskutiert.
Das BMBF-geförderte Netzwerk BipoLife (bipolife.org) untersucht seit 2015 an insgesamt 10 Standorten Ursache, Verlauf und Therapie bipolarer Störungen. Während insbesondere die longitudinalen Studien noch weiterlaufen und andere Teilprojekte sich noch in der Analysephase befinden, werden wir in diesem Symposium die top line-Ergebnisse des BipoLife-Netzwerkes vorstellen. In BipoLife wurde eine der weltweit größten Risikokohorten rekrutiert; mehr als 1.100 Menschen im jungen Lebensalter, die eine von drei Risikokonstellationen für die Entwicklung einer bipolaren Störung aufwiesen, wurden aufwändig charakterisiert und seit Erhebung der Baseline regelmäßig nachuntersucht. Prof. Pfennig wird erste klinische Ergebnisse dieser längsschnittlichen Studie berichten. Ein Großteil dieser Patienten wurde nicht nur klinisch charakterisiert; es wurden auch bildgebende und genetische Daten erhoben. Die bisherigen genetischen Befunde werden von Prof. Reif dargestellt und in den aktuellen Kontext der Genetik der bipolaren Störung gestellt; hier konnten in den letzten Jahren sowohl in der Untersuchung seltener als auch häufiger genetischer Varianten große Fortschritte gemacht werden. Die Ergebnisse der strukturellen MRT-Daten der Risikokohorte im Kontrast zu großen internationalen Studien (ENIGMA-Bipolar) berichtet dann Dr. Mikolas. Im Rahmen von BipoLife wurde ebenfalls eine große Psychotherapie-Studie durchgeführt, die eine neu entwickelte, adjuvante Psychotherapie zur Rückfallprophylaxe in einem kontrollierten, randomisierten Design in einer großen Stichprobe testete. Die Studie ist mittlerweile abgeschlossen und Prof. Hautzinger wird die ersten Analysen bezüglich primärer und sekundärer Outcomes darstellen. Diese Daten zur Bipolarer Störung erweitern signifikant unser Wissen zur bipolaren Störung und zeigen den Mehrwert vernetzter Forschung bei affektiven Störungen auf.
Die AKtiV-Studie ist eine vom Innovationsfond geförderte Studie, die die Implementierungsbedingungen der stationsäquivalenten Behandlung (StäB) hinsichtlich Zielgruppen, Versorgungssettings, Versorgungsregion und Effektivität untersuchen soll. Im vorliegenden Symposium stellen die Konsortialpartner erste Daten aus der Aktiv-Studie und Daten aus den jeweiligen Studienzentren vor. Brieger et al stellen Daten aus den kbo-Kliniken in München dar (n=169), in denen sie die klinischen Charakteristika der direkt stationsersetzenden Aufnahmen ins StäB mit Patient*innen vergleichen, die im Anschluss an einen stationären Aufenthalt ins StäB aufgenommen wurden. Längle et al stellen Spezifika bezüglich des Leistungsgeschehens der Teams und der Aufbauorganisation sowie der Teamzufriedenheit an einzelnen Standorten, die StäB durchführen, im ZfP Südwürttemberg vor, die Ausgangspunkt des Standortvergleichs im Rahmen der AKtiV-Studie sind. Schwarz et al von der Medizinischen Hochschule Brandenburg stellen die ersten Ergebnisse aus den 10 AKtiV-Studienzentren zu qualitativen Interviews mit Nutzer*innen und Angehörigen vor. Es erfolgte eine orientierende Datenanalyse mittels Grounded Theory Methodologie. Auf Basis der Ergebnisse werden Merkmale "guter" StäB aus Sicht der Befragten identifiziert. Bechdolf et al vom Vivantes Klinikum am Urban stellen die Wiederaufnahmerate und vollstationären Behandlungstage im 12-Monats-follow up bei 43 StäB-Behandelten versus 43 gematchten vollstationär behandelten Patient*innen vor.
Nach einer längeren Zeit der Stagnation und Fokus vor allem auf Weiterentwicklung der Psychotherapie bei Angsterkrankungen gibt es mittlerweile zunehmend Neues aus den Bereichen Pharmakotherapie und E-Mental-Health. Sowohl die Neuentwicklungen im Bereich Virtuelle Realität und damit verbundene technologisch unterstützte Expositionsverfahren sowie auch die Entwicklung neuer digitaler Gesundheitsanwendungen (DiGAs) bringen neue Perspektiven in das therapeutische Gesamtportfolio. Dementsprechend werden sich zwei Vorträge mit Perspektiven in der Pharmakotherapie und im E-Mental-Health-Bereich befassen. Einen weiteren Schwerpunkt des Symposions stellt die Entwicklung von Angst und Angsterkrankungen im Zusammenhang mit der Corona-Krise dar. Hierzu werden Vorträge zur Entwicklung in Deutschland sowie auch zu Ergebnissen einer Onlineumfrage in einem Versorgungsklinikum dargestellt.
Das Symposium behandelt kulturelle Aspekte der Konsiliar- und Liaisonpsychiatrie in spezifischen Patient*innengruppen aus praktisch-klinischer wie auch aus wissenschaftlicher Sicht. Die Referent*innen stellen auf der Grundlage eigener Daten und im Kontext des aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstandes diagnostische und therapeutische Überlegungen vor, die sich in die praktische Konsiliar- und Liaisontätigkeit integrieren lassen. Der erste Beitrag (S. Simen, Nürnberg) fokussiert auf Frauen mit Migrationshintergrund in der Schwangerschaft und um die Geburt ihrer Kinder, die dabei besonderen Belastungen ausgesetzt sind. Aufgrund von Sprach- und Kulturbarrieren können Ängste und Schmerzen in der Schwangerschaft oft schwerer adressiert werden, die Betroffenen fühlen sich oft weniger sicher und weniger verstanden. Der zweite Vortrag (T. Ta, Berlin) zielt auf die Erfahrungen nach der Eröffnung der bundesweit ersten Spezialambulanzen für vietnamesische Migrant*innen in Berlin. Ausgehend von diesen klinischen Erfahrungen und von Anbeginn etablierter Begleitforschung werden die Zusammenhänge von soziokulturellen Faktoren und der Kommunikation im Konsiliar- und Liaisondienst bei Menschen mit vietnamesischen Migrationshintergrund erläutert. Der dritte Beitrag (M Brinkers. Magdeburg) beschäftigt sich mit Schmerzkonsilen bei Patient*innen mit Migrationshintergrund, wobei anhand von Fallbeispielen und Darstellung der entsprechenden wissenschaftlichen Literatur die besonderen Herausforderungen gezeigt werden. Dabei spielt die Integration der Patienten für die Schmerztherapie eine wesentliche Rolle. Der vierte Beitrag (K. Richter, Nürnberg) beschäftigt sich mit Patient*innen mit Migrationshintergrund aus den Staaten Ex-Jugoslawiens. Das klinische Bild der durch den Balkan –Krieg geflüchteten Menschen ist nicht nur durch die Traumatisierung, sondern auch durch tiefgehendes Erschütterung des Vertrauens geprägt, was im Konsiliar- und Liaisondienst berücksichtigt werden sollte.
