Hintergrund: Gemeinsam haben Bürgerinnen und Bürger, Patientinnen und Patienten mit Akteuren der Gesundheitsversorgung in Baden-Württemberg im Jahr 2014 ein Gesundheitsleitbild erarbeitet, das Orientierung für die zukünftige Gestaltung der Gesundheitsversorgung bieten soll. Unter anderem sollen Strukturen verstärkt sektorenübergreifend vernetzt werden und ihre Gestaltung zunehmend auf regionalen Analysen basieren [1]. Vor diesem Hintergrund initiierte das Ministerium für Soziales und Integration Baden-Württemberg das Modellprojekt Sektorenübergreifende Versorgung. Hierbei soll unter anderem eine Projektdatenbank aufgebaut werden, die Indikatoren zur Beschreibung der Versorgungssituation auf Ebene der Kreise und kreisfreien Städte enthält.
Fragestellung: Welche Indikatoren sind aus Perspektive von Stakeholdern der Gesundheitsversor-gung in Baden-Württemberg relevant für eine regionale und sektorenübergreifende Versorgungsplanung?
Methode: Als Studiendesign wurde eine modifizierte Delphi-Befragung bestehend aus einer Runde gewählt, bei der Gesundheitsindikatoren online auf ihre Relevanz hin bewertet wurden. Die zu bewertenden Indikatoren wurden zuvor recherchiert auf der Basis von Projektfragestellungen und eines Frameworks nach dem Vorbild internationaler Beispiele [2,3]. Teilgenommen haben Experten aus 24 von 54 angefragten Institutionen, die an der Versorgung in Baden-Württemberg beteiligt sind. Die Bewertung der Indikatoren erfolgte mittels einer Likert-Skala von 1 bis 9 (überhaupt nicht relevant bis sehr relevant). Für die Auswertung wurde in Anlehnung an die Vorgehensweise des AQUA-Instituts ein Indikator als relevant definiert, wenn dessen Median im Bereich 6,5 bis 9 lag, fraglich oder nicht relevant, wenn der Median im Bereich 4 bis 6 oder 1 bis unter 4 lag [4].
Ergebnisse: Als Basis für den Bewertungsprozess diente ein im Projektnetzwerk erarbeitetes Framework zur Kategorisierung der zu bewertenden 374 Indikatoren. Insgesamt wurden 212 Indikatoren als relevant bewertet und verbleiben somit im Indikatoren-Set. Durchschnittlich wurde zu einem Indikator von circa 15 Institutionen eine Bewertung abgegeben. Die als relevant eingestuften Indikatoren verteilen sich wie folgt auf die Framework-Dimensionen: Nicht-medizinische Determinanten der Gesundheit (20), Gesundheitszustand (25), Inanspruchnahme des Gesundheitssystems (34), Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems (87) und Versorgungsangebot (46).
Diskussion und praktische Implikationen: Der Einbezug von Experten bei der Auswahl von Indikatoren über das gewählte explizite Verfahren konnte zum gewünschten Ziel – einer Reduktion der recherchierten Indikatoren – beitragen. Schwierigkeiten ergaben sich bei der Vereinbarkeit von Expertenperspektive und weiteren Projektzielen. So wurden von Experten Indikatoren als nicht relevant bewertet, die wiederum für die Beantwortung einzelner Projektfragestellungen benötigt werden. Zudem sind einige der im Set verbliebenen Indikatoren aktuell nicht messbar. Dies liegt zum einen daran, dass derartige Daten nicht regelmäßig bis gar nicht erhoben werden, zum anderen sind in den letzten Jahren zwar vor allem durch die deutschlandweite Gesundheitsberichterstattung Indikatoren zu den Themen nicht-medizinische Determinanten der Gesundheit hinzugekommen, das Stichprobensampling findet hierzu häufig maximal auf Bundeslandebene statt, sodass eine kleinräumige Darstellung der Indikatoren nur eingeschränkt möglich ist.
Literatur
1. Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren Baden-Württemberg. Gesundheitsleitbild Baden-Württemberg [Internet]. 2014 [zitiert am 11.04.2017]. https://sozialministerium.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/m-sm/intern/downloads/Downloads_Zukunftsplan_Gesundheit/Gesundheitsleitbild_Broschuere_Web.pdf.
2. Arah OA, Westert GP, Hurst J, Klazinga NS. A conceptual framework for the OECD Health Care Quality Indicators Project. Int J Qual Health Care 2006; 18 Suppl 1:5–13.
3. Canadian Institute for Health Information. Health Indicators 2013. Ottawa: CIHI; 2013.
4. AQUA – Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen. Allgemeine Methoden im Rahmen der sektorenübergreifenden Qualitätssicherung im Gesundheitswesen nach §137a SGB V. Version 4.0. Göttingen: AQUA; 2015.
Hintergrund
Die <Krankenkasse> und das <Ärztenetz> haben 2013 einen Vertrag nach § 140a SGB V geschlossen. Aktuell nehmen ca. 5.500 Versicherte, 20 Haus- und 14 Fachärzte daran teil. Der Schwerpunkt der Zusammenarbeit mit dem <Ärztenetz> lag bislang in der haus- und fachärztlichen Abstimmung unter Einbeziehung von Apothekern, Pflegediensten und der Casemanager.
Aktuell wurden die ortsansässigen <Kliniken> in die abgestimmte Versorgung einbezogen. Die Partner haben Prozesse eines strukturierten Aufnahme- und Entlassmanagements einschl. eines Aufnahme- und Entlassbogens sowie eines Medikationsplanes gemeinsam entwickelt.
Der Aufnahmebogen wird für Patienten erstellt, sofern eine stationäre Behandlungsbedürftigkeit festgestellt wird. Bei der stationären Aufnahme werden diese Informationen in der Klinik strukturiert abgelegt, sodass sie jederzeit verfügbar sind. Darüber hinaus stellt der einweisende Arzt sicher, dass alle an der Versorgung des Versicherten Beteiligten (Therapeuten, Pflegedienste, Casemanagement, etc.) über die bevorstehende stationäre Aufnahme informiert werden. Erforderliche Voruntersuchungen etc. werden veranlasst. Sind bereits vor der stationären Aufnahme weitere Versorgungsbedarfe absehbar, werden diese, ggfs. unter Einbeziehung der Casemanagements der Partner, eingeleitet. Im Entlassbogen bekommt der Hausarzt die aktuellsten Informationen. Er wird einen Tag vor der Entlassung des Patienten an den Hausarzt übermittelt.
Aktuell arbeiten die Partner an der elektronischen Umsetzung der Prozesse und der Datenübermittlung.
Angaben zum medizinischen Inhalt
Aktuell bestehen im <Ärztenetz> Behandlungspfade zu verschiedenen Themen. Diese können jetzt um den stationären Behandlungsfall sinnvoll ergänzt werden.
Die <Krankenkasse> analysiert auf der Grundlage von Routinedaten die Qualität der ambulanten und stationären Versorgung. Die Partner führen zur Qualitätssicherung und –Entwicklung gemeinsame Qualitätszirkel durch.
Angaben zu den Prozessen
Behandlungsprozesse sind häufig im jeweiligen Sektor gut strukturiert abgebildet. Im Rahmen dieser Kooperation ist es gelungen, die Prozesse auch sektorübergreifend zu definieren. Dazu wurde die Arbeitsgemeinschaft Schnittstellenmanagement gebildet, in der zunächst die Schnittstellen (ambulant/stationär/Krankenkasse) ermittelt und darauf basierend Prozesse abgestimmt wurden, die den Informationsfluss sicherstellen und klar die Rolle der Einzelnen definieren.
Dabei stehen die Bedürfnisse der Versicherten im Mittelpunkt. Ausgehend davon wird durch die Casemanager (im Krankenhaus, im Netz, in der Krankenkasse) ein Betreuungsplan abgestimmt und umgesetzt. Versicherte bekommen so die Versorgung (z.B. mit Hilfsmitteln, Reha oder Pflege) die sie benötigen. Unnötige Anträge werden vermieden, da der Casemanager einen guten Überblick über den Bedarf und den Versorgungsgrad hat.
Dies führt zu einer bedarfsgerechten Versorgung des Versicherten und zu Entlastungen der Ärzte. Die AG überprüft regelmäßig die definierten Prozesse und passt diese ggfs. an.
Darüber hinaus analysieren die Partner gemeinsam die Versorgungssituation und leiten daraus weitere Konzepte zur Optimierung der Versorgung, insbesondere im Hinblick auf die Qualität, Effizienz und Wirtschaftlichkeit der medizinischen Versorgung und der Prozesse vor Ort ab.
Fragestellung
Die Partner verfolgen das Ziel, durch die Vernetzung und Koordination von ambulanten und stationären Versorgungsangeboten die patientenzentrierte, wohnortnahe, gesundheitliche Versorgung in der Region zu erhalten und zu verbessern.
Dazu haben sie verschiedene Maßnahmen vereinbart und entwickeln aus den gewonnenen Erkenntnissen ggfs. weitere sinnvolle Maßnahmen um dieses Ziel zu erreichen und langfristig zu stabilisieren. Dieses Muster soll in weiteren geeigneten Regionen Anwendung finden, sofern sich die entwickelten Maßnahmen als geeignet erweisen.
Methode
Es erfolgt jährliche die wirtschaftliche Evaluation der Netzarbeit mithilfe eines regressionsanalytischen Verfahrens, das in der <Krankenkasse> eigens dafür entwickelt wurde und bereits seit einigen Jahren zur Anwendung kommt.
