Im Kooperationssymposium der Referate Psychotherapie und Gesundheitsfachberufe werden sowohl die Potentiale psychodynamisch orientierter Therapien (insbesondere Kunst-und Musiktherapie und die Konzentrative Bewegungstherapie) als auch Gemeinsamkeiten und Unterschiede aufgeführt und diskutiert. Darüber hinaus werden neueste Erkenntnisse und Projekte vorgestellt.
Bernhard Strauß (Jena) gibt in seinem State of the Art- Vortrag einen Überblick zu den Wirkfaktoren der Psychotherapie.
Kunsttherapie wird als komplementäre Methode zur Erhaltung, Förderung und Wiedererlangung von mentaler Gesundheit in sehr vielen Kliniken der Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik eingesetzt. Die positive Wirksamkeit der Interventionen wird vorausgesetzt. Dabei sind empirische Studien, die diese Wirksamkeit belegen, selten. Im Vortrag werden neueste Erkenntnisse der Wirksamkeitsforschung von Kathrin Seifert (Bonn / Ottersberg) präsentiert.
Die Konzentrative Bewegungstherapie (KBT) ist eine körperpsychotherapeutische Methode, die auf psychodynamischen und entwicklungspsychologischen Theorien basiert. Sie entfaltet ihre Wirkung über das konzentrative Erleben des eigenen Körpers in der Interaktion mit Materialien, dem eigenen Selbst und anderen Personen. Karin Schreiber-Willnow (Bad Honnef) stellt die aktuelle Studienlage vor.
Anne Schnell (Basel) stellt ein innovatives musiktherapeutisches Konzept zur Behandlung von Rauschzuständen und Sucht vor. Basis des Behandlungsplans stellt die Auswertung einer einjährigen Datenerhebung dar. Dabei hat sich die freie Improvisation als sehr geeignete fachspezifische Behandlungsmethode erwiesen, um Patient*Innen in ihrem Kampf gegen die Sucht zu unterstützen, weil sie den Drang nach Rauschzuständen sowie weiteren typischen Themen einer Suchterkrankung (unterdrückte Emotionen, gestörte Interaktionsmuster, Schuld und Schamgefühle, Komorbiditäten, usw.) hörbar macht, aber auch eine breite Palette an Interventionsmöglichkeiten bietet.
17:59 Uhr
Die aktuelle Studienlage zu Wirkfaktoren der Konzentrativen Bewegungstherapie (KBT)
K. Schreiber-Willnow (Bad Honnef, DE)
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Autor:in:
K. Schreiber-Willnow (Bad Honnef, DE)
Hintergrund: In der Therapietheorie der Konzentrativen Bewegungstherapie (KBT) werden vier Aspekte des vertieften oder leibhaftigen Erlebens in Gruppen beschrieben, die als Wirkfaktoren verstanden werden: der Zugang zum Körpererleben, der Wechsel zwischen körperlich und sprachlich Symbolisiertem, die Arbeit im Erfahrungs- oder Spielraum sowie emotional korrigierende Erfahrungen. Sie werden ähnlich auch in andern Körperpsychotherapien genannt.
Methode: Überblick über Studien zu Wirkfaktoren der KBT
Ergebnisse: Empirisch ließen sich für die KBT allgemeine Wirkfaktoren wie Hoffnung und Einsicht, sowie Selbstöffnung und Akzeptanz nachweisen. Der Zugang zum eigenen Körper und den eigenen Empfindungen ist in einer klinischen Prozess-Ergebnis-Studie eine eigenständige Erlebnisdimension.
Patient*innen in stationärer Psychotherapie beurteilten in einer Reihe von naturalistischen multizentrischen Studien bei Behandlungsende die Wirkungen und Wirkfaktoren der KBT-Gruppe. Faktorenanalytisch ließen sich vier Skalen identifizieren: (1) einen therapeutischen Zugang zu sich selbst an Hand der KBT-Methode gewinnen, (2) positive körperbezogene Erfahrungen machen und Effekte erleben, (3) positive Erfahrungen mit der Therapeutin/ dem Therapeuten machen und (4) eine positive Gruppenatmosphäre erleben. Untersuchungen zum Zusammenhang der Faktoren mit dem Stundenerleben zu Beginn sowie mit der Veränderung physiologischer Faktoren laufen. Bei jugendlichen Patientinnen mit Essstörungen weisen Zwischenergebnisse auf ähnliche Skalenausprägungen wie in den Studien mit Erwachsenen hin.
Diskussion: Die Förderung des Erlebens, speziell des Körper- und Selbsterlebens durch körperpsychotherapeutische Ansätze kann als verfahrensspezifischer Wirkfaktor verstanden werden. Vergleichende Untersuchungen mit anderen Verfahren stehen noch aus.
18:21 Uhr
Wirkfaktoren der Musiktherapie bei verhaltenssüchtigen Patienten
A. Schnell (Basel, CH)
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Autor:in:
A. Schnell (Basel, CH)
Seit Juli 2018 existiert an den Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel (UPK) eine stationäre Abteilung für Verhaltenssüchte (Gaming, Glücksspielsucht, Sexsucht und Shopping). Die Musiktherapie ist seit Beginn integraler Bestandteil des entsprechenden interdisziplinären Angebots.
Im Anschluss an eine einjährige Testphase wurden während eines weiteren halben Jahres sämtliche Therapiesitzungen über Audioaufnahmen protokolliert und anschliessend ausgewertet. Die daraus abgeleiteten Erkenntnisse bildeten die Grundlage für die Entwicklung eines spezifischen musiktherapeutischen Konzepts für die Abteilung «Verhaltenssucht».
Musik ist ein flüchtiges Medium, und Musikinstrumente können als un-emotionale Objekte verstanden werden, mit denen man sich «verbinden» kann. Dies sind gute Voraussetzungen, um Patienten, die an einer Sucht leiden, dazu zu motivieren, sich in kreativer Art und Weise auszudrücken. Die «freie Improvisation» hat sich in diesem Zusammenhang als besonders geeignete Methode erwiesen, weil sie den Drang nach Rauschzuständen sowie weitere typische Symptome einer Suchterkrankung (unter-drückte Emotionen, gestörte Interaktionsmuster, Schuld- und Schamgefühle, Komorbiditäten usw.) hörbar macht, gleichzeitig aber auch eine breite Palette an individuellen Interventionsmöglichkeiten bietet. Beim «freien» Spielen werden die Patienten mit ihrem Konsumverhalten und ihrem Wunsch nach Rauschzuständen konfrontiert. Gleichzeitig kommen sie in Kontakt mit sich selbst und den Mitspielenden. Implizit und ohne äusseren Zwang wird am Selbstwert und an der Identitätsfindung gearbeitet.
Im Rahmen des interdisziplinären Teams kann Musiktherapie den therapeutischen Prozess, der aus einer Suchterkrankung herausführt, unterstützen. Welche Rolle sie dabei spielt und was ihre spezifischen Wirkfaktoren sind, wird in dieser Präsentation genauer beleuchtet.