Psychische Erkrankungen sind eine der Hauptursachen für Berufsunfähigkeit (BU) in der privaten Berufsunfähigkeitsversicherung. Am häufigsten werden dabei Leistungen wegen einer depressiven Erkrankung geltend gemacht; komorbide Depressionen sind ebenfalls häufig. Aber auch andere psychische Erkrankungen (z.B. Angststörungen, somatoforme Störungen) werden von Versicherten als Ursache für Berufsunfähigkeit angeführt.
Entscheidend für die Beurteilung einer möglichen Berufsunfähigkeit ist jedoch nicht die Diagnose selbst, sondern sind die konkreten Funktions- und Leistungseinschränkungen, die für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit bestehen.
Bei unzureichender oder widersprüchlicher Informationslage in der Leistungsprüfung wird ein Sachverständigengutachten zur Leistungsentscheidung nötig. Ziel einer solchen Begutachtung ist es, die von Versicherten selbstberichteten Funktions- und Leistungseinschränkungen zu objektivieren und zu beurteilen, inwiefern die geltend gemachten Defizite die Berufsfähigkeit tatsächlich beeinflussen. Dabei muss stets auf die zuletzt tatsächlich ausgeübte berufliche Tätigkeit Bezug genommen werden.
In diesem Symposium soll dargestellt werden, wie tätigkeitsbezogene Funktionsstörungen und Leistungseinschränkungen bei psychischen Erkrankungen, unabhängig von der diagnostischen Einordnung, objektiviert und quantifiziert werden können.
Im ersten Teil des Symposiums werden Studienergebnisse, die den Einsatz der Mini-ICF-APP zur Fähigkeitsbeurteilung bei psychosomatischen Patient/innen prüfen, vorgestellt. Im zweiten Teil des Symposiums wird der Nutzen einer neuropsychologischen Leistungsdiagnostik für die Beurteilung von Berufsunfähigkeit präsentiert. Im dritten Teil wird die Bedeutung der Funktions- und Leistungsdiagnostik in der psychiatrischen Begutachtung beleuchtet.
Konkrete Beispielfälle aus der Begutachtungspraxis werden zur Veranschaulichung vorgestellt und diskutiert.
Die von dem YouTube-Kanal ZQNCE (gesprochen: Sequence) produzierte 61-teilige Biographieserie „Komm, lieber Tod“ zeichnet das Leben mit Depressionen und Todessehnsucht von Stefan Lange nach. Die Reaktionen von Betroffenen und Nicht-Betroffenen sind zahlreich und überwältigend. Betroffene schildern, dass sie nach der Serie von ihrem Vorhaben, sich das Leben zu nehmen, Abstand genommen haben. Nicht-Betroffene danken für den tiefen Einblick und wollen ihre Vorurteile gegenüber depressiven Menschen überdenken. Damit leistet die Serie einen wertvollen Beitrag zur Entstigmatisierung und Prävention.
Die Gemeinschaft der Anonymen Alkoholiker (AA) wurde im Jahr 1935 gegründet und stellt seit langem eine weltweite Bewegung dar. Der Alkoholismus wird bei den AA als chronische Erkrankung verstanden, von der die Betroffenen mithilfe des 12-Schritte Programms genesen können. Spiritualität bzw. der Glaube an eine höhere Macht darf hier als das zentrale Element gelten. Des Weiteren kommt dem Leben in der Gemeinschaft bzw. dem Zusammenhalt in der Gruppe eine besondere Bedeutung zu. Die Effektivität der Arbeit der AA konnte mittlerweile durch zahlreiche Studien demonstriert werden – auch finden sich kritische Stimmen, die zu einem lebendigen Dialog beitragen. Die Digitalisierung stellt die AA-Gemeinschaft vor neue Herausforderungen. Zwar gibt es bereits seit langem neben den Präsenzmeetings auch digitale Meeting, jedoch hat die Corona-Pandemie den Schwerpunkt sehr stark in Richtung digitaler Meetings verlagert. Dabei sind Fragestellungen wie Wertebetrachtung der AA vor dem Hintergrund der Digitalisierung, oder Auswirkungen der Digitalisierung auf die Selbsthilfe kritisch zu hinterleuchten. Diese und ähnliche Schwerpunkte möchten wir in unserem Symposium auf der Basis von Erfahrungsberichten von Mitgliedern der AA bzw. gestützt auf wissenschaftliche Erkenntnisse gemeinsam thematisieren.
Die Verknüpfung von Schlafstörungen und psychischen Erkrankungen ist ein häufiges Gesundheitsproblem in der hausärztlichen Praxis. Arbeiten der letzten Jahre zeigen, dass eine sorgfältige schlafbezogene Diagnostik und Behandlung nicht eine Schlafstörung selbst sondern auch den Verlauf einer zusätzlich bestehenden psychischen Erkrankung verbessern kann. Das vorliegende Symposium diskutiert aktuelle Entwicklungen zur Diagnostik und Behandlung von häufigen Schlafproblemen im klinischen Alltag, einschließlich substanzbezogener Schlafstörungen, Restless-Legs-Syndrom (RLS) und Insomnie. Das Symposium mit der Kooperation von Psychiatern, Psychotherapeuten und Hausärzten zielt dabei insbesondere auf eine praxisnahe weitere Implementierung des aktuellen Wissenstands in den hausärztlichen Alltag ab, der in besonderer Weise für die Versorgung relevant ist.
Im Rahmen der Implementierung der S3-Leitlinien zur Verhinderung von Zwang und Gewalt wird neben der Einführung von Safewards oder six-core-strategies das recovery-orientierte „Weddinger Modell“ als komplexe Intervention für psychiatrische Kliniken empfohlen.
10 Jahren Arbeit mit dem „Weddinger Modell“ gibt es neben guten praktischen Erfahrungen zahlreiche wissenschaftliche Befunde, die dessen Wirksamkeit hinsichtlich Beziehungsförderung und Zwangsvermeidung auf verschiedenen Dimensionen belegen. Aktuell untersucht die Forschungsgruppe „Sozialpsychiatrie und Versorgungsforschung“ unter anderem den im Rahmen des „Weddinger Modell“ entwickelten standardisierten Leitfaden zur Nachbesprechung von Zwangsmaßnahmen.
Felix Bermpohl legt in seinem Beitrag den Schwerpunkt auf Klinikstrukturen. Am Beispiel des St. Hedwig-Krankenhauses zeigt er mögliche Ursachen von Gewalt auf und beschreibt recovery-orientierte Maßnahmen zur Vermeidung von Gewalt.