Die Qualität der medizinischen Versorgung wird jährlich anhand der systematischen Analyse und Beurteilung von Routinedaten im ambulanten und stationären Sektor (u.a. QSR-Verfahren) bewertet.
Ergebnisse
Bereits in der Konzept-Entwicklungsphase konnten die Partner viele Erkenntnisse aus der strukturierten Kommunikation zwischen den Beteiligten ziehen. So werden zahlreiche Prozesse, insbesondere in der Aufnahme und Verarbeitung von Informationen und der Kommunikation, verbessert. Weitere Ergebnisse werden in der vertraglichen Umsetzung erwartet.
Diskussion
In diesem Beispiel ist es gelungen, Partner sektorübergreifend zu binden und ein kooperatives Miteinander zu entwickeln. Die Versorgungssituation, wie die hier gegebene, in ländlicher Region mit ungünstiger demografischer Entwicklung/Prognose und schwacher Struktur fordern ein Handeln von den Beteiligten. Die Rahmenbedingungen sind mit dem § 140a SGB V zum Teil gegeben, jedoch u.a. wegen der sektorierten Vergütung noch nicht optimal. Funktionierende Lösungen müssen hier zu praktischen und gesetzlichen Entwicklungen motivieren.
praktische Implikationen
Das Konzept ist darauf ausgerichtet, Erkenntnisse zu gewinnen und sinnvolle Ansätze auch in anderen Regionen umzusetzen.
Hintergrund
Die Behandlungskontinuität ist besonders in der psychiatrischen Versorgung ein wichtiger Faktor für eine gute Behandlungsqualität. Internationale Studien zeigen, dass eine sektorübergreifende (stationär, teilstationär, ambulant), durch dieselben Behandler gestaltete, psychiatrische Versorgung mit besseren Ergebnissen einhergeht. In der Studie werden die Behandlungsergebnisse zweier Kliniken miteinander verglichen, die sich aufgrund unterschiedlicher Vergütungsarten (Gesamtbudget in der Modellklinik, Regelvergütung in der Vergleichsklinik) im Hinblick auf die erwartete Behandlungskontinuität unterscheiden.
Fragestellung
Ziel der Studie ist, Unterschiede in den Behandlungsergebnissen (Symptomschwere, Funktionsniveaus und Lebensqualität) in Abhängigkeit von der erreichten sektorübergreifenden Behandlungskontinuität der Patienten zwischen den beiden Kliniken aufzudecken.
Methode
In einer prospektiven Kohortenstudie werden Patientendaten in 2 psychiatrischen Kliniken über einen Beobachtungszeitraum von 20 Monaten erhoben. Mit validierten Befragungsinstrumenten erfolgt eine alternierende Befragung von je n=215 initial stationären Patienten pro Klinik zu drei Erhebungszeitpunkten (bei Aufnahme, nach 10 und 20 Monaten). Einbezogen werden Patienten mit allgemeinpsychiatrischen Erkrankungen, Suchterkrankungen und gerontopsychiatrischen Erkrankungen aller Krankenkassen. Die erreichte Behandlungskontinuität wird varianzanalytisch mit Messwiederholungen zwischen den beiden Patientengruppen ausgewertet und die Behandlungsergebnisse mit „mixed-effects“-Regressionsmodellen analysiert. Verzerrungen durch Gruppenunterschiede zwischen den Kliniken werden durch die Analyse gepaarter Teilnehmer beider Gruppen kontrolliert, die im propensity score matching eine ausreichend hohe Übereinstimmung aufweisen.
Ergebnisse
Zum jetzigen Zeitpunkt ist die erste Erhebungsphase in der Modellklinik abgeschlossen. Es liegen Daten zu n=220 Patienten mit Verteilung auf folgende Diagnosegruppen vor: allgemeinpsychiatrische Erkrankungen n=123, Suchterkrankungen n=89, gerontopsychiatrische Erkrankungen n=8. In der Vergleichsklinik sind bislang 190 Patienten rekrutiert, davon mit allgemeinpsychiatrischen Erkrankungen n=125, Suchterkrankungen n=57, gerontopsychiatrische Erkrankungen n=8. Auf dem Kongress werden die beiden Klinikstichproben deskriptiv vergleichend im Hinblick auf Symptomschwere, Funktionsniveau und Lebensqualität präsentiert.
Diskussion
Die Studie sollte in der Lage sein, Hinweise für oder gegen eine Assoziation der Behandlungsqualität mit der sektorenübergreifenden psychiatrischen Behandlungskontinuität in Deutschland zu liefern, die alle Diagnosegruppen und Patienten aller Krankenkassen umfasst.
praktische Implikationen
Sollten diese Studienergebnisse bisherige Erkenntnisse bestätigen und zeigen, dass auch in Deutschland eine erhöhte Behandlungskontinuität mit besserer Behandlungsqualität verbunden ist, gäbe es Anlass, die Voraussetzungen für eine sektorübergreifende Behandlungskontinuität weiter zu erforschen und deren Umsetzung in der Praxis zu fördern.
Hintergrund
Demografische Entwicklung, soziale Gerechtigkeit und Migration stellen die Bundesrepublik und deren Sozialsysteme vor enorme Herausforderungen. Umso erstaunlicher ist das Fehlen etablierter Koordinationsstrukturen zwischen den in der Regel hoch leistungsfähigen Einzelsektoren. Vor diesem Hintergrund hatte die vorliegende Arbeit zum Ziel, erstmals die Entwicklung, Erprobung und Implementierung eines sektorenübergreifenden, sozialraumbezogenen Koordinationsmodells sozialer und gesundheitlicher Versorgung im kommunalen Kontext zu beschreiben.
Fragestellung
Im Mittelpunkt des EU- und landesministeriell geförderten Projektes standen dabei drei Fragen:
Mit welcher nichtkompetitiven Struktur und Funktionalität ist die bürger/patient*innenbezogene Kommunikation und
Kooperation der im Quartier vorhandenen sozialen und gesundheitlichen Versorgungsebenen und –akteure zu gestalten
bzw. zu optimieren?
Ist ein solch integratives Sozialraumprojekt grundsätzlich realisierbar?
Welche Effekte sind in der praktischen Erprobungsphase zu beobachten?
Methode
Entwicklung und Erprobung des integrativen Sozialraumkonzeptes folgen als komplexe Intervention den Empfehlungen des Medical Research Council. Dabei beinhaltete die Konzeptentwicklung neben der Literaturrecherche die gezielte Sozialraumanalyse sowie die Initiierung von Fokusgruppen mit der Stadt, Betroffenen und Akteuren vor Ort zur Identifikation von Versorgungshürden und der Erarbeitung interoperativer Lösungsansätze. Das konsentierte Konzept wurde anschließend in einem Stadtteil mit 16.000 Einwohnern über 6 Monate, in einem zweiten mit 23.000 Einwohnern über 15 Monate in der konkreten Alltagspraxis erprobt.
Beide Phasen und deren Deskription bedienten sich qualitativer und quantitativer Methodik. Im Fokus der Entwicklung standen die Kriterien Relevanz, Akzeptanz und theoretische Machbarkeit. Bei der Erprobung wurden neben der praktischen Umsetzbarkeit die konkrete Kooperation und Inanspruchnahme, die Erfolgsquote beim Erreichen des mit dem/r Klienten/in vereinbarten Ziels sowie die Klientenzufriedenheit erhoben.
Ergebnisse
Für die Bundesrepublik liegen keine praktischen und international publizierten Erfahrungen mit Integrationsmodellen vor, die neben der gesundheitlichen systematisch auch die soziale Versorgung einbeziehen. Im Rahmen des Projektes konnte die grundsätzliche Notwendigkeit einer Koordination an der Schnittstelle, deren Machbarkeit sowie deren Akzeptanz seitens der Bürger*innen belegt werden. So erfolgten seitens des von einem Koordinationsbüro heraus tätigen Case Managements in der Erprobungsphase 4.415 fallbezogene Kontakte zu Akteuren im gesundheitlichen und sozialen Bereich, die u.a. zur Etablierung eines die Arbeit des Stützpunktes begleitenden Quartierszirkels führten. Gleichzeitig wurden 1.303 direkte Anfragen von Bürger/Patien*innen bearbeitet, davon knapp die Hälfte mit medizinischem Schwerpunkt und etwa ein Drittel mit komplexerem Unterstützungsbedarf (Koordination beim „Hilfemix“, konkretes Fallmanagement). Die im Erstgespräch mit den Klienten abgestimmten Ziele konnten in 88% der Fälle erreicht werden. Die Klientenzufriedenheit mit der koordinativen Unterstützung erwies sich als hoch (94% zufrieden oder sehr zufrieden).
Gleichzeitig konnte gezeigt werden, dass der konsequenten Weiterführung modellhaft erprobter Ansätze derzeit hohe systemimmanente Widerstände in Politik, Unternehmen, Verbänden und bei Selbstständigen entgegenstehen und auch konkrete Positiverfahrungen die Innovationsbarrieren nur bedingt reduzieren.
Diskussion
Das integrative Versorgungskonzept hat sich insgesamt als im Ansatz sinnvoll, machbar und erfolgreich erwiesen. Dennoch ist die Diskrepanz zwischen theoretisch zugestandenen Defiziten konventioneller Versorgung und dem konkreten Engagement der etablierten Akteure bei der Umsetzung eines sozialraumbezogenen Koordinationskonzeptes eine derzeit noch kaum zu überwindende Herausforderung. Dies ist umso bedauerlicher, als sich die erhobenen Bedarfe und die gelebte Akzeptanz der Bürger*innen in dieser Haltung nicht wiederspiegeln.
