Autor:innen:
M. Kallmayer (München, DE)
P. Tsantilas (München, DE)
A. Kühnl (München, DE)
A. Zimmermann (München, DE)
S. Schmid (München, DE)
B. Haller (München, DE)
H. Eckstein (München, DE)
Hintergrund
Die gesetzlich verpflichtende Dokumentation der Carotisendarteriektomie (CEA) und des Carotisstenting (CAS) ermöglicht die Erfassung der Versorgungssituation in Deutschland. Der Einfluss klinisch und morphologisch nicht veränderbarer Variablen auf die periprozedurale Schlaganfallrate und Letalität wurde bisher nicht untersucht.
Material und Methoden
In Kooperation mit dem AQUA-Institut wurden alle elektiven asymptomatischen und symptomatischen CEAs (142.074, 2009-2014) und CAS (13.086, 2012-2014) analysiert. 67,8% der CEA Patienten waren Männer (CAS 69,7%), das Durchschnittsalter betrug 70,7 Jahre (CEA) bzw. 69,7 Jahre (CAS).
Primärer Endpunkt der Studie war das perioperative Risiko (bis zur Entlassung) für einen Schlaganfall oder Tod. Anhand dieses Endpunktes wurde die Assoziation klinisch nicht veränderbarer Variablen (Alter, Geschlecht, ASA Kategorie, neurologischer Status bei Aufnahme, ipsi- und kontralateraler Stenosegrad) mit dem relativen Risiko (RR) für einen perioperativen Schlaganfall oder Tod getrennt für CEA und CAS errechnet. Dies erfolgte anhand eines generalisiert linearen gemischten Regressionsmodells unter Adjustierung prozeduraler Variablen, einer prä- und postprozeduralen neurologischen Untersuchung und der Krankenhausfallzahl.
Ergebnisse
Die rohe periprozedurale Schlaganfallrate/Letalität der elektiven CEA betrug 1,4% für asymptomatische und 2,5% für symptomatische Stenosen (CAS 1,7% und 3,7%). Folgende Variablen waren mit einem erhöhten Risiko nach CEA und CAS assoziiert: zunehmendes Lebensalter (linearer Alterseffekt pro 10 Jahre: CEA: RR 1,19, 95% CI 1,14-1,24; CAS: RR 1,54, 95% CI 1,35-1,75), ASA Klassifikation IV/V versus III (CEA: RR 2.40, 95% CI 2,05-2,80; CAS: RR 3,46, 95% CI 2,23-5,37), symptomatische versus asymptomatische Stenose (CEA: RR 1,61, 95% CI 1,46-1,76; CAS: RR 1,63, 95% CI 1,28-2,07). Bei der CEA waren zusätzlich das Vorhandensein einer 50-69%igen Stenose (RR 1,25, 95% CI 1,07-1,48) und ein kontralateraler Carotisverschluss (RR 1,66, 95% CI 1,41-1,94) mit einem höheren Risiko assoziiert. Die ASA Klassifikationen I/II versus III waren mit einem signifikant niedrigeren Risiko verbunden (CEA: RR 0,63, 95% CI 0,57-0,71; CAS: 0,72, 95% CI 0,56-0,91). Das Geschlecht stellt für CEA und CAS keinen Risikofaktor dar.
Schlussfolgerungen
Die Sekundärdatenanalyse zur Versorgungsrealität extracranieller Carotisstenosen in Deutschland zeigt, dass bei CEA und CAS ein zunehmendes Lebensalter, eine hohe ASA Kategorie und das Vorliegen einer symptomatischen Stenose mit einem Anstieg des Behandlungsrisiko assoziiert sind. Bei der CEA sind außerdem das Vorliegen einer ipsilateralen 50-69%ige Stenose oder eines kontralateraler Carotisverschluss mit einem höheren OP-Risiko verbunden. Das Geschlecht hat keinen Einfluss auf das Risiko. Die Ergebnisse dieser Studie lassen keine Aussage zur Über- oder Unterlegenheit von CEA oder CAS zu, sollten allerdings bei der individuellen Indikationsstellung berücksichtigt werden.