Hintergrund: Patientensicherheit stellt einen essenziellen Bestandteil innerhalb der medizinischen Behandlungsqualität im Gesundheitswesen dar. Lernzielkataloge definieren Teamarbeit, Sicherheitskultur und Patientenbeteiligung als wichtige Themenbereiche, innerhalb derer Basiskompetenzen zur Verbesserung der Patientensicherheit gefördert werden sollen. Bis dato existiert in Deutschland für akutmedizinische Behandlungsteams keine entsprechende Umsetzungsmöglichkeit. Diese Lücke wird geschlossen, indem ein interprofessionelles Trainingsprogramm bedarfsorientiert konzipiert und darin die drei Themenbereiche systematisch verknüpft werden sollen. Die Studie dient als Basis für die Konzeption eines interprofessionellen Trainingsprogramms.
Fragestellungen: (1) Wie schätzen die Teilnehmer den Ist-Zustand der Patientensicherheit, Fortbildung, Teamarbeit, Sicherheitskultur und Patientenbeteiligung ein? (2) Inwiefern sind die aus der Theorie hergeleiteten Themenbereiche (Teamarbeit, Sicherheitskultur und Patientenbeteiligung) in der Praxis (im Arbeitsalltag) relevant? (3) Welche spezifischen Inhalte sollten innerhalb der Themenbereiche in der Fortbildung aufgegriffen werden? (4) Ist die angestrebte Kombination aus eLearning und Team-Präsenztraining sinnvoll? (5) Welche Erwartungen knüpfen die Teilnehmer an die Fortbildung? (6) Welche Wünsche und Anliegen haben Teilnehmer an die Fortbildung?
Methode: Es wurde eine Querschnittstudie mit qualitativem Design durchgeführt. Mittels eines halbstandardisierten Interviewleitfadens wurden Fokusgruppen in fünf Akutkliniken unterschiedlicher Versorgungstufen mit insgesamt 39 Mitgliedern interprofessioneller Behandlungsteams der Verwaltung und des Qualitätsmanagements realisiert. Die Auswertung wurde systematisch entsprechend der strukturierenden Inhaltsanalyse vorgenommen. Die Interraterreliabilität kann mit
κ = .80 als sehr gut eingeschätzt werden.
Ergebnisse: In deutschen Akutkliniken werden hinsichtlich der Patientensicherheit eine Reihe an Maßnahmen und Fortbildungen durchgeführt. Dennoch sahen die Teilnehmer diverse Gefahren in den Bereichen Teamarbeit, Patientenbeteiligung und Sicherheitskultur und bewerteten den Grad der Patientensicherheit auf einer Skala von 0-10 durchschnittlich lediglich mit 6,5. Die drei Themenbereiche wurden validiert sowie dazugehörige Inhalte abgeleitet: Teamarbeit (Förderung von Teamzusammengehörigkeit, interprofessioneller Teamarbeit, interprofessioneller Kommunikation), Sicherheitskultur (Umgang mit Kritik, Wertschätzung, offener Umgang mit Fehlern/proaktive Fehlermeldung) und Patientenbeteiligung (Einbezug von Patienten und/oder Angehörigen, Fragetypen). Das Lernformat wurde validiert. Der Wunsch nach alltagsnahen Tipps, Fortbildungspunkten sowie nach einer anschaulichen Aufarbeitung von Theorien wurde herausgestellt.
Diskussion: Die Studie stellt erstmalig den Ist-Zustand zu Patientensicherheit und Fortbildung in deutschen Akutkliniken zusammen. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass es an zusätzlichen Interventionen bedarf, welche sich sowohl inhaltlich, als auch hinsichtlich des Lernformats von existierenden unterscheiden, um einen zusätzlichen Nutzen zur Verbesserung der Patientensicherheit zu erzielen.
Praktische Implikationen: Aus der Studie können Empfehlungen, welche bei der Konzeption eines interprofessionellen Trainingsprogramms berücksichtigt werden sollten, abgeleitet werden: Inhaltlich sollten die drei Themenbereiche Teamarbeit, Sicherheitskultur, Patientenbeteiligung einschließlich der innerhalb der Fokusgruppen abgeleiteten spezifischen Inhalte aufgegriffen werden. Didaktisch sollte eine Kombination aus eLearning und interprofessionellem verhaltensnahem Team-Präsenztraining realisiert werden.