Praktische Implikationen
Die bei Entwicklung und Erprobung eines integrativen, quartiersbezogenen Versorgungsmodells gewonnenen Erfahrungen sollen konkrete Hilfestellung sein bei vergleichbaren Vorhaben und die Diskussion um die Zukunftsfähigkeit der bestehenden Versorgungssystematiken sowie die Notwendigkeit sektoren- und branchenübergreifender Ansätze befördern. Gleichzeitig resultiert aus diesen heraus die Forderung v.a. an die kommunalen Gebietskörperschaften, Koordinationsmodelle im Sinne eines integrativen Sozialraummanagements zukünftig nachhaltig zu unterstützen.
Hintergrund: Kerngegenstand dieser Forschungsarbeit ist es, Community-Einflüsse eines Therapienetzwerks in der Urologie / Onkologie zu erfassen. Beson-ders die Wahl von Arzneimitteltherapien bzw. die Prozessanalyse von Entschei-dungsfindung und Verordnungskriterien in der Netzwerkstruktur steht dabei im Fo-kus dieser Arbeit. In diesem Zusammenhang wurde das Anwendungsbeispiel des metastasierenden, kastrationsresistenten Prostata-Karzinoms (ICD-Code: C61) ge-wählt. Zum einen kann dies durch einen vergleichsweise hohen Anteil an Fällen in Regionen von Oberfranken begründet werden. Zum anderen stehen laut S3 Leitli-nie verschiedene, (gleichwertige) Therapieoptionen und deren Kombinationsmög-lichkeiten zur Verfügung. Diese Heterogenität zwischen der wissenschaftlich ge-stützten Vorgehensweise und patientenindividuellen Bedürfnissen wirkt sich auf die Umsetzung dieser Leitlinie seitens der jeweiligen Fachärzte (Urologen, Onkolo-gen) aus. Verschiedene (regionale) Partner aus dem Bereich der Gesundheitsinsti-tutionen und der Ärzteschaft haben daher ein Interesse an der Beforschung dieser Thematik und unterstützen diese Studie aktiv.
Fragestellung: Welche (Netzwerk-)Faktoren nehmen Einfluss auf die Entschei-dung des Behandlers, was die beste Sequenz der Interventionen für den Patienten in der Therapie des metastasierenden, kastrationsresistenten Prostata-Karzinoms in der Netzwerkstruktur in Oberfranken ist?
Methode: Grundlage dieser explorativen Erhebung stellt eine Literaturanalyse und insbesondere die Basispublikation von A. Donabedian (1988) dar. Der Autor ver-steht die Qualität medizinischer Versorgung als Ringe einer Zielscheibe, in dessen Zentrum der Leistungsanbieter (der Arzt) steht. Neben der Güte der fachtechni-schen Betreuung spielen vor allem interpersonale Beziehungen eine wesentliche Rolle, welche daher zentraler Gegenstand diese Forschungsarbeit sind. Um rele-vante Entscheider, Entscheidungskriterien bzgl. der Therapiewahl im Untersu-chungsbeispiel zu identifizieren, wurde – angelehnt an die Basisquelle – ein Kon-zept für die qualitative Befragung von Netzwerkmitgliedern des Tumorzentrums, niedergelassenen / stationären Urologen und Onkologen in Oberfranken aufge-stellt. Eine Spiegelung anhand KV- und GKV-Daten der in den Tiefeninterviews wahrgenommenen Realität ist intendiert. Auch existente Krebsregisterdaten werden dazu genutzt, um Versorgungsdefizite zu identifizieren.
Ergebnisse: Eine erste Machbarkeitsstudie hat ergeben, dass insbesondere nie-dergelassene Urologen in Oberfranken mit der Therapie des metastasierten, kastra-tionsresistenten Prostata-Karzinoms betraut sind. Stationäre Einrichtungen spielen eher eine untergeordnete Rolle. Die Netzwerkstruktur, die durch das Tumorzentrum Oberfranken vorhanden sein sollte, erweist sich als sehr komplex, so dass Key O-pinion Leader und Multiplikatoren unter den Ärzten identifiziert wurden, die bei der Erforschung der Therapie ihr Netzwerk zur Unterstützung beisteuern – ebenso wie das Krebsregister mit den meldenden Ärzten. Der Einfluss des Netzwerks und die darin erfolgenden Kommunikationen erfolgen vielfältig (Qualitätszirkel, Tu-morboards, persönliche Kontakte, Projektgruppen des Tumorzentrums etc.) und werden in den nächsten Monaten weiter beforscht.
Diskussion: Limitationen dieser Arbeit liegen vor allem in der starken Eingrenzung des Anwendungsbeispiels (metastasierendes, kastrationsresistentes Prostatakarzi-nom). Folglich ist es schwierig, Ergebnisse zu generalisieren und auf andere Regi-onen oder Erkrankungen zu übertragen. Da es sich um eine laufende Arbeit im Be-reich der primären Versorgungsforschung handelt, sind weitere Schritte geplant. So soll ein Datenabgleich mit Routinedaten der KV Bayern erfolgen – zudem wird der Vergleich mit einer Referenzregion in Betracht gezogen. In Folgestudien könnte eine Überprüfung der Ergebnisse für andere Indikationen erfolgen.
Praktische Implikationen: Leitlinien haben die Aufgabe, den Arzt bei den Thera-pieentscheidungen zu unterstützen. Dennoch sind viele der Therapievorschläge nicht für alle Patienten gleichermaßen sinnvoll anwendbar oder eindeutig formu-liert. Für die Herleitungen einer Behandlungsstrategie werden jedoch konkrete In-formationen über eine Therapie benötigt. Implikationen dieser Evaluation sind da-her, den Netzwerkeinfluss auf die Therapiewahl abzubilden, Komplexität zu redu-zieren und die Verordnungssicherheit in der Entscheidungsfindung zu fördern. Weiterhin werden Entscheidungsfaktoren identifiziert, um die Therapiewahl ver-ständlicher zu machen. Die Ergebnisse können so nicht nur prospektiv in ein breiter angelegtes Folgeprojekt einfließen, sondern auch zur Verbesserung der medizini-schen Versorgung („Best-Practice“) im konkreten Anwendungsbeispiel und darüber hinaus zum Wissensaustausch innerhalb von Netzwerken genutzt werden.
Hintergrund: Die Diagnose Schlaganfall stellt in den meisten Fällen ein einschneidendes Lebensereignis dar, dessen Folgen die Lebensführung nachhaltig beeinflussen. Die Erkrankung und ihre Folgen stellen damit hohe Anforderungen an eine qualitativ hochwertige und zielorientierte medizinische Rehabilitation. Um eine diesen Anforderungen genügende Rehabilitation von Schlaganfallpatienten zu gewährleisten, fördert die AOK Baden-Württemberg ein Projekt, dessen Ziel es ist, ein evidenzbasiertes Behandlungskonzept für die Rehabilitation nach Schlaganfall (nur Phase D) zu erarbeiten, das Leistungsstandards definiert.
Fragestellung: Ziel dieses Beitrags ist es, die Entwicklung und den Inhalt des Behandlungskonzepts darzustellen. Das Behandlungskonzept wird eine hohe Verbindlichkeit haben, da es auch die Grundlage einer zugehörigen, leistungsorientierten Vergütung darstellt. Gleichzeitig muss es aufgrund der Heterogenität des Krankheitsbilds Schlaganfall eine hohe Flexibilität der Therapieplanung und Reha-Zielfestlegung zulassen.
Methode: Die Erarbeitung des Behandlungskonzeptes erfolgte in mehreren Schritten: Es wurde zunächst eine eingehende systematische und strukturierte Literarturrecherche nach Leitlinien durchgeführt. Für rehabilitative Behandlungsmaßnahmen, zu denen wenige Empfehlungen in den Leitlinien gefunden wurden, wurde eine weitere systematische Literaturrecherche zu Übersichtsarbeiten durchgeführt. So konnten insgesamt 47 Leitlinien und vier Reviews identifiziert werden. Parallel zu diesen Recherchen wurden neurologische Rehabilitationskliniken gebeten, ihre Behandlungskonzepte zuzusenden, um eine Bestandsaufnahme rehabilitativer neurologischer Behandlungskonzepte zu erstellen. Auf der Basis dieser Vorarbeiten wurde eine erste Version des Behandlungskonzepts erstellt. Diese Version wurde anschließend auf einer offenen Online-Plattform platziert, auf der sie von in der neurologischen Rehabilitation tätigen Personen eingesehen und kommentiert werden konnte. Eine auf der Basis dieser Rückmeldungen erstellte zweite Version wurde dann auf einem Workshop mit 23 Experten diskutiert. Nach mehreren weiteren Überarbeitungsschritten unter Beteiligung der Experten liegt nun ein Konzept vor, das implementiert werden kann.