Ina Jarchov-Jádi stellt in ihrem Vortrag die Grundelemente und die Implementierung des „Weddinger Modell“ vor und richtet ihren Fokus hierbei in Bezug auf Förderung von Autonomie und Vermeidung von Gewalt auf die Aspekte Interprofessionalität und Patientenorientierung.
Angelika Vandamme präsentiert das standardisierte leitfadengestützte Interview zur gemeinsamen Nachbesprechung von Zwangsmaßnahmen, das in einem moderierten Gespräch zwischen Patient*in und Mitarbeitenden Anwendung findet. Sie stellt Ergebnisse der umfangreichen Studien zu dem Instrument vor und berichtet von der praktischen Umsetzung im Klinikalltag.
Lieselotte Mahler stellt anhand wissenschaftlicher Daten die Auswirkungen des „Weddinger Modell" sowie die Effekte der leitfadengestützten Nachbesprechung auf Zwangsmaßnahmen dar. Praxisbezogen werden zudem erste Ergebnisse der Implementierung des „Weddinger Modell“ in den Kliniken des Theodor-Wenzel-Werks in Berlin vorgestellt und die Effekte der Wegnahme von Sicherheitsdiensten auf den Akutstationen präsentiert.
Seit der ersten Manifestation des COVID-19-Virus Ende 2019/Anfang 2020 wurden zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um die Ausbreitung der Infektion in der Bevölkerung einzudämmen. Denn das Virus SARS-CoV-2 kennt keine Grenzen, Sprachen, Hautfarben oder Herkunft. Es bedroht jeden Menschen auf diesem Planeten. Bisherige Untersuchungen haben gezeigt, dass vulnerable Gruppen besonders anfällig für die Auswirkungen der COVID-19 Pandemie sind. Zahlreiche Hindernisse beim Zugang zur Gesundheitsversorgung und zu Präventionsmaßnahmen müssen überwunden werden. Darüber hinaus leben die meisten von ihnen unter schwierigen Bedingungen, in denen sie grundlegende Hygiene- und Distanzierungsmaßnahmen nicht einhalten können. Fehlende soziale Unterstützung, soziale Ausgrenzung, mangelnde Vertrautheit mit Rechten, Ansprüchen und Lücken in der Gesundheitskompetenz zählen zu Risikofaktoren. Die Eindämmungsmaßnahmen wie Quarantäne, Social Distancing und Einsamkeit sowie Angst vor Covid-19 können die Risikofaktoren wie ein Brennglas potenzieren und damit den Einfluss auf die psychische Gesundheit verstärken. In diesem Symposium sollen im ersten Beitrag Ergebnisse einer epidemiologisch-repräsentativen Untersuchung zu zwei Zeitpunkten während der Pandemie vorgestellt werden, im zweiten Beitrag werden die Auswirkungen der Pandemie auf obdachlose Menschen präsentiert. Während der dritte Vortrag aktuelle Daten zu Auswirkungen der Pandemie auf Menschen mit Migrations- und Fluchthintergrund fokussiert, werden im letzten Vortrag eigene Studienergebnisse zu Auswirkungen der Pandemie auf psychisch erkrankte Menschen beleuchtet. Alle Beiträge werden im Plenum diskutiert.
Wohnangebote für Menschen mit psychischen Erkrankungen gehören seit langem zum Kern psychiatrischer Versorgung. Im Rahmen der Deinstitutionalisierung und Enthospitalisierung der 1980er- und 1990er-Jahre wurden zahlreiche institutionelle Angebote als Wohnheime oder Wohngemeinschaften etabliert. Seit einigen Jahren ist im Zusammenhang mit Entwicklungen wie der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen eine neue Entwicklung vorangeschritten, die das Leben mit professioneller Unterstützung in der eigenen Wohnung ermöglicht.
Im Rahmen einer länderübergreifenden Kooperation wurden in Deutschland und in der Schweiz drei Forschungsprojekte etabliert, welche das Wohnen in besonderen Wohnformen (stationäres Wohnen) mit unterstütztem Wohnen in der eigenen Wohnung hinsichtlich diverser Outcome-Indikatoren vergleichen. Das Symposium berichtet über den aktuellen Forschungsstand in den drei Regionen Nordrhein-Westfalen und Südwürttemberg in Deutschland sowie Bern und Zürich in der Schweiz. Während die deutschen Studien das Design der vergleichenden Beobachtungsstudie anwenden, wird in der Schweiz zeitgleich eine randomisierte kontrollierte Studie in Zürich sowie eine Beobachtungsstudie in Bern durchgeführt. Ergänzt wird das Symposium mit den Ergebnissen einer ebenfalls länderübergreifenden Entwicklung einer Modelltreue-Skala zum Unterstützten Wohnen, die in Nordrhein-Westfalen sowie in der Schweiz bereits zum Einsatz kam.
Nachdem die Geschichte der DGPPN rekonstruiert worden ist, rücken nun andere nervenärztliche Vereinigungen in den Fokus. Inwieweit war auch dort die Führungsebene „belastet“? Wodurch wurde eine Elitenkontinuität begünstigt? Gab es Auseinandersetzungen um die Vergangenheit?
1. Anklage und Verklärung: Wie in der DGPT die NS-Zeit thematisiert wurde
In der Deutschen Gesellschaft für Psychotherapie und Tiefenpsychologie wurde die NS-Zeit nie völlig ausgeblendet. Die Vorstandsmitglieder der DGPT brandmarkten zwar die Medizinverbrechen und forderten eine Neuorientierung, gleichzeitig wurde die Rolle der Psychoanalyse im Nationalsozialismus verkürzt dargestellt. Wie gelang dieser Spagat?
2. Wieder- oder neu gegründet, mehr Pädiatrie oder Psychiatrie? Die Deutsche Vereinigung für Jugendpsychiatrie (1950-1970)
Die Gründungsversammlung der heutigen DGKJP wird in Hinblick auf (Dis-)Kontinuitäten von der Weimarer Republik bis in die Bundesrepublik analysiert und die interdisziplinäre Positionierung der Gruppe sowie ihre Verortung zwischen Neu- und Wiedergründung diskutiert.
3. Wer war ein Nazi? Anmerkungen zur Geschichte der DGN (1950-1990)
Etliche Nachkriegs-Präsidenten und -Ehrenmitglieder der Deutschen Gesellschaft für Neurologie waren dem Nationalsozialismus formal oder ideologisch verbunden gewesen. Der Vortrag fokussiert auf diese „Elitenkontinuität“ und sucht nach Erklärungen.
4. Zwischen Autonomie und staatlicher Kontrolle: Fachgesellschaften für Psychiatrie und Neurologie in der DDR
In der SBZ entstanden zunächst regionale Vereinigungen. Der Vortrag analysiert, wie im Spannungsfeld von (gesellschafts-)politischen Anforderungen und realen Gegebenheiten Kompromisse eingegangen werden mussten, die 1956 zu einer DDR-Fachgesellschaft führten.
Die Übersichtsvorträge stellen Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den einzelnen Gesellschaften sowie beiden deutschen Staaten dar.
