Autor:innen:
D. Kalandrik (Solingen, DE)
B. Frerichs (Solingen, DE)
P. Almeida Machado (Solingen, DE)
P. Debinski (Solingen, DE)
V. Frandsen (Solingen, DE)
J. Adler (Solingen, DE)
S. Propson (Solingen, DE)
Untere gastrointestinale Blutung – eine seltene Ursache
Fall:
In unserer Kinderklinik stellte sich nachts ein 16-jähriger männlicher Jugendlicher per Rettungsdienst wegen Hämatochezie und Synkope vor. Am Aufnahmetag sei insgesamt 6 Mal Blut im Stuhl aufgetreten. Nach dem letzten Stuhlgang sei er für zwei Minuten bewusstlos gewesen ohne Anhalt für ein Krampfgeschehen. Zusätzlich gab er drückende Bauchschmerzen mit wechselnder Lokalisation an. Familienanamnestisch gab es keinen Hinweis auf relevante Erkrankungen.
Der Patient war uns aus einem vorherigen Aufenthalt mit ähnlicher Episode bekannt. Zwei Monate zuvor führten wir bereits eine Ileokoloskopie durch. Diese blieb makroskopisch und histologisch unauffällig. Seitdem seien dreimal gering blutige Stühle aufgetreten.
Bei der Aufnahme präsentierte sich der Junge in reduziertem Allgemeinzustand, mit blassen Schleimhäuten, hypoton (RR 104/50 mmHg), tachypnoeisch (28/min), tachykard (105/min), präsynkopal beim Aufsetzen. Laborchemisch zeigte sich eine deutliche Anämie mit einem Hämoglobin-Wert von 5,5 mg/dl. Wir führten umgehend eine Ileokoloskopie durch, welche unauffällig war. Nach entsprechender Vorbereitung mit abführenden Maßnahmen erfolgte eine erneute Endoskopie am Folgetag. Der unauffällige Befund bestätigte sich im gesamten GI-Trakt. Als nächstes initiierten wir eine Kapselendoskopie.
Parallel wurden zwei Erythrozytenkonzentrate transfundiert und wir begannen eine orale Eisensubstitution. Ein erneutes Blutungsereignis trat nicht auf. Der Patient wurde in stabilem Allgemeinzustand und beschwerdefrei entlassen. Aufgrund der zweimaligen Episode mit Hämatochezie und einmal hämodynamisch-relevantem Hb-Abfall bei unauffälliger Diagnostik stellten wir den hochgradigen Verdacht auf ein Meckel-Divertikel.
Eine poststationär durchgeführte Szintigraphie des Abdomens mit Technetium-Pertechnetat zeigte eine fokale Mehranreicherung rechts lateral kaudal der Niere und erhärtete den Verdacht auf ein Meckel-Divertikel.
Wie von uns empfohlen wird sich der Patient bei den Kolleg*innen der Allgemeinchirurgie für eine operative Entfernung des Divertikels vorstellen.
Diskussion:
Das Meckel-Divertikel ist ein Überrest des embryonalen Ductus omphaloentericus und nur bei 1-2% der Menschen im Ileum vorhanden. Es besteht eine Knabenwendigkeit. Oft verbleibt es asymptomatisch. Bei klinischen Beschwerden treten diese hauptsächlich in den ersten zwei Lebensjahren auf. In seltenen Fällen kann es (häufig schmerzlose) blutige Stühle verursachen. Möglichkeiten der Diagnostik sind eine explorative Laparoskopie. Eine Alternative zur Diagnosestellung ist, wie bei uns durchgeführt, eine Szintigraphie des Abdomens.
Fazit:
Ein Meckel-Divertikel, das klinisch im Alter von 16 Jahren mit einer hämodynamisch-relevanten Blutung auffällt, ist insgesamt sehr selten. Trotz unauffälligen Untersuchungsbefunden sollte es jedoch berücksichtigt und gegebenenfalls die entsprechende Diagnostik erweitert und dahingehend eingeleitet werden.