Ergebnisse: Das Behandlungskonzept sieht in seiner aktuellen Version 12 Module vor, von denen sich 10 auf die Rehabilitation selber und zwei auf die Schnittstellen zu Vor- und Nachbehandlern beziehen:
I. Leistungen zur Verbesserung von motorischen und sensomotorischen Fertigkeiten
II. Leistungen zum Training von Alltagsaktivitäten
III. Leistungen zur Physikalischen Therapie
IV. Leistungen zur Verbesserung von Sprach-, Sprech- und Schluckfunktionen
V. Leistungen zur Therapeutischen Pflege
VI. Leistungen zur Verbesserung kognitiver Fähigkeiten
VII. Leistungen zur Verbesserung der psychischen Gesundheit
VIII. Leistungen zur Förderung einer gesunden Ernährung
IX. Leistungen zur Gesundheitsbildung und Patientenschulung
X. Leistungen zur Vorbereitung nachgehender Maßnahmen
XI. Informations- und Kommunikationsbedarf zur Optimierung der Schnittstelle zum Akutkrankenhaus
XII. Informations- und Kommunikationsbedarf zur Optimierung der Schnittstelle zur Nachsorge
Jedes Modul enthält eine Liste von konkreten Anforderungen, die für definierte Zielgruppen Leistungen festlegen. Z.B.: „Rehabilitanden mit Einschränkungen in der unteren Extremität: Für selbstständige und gehfähige Rehabilitanden sollen Leistungen wie ein Laufbandtraining, ein funktionelles Krafttraining, eine Balance- und Ausdauerschulung oder ein intensives aufgaben- und kontextspezifisches Training erbracht werden.“
Das Behandlungskonzept legt für jedes Modul 1-3 Intensitätsstufen fest (z.B. Leistungen zur Verbesserung von motorischen und sensomotorischen Fertigkeiten: Zwei Intensitätsstufen a) 150 Minuten pro Woche, b) 210 Minuten pro Woche). Es bleibt den Kliniken überlassen, ob die Priorität von Zielen, Schweregrade oder Sonstiges die Auswahl bestimmter Intensitätsstufen steuert. Die Einrichtung soll aber für jeden Fall eindeutig festlegen und dokumentieren, welche dieser Intensitätsstandards sie bei dem jeweiligen Patienten zugrunde legt. Um den ökonomischen Anreiz, möglichst geringe Intensitätsstufen zu definieren, zu vermeiden, wird gleichzeitig ein Minimum an Therapiezeiten über alle Module hinweg festgelegt.
Diskussion und praktische Implikationen: Innovativ scheint an dem Behandlungskonzept, dass die oft gegenläufigen Forderungen nach Standardisierung und Flexibilität im Einzelfall durch frei wählbare Intensitätsstandards in Einklang gebracht werden. Wichtig ist in diesem Fall aber die Festlegung eines Gesamtminimums an Therapiezeiten. Ab Ende 2017 wird das Behandlungskonzept zunächst in 7 Pilot-Einrichtungen implementiert. Es erfolgen eine Implementierungsbegleitung (Unterstützung der Einrichtungen bei der sachgemäßen Umsetzung des Behandlungskonzepts) und eine wissenschaftliche Evaluation durch eine kontrollierte Studie.
Hintergrund
Im OECD-Vergleich nimmt Deutschland eine Spitzenposition in der Endoprothetik ein. Hauptgrund für endoprothetische Eingriffe an Hüfte und/oder Knie ist Arthrose, welche in Deutschland unter den 20 häufigsten Erkrankungen liegt. Im Jahr 2014 wurden insgesamt 219.325 Totalendoprothesen (TEP) an der Hüfte und 149.125 am Knie vorgenommen. Infolge von begrenzten Standzeiten kommen hierzu noch Austauschoperationen hinzu. Bedingt durch die Altersentwicklung und die Konzentration des Leistungsgeschehens auf ältere Versicherte ist c.p. mit einem deutlichen Zuwachs der Fälle in den nächsten Jahren und Jahrzehnten zu rechnen. Ziel dieser Arbeit ist die Identifikation eines sektorenübergreifenden Behandlungspfades, um quantitative Unterschiede im Versorgungsgeschehen auch auf Basis von Ergebnisindikatoren herauszuarbeiten und dadurch Rückschlüsse auf die Versorgungsqualität nach Hüft- und Knieoperationen in Deutschland zu ziehen.
Daten und Methodik
Grundlage der Analyse bilden die Routinedaten der Techniker Krankenkasse. Ausgewählt wurden Versicherte, die in den Jahren 2012 und 2013 einen endoprothetischen Eingriff an Hüfte oder Knie in deutschen Krankenhäuser hatten und durchgehend im Zeitraum von 365 Tagen vor und nach dem Eingriff bei der TK versichert waren oder im Jahr nach dem Eingriff verstarben. Die Identifikation der Versicherten erfolgte durch eine stationär dokumentierte Leistung (OPS–Codes 5-820 und 5-822). Neben stationären Daten des Aufenthaltes des endoprothetischen Eingriffs standen auch weitere Informationen aus dem stationären Bereich, aus der vertragsärztlichen Versorgung, zu Arznei- und Heilmittelverordnungen sowie regionale Faktoren zur Verfügung.
Ergebnisse
In die Untersuchung wurden 25.897 Versicherte mit Hüft-OP und 17.488 mit Knie-OP einbezogen. Endoprothetische Eingriffe waren in 96,9 % (Knie) und 83,8 % (Hüfte) der Fälle elektiv. Notfälle machten nur einen geringen Anteil aus, erwiesen sich jedoch als deutlich teurer. 87 % der Patienten hatten im Vorjahr Kontakt zu einem Facharzt. Die mittlere Verweildauer lag bei 12,3 (11,3) Tagen für Hüft- (Knie-) Operationen. Im Falle einer direkten Revision während des Krankenhausaufenthaltes verdoppelte (1,5-facht) sie sich auf 29,1 (18,3) Tage. 93 % (97 %) der Patienten verließen das KH nach spätestens 20 Tagen und 44 % (49 %) der Patienten begannen innerhalb von 14 Tagen nach der Entlassung eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme. In der Versorgung bezogen auf die Ebene des Bundeslandes existieren deutliche regionale Unterschiede. Während in Berlin bezogen auf 100.000 TK-Versicherte 125 Eingriffe an Hüfte und 76 an Knien vorgenommen wurden, lag diese Zahl in Sachsen mit 192 Hüft-TEP und Thüringen mit 150 Knie-TEP deutlich höher.
Fazit
Die Analysen erlaugen einen Einblick in die derzeitige Versorgungssituation von Patienten mit einem endoprothetischen Eingriff an Hüfte oder Knie. Die Ergebnisse deuten auf relevante Unterschiede im Behandlungsverlauf sowie eine ausgeprägte regionale Heterogenität hin. Es bleibt dabei zu klären, inwieweit Alter, Morbidität und Angebotsstrukturen Einfluss auf Behandlungspfade, aber auch auf Qualitätsparameter haben und in wieweit sich die regionalen Unterschiede in der Versorgung der Patienten durch detailliertere Analysen weiter manifestieren.
Hintergrund
RAI ist ein Projekt des Konsortiums InfectControl2020 im Rahmen der Fördermaßnahme «Zwanzig20 – Partnerschaft für Innovation» des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Sektorenübergreifend widmen sich Human- und Tiermediziner gemeinsam mit Designern und Kommunikationsexperten dem Thema Antibiotikaeinsatz und Resistenzentwicklung. Ziel ist, durch den rationalen Einsatz von Antibiotika der Entwicklung von multiresistenten Erregern gemeinsam entgegenzuwirken.
Im hausärztlichen Bereich adressiert das Projekt Antibiotikaverschreibungen bei Erwachsenen mit akuten Infekten der oberen Atemwege. Die Intervention basiert auf Fortbildungsveranstaltungen, Materialien zur Unterstützung der Arzt-Patienten-Kommunikation und einem Tool zum Monitoring des eigenen Verschreibungsverhaltens.
Fragestellung
Primär: Führt die Intervention zu einer signifikanten Reduktion von Antibiotika-Verschreibungen bei Erwachsenen mit Infekten der oberen Atemwege durch Hausärzte?
Sekundär: Wie werden die Instrumente genutzt und hinsichtlich des Einflusses auf das Antibiotikaverschreibungsverhalten bewertet?
Methode
Es handelt sich um eine multizentrische, offene, zweiarmige, kontrollierte, routinedaten-basierte Interventionsstudie. Interventions- und Beobachtungseinheit sind die Praxen niedergelassener Hausärzte Berlin, Brandenburg und Thüringen. Als Kontrollregionen fungieren die Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt. Es ist eine Evaluation der Instrumente vorgesehen, dazu werden sowohl die Serverdaten herangezogen als auch selbst entwickelte Fragebögen eingesetzt und einer deskriptiven und multivariaten Analyse unterzogen.
Ergebnisse
Die Interventionsmaterialien stießen auf großes Interesse, die Mindestteilnehmerzahl von 25 pro Bundesland wurde in allen Interventionsbundesländern übertroffen (n=271). 59% der Teilnehmer sind weiblich und zu 54% in einer Einzelpraxis tätig. Insgesamt wurden 20 Fortbildungsveranstaltungen durchgeführt. Der Infozeptgenerator wird von 114 Teilnehmern, das Tool zum Monitoring des eigenen Verschreibungsverhaltens von 28 Teilnehmern genutzt (weitere Daten und Analysen folgen).
Diskussion/ Praktische Implikationen
Es werden weitere Ergebnisse zur Häufigkeit der Nutzung der einzelnen Instrumente in Abhängigkeit von Praxischarakteristika und Bewertung der Wirkung auf das eigene Verordnungsverhalten vorgestellt und diskutiert. Die Ergebnisse der Nutzerevaluation dienen zur Weiterentwicklung der Instrumente und liefern wichtige Aspekte für die großflächige Implementierung.
1 Hintergrund
2,9 Millionen pflegebedürftige Menschen gab es Ende 2015 mit steigender Tendenz. Sie benötigen Hilfe bei regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens, wozu auch die Mund- und Prothesenpflege gehören. So steigen etwa die Anforderungen an effektive und effiziente Maßnahmen für eine gute Mundgesundheit pflegebedürftiger Menschen. Gemäß internationaler und nationaler Studien kann bisher nicht von einer bedarfsgerechten Versorgung ausgegangen werden. Zudem belegte die Fünfte Deutsche Mundgesundheitsstudie des Instituts der Deutschen Zahnärzte eine verminderte Mundhygienefähigkeit bei etwa einem Drittel sowie eine verminderte Eigenverantwortung etwa bei der Vereinbarung von Zahnarztbesuchen bei etwa zwei Drittel der Menschen mit Pflegebedarf. Zahnärzteschaft, Pflege und GKV stellen sich dieser Herausforderung und erproben eine neue Versorgungsform, um eine nachhaltige Verbesserung der Mundgesundheit ambulant pflegebedürftiger Menschen zu erreichen.
2 Fragestellung
Wie kann Mundgesundheit ambulant versorgter pflegebedürftiger Personen verbessert werden? Welche Chancen bestehen in diesem Zusammenhang eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen Zahnärzten, fortgebildeten Zahnmedizinischen Fachangestellten, Pflegekräften und pflegenden Angehörigen? Die mundgesundheitsbezogene Lebensqualität soll gestärkt werden, die unter anderem durch Schmerzfreiheit, die Fähigkeit zum adäquaten Zerkleinern und Schlucken der Nahrung, zum Sprechen und somit zur sozialen Teilhabe bestimmt wird. Erreicht werden soll das Ziel durch eine konzeptionelle und bedarfsgerechte Weiterentwicklung der zahnmedizinischen Versorgung, die den ambulant versorgten Pflegebedürftigen zugehend und aufsuchend niedrigschwellige präventive Leistungen im eigenen Wohnumfeld zugänglich macht. Zudem soll eine qualitative Verbesserung der täglichen Mund- und Prothesenhygiene durch individuelle Schulungsmaßnahmen unter Einbezug der Pflegepersonen erreicht werden.
3 Methode
Praktisch wird das Projekt “MundPflege“ als zugehenden Versorgung in den Regionen Bremen und Niedersachsen wie folgt umgesetzt: Erstens wenden sich die beteiligten Betriebskrankassen pro-aktiv an ambulant Pflegebedürftige und informieren sie sowie ihre Pflegepersonen über die neuen Versorgungsleistungen. Zweitens sucht der Zahnarzt zusammen mit der in geriatrischer Zahnmedizin fortgebildeten Zahnmedizinischen Fachangestellten den Pflegebedürftigen in der Häuslichkeit auf. Während des ersten Besuchstermins erfolgt eine Erstbefundung und Erhebung des Gesundheitszustands durch den Zahnarzt. Behandlungen erfolgen sofern möglich direkt während des Besuchstermins. Für Leistungen, die nicht direkt erbracht werden können, wird ein Folgetermin in der Häuslichkeit, ambulant in der Zahnarztpraxis oder unter stationären Bedingungen, vereinbart. Drittens wird zusätzlich innerhalb von 14 Tagen ein Folgetermin in der Häuslichkeit vereinbart, an dem fortgebildete Zahnmedizinische Fachangestellte unter Einbezug der Pflegeperson des Versicherten, eine individuelle bedarfsgerechte Aufklärung und Schulung zur Verbesserung der Mundgesundheit sowie Mund- und Prothesenpflege und weitere prophylaktische Leistungen unter Einhaltung des Delegationsrahmens erbringen. Das Projekt wird evaluiert anhand einer zweiarmigen randomisierten kontrollierten Studie sowie einer BKK-Routinedatenanalyse.
4 Ergebnisse
Auf Basis fachlich und wissenschaftlich begründeter Projektergebnisse soll eine versorgungspolitische Weichenstellung erreicht werden. Es werden Empfehlungen über Maßnahmen zur Verbesserung der Mundgesundheit pflegebedürftiger Menschen herausarbeiten und zur Gestaltung der Versorgung gerichtet an den Gemeinsamen Bundesausschuss, zur konkreten Ausgestaltung bzw. Anpassung der Richtlinie nach § 22a SGB V oder an den Gesetzgeber als Grundlage für strukturelle Veränderungen des gesetzlichen Rahmens.
5 Diskussion
Die Fünfte Deutsche Mundgesundheitsstudie des Instituts der Deutschen Zahnärzte belegte eine verminderte Mundhygienefähigkeit sowie eine verminderte Eigenverantwortung etwa bei der Vereinbarung von Zahnarztbesuchen bei Menschen mit Pflegebedarf. Die Evaluation des Projekts soll wissenschaftliche Belege für die Effektivität der neuen Versorgungsform liefern.
6 Praktische Implikationen
Ist das Projekt erfolgreich, soll es in die Regelversorgung übergehen. Die dann bereits erprobten und evaluierten Leistungen wären somit grundsätzlich offen für alle Krankenkassen und deren Versicherte.
Hintergrund
Derzeit leben etwa 50.000 Kinder drogenabhängiger Eltern in Deutschland. Schätzungen zufolge beziehen nur 10% der Beratungsstellen Kinder suchtkranker Eltern mit in die Hilfeplanung ein. Die Suchthilfe ist demnach bisher nicht auf die Arbeit mit Kindern eingestellt. Die Drogenberatungsstelle Wesel hat vor vielen Jahren ein Programm entwickelt, um das Kinderthema in die Suchtberatungsstellen zu tragen – das Fitkids-Programm. Fitkids bietet einen unterstützenden Rahmen, der das Thema kontinuierlich im Gespräch hält und Raum schafft für Fortbildungen, Informationen und Umsetzungsprozesse. Die Evaluationsstudie EvaFit zielt auf die Erfassung von Kinderorientierung in Drogenberatungsstellen Bezug auf die Bereitschaft und Berücksichtigung in Strukturen und Prozessen bevor und nach Implementierung von Fitkids. Gleichzeitig werden personale und organisationale Determinanten erfolgreicher Implementierung erfasst.
Fragestellung
Die Implementierung meist komplexer Interventionen, wie Fitkids, in Versorgungsorganisationen des Gesundheits- und Sozialwesens bedarf grundlegender Veränderungen von Handlungsprozessen und Strukturen. Rund 70% aller Veränderungsprozesse in Organisationen scheitern. Deutlich wird ein Bedarf, Implikationen organisationaler Veränderungen differenziert zu betrachten und Ansatzpunkte zu ermitteln, um Implementierungsprozesse erfolgreich zu gestalten. Der zugrundeliegenden Evaluationsstudie liegt daher die Frage zugrunde, welche organisationalen und personalen Determinanten mit dem Erfolg der Implementierung von Fitkids assoziiert sind. Es wird der Frage nachgegangen, ob die Bereitschaft der Mitarbeitenden und der Organisation sowie verschiedene Ausprägungen der personalen und organisationalen Konstitution als Determinanten des Implementierungserfolgs abgeleitet werden können.
Methoden
In einem Quasi-Experiment mit Vorher-Nachher-Design werden die Beratungsstellenleitungen und -mitarbeiter sowohl vor dem Start des Fitkids-Programms (t0) als auch ein Jahr nach Programmstart (t1) schriftlich mit einem standardisierten Fragebogen befragt. Die Angaben der Leitungen und Mitarbeiter wurden verknüpft und über die beiden Zeitpunkte hinweg verglichen. Dabei werden u.a. die organisationale und personale Konstitution sowie Veränderungsbereitschaft als Ansatzpunkte der Untersuchung von Determinanten erfolgreicher Implementierung erfasst. Unter Berücksichtigung der hierarchischen Struktur der Daten mittels Mehrebenenanalysen wurden die Determinanten hinsichtlich des Einflusses auf das finale Outcome des Implementierungsgrads, als Umsetzung kinderorientierter Prozesse und Strukturen, analysiert.
Ergebnisse
An der Vorher- und Nachher-Befragung nahmen alle 15 Beratungsstellen teil. An den Befragungen beteiligten sich 17 von 19 Leitungskräften (90%) und 188 von 237 Mitarbeitern (79%). Erste Ergebnisse weisen auf eine geringe organisationale Kinderorientierung sowie eine relativ hohe Veränderungsbereitschaft der Mitarbeitenden hin. Veränderungsbereitschaft der Mitarbeitenden ist mit organisationalen Determinanten (z.B. Qualitätsbewusstsein) sowie der bisherigen Kinderorientierung (z.B. Berücksichtigung im Anamnesebogen) assoziiert. Ergebnisse derzeitiger Auswertungen zu z.B. den der Einflüsse von Determinanten des Implementierungserfolgs werden in Kürze vorliegen.
Diskussion
In Bezug auf mitarbeiterbezogene Faktoren, das Zusammenspiel organisationaler und personaler Faktoren sowie Effekte von Implementierungsstrategien im Kontext des Implementierungserfolgs fehlt es insgesamt noch an Widerspruchsfreiheit und Evidenz. Die Evaluation der Implementierung komplexer Interventionen erfordert nicht nur die Betrachtung erhoffter Endziele (gesundes Aufwachsen von Kindern), sondern auch der dazu notwendigen organisationalen Veränderungsprozesse und Bedingungen. Der Nutzen der Evaluation besteht darin, Wirkzusammenhänge und Einflussfaktoren erfolgreicher Implementierung offenlegen zu können.
Praktische Implikationen
Die Evaluationsergebnisse liefern Ansatzpunkte für eine nachhaltige Optimierung der Implementierungs- und Programmqualität von Versorgungsinnovationen. Notwendig dafür ist das Wissen um Wirkzusammenhänge und Einflussfaktoren, um an diesen ansetzen zu können. Das Vorhaben leistet folglich einen Wissensbeitrag, den Initiatoren von Veränderungsprozessen in Versorgungseinrichtungen wie Drogenberatungsstellen nutzen können, um Einfluss auf den Implementierungserfolg nehmen zu können und um eine nachhaltige Veränderungskultur zu schaffen.
Hintergrund
Patienten mit Diabetes mellitus sind häufig von Spätkomplikationen wie Retino-, Nephro- und Neuropathien mit den Endpunkten Erblindung, terminales Nierenversagen und Amputation betroffen. Sie erfahren somit sowohl durch ihre Grunderkrankung sowie durch die Folgekomplikationen massive Einschränkungen ihrer Lebensqualität und -dauer.
Fragestellung
Die folgenden Fragen sollen beantwortet werden: Wie hoch sind die aktuellen Prävalenzen der Folgekomplikationen und -schädigungen bei Patienten im Disease Management Programm (DMP) Diabetes mellitus Typ 1? Wie haben sie sich seit DMP-Beginn entwickelt? Wie hoch sind die Inzidenzen in Abhängigkeit von der Einschreibekohorte? Welche Risikofaktoren lassen sich für das Neuauftreten von Folgekomplikationen ermitteln?
Methode
Als Datengrundlage dienen die Dokumentationen von 37.979 Patienten, die jemals zwischen 2006 und 2016 am DMP Diabetes mellitus Typ 1 in Nordrhein teilnahmen. Die Entwicklung der Prävalenzen der diabetischen Folgekomplikationen Neuro-, Nephro- und Retinopathie bzw. der Folgeschädigungen Amputation, terminales Nierenversagen und Erblindung im DMP-Zeitverlauf wird deskriptiv statistisch analysiert. Auch werden die Inzidenzen in Abhängigkeit von den Einschreibekohorten dargestellt. Einschreibekohorten werden definiert als Gruppen derjenigen Patienten, die im gleichen Jahr mit der DMP-Teilnahme begannen. Zusätzlich werden in multivariaten logistischen Regressionsmodellen die Risiken für das Neuauftreten der drei Folgekomplikationen in Abhängigkeit von der Einschreibekohorte ermittelt.
Ergebnisse
Bei den im Jahr 2016 im DMP betreuten erwachsenen Patienten (n = 23.986) ist für 23,3 % eine Neuropathie, für 11,9 % eine Nephropathie und für 18,0 % eine Retinopathie dokumentiert. Eine Amputation ist bei 0,2 % dokumentiert, terminales Nierenversagen bei 0,4 % und eine Erblindung bei 0,1 %.
Die Zunahme der Prävalenzen der Folgekomplikationen im Laufe der DMP-Teilnahme ist am stärksten für Nephropathien zu beobachten (2006: 8,8 % vs. 2016: 11,9 %). Hingegen sind die Prävalenzen der Folgeschädigungen Amputation, terminales Nierenversagen und Erblindung im DMP-Verlauf rückläufig. Der deutlichste Rückgang lässt sich hinsichtlich der Amputationen verzeichnen (2006: 0,7 % vs. 2016: 0,2 %).
Betrachtet man das Neuauftreten von Folgekomplikationen innerhalb der ersten beiden Jahre der DMP-Teilnahme in Abhängigkeit von der Einschreibekohorte, so sind die späteren Kohorten seltener von Retinopathien betroffen als die früheren Kohorten (2006: 109/1.000 PJ vs. 2014: 39/1.000 PJ). Für das Neuauftreten von Neuropathien bzw. Nephropathien lässt sich kein solch eindeutiger Trend darstellen.
Auch bei der Betrachtung des Neuauftretens der Folgeschädigungen Amputation, terminales Nierenversagen und Erblindung lässt sich kein eindeutiger Zeiteffekt konstatieren; hier kommt es aufgrund der geringen Fallzahlen zu deutlichen Schwankungen.
Im Regressionsmodell für das Neuauftreten einer Retinopathie innerhalb der ersten beiden Jahre im DMP reduziert sich das Risiko deutlich in Abhängigkeit von der Einschreibekohorte; die in den Jahren 2013/14 Eingeschriebenen haben ein um 71 % reduziertes Risiko im Vergleich zu den im Jahr 2006 Eingeschriebenen. Als stärkster risikoerhöhender Prädiktor erweist sich das Alter (OR bis zu 1,79; CI 1,55-2,07). Auch bei erhöhten HbA1c- (1,22; 1,11-1,35) bzw. systolischen Blutdruckwerten (1,24; 1,12-1,38) sowie bei Vorliegen einer kardio-vaskulären Begleiterkrankung (1,79; 1,52-2,10) steigt das Risiko.
Die Regressionsmodelle zum Neuauftreten von Neuropathien bzw. Nephropathien zeigen keinen eindeutigen Effekt für die Einschreibekohorten.
Diskussion
Zusammenfassend lässt sich hinsichtlich der Prävalenz der Folgekomplikationen eine Zunahme sowie hinsichtlich der Prävalenz der Folgeschädigungen eine Abnahme im DMP-Zeitverlauf konstatieren. Ebenso nimmt die Inzidenz der Retinopathien in Abhängigkeit von der Einschreibekohorte ab. Die Einschätzung dieser Trends wird jedoch erschwert durch das Ausscheiden von Patienten aus dem DMP bzw. die unterschiedliche Zusammensetzung der Einschreibekohorten. Limitiert werden die Aussagen außerdem durch die in der DMP-Dokumentation fehlenden Angaben zur Erkrankungsdauer. Das Regressionsmodell legt jedoch nahe, dass das Risiko für eine neu auftretende Retinopathie in Abhängigkeit von der Einschreibekohorte sinkt, d.h. dass unter Kontrolle von anderen Einflussfaktoren das Risiko bei den später Eingeschriebenen niedriger ist.
Praktische Implikationen
Die Daten aus dem DMP Diabetes mellitus Typ 1 deuten auf einen möglichen Rückgang des Risikos für das Neuauftreten von Retinopathien innerhalb des Zeitraumes 2006 bis 2014 hin.
Hintergrund: Gesundheits- und Bildungschancen von Kindern und Jugendlichen sind nachweislich eng miteinander verknüpft und beide werden durch den sozialen Status und andere Faktoren beeinflusst. Zudem wirkt sich der generelle Wandel des Morbiditätsspektrums auch bei Kindern und Jugendlichen aus, etwa mit einer deutlichen Zunahme chronischer Erkrankungen und psychischer Auffälligkeiten. Allerdings bestehen grade in frühen Lebensjahren noch gute Möglichkeiten der Beeinflussung von Gesundheits- und Bildungschancen sowie der Prävention und Milderung negativer Auswirkungen chronischer Gesundheitsbeeinträchtigungen. Nicht zuletzt, weil Kinder und Jugendliche viel Zeit in Schulen verbringen, rückt dieses Setting dabei immer weiter in den Fokus der Aufmerksamkeit.
In vielen Ländern hat sich der Einsatz von Pflegekräften an öffentlichen Schulen bewährt und School Nursing ist international ein etabliertes Berufsbild mit vielfältigen Aufgaben. Darunter Gesundheitsförderung, Erkennung und Kontrolle von altersspezifischen Gesundheitsrisiken, Notfallversorgung, alltagsnahe Unterstützung von chronisch kranken Kindern bis hin zu gesundheitsbezogener Gemeinwesenarbeit.
Diese internationalen Erfahrungen sollen in zwei Bundesländern – Hessen und Brandenburg – aufgegriffen werden. Im Rahmen eines von der Hessischen Arbeitsgemeinschaft für Gesundheitsförderung (HAGE e.V.) und dem AWO Bezirksverband Potsdam verantworteten Modellversuchs werden an 30 Modellschulen Schulgesundheitsfachkräfte eingesetzt. Dieser länderübergreifende Modellversuch wird durch das Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft der Charité Berlin einer wissenschaftlichen Begleitung und Evaluation unterzogen.
Fragestellung: (1) Wie ist die Ausgangslage an den beteiligten Schulen (N=30) im Hinblick auf die gesundheitliche Lage der Schülerinnen und Schüler, sowie die Bedarfe der Eltern? (2) Welche fördernden und hemmenden Bedingungen lassen sich währen der Modellphase beobachten? (3) Welches Tätigkeitsspektrum wird im Modellzeitraum entwickelt? (4) Welche Auswirkungen auf die Gesundheits- und Bildungschancen der Schülerinnen und Schüler lassen sich im Modellzeitraum beobachten?
Methode: Formative Evaluation unter Anwendung eines Multimethods-Designs: Vorher-Nachher-Vergleich mittels standardisierter schriftlicher Befragung von Schülerinnen und Schülern, Eltern und Lehrkräften, qualitative mündliche Interviews mit Schülerinnen und Schülern, Eltern und Lehrkräften, partizipativ angelegte Workshops mit den Schulgesundheitsfachkräften (SGFK) (n=20) Dokumentenanalyse und Netzwerkanalyse. Die deskriptive Auswertung der Fragebögen umfasst relative Häufigkeiten für nominal- und ordinalskalierte Variablen und Mittelwerte inkl. Standardabweichung für metrisch skalierte Daten. Die Auswertung erfolgt auf sowohl auf Schulniveau als auch nach Schultyp zusammengefasst. Subgruppenanalysen erfolgen nach soziodemographischen Kategorien. Der Vorher-Nachher-Vergleich erfolgt mittels Chi²-test für nominale und T-test für gebundene Stichproben für metrische Variablen. Die Interviews werden mittels qualitativer Inhaltsanalyse ausgewertet. Die Ergebnisse aus den Workshops mit den SGFK werden in partizipativen Prozessen konsentiert und anonym aufbereitet. Die anonymisierte Routinedokumentation der SGFK wird einer Sekundäranalyse unterzogen. Es werden die Kontakte mit den Schülerinnen und Schülern, Eltern und externen Kooperationspartner/-innen erfasst und kategorisiert beschrieben (Anlass der Konsultation, Maßnahmen, Ergebnisse). Eine egozentrische Netzwerkkarte beschreibt die Akteur/-innen mit denen die SGFK kooperiert.
Ergebnisse: Erste Ergebnisse der quantitativen Baseline-Erhebung werden im Juni/ Juli erwartet und auf dem Kongress präsentiert.
Diskussion: Die Ergebnisse der Baseline-Erhebung werden mit Referenzdaten aus Deutschland (z.B. KIGGS-Studie, HBSC-Studie) verglichen, um eine Interpretation der Daten zu gewährleisten. Sie dienen außerdem der Beschreibung der Ausgangslage an den beteiligten Schulen und erlauben Rückschlüsse über den qualitativen und quantitativen Bedarf der Schülerinnen und Schülern an gesundheitsbezogenen Interventionen durch die SGFK.
Praktische Implikationen: Während des Modellzeitraums dienen die Daten zur Beschreibung der Ausgangslage den SGFK zur Priorisierung und Legitimierung ihrer schulbezogenen Tätigkeiten. Im Vorher-Nachher-Vergleich erlauben die Daten eine erste Bewertung der Auswirkungen der SGFK.
Hintergrund: Seit der Psychiatrie-Enquete hat sich die Versorgung psychisch und insbesondere chronisch psychisch kranker Menschen enorm verbessert. Versorgungs- und Behandlungsangebote sind vielfältiger denn je. Psychosoziale Interventionen stellen dabei neben somatischen und psychotherapeutischen Behandlungsansätzen eine weitere wichtige Säule in der Behandlung psychisch kranker Menschen dar.
Fragestellung: Die Herausgabe der S3-Leitlinie „Psychosoziale Therapien bei schweren psychischen Erkrankungen“ ist als ein weiterer Meilenstein der Psychiatriereform bezeichnet worden. Doch welche Relevanz hat sie für die psychosoziale Versorgung schwer psychisch kranker Menschen? Folgende Fragestellungen werden dazu formuliert:
• Welche Interventionen im Bereich der Systeminterventionen (z.B. gemeindepsychiatrische Ansätze wie Home Treatment) und im Bereich der Einzelinterventionen (z.B. Psychoedukation, Sport und Bewegung) sind evidenzbasiert?
• Welche Interventionen wurden in das Update der Leitlinie neu aufgenommen?
• Profitieren schwer psychisch Kranke in Deutschland angemessen von diesen internationalen Entwicklungen?
• Wie ist das PsychVVG mit der Ermöglichung von sogenannten stationsäquivalenten Leistungen vor diesem Hintergrund zu bewerten?
Methode: Basierend auf systematischen Literaturrecherchen in verschiedenen großen Datenbanken, der Selektion relevanter Studien und deren qualitativer Bewertung mit Hilfe des Cochrane risk of bias tools und den Regeln der AWMF zur Erstellung von Leitlinien (Bildung einer repräsentativen Entwicklergruppe, systematische Evidenzbasierung und strukturierte Konsensusfindung) werden Ergebnisse der Leitlinie sowie ihres gegenwärtig laufenden Updates dargestellt. Im Rahmen der Leitlinienentwicklung werden immer wieder Bezüge zur hiesigen Versorgungslandschaft hergestellt.
Ergebnisse: Mit der S3-Leitline liegt erstmals eine systematische Aufbereitung der Evidenz zur Wirksamkeit psychosozialer Interventionen in der Behandlung schwer psychisch kranker Menschen für den deutschsprachigen Raum vor. Mittlerweile lässt sich eine Vielzahl an Belegen für die Effektivität verschiedener psychosozialer Interventionen finden. Ein Großteil der identifizierten Studien wurde im angloamerikanischen Raum durchgeführt; die Übertragbarkeit der Ergebnisse wird diskutiert. Gleichfalls wird deutlich, dass eine systematische Erfassung vorgehaltener bzw. in Anspruch genommener psychosozialer Interventionen kaum vorliegt. Erschwert wird dies u.a. durch die Fragmentierung der Versorgung und durch große regionale Unterschiede in der Versorgungslandschaft. Besondere Hoffnung im Hinblick auf das Empowerment von Patienten und ihren Angehörigen liegt in der Verbreitung der zugehörigen Patienten- und Angehörigenleitline.
Diskussion: Die Leitlinie „Psychosoziale Therapien bei schweren psychischen Erkrankungen“ kann deshalb auch als ein „Grundgerüst sozialpsychiatrischer Versorgungsforschung“ betrachtet werden, indem sie die weißen Flecken auf der Forschungslandkarte illustriert und der dringend notwendigen psychosozialen Versorgungsforschung neue Impulse gibt. Aktuell muss von einer erheblichen Evidenz-Praxis-Lücke ausgegangen werden, so dass schwer psychisch Kranke nicht in ausreichendem Maße von psychosozialen Therapien profitieren. Um die Behandlungs- und Versorgungsmöglichkeiten für die Betroffenen zu verbessern, bedarf es geeigneter Implementierungsstrategien, den Willen der Akteure und kluge gesundheitspolitische Entscheidungen. Auf ein beantragtes Implementierungsprojekt im Innovationsfonds wird verwiesen.
Praktische Implikationen: Erforderlich ist im Sinne einer besseren Behandlungsplanung Behandlungs- und Versorgungspotenziale (schwer) psychisch kranker Menschen systematisch zu erfassen, Evidenzlücken auf das deutsche Behandlungs- und Versorgungssystem bezogen, systematisch zu schließen und schließlich mit dem Ziel einer besseren Versorgung evidenzbasierte Ansätze stärker in die Praxis zu implementieren. Die Ermöglichung von stationsäquivalenten Leistungen nach dem neuen Psych VVG kann bei entsprechender Ausgestaltung ein wichtiger Schritt in diese Richtung sein.
Krankenhäusern ist es bisher untersagt gewesen, Verordnungen oder AU-Bescheinigungen kassenpflichtig auszustellen. Ein Patient, der am Wochentag aus dem Krankenhaus entlassen wird ist für eine weitere medikamentöse Behandlung gezwungen, sich bei seinem Hausarzt vorzustellen. Aber gerade bei älteren oder multimorbiden Patienten kann das zum Problem werden. Versorgungsbrüche in der Arzneimitteltherapie sind die Folge, was wiederum den Heilungsverlauf des Erkrankten negativ beeinflusst. Daher ist es wichtig, eine durchgehende Versorgung aller Patienten zu sichern.
Der Gesetzgeber entwickelte dafür das neue Krankenhausentlassmanagement, welches die Versorgungslücke an der Schnittstelle stationär – ambulant schließen soll. Ab Juli 2017 dürfen die Krankenhäuser Arzneimittel für einen Zeitraum von bis zu 7 Tagen oder auf Grundlage einer Packung mit dem kleinsten Packungsgrößenkennzeichen gemäß der Packungsgrößenverordnung verordnen. Um diese Vorgabe umzusetzen, wurde die Arzneimittelrichtlinie geändert und die DKG, die KBV und GKV-Spitzenverband haben einen durch das Schiedsamt festgesetzten Rahmenvertrag geschlossen. .
Aufgrund der hohen Bedeutung des neu eingeführten Entlassmanagement für die künftige Gesundheitsversorgung der Patienten, beschäftigt sich die empirische Untersuchung zur Versorgungsforschung mit dieser Thematik. Die vorliegende Untersuchung ist eine wissenschaftliche Forschungsarbeit der Technischen Universität Berlin, an der Fakultät für Wirtschaft und Management, in Zusammenarbeit mit der Sanofi Aventis Deutschland GmbH. Die Untersuchung widmet sich der Fragestellung welchen Einfluss das neue Krankenhausentlassmanagement auf die Verordnung von Arzneimitteln hat, welche „Umsatzeffekte“ am Beispiel der Thromboseprophylaxe z.B. mit niedermolekularem Heparin zu erwarten sind und welche Informationen die Krankenhausärzte benötigen, um Verordnungen nach den Regeln des ambulanten Sektors (AM-RL, Rabattverträge etc.) ausstellen zu können.
Um die Entwicklung, die Umsetzungsproblematik und die Auswirkungen auf die Versorgung darzustellen, gliedert sich das Forschungsvorhaben in drei Teile. Der erste, deskriptive Teil beschreibt die Entstehung und Entwicklung des neuen Krankenhausentlassmanagement. Dies beinhaltet die Analyse der Schnittstellenproblematik am Übergang stationär zu ambulant und die Ausarbeitung der gesetzlichen Grundlagen, die zur Entstehung des aktuellen Krankenhausentlassmanagement beigetragen haben.
Der zweite Teil diskutiert die Schnittstelle stationär zu ambulant aus der Sicht des niedergelassenen Bereichs. Dort kann es aufgrund einer potentiell fehlenden Informationsübermittlung vom Krankenhausarzt zum Hausarzt zu Behandlungsbrüchen und Lücken in der medikamentösen Versorgung kommen. Auch können durch das neue Entlassmanagement eine Reihe weiterer Probleme hinzukommen. Wie ist beispielsweise bei der Ausstellung eines falschen Rezeptes zu verfahren? Wie erfolgt die Vergütung der Entlassrezepte? In welchem Verhältnis steht die jetzige Möglichkeit der Mitgabe zu den Verordnungen im Rahmen des Krankenhausentlassmanagements?
Im letzten Teil erfolgt eine Szenarienanalyse für das neue Entlassmanagement an einem konkreten Anwendungsbeispiel, der Thromboseprophylaxe mit niedermolekularem Heparin. In mehreren Expertengesprächen wird der Einfluss des Krankenhausentlassmanagements auf die Versorgung an diesem konkreten Beispiel diskutiert. Die Erörterung des Beispiels erfolgt unter zusätzlicher Betrachtung der S3-Leitlinie „Prophylaxe der venösen Thromboembolie (VTE)“. Konkrete Indikationen in diesem Beispiel sind zunächst der „gefäßchirurgischer Eingriff im Bauch- Beckenbereich“, wo die Behandlung durch eine Verordnung abgeschlossen werden kann, und weiterhin die „Hüftgelenkendoprothetik und hüftgelenknahe Frakturen und Osteotomien“, wo mehrere Verordnungen zur Umsetzung der Thromboseprophylaxe nötig sind. In den Ergebnissen werden mögliche Preiseffekte für die Patienten, Leistungserbringer und Krankenkassen dargestellt und deren Auswirkung auf die Versorgung erläutert.
Der Untersuchungszeitraum erstreckt sich von November 2016 bis April 2017. Für die Expertengespräche werden Personen aus der Arzneimittelberatung verschiedener KVen, dem GKV-Spitzenverband, aus einem Verbund von niedergelassenen Ärzten, welcher bereits Verträge zur Verbesserung der sektorübergreifenden Versorgung geschlossen hat, und aus dem Krankenhaus, für die Sichtweise des stationären Sektors, ausgewählt. Es ist zu erwarten, dass das neue Entlassmanagement eher zögerlich umgesetzt wird, da eine Vielzahl von neuen Standards und internen Abläufen erst integriert werden muss. Dennoch bietet die Verordnung im Rahmen des Entlassmanagements das Potential, die Versorgungslücke zu schließen, besonders dann, wenn die Therapie dadurch abgeschlossen werden kann. Hierbei handelt es sich um eine These, die tatsächliche Situation aus den Expertengesprächen liegt erst im Oktober vor, wenn die Versorgungsforschungsstudie abgeschlossen ist.
Hintergrund
In der ambulanten Versorgung nehmen die meisten Patienten mehrere Ärzte in Anspruch. Durch den medizinischen Fortschritt nimmt die Arbeitsteilung zu. Der Austausch von Patienteninformationen zwischen Medizinern spielt daher eine wichtige Rolle. Allerdings bestimmen die Patienten durch ihre Arztwahl, welche Ärzte miteinander kommunizieren sollten; oftmals ist den behandelnden Ärzten aber nicht bekannt, welche weiteren Ärzte in Anspruch genommen wurden. Die Komplexität der potenziell erforderlichen Kommunikationserfordernisse kann anhand von Netzstrukturen abgebildet werden, die durch die Inanspruchnahme entstehen. Die tatsächlich stattgefundene Kommunikation kann der für die Informationsübermittlung per Post oder Telefax abgerechneten Portopauschalen (künftig Emailpauschale) approximiert werden. Umfang und Entwicklung der Abrechnung der Portopauschalen als mögliches Maß der innerärztlichen Kommunikation stellen wir in dieser Untersuchung vor.
Fragestellung
Ziel der Studie ist zu untersuchen, wie oft die Kostenpauschalen für die Versendung von Briefen bzw. Telefax (Portopauschale) im Zeitraum von 2011 bis 2015 abgerechnet wurden. Darüber hinaus wird analysiert, ob es regionale oder fachgruppenspezifische Unterschiede bei der Leistungshäufigkeit dieser Pauschalen gibt. Ein besonderes Augenmerk wird auf die Veränderung zum Jahr 2013 gelegt, da in diesem Jahr die Praxisgebühr abgeschafft wurde, die bei Erstinanspruchnahme ohne Überweisung zu zahlen war.
Methode
Datengrundlage sind die bundesweiten vertragsärztlichen Abrechnungsdaten aller gesetzlichen Krankenversicherten der Jahre 2011 bis 2015. Betrachtet werden die Leistungen 40120, 40122, 40124 und 40126 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes. Dies sind die Abrechnungsziffern der Kostenpauschalen für die Versendung von Briefen bzw. Telefax. Leistungshäufigkeiten und Leistungsentwicklung werden zunächst nach Fachgruppen und KV-Bereichen, im zweiten Schritt jeweils für virtuelle Arztnetze ermittelt. Die methodischen Grundlage zur Bildung der virtuellen Arztnetze finden sich bei von Stillfried/Czihal (2014)*. Es ist geplant, den Zusammenhang zwischen der Ausprägung bestimmter Indikatoren der Prozessqualität je virtuellem Arztnetz (Versorgungsgemeinschaft) und dem Umfang und der Entwicklung der Portopauschalen mittels Regressionsverfahren zu analysieren.
Ergebnisse
Kostenpauschalen wurden im Jahr 2015 rd. 137 Mio. mal abgerechnet. Bei fachgruppenspezifischer Betrachtung hat die Fachgruppe Innere Medizin mit 15,12% den höchsten Anteil. Die Fachgruppe Pathologie hat mit 0,05% den geringsten Anteil.
Bundesweit wurden im Jahr 2015 für rd. 56% aller behandelten Patienten eine Portoleistung abgerechnet. Am höchsten ist der Anteil an Patienten mit Portoleistung in Mecklenburg-Vorpommern (58,4%), in Hamburg (36,6%) am niedrigsten.
Die Häufigkeit der Portopauschalen steigt von 2011 bis 2015 bundesweit um rd. 5%; nur zwischen 2012 und 2013 ist ein Rückgang um 0,4% zu beobachten. Über den Gesamtzeitraum wurde die höchste Zunahme in Berlin (38,8%), der größte Rückgang in Baden-Württemberg (-5,6%) beobachtet. Bei fachgruppenspezifischer Betrachtung zeigte sich der stärkste Anstieg bei den Neurologen (29,3%), der stärkste Rückgang bei den Pathologen (-84,0%). In 2013 fällt der Rückgang im Saarland (-4,6%) am deutlichsten aus; in Berlin hingegen wurde ein Anstieg um 17,4% beobachtet.
Die Analyse auf Ebene der Versorgungsgemeinschaften zeigt, dass unterhalb der Regions- bzw. Fachgruppenebene große Unterschiede bestehen. Während in einigen Versorgungsgemeinschaften für nahezu alle Patienten innerhalb eines Jahres mindestens einmal eine Portopauschale abgerechnet wird, werden diese in anderen fast gar nicht abgerechnet.
Diskussion:
Die Analyse zeigt den Mindestumfang schriftlicher Kommunikation innerhalb der vertragsärztlichen Versorgung, da dem Patienten mitgegebene Briefe nicht einfließen. Analysen von Portoleistungen könnten insoweit eine Diskussionsbasis zur Bedeutung der schriftlichen Kommunikation zwischen Vertragsärzten, etwa im Rahmen von Qualitätszirkeln liefern. Mit im Durchschnitt 2 Briefen pro Jahr und Patient scheint die Kommunikation hoch, weist jedoch große Unterschiede nach Regionen, Fachgruppen und Versorgungsgemeinschaften auf. Die Bedeutung dieser Kommunikation für die Prozessqualität bleibt zu zeigen; Anhaltspunkte dafür könnte die enorme Heterogenität der Kommunikationsintensität zwischen den Versorgungsgemeinschaften liefern.
* Von Stillfried, Czihal T. (2014), Welchen Beitrag liefern funktional definierte Populationen zur Erklärung regionaler Unterschiede in der medizinischen Versorgung? Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz. 2014 Feb; 57(2):197-206.
Background: TAVI as Valve in Valve (ViV) is increasingly used in the mitral position. However, aside from some case reports TAVI has not been systematically evaluated for degenerated mitral valves after mitral valve repair with an annuloplasty ring. Semi-rigid rings may serve as a more appropriate scaffold for proper anchoring of a TAVI as they may change from their oval to a round shape thereby fitting to the implanted TAVI.
Methods: 5 rigid and semi-rigid rings of 4 manufacturers (Edwards Physio I and II (EPI, EPII), Sorin 3D Memo (S3D), Medtronic Simulus (MS), SJM Saddle and SJM Sequin with sizes 28mm-36mm and Edwards Sapien III TAVI 23mm, 26mm, 29mm were used. Pre-evaluation comprised insertion/inflation of the TAVI in the ring and visual inspection for paravalvular leackage 4mm² (pvl). Only valves not showing pvl were then submitted to hemodynamic evaluation with a pulse duplicator. Cusp movement was assessed with a high-speed-camera. Mean transvalvular gradients (TVG) were measured.
Results: SJM saddle valves of all sizes and SJM Sequin valves 32 and 34 showed marked pvl combined with all TAVI sizes thus not undergoing hemodynamic testing. It was further shown that ring sizes > 36mm did not allow for a proper fit of even the largest TAVI in the ring of all manufacturers and were consequently not hemodynamically evaluated. The 23mm TAVI was too small for any ring size. The lowest gradients were achieved with the 26mm TAVI in 30mm and 32mm and the 29mm TAVI in 32mm and 34mm rings. However, the latter could only be demonstrated with the Medtronic as well as the Sorin rings.
Conclusion: Not all currently available annuloplasty rings are ideal scaffolds for TAVI placement. It appears that a more proper fit can be achieved with semi-rigid rings than with rigid ones. 23mm TAVI appeared to be too small for an adequate anchoring in even the smallest available ring. Thus, 26mm as well as 29mm TAVI fit properly in ring sizes between 28mm and 34mm. Surgeons may be well advised to choose from those ring brands and sizes which allow for good placement of a TAVI in view of possible valve degeneration in the later course.