Schlafstörungen sind häufig und werden häufig als Begleiterkrankungen gefunden. Die geäußerten Beschwerden und Symptome sind oft unspezifisch. Eine schlafmedizinische Diagnostik kann helfen zu erkennen ob es sich um eine primär zu behandelnde Schlafstörung handelt oder ob es sich um eine begleitende Komorbidität handelt. Moderne digitale Werkzeuge können helfen schlafmedizinische Beschwerden genauer einzugrenzen und womöglich eine Verdachtsdiagnose zu stellen ohne sofort eine Polysomnographie im Schlaflabor durchführen zu müssen.
Smartphone mit Schlaf-Apps und Smartwatches können mit neuer Sensorik nicht nur die Bewegung sondern auch Puls und Sauerstoffsättigung, sowie Nutzerverhalten aufzeichnen und daraus Schlüsse ziehen. Nur die wenigsten Geräte haben jedoch eine medizinische Gerätezulassung. Einige Sensoren kommen aus dem Lifestyle Bereich und andere aus Schlaflaboren. Entsprechend ist der Qualitätsunterschied in der Aussage sehr groß und wird an Beispielen dargestellt.
Auch in der Therapie von Schlafstörungen haben digitale Anwendungen einen Platz gefunden. Es gibt eine App, die zur Behandlung der Insomnie in Deutschland zugelassen ist. Gerade für die Behandlung der Insomnie sind bereits mehrere Apps entwickelt worden. Weitere Apps können therapiebegleitend eingesetzt werden und können so auch die Therapietreue von CPAP bei Schlafapnoe verbessern.
Insgesamt bieten die digitalen Anwendungen viele Möglichkeiten in der Diagnostik und Therapie von Schlafstörungen. Die Bewertungen und Einordnungen stehen noch am Anfang. Neue Kriterienkataloge müssen entwickelt werden und klinischen Studien zum diagnostischen und therapeutischen Nutzen müssen durchgeführt werden.
Penzel T, Schöbel C and Fietze I. New technology to assess sleep apnea: wearables, smartphones, and accessories. F1000Research 2018, 7:413 doi: 10.12688/f1000research.13010.1
Mit jährlich circa 9400 Suiziden und circa 200.000 Suizidversuchen stellt suizidales Verhalten in Deutschland eine Herausforderung für die Gesundheits- und Versorgungssysteme und insbesondere die fachspezifische Versorgung dar. Zunächst werden einige epidemiologische Fakten und Überlegungen zu den Ursachen suizidalen Verhaltens sowie evidenzbasierte suizidpräventive Ansätze dargestellt. Im Weiteren wird ebenfalls knapp auf die Prinzipien bei der Exploration des Suizidrisikos, auf den Umgang mit Suizidalität im Rahmen der ambulanten und stationären Behandlung und auf evidenzbasierte Behandlungsansätze eingegangen. Zentrales Element dieses Symposiums ist ein Rollenspiel der Referenten, in denen exemplarisch Suizidgefährdung exploriert wird und im Folgenden des Spektrums angemessener suizidpräventiver Maßnahmen im Rahmen einer 30-minütigen Diskussion verdeutlicht wird. Hier besteht die Möglichkeit, das eigene Vorgehen im Sinne eines Benchmarkings mit dem anderer Kollegen zu vergleichen.
Die UN-BRK und das BTHG stärken das Menschenrecht, den Aufenthaltsort selbstbestimmt wählen können. Die passgenaue und gemeindenahe Versorgung stößt bei schwer und chronisch psychisch kranken Menschen mit intensiven Unterstützungsbedarfen jedoch auf institutionelle Grenzen. Insbesondere von Seiten der psychiatrischen Kliniken wird öfters ein Ausbau geschlossener Wohnangebote für besonders schwer erkrankte Personen angemahnt.
Ausgangspunkt ist eine aktuelle Beschreibung der bundesweiten Unterstützungslandschaft offener und geschlossener psychiatrischer stationärer Einrichtungen (inkl. CMA) der Eingliederungshilfe. Darauf aufbauend werden das Konzept der Personenorientierung (Steinhart) und gemeindepsychiatrische Ansätze (Borbé) vorgestellt, die Alternativen zur geschlossenen Unterbringung bieten können. Frau Holthoff-Detto thematisiert die Situation älterer Menschen, für die häufig wegen der Komplexität der notwendigen Behandlung und mangelnder Alternativen eine Umsiedlung in eine stationäre Pflege notwendig wird. Eine Alternative ist ein gestuftes ambulantes und stationäres Versorgungs- und Behandlungsmodell für alte Menschen mit einem qualifizierten multiprofessionellen Team als Kern und einer vernetzten, transsektoralen Wahrnehmung von Verantwortung als Teil der Regelversorgung. Aus Betroffenen-Perspektive (Richter) werden die Beiträge diskutiert und Versorgungslücken und Defizite im bestehenden System angesprochen, die durch einen Ausbau der Angebote geschlossener Unterbringung noch verstärkt werden können, weshalb dies grundsätzlich abgelehnt wird.
Die sog. „Abteilungspsychiatrie“, also die Kliniken für Psychiatrie und Psychotherapie an Allgemeinkrankenhäusern, war das erwünschte Versorgungsmodell der Psychiatrie-Enquete. Mit einer Behandlung in der Mitte der somatischen Medizin wurden Entstigmatisierung, eine bessere Personalausstattung und die Entwicklung moderner, kontextorientierter Therapieformen verbunden. Bestanden zunächst noch Zweifel, ob „Abteilungen“ auch eine Versorgungsverpflichtung ausfüllen könnten, so entwickelten sie sich bald als etablierte regional bezogene Kliniken, die inzwischen selbstverständlicher Teil des psychiatrisch-psychotherapeutischen Versorgungssystems sind. Gleichzeitig setzen die Rahmenbedingungen von Mindestpersonalausstattung und Vergütung zunehmend Anreize für größere Systeme und treffen damit auf eine inhaltliche Spezialisierungsdebatte, die die Übernahme regionaler Verantwortung in überschaubaren Systemen wie z. B. durch Kliniken an Allgemeinkrankenhäusern erschweren. Hier stehen Lebensumfeld, der Verlauf von psychischen Erkrankungen in der Lebensspanne und der Kontakt zum regional gewachsenen Versorgungssystem gemeindepsychiatrischer Akteure im Mittelpunkt. Die Möglichkeit der Gestaltung therapeutischer Beziehungen in persönlicher Kontinuität über die Sektorengrenzen der Krankenhausbehandlung hinweg, ist eine Kernkompetenz psychiatrisch-psychotherapeutischer Behandlung am Allgemeinkrankenhaus. Es ist daher die Frage zu stellen, ob dies eine letztlich unangemessen romantische Idee in einer Medizinentwicklung ist, die sich immer mehr in Richtung Zentralisierung, Differenzierung und Spezialisierung entwickelt. Darüber wird im Symposium nach einer thematischen Einführung im Format eines Zwiegesprächs diskutiert. Die Gesprächspartner sind langjährig als Chefarzt/ärztin in Kliniken für Psychiatrie und Psychotherapie an Allgemeinkrankenhäusern tätig und psychiatriepolitisch aktiv.
Auf europäischer Ebene werden aktuell Standards für genetische Beratung und Diagnostik bei psychischen Erkrankungen entwickelt. Die wissenschaftlichen Befunde, die diesem Prozess zugrunde liegen, und erste Erfahrungen aus der Praxis sollen in diesem Symposium vorgestellt werden. In einem ersten Referat wird Franziska Degenhardt als Sprecherin der europäischen Initiative den aktuellen Stand der Diskussion zu Genetischer Diagnostik und Beratung bei PatientInnen mit Schizophrenen Psychosen unter besonderer Berücksichtigung von copy number variations in Spezialambulanzen vorstellen. Helge Frieling wird im Anschluss daran von Erfahrungen aus einer an einer deutschen Universitätsklinik etablierten Spezialambulanz zur Psychischen Gesundheit bei Seltenen Erkrankungen am Beispiel des Prader-Willi-Syndroms berichten. Neben der Beratung bei definierten genetischen Befunden im Rahmen von Seltenen Erkrankungen sind pharmakogenetische Untersuchungen ein zweites wesentliches Thema der aktuellen europäischen Diskussion. Daniel Müller wird daher die aktuellen Empfehlungen internationaler Fachgesellschaften zum Einsatz pharmakogenetischer Untersuchungen beim Einsatz von Antidepressiva und Antipsychotika zur Erhöhung der Medikamentensicherheit referieren. Abschliessend wird Maike Scherf-Clavel Befunde aus einer deutschen Universitätsklinik zur Relevanz von Cyp2D6 und Cyp2C19 Genotypen für die Therapie mit Amitriptylin und Venlafaxin vorstellen. Ergebnisse aus wissenschaftlichen genetischen Untersuchungen werden zunehmend auf ihre Relevanz für die klinische Praxis überprüft und können zu einer personalisierten Medizin beitragen. Dieses Potential kann aber nur bei realistischer Einschätzung der Möglichkeiten und Grenzen genetischer Untersuchungen richtig genutzt werden. Das Symposium will durch Vermittlung des Standes der Wissenschaft hier einen Beitrag leisten.
Psychiatrische Professionelle sind in ihrer täglichen Arbeit mit einer Vielzahl an ethischen Herausforderungen konfrontiert. Manche, jedoch nicht alle dieser Konfliktfelder sind auf die unmittelbare Arzt-Patienten-Beziehung beschränkt, während andere über diese hinausweisen und in unterschiedlichem Ausmaß mit systemischen oder gesellschaftlichen Faktoren zusammenhängen.
Das geplante Symposium verfolgt vor diesem Hintergrund das Ziel, unterschiedliche Ebenen ethischer Konfliktfelder bewusst zu machen und hierfür mögliche Lösungsansätze zu identifizieren (Vortrag von Jakov Gather). Anhand von konkreten ethischen Konfliktfeldern aus der psychiatrischen Versorgung sollen anschließend exemplarisch ethische Herausforderungen auf der Mikro-, Meso- und Makroebene erörtert sowie Möglichkeiten und Grenzen ihrer „Lösung“ im psychiatrischen Versorgungsalltag diskutiert werden (Vorträge von Anna Westermair, Tilman Steinert und Gerhard Längle).
In dem Symposium werden Ergebnisse von Online Studien zu Auswirkungen der Covid-19 Pandemie und von sexualisiertem Substanzkonsum (Chemsex) auf die psychische Gesundheit von LGBTIQ Personen sowie Effekte einer Videointervention zur Suizidprävention vorgestellt.
Die Auswirkungen der Covid-19 Pandemie auf das psychische Wohlbefinden von sexuellen und geschlechtlichen Minoritäten wurden in einer Multicenter Studie im Zeitraum von April bis Juli 2020 in einer Onlinebefragung (N=2.332) anhand einer multivariaten linearen Regression mit dem WHO-5 Fragebogen analysiert. Angehörige von sexuellen und geschlechtlichen Minoritäten wiesen ein niedrigeres psychisches Wohlbefinden als die cis-heterosexuelle Vergleichsgruppe auf. Als besonders vulnerable Gruppe zeigten sich bi- und asexuelle Personen sowie trans* Personen.
In der Studie „Chem-QuISS - Chems, Queere Identität, Scham und Sexualerleben“ des LMU Klinikums München wurde anhand einer Online Untersuchung mit ca 1500 Proband*innen untersucht, ob es einen Zusammenhang zwischen schwul/lesbischer Identität (LGBIS-DE), Schamempfinden (SHAME), Sexualerleben (MFS) und Konsummuster gibt. Chemsex, ein Neologismus aus den Wörtern „chemicals“ und „sex“, beschreibt eine Unterform des sexualisierten Substanzkonsums. Besonders verbreitet ist diese Praxis unter Männern, die Sex mit Männern haben (MSM), wobei Methamphetamin, GHB/GBL, Mephedron und Ketamin zu den bevorzugt genutzten Substanzen zählen.
In dem österreichischen Suizidpräventionsprojekt “Es wird besser” konnte gezeigt werden, dass Videos mit persönlichen Erzählungen über gemeisterte Krisen einen positiven Effekt auf LGBTQ Jugendliche haben. Durchgeführt wurden Inhaltsanalysen von Videos (n=198), eine qualitative Fokusgruppenuntersuchung mit acht Gruppen (n=19 Jugendliche) sowie eine randomisiert kontrollierte Studie (n=483). Eine Identifikation mit der im Video gezeigten Person ist ein Schlüsselfaktor für die Wirkung von suizidpräventiven Botschaften.
In der Bundesrepublik erkrankt im Verlauf eines Jahres mehr als jeder Vierte an einer psychischen Erkrankung unterschiedlichen Schweregrads. Obwohl die Inanspruchnahme medizinischer Leistungen gestiegen ist, steht nur jeder Fünfte mit einer Diagnose aus dem Bereich der psychischen Erkrankungen im Kontakt mit dem Gesundheitswesen. Obgleich sich in der Bundesrepublik ein hochdifferenziertes ambulantes und stationäres Versorgungssystem für die Behandlung von Menschen mit psychischen Erkrankungen etabliert hat. Dieses differenzierte, aber überaus fragmentierte Versorgungs- und Kostenträgersystem führt immer noch zu Problemen bei den Übergängen zwischen den Sektoren, zu Wartezeiten in der ambulanten Behandlung und vor allem in der Psychotherapie.
Mit dem Ziel, eine kontinuierliche, bedarfsangepasste Behandlung besonders für schwererkrankte Menschen zu gewährleisten, sind in den letzten 15 Jahren verschiedene neue Versorgungsformen entstanden. Als Beispiele seien hier integrierte Versorgung, Modellprojekte §63 SGB V, stationsäquivalente Leistungen, Disease-Management-Programme genannt. Aktuell wird vom Gemeinsamen Bundesausschuss eine Richtlinie §92 Abs. 6 SGB V für eine berufsübergreifende, koordinierte ambulante Versorgung insbesondere für Schwerkranke verabschiedet, die einen wichtigen Schritt zur Verbesserung der ambulanten Versorgung bedeutet.
Zur Überwindung der Sektorengrenzen und zur verpflichtenden Vernetzung aller Leistungserbringer einer Region ist eine gestufte Versorgung, die sich am Bedarf der Patienten orientiert, unterschiedliche Intensität der Behandlung, sowie eine klar verortete Koordinationsverantwortung in der Region festlegt. Die DGPPN hat dazu das sogenannte Stepped-Care-Modell entwickelt.
Im Diskussionsforum werden Vorschläge gemacht, inwieweit die neuen Versorgungsformen entsprechend des Stepped-Care-Modells in die Versorgung implementiert werden können.
Die Tatsache, dass von den Sachverständigen die Frage, ob eine ausreichend konkrete Aussicht auf Behandlungserfolg vorliegt, schon hinreichend sicher beim Erkenntnisverfahren beantwortet werden soll, stellt in der Praxis eine kaum seriös zu bewältigende Herausforderung dar.
Der Eingangsvortrag von Herrn Querengässer betrachtet zunächst die diversen Erfolgskriterien forensischer Suchtbehandlung und gibt dann einen Überblick über die empirischen Befunde der letzten 20 Jahre zu Prädiktoren des Entlassmodus aus einer Behandlung gem. § 64 StGB einerseits und der darauffolgenden Legalbewährung andererseits. Abschließend diskutiert wird nicht nur, wie dies gelingen könnte – etwa in Form einer probatorischen Behandlungsphase oder durch den Einbezug von absehbaren Settingfaktoren – sondern auch, ob es sinnvoll sein könnte, die gesetzlich geforderte Prognose des Behandlungserfolges umzuformulieren oder gar gänzlich aus der Rechtsvorschrift zu streichen.
Im Anschluss wird Frau Berthold über die Ergebnisse aus der Stichtagserhebung berichten. Auf Basis der limitierten Variablen, die den Sachverständigen zum Zeitpunkt des Erkenntnisverfahrens vorliegen, wurde versucht mittels statistischer Datenauswertung die bedeutsamen Prognosefaktoren auf den Behandlungserfolg zu ermitteln. Die Untersuchung erfolgte mittels der in der Stichtagserhebung im Jahr 2019 erhobenen Daten. Die soziodemografischen und delinquenzbezogenen Variablen wurden auf ihren prädiktiven Einfluss auf das Behandlungsergebnis hin untersucht.
Am 23.03.2021 hat der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs eine aus psychiatrischer Sicht etwas überraschende (wenn auch nachvollziehbare) Tendenz aufgezeigt in der Entscheidung 6 StR 62/21. „Es bestehen bereits erhebliche Zweifel, ob eine solche – letztlich auf eine vage Zufallswahrscheinlichkeit hinauslaufende – Prognose die Voraussetzungen einer hinreichend konkreten Erfolgsaussicht noch erfüllen würde.“
Es soll Herr Koller im Anschluss in dem 3. Vortrag Stellung nehmen als Jurist zu der konkreten Aussicht auf einen Behandlungserfolg.
Der 4. Vortag von Frau Gaudernack soll auch das Thema „Erfolgsaussicht bei vollziehbarer Ausreisepflicht und bei Sprachunkundigen“ als Unterpunkt diskutieren. Es soll der Reformbedarf der gesetzlichen Regelung auch bei diesem Unterpunkt diskutiert werden.
In diesem Symposium werden Ergebnisse von Untersuchungen in der Bundeswehr berichtet, die sich schwerpunktmäßig mit Einsätzen von Soldatinnen und Soldaten unter den Bedingungen der Covid-19 Pandemie befassen.
Gerd-Dieter Willmund und Mitarbeiter gehen im ersten Beitrag der Frage nach, was die Covid-19-Pandemie mit militärischen Einsatzkräften macht. Die Bundeswehr unterstützt seit Februar 2020 im Rahmen der Amtshilfe Bund, Länder und Kommunen. Derzeit sind mehr Soldaten im Corona-Einsatz im In- und Ausland gebunden als Soldaten in Auslandseinsätzen eingesetzt werden. In mehreren wissenschaftlichen Projekten hat das Psychotraumazentrum der Bundeswehr die psychosozialen Belastungen von Einsatzkräften, darunter medizinisches Fachpersonal, aber auch Soldatinnen und Soldaten in der isolierten Unterbringung untersucht.
Johannes Müller berichten über eine Studie, in der das Belastungserleben Mitarbeitenden am Bundeswehrkrankenhaus Hamburg aufgrund der Covid-19 Pandemie untersucht wurde. Es fanden Erhebungen im Oktober 2020 (N=333) und im April 2021 statt, eine weitere Erhebung ist für Oktober 2021 geplant. Zur Erfassung des Belastungserlebens wurde der ADM-20 eingesetzt. Erste Ergebnisse zeigen eine hohe Rate an Anpassungsstörungen, die sich auf die Pandemie beziehen. Frauen zeigten sich mehr belastet als Männer. Insbesondere Alleinerziehende, Personen, die Angehörige pflegen, und ältere Mitarbeitende zeigten sich darüber hinaus deutlich belastet.
Im letzten Beitrag referieren Ursula Simon und Mitarbeiter über eine Studie zur Wirksamkeit der Cognitive Processing Therapy (CPT). Diese Therapie beinhaltet eine Konfrontationsphase in der Gruppe. Die angeleitete in sensu-Exposition im Gruppenrahmen stellt speziell im Hinblick auf die Therapie von traumatisierten Soldaten in Deutschland eine Rarität dar. Studien aus den USA zeigen einen positiven Impact der Konfrontation in der Gruppe auf den Therapieerfolg. Der Vortrag gibt Auskunft über bisherige Zwischenergebnisse.
Therapeutic drug monitoring (TDM) hat in der Psychiatrie einen evidenzbasierten und klinisch relevanten Stellenwert. Routinemäßig wird sie bei Neueinstellungen, Therapieoptimierung und Verlaufskontrollen eingesetzt. Das Symposium zeigt im ersten Teil wie aktuelle PET Untersuchungen zur Dopaminrezeptorbindung in Abhängigkeit der Serumkonzentration von Antipsychotika sowie pharmakokinetische Studien oraler und Depo-Formulierungen die Rolle des TDM zur individualisierten Dosisbestimmung unterstreichen. Die Untersuchungen weisen auch darauf hin, wie das therapeutischen Fenster in der Akutbehandlung von schizophrenen Störung höhere Werte beinhalten als in der Erhaltungsphase. In der Tat sind die Konzentrationen der 2, 3 resp 4 wöchigen Depotverschreibung im Median niedriger. Was dies für die 3 Monats-Depotformulierung bedeutet und welche klinischen Auswirkungen zu erwarten sind, gilt es zu erforschen. Erste Ergebnisse aus Fallserien unterstützen auch für die 3 Monats-Formulierung die Hypothese, dass in der Erhaltungstherapie tatsächlich ein anderes therapeutisches Fenster postuliert werden kann.
Der zweite Teil des Symposiums behandelt die Rolle von TDM bei Infektionskrankheiten. Bekanntlich bedingt ja der Entzündungsprozess eine verzögerte Magenentleerung (Verlangsamung der Absorption) und IL 6, IL 1 alpha sowie der TNF alpha inhibieren das CYP 450 1 A 2 und die Uridindiphosphat Glucuronyltransferase (UTG). Dies kann die Serumkonzentration wesentlich verändern und lässt sich am Beispiel der Spiegelerhöhung von Clozapin mit klinisch relevanter Auswirkung sehr gut darstellen. Infiammatorische Reaktion werden aber auch durch Impfungen ausgelöst; so beschäftigt sich der letzte Beitrag mit dem Einfluss von Covid19-mRNA Impfstoffen auf Pharmakinetik/dynamik von Psychopharmaka. Ergebnisse einer laufenden naturalistischen, prospektiven und intraindividuellen Studie werden präsentiert. TDM wird zu einem wesentlichen diagnostischen Werkzeug.
Depressionen gehören zu den häufigsten psychischen Störungen im höheren Lebensalter. Die Behandlung der Altersdepression stellt insbesondere hinsichtlich der Multimorbidität vieler Patienten eine besondere Herausforderung im klinischen Alltag da. Neben Pharmakotherapie und Psychotherapie stehen Hirnstimulationsverfahren zur Behandlung zur Verfügung. Die Wirksamkeit der repetitiven transkraniellen Magnetstimulation (rTMS) bei älteren Patienten wird kontrovers diskutiert. In zahlreichen Studien konnte die akute Wirksamkeit der hochfrequenten rTMS des linken dorsolateralen präfrontalen Kortex nachgewiesen werden. Dabei wurde auf die Notwendigkeit insbesondere höherer Stimulationsintensitäten hingewiesen. Ältere Patienten profitieren von einer Behandlung mit Elektrokonvulsionstherapie (EKT) deutlicher und schneller als jüngere. Altersübergreifend ist die EKT hinsichtlich der Wirksamkeit der Pharmakotherapie überlegen. Kognitive Nebenwirkungen treten jedoch häufiger auf. Die Magnetkonvulsionstherapie (MKT) ist ein innovatives Stimulationsverfahren. Wie bei der EKT wird unter Kurznarkose ein Krampfanfall ausgelöst, jedoch mit starken magnetischen Feldern. Bisherige Ergebnisse zeigen wenig kognitive Nebenwirkungen bei guter antidepressiver Wirksamkeit. Beobachtungsstudien konnten für die Vagus-Nerv-Stimulation (VNS) robuste und nachhaltige Therapieeffekte bei Patienten mit überwiegend chronifizierten Therapieverläufen feststellen. Bezogen auf den Bereich der Altersdepression liegen bisher noch keine Studienergebnisse vor. Aus anderen Indikationsgebieten sind jedoch keine kognitiven, kardiovaskulären oder metabolische Nebenwirkungen bei der VNS bekannt. Tierexperimentell gibt es Hinweise auf neuroprotektive Eigenschaften im Bereich des Hippocampus. Stimulationsverfahren zur Behandlung der Altersdepression werden in diesem Symposium vorgestellt und diskutiert.
Regelungen für den psychiatrisch-psychosozialen Versorgungsbereich werden von einer Vielzahl an gesundheitspolitischen Akteuren und Institutionen erlassen. Der prominenteste Akteur, der in diesem Bereich tätig ist, ist der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA). Beratungsverfahren im G-BA betreffen beispielsweise Mindestanforderungen an Personalvorgaben im Bereich Psychiatrie und Psychosomatik, Disease Management Programme (DMP), bspw. bei unipolarer Depression oder die Reform der Psychotherapie-Richtlinie. Jenseits des G-BA gibt es auch andere gesund-heitspolitische Institutionen, die bspw. während Qualitätssicherungsverfahren Patientenvertre-ter*innen beteiligen, um die Sicht von Betroffenen in die Ausgestaltung ihrer Beschlüsse und Emp-fehlungen einzubeziehen. Dieses Symposium möchte Patientenvertreter*innen zusammenbrin-gen und Gelegenheit zum Austausch von Erfahrungen in unterschiedlichen Gremien und Organisa-tionen im Bereich der psychosozialen Versorgung geben. Dabei werden u.a. die folgenden Fragen thematisiert: Welche Rahmenbedingungen prägen die derzeitige Patientenbeteiligung? Welche konkreten Beteiligungsformate (Verfahren und Methoden der Beteiligung) gibt es bzw. wären darüber hinaus denkbar? Sind gegenwärtige Mitbestimmungsmöglichkeiten ausreichend? Welchen Herausforderungen ist die Patientenbeteiligung ausgesetzt? Welche Schwierigkeiten treten auf und was sind günstige Bedingungen in einer Institution? Welchen Nutzen haben gesundheitspoliti-sche Institutionen von der Beteiligung von Patientenvertreter*innen? Was lässt sich an der Umset-zung der Patientenbeteiligung noch verbessern?
In Zeiten des nationalen Pandemie-Notstandes erlangt das ohnehin unverzichtbar gewordene zivilgesellschaftliche Engagement eine zusätzliche systemrelevante Dimension. Im Gesundheitswesen generell und gerade auch in der Versorgung von psychisch kranken oder belasteten Menschen, ist die sogenannte „Vierte Säule des Gesundheitswesens“, die gesundheitsbezogene Selbsthilfe, nicht mehr wegzudenken und gleichzeitig durch die Corona-Maßnahmen stark herausgefordert. Bei Selbsthilfegruppen, deren Nutzen und Wirken traditionell stark vom unmittelbaren, persönlichen Austausch und unterstützenden Beziehungen abhängt, sind die Chancen und insbesondere die Risiken der Digitalisierung schon vor der Pandemie heiß diskutiert worden. Mit Corona wurden auch hier die Vorzeichen umgedreht. Nach dem Motto: „Aus der Not eine Tugend machen“ wurden vielerorts völlig neue Formen der digitalen Selbsthilfe entwickelt bzw. die Transformation unterstützende Maßnahmen ergriffen. Das Symposium widmet sich Schwerpunktmäßig und exemplarisch den Chancen und Risiken in der Angst-Selbsthilfe.
Psychische Erkrankungen zählen zu den häufigsten Erkrankungen in Deutschland und verursachen mit 17 Prozent nach den Muskel- und Skelett-Erkrankungen die meisten Arbeitsunfähigkeitstage. Die durchschnittliche Arbeitsunfähigkeitsdauer beträgt 35 Tage.
„Arbeitsunfähigkeit“ kann den Patienten vor Überlastung und weiterer gesundheitlicher Schädigung schützen, andererseits ist Arbeit und Beschäftigung ein hohes Gut, wirkt sinnstiftend und identitätsstärkend, fördert die soziale Einbindung und ist daher im Interesse („nicht nur“ des Patienten). „Krankschreibung“, die Feststellung von Arbeitsunfähigkeit nach ärztlicher Untersuchung, ist bei akuten psychischen Störungen nicht selten unerlässlich. Patienten mit z. B. akuten wahnhaften Symptomen oder schweren Antriebsstörungen wie bei einer Depression sind beruflichen Anforderungen durch die mit ihrer Erkrankung hervorgerufenen Funktionsstörungen nicht gewachsen. Gleichzeitig führt aber die Feststellung einer Arbeitsunfähigkeit, insbesondere bei längerer Dauer, häufig zu einer Gefährdung des Arbeitsplatzes. Auch wenn nicht allen Patienten unmittelbar die möglichen Folgen längerer Arbeitsunfähigkeit bewusst sind, muss der Wiedereingliederung in das Berufsleben hohe Priorität eingeräumt werden.
Das Symposium soll krankheitsbedingte Funktions-und Fähigkeitsstörungen darlegen. Er setzt sich mit einer möglichen vorübergehenden oder andauernden Arbeitsunfähigkeit auseinander. Die damit oft einhergehende Blockierung therapeutischer Interventionen wird näher beleuchtet. Faktoren über eine stabilisierende und auch schützende Funktion der Arbeit werden aufgezeigt. Diese Überlegungen sollen dem Hausarzt in seiner Weichenstellung eine Hilfe für das weitere Vorgehen geben.
Home Treatment (HT), als psychiatrische Akutbehandlung im häuslichen Umfeld der Patienten mit akuten psychischen Beschwerden, alternativ zum stationären Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik, ist eine der Möglichkeiten, welche die Psychiatrie derzeit in verschiedenen europäischen Ländern als anbietet. Es handelt sich um eine Antwort auf die Bedürfnisse des einzelnen Patienten, aber auch auf die strukturellen und wirtschaftlichen Anforderungen, welche die sich in ständiger Anpassung befindlichen Gesundheitssysteme an Versorgungsstrukturen stellen.
Auf welche Bedürfnisse reagiert HT tatsächlich, sowohl klinisch als auch institutionell und wirtschaftlich? Und unter welchen Bedingungen und in welchen Situationen stellt diese Behandlungsform wirklich die beste Option dar?
Das Versorgungsmodell ist durch ein therapeutisches Setting, das sich an ganz an den individuellen Bedürfnissen des Patienten orientiert und durch die Einbettung der Behandlung in den familiären und sozialen Kontext charakterisiert. Nicht unbeachtet sollte ein eventueller Einfluss dieser Veränderung des Behandlungssettings auf die Stigmatisierung der psychiatrischen Behandlung und der Patienten bleiben.
In der Schweiz wurde das Model von Home Treatment in mehreren Regionen auf unterschiedliche Weise umgesetzt, wobei grundsätzliche Element bei allen Angeboten vorkommen: Interdisziplinarität, Erreichbarkeit des Teams während 24 Stunden, zeitliche Begrenztheit der therapeutischen Intervention etc.
Der Vergleich der verschiedene Modelle (Region Aargau, Baselland, Tessin...) im Rahmen des Symposiums ermöglicht Herausforderungen, Schwierigkeiten und Chancen zu erkennen, zu diskutieren und soll helfen das Versorgungsmodell weiter zu entwickeln. Die verschiedenen Angebote wurden oder werden wissenschaftlich quantitativ und teilweise qualitativ evaluiert und diesbezügliche Ergebnisse werden in den Vorträgen präsentiert.
Die Arzneimitteltherapie in der Psychiatrie wird zunehmend komplexer. Neben den Kontraindikationen für Arzneimittel, rote Hand Briefen und Warnhinweisen, gilt es aber auch andere Faktoren bei der Wirkstoffauswahl zu berücksichtigen. Vor allem im Hinblick auf die demographische Entwicklung mit zunehmend alternder Gesellschaft werden wir mit zahlreichen multimorbiden, polypharmazeutisch behandelten Patienten konfrontiert. Unbeachtete oder nicht bekannte Wechselwirkungen können zu einer Vielzahl von Komplikationen führen, die nicht nur die Gesundheit des Patienten gefährden, sondern auch volkswirtschaftlich von Relevanz sein können. Hier ist im Sinne der Arzneimitteltherapiesicherheit nicht nur die detaillierte Kenntnis über Indikationen und Zulassungen, sondern auch eine besonders sorgfältige Auswahl ggf. unter Einbeziehung genetischer Faktoren eines geeigneten Medikamentes mit geringem Wechselwirkungspotential erforderlich. Wo liegen aber die Unterschiede der Wirkstoffe, wie kann man durch geeignetes Monitoring die Arzneimitteltherapiesicherheit erhöhen? Wie wähle ich interaktionsfreie Kombinationen? Sowohl pharmakodynamische als auch pharmakokinetische Eigenschaften der Wirkstoffe sollen dabei am Beispiel der Antidepressiva und Antipsychotika vergleichend dargestellt werden. Des Weiteren werden die Indikationsgebiete, der durch randomisierte placebokontrollierte Studien nachgewiesenen positiven Effekte von off-label-use in begründeten Fällen besprochen. An Fallbeispielen soll dieses Wissen vertieft werden. Aber auch hinsichtlich Wirksamkeit sollen die Arzneimittel bei verschiedenen Indikationen vergleichend dargestellt werden: evidenzbasierte Pharmakotherapie und pharmakogenetische Befunde um das Outcome des Patienten zu verbessern. Auch dies soll an Fallbeispielen geübt werden. Es dürfen dazu eigene Fälle mitgebracht werden. Nicht zuletzt soll der Workshop auch darstellen, wie Ärzte und Apotheker interdisziplinär nach dem „Eichberger Modell“ zusammenarbeiten können, um die Arzneimitteltherapiesicherheit zu erhöhen. Der Workshop soll einen Überblick über Psychopharmaka, deren Indikationsgebiete, Wirk- und Nebenwirkungsspektren sowie Interaktionen und Pharmakogenetik bieten, und den Teilnehmern mehr Sicherheit bei der Auswahl und dem Einsatz der Medikamente für den individuellen Patienten vermitteln.
Zielgruppe: Assistenzärzte, Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie.
Didaktische Methode: Interaktiver Workshop mit Vortrag und Bearbeitung von Fallbeispielen in der Gruppe, Besprechung eigener Fälle der Teilnehmer.