Hintergrund
Mit der Veröffentlichung des Krankenhausreports 2014 in Deutschland wurde wiederholt eine Debatte zur Patientensicherheit in Krankenhäusern ausgelöst. Diskutiert wurde unter anderem, dass das Ausmaß vermeidbarer unerwünschter Ereignisse aufgrund fehlender Daten nicht belegt werden kann. International wurden bereits Instrumente zur Identifizierung von vermeidbar unerwünschten Ereignissen eingesetzt. Das Global Trigger Tool (GTT) ist ein aktives – vom Krankenhaus selbständig nutzbares – Messinstrument, welches auf Grundlage sogenannter „Trigger“ (Warnsignale) valide Hinweise auf Patientenschäden geben kann. Während das Tool in den USA bereits sehr verbreitet verwendet wird, ist es in Deutschland bisher nur vereinzelt eingesetzt worden. Die Testung des Global Trigger Tools hinsichtlich der Anwendbarkeit und Nutzung im klinischen Alltag in Deutschland ist Bestandteil der Pilotstudie Safe Culture.
Fragestellung
Wie kann die Anwendbarkeit des Global Trigger Tool bei der Datenerhebung und der Einsatz des Instrumentes zur Erfassung vermeidbar unerwünschter Ereignisse im klinischen Alltag bewertet werden?
Methode
Das GTT wird in einem quantitativen Studiendesign in drei (neuro-)chirurgischen Kliniken in NRW eingesetzt. Zur Erfassung von Patientenereignissen wurden 40 Patientenakten pro Krankenhaus mit dem GTT eingesehen. Die Akteneinsicht erfolgte durch ein krankenhausinternes Reviewer-Team. Die Anwendbarkeit und der Einsatz des Instrumentes werden mittels einer strukturierten Protokollierung (weekly reporting) erfasst.
Ergebnisse
Im Vortrag werden die ersten Ergebnisse der Pilotstudie zur Anwendbarkeit des GTT vorgestellt.
Diskussion
Die Ergebnisse, insbesondere die Erfahrungen mit dem Einsatz des GTT im klinischen Alltag, werden berichtet, kritisch reflektiert und hinsichtlich Ihrer Stärken und Schwächen diskutiert.
Praktische Implikationen
Die systematische und kontinuierliche Erfassung unerwünschter Ereignisse mit dem GTT erlaubt Krankenhäusern genauere Angaben zur Patientensicherheit und Ursachen unerwünschter Ereignisse zu identifizieren. Auf Basis der Ergebnisse dieser Pilotstudie wird ein Manual zum Einsatz des Global Trigger Tools im klinischen Alltag erstellt, das Krankenhäuser anleiten soll, dass Tool im klinischen Alltag selbstständig anzuwenden.
Hintergrund
Seit dem Jahr 2004 gelten für Krankenhäuser in Deutschland bei einigen operativen Eingriffen Mindestmengen (MM). In Anlage 2 der Mindestmengenregelungen (MMR) sind seit Einführung 4 berichtspflichtige Ausnahmetatbestände (AT), neben 2 bis 4 nicht berichtspflichtigen, aufgeführt. Die Krankenhäuser müssen in ihrem Qualitätsbericht die Anzahl der Eingriffe je Berichtsjahr veröffentlichen und bei Unterschreiten auch eventuell vorliegende AT. Sollte einer der 4 vorliegen, wäre das Unterschreiten der MM begründet. Berichtspflichtige AT sind Eingriffe, die als 1) Notfall, 2) zur Sicherung der flächendeckenden Versorgung, 3) beim Aufbau neuer Leistungsbereiche mit 36 Monaten Übergangszeitraum sowie 4) bei personeller Neuausrichtung bestehender Leistungsbereiche mit 24 Monaten Übergangszeitraum, durchgeführt werden.
Fragestellung
Welche AT geben Krankenhäuser bei Eingriffen unterhalb der MM an? Wie halten Krankenhäuser mit Eingriffszahlen unterhalb der MM je nach AT die MM im zeitlichen Verlauf ein?
Methode
Längsschnittliche Analyse der Sekundärdatenquelle Krankenhausqualitätsberichte der Berichtsjahre: 2006, 2008, 2010, 2012 und 2014 zu den 4 AT bei den Mindestmengen unterliegenden Eingriffen, für die durchgehend gleiche Mindestmengen gelten und ausreichend Daten verfügbar sind. Dies sind die jährlichen Mindestmengen bei komplexen Eingriffen am Organsystem Ösophagus mit 10 Eingriffen, komplexe Eingriffe am Organsystem Pankreas mit 10 Eingriffen und Stammzelltransplantationen (St-TX) mit 25 Eingriffen. In der Analyse sind je Eingriff alle Krankenhäuser enthalten, die mindestens einmal in den Berichtsjahren Angaben zur jