Bei akuten entzündlichen Schmerzen führt lokale Kälte zu einer Schmerzreduktion während bei chronisch entzündlichen Schmerzen auch eine lokale Wärmebehandlung analgetisch sein kann. Im Gegensatz dazu wird Kälte von Patienten mit neuropathischem Schmerz, aber auch bei schmerzlosen Neuropathien als unangenehm empfunden oder führt sogar zur Kälteallodynie. Lokale Kälte unterbricht dagegen klassischerweise Schmerzattacken bei Patienten mit Erythromelalgie, aber nicht bei paroxysmaler extremer Schmerzerkrankung (PEPD), obwohl beide Erkrankungen auf Mutationen des Natriumsubtyps NaV1.7 beruhen. Die Gabe von Chemotherapeutika wiederum führt akut bei nahezu allen Patienten zu einer Kälteüberempfindlichkeit und im Verlauf bei einem kleinen Teil zu klassischem neuropathischen Schmerz evtl. mit Kälteallodynie.
Insgesamt ergibt sich demnach ein sehr verwirrendes Bild mit teilweise gegensätzlichen bzw. scheinbar widersprüchlichen Effekten.
In diesem Symposium sollen die unterschiedlichen Mechanismen dargestellt werden, wie Temperaturänderungen die Erregbarkeit von Nervenfasern verändern. Dazu gehören einerseits die bekannten temperaturempfindlichen TRP Kanäle. Allerdings existieren darüber hinaus noch wichtige rezeptorunabhängige Temperatureffekte: so werden Natriumkanäle durch Kälte zwar gehemmt, aber auch zur repetitiven Entladung („resurgent currents“) angeregt. Kälteabhängig werden zudem Kaliumkanäle geschlossen, was zu einer Erhöhung des Membranwiderstandes führt: dies ist beim Gesunden kein Problem, aber Nervenzellen werden bei höherem Membranwiderstand durch geringere Ströme erregt, sodass bei Patienten mit neuronaler Übererregbarkeit die Abkühlung Schmerzen ausgelösen kann. Schließlich führt Abkühlung zu einer unspezifischen Depolarisierung von Nozizeptoren durch die Hemmung der Natrium/Kalium-Pumpe. Je nach Ausgangslage kann diese Depolarisation sowohl analgetisch wirken oder aber Schmerz auslösen.
Insgesamt soll in diesem Symposium herausgearbeitet werden, welche diagnostischen und therapeutischen Schlussfolgerungen aus einer Kälte-abhängiger Verschlechterung bzw. Analgesie gezogen werden können.