Autor:innen:
F. Adili (Darmstadt, DE)
M. Rüsseler (Frankfurt, DE)
M. Kadmon (Augsburg, DE)
S. Höfer (Frankfurt, DE)
V. Britz (Frankfurt, DE)
C. Stefanescu (Frankfurt, DE)
S. König (Würzburg, DE)
J. Sterz (Frankfurt, DE)
Hintergrund. Im Juni 2015 wurde der Nationale Kompetenzbasierte Lernzielkatalog Medizin (NKLM) verabschiedet, der innerhalb der Vorgaben der Approbationsordnung das Absolventenprofil von Medizinstudierenden in Deutschland beschreibt. Die vorliegende Studie wurde durchgeführt, um zu analysieren, inwieweit sich Inhalte und Kompetenzgewichtung des NKLM mit den Prüfungsfragen des 2. Staatsexamens (STEX-2) decken.
Methoden. Die Chirurgische Arbeitsgemeinschaft Lehre der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie entwickelte aus dem NKLM den sog. Nationalen Kompetenzbasierten Lernzielkatalog Chirurgie (NKLC), der für jedes der 230 chirurgischen Lernziele drei Kompetenzebenen definiert. Im Rahmen einer retrospektiven Analyse wurden 11 STEX-2 (Herbst 2009 bis Herbst 2014) von mindestens drei Reviewern unabhängig voneinander analysiert. Die Chirurgie-Fragen wurden dabei gemäß einem Leitfaden und Auswertungsbogen identifiziert und einem Lernziel des NKLC zugeordnet. In die Analyse gingen die Anzahl der chirurgischen Lernziele sowie die Anzahl der chirurgischen Fragen pro Examen, pro Lernziel und pro Kompetenzebene (KE) ein.
Ergebnisse. 12 Reviewer aus sechs chirurgischen Disziplinen analysierten insgesamt 3480 Fragen aus 11 Examina. Pro Examen wurden im Mittel 98,8 Fragen als „chirurgisch“ eingestuft. Zu jedem Lernziel wurden 2,2 Fragen (Range: 1–16) gestellt. Pro Examen wurden durchschnittlich 23,5 Chirurgie-Fragen zur KE „Selbstständige Durchführung“, 52,5 zur KE „Anwendungs- und Entscheidungswissen“ und 22,8 Fragen zu „reinem Faktenwissen“ gestellt. 64 Lernziele (27,8% aller 230 Lernziele des NKLC) wurden gar nicht geprüft. Lehrinhalte, die dem gefäßchirurgischen Stoffgebiet zugeordnet sind, werden mit 32/230 (13,9%) Lernzielen im NKLC repräsentiert. Davon sind lediglich 11 im engeren Sinne dem Fach Gefäßchirurgie zugehörig. Das häufigste im STEX-2 adressierte gefäßchirurgische Lernziel war die Lungenembolie (n=21). Zum Bauchaortenaneurysma wurde insgesamt nur eine Frage gestellt. Nach der Nierenarterienstenose und dem Diabetischen Fußsyndrom wurde jeweils 2x, nach der Aortendissektion 6x, der PAVK 10x, der Venenthrombose 11x und nach der Mesenterialischämie insgesamt 12x gefragt.
Schlussfolgerung. Die Anzahl der Fragen im STEX-2 aus dem Fach Chirurgie erscheint zwar ausreichend, ist jedoch thematisch extrem unregelmäßig verteilt. Mehr als ein Viertel der chirurgischen Lernziele wurde überhaupt nicht abgefragt. Die Häufigkeit und Verteilung der gefäßchirurgischen Fragen darf im Hinblick auf ihre epidemiologische und klinische Bedeutung als zu gering und heterogen angesehen werden. Um Medizinstudierende nicht nur mit allen relevanten Kenntnissen und Fertigkeiten auszustatten, sondern ihnen auch ein gutes Abschneiden im Examen zu ermöglichen, ist eine bessere Abstimmung (Curricular Mapping) zwischen den Lernzielkatalogen der Universitäten und den Inhalten der Staatsprüfungen zu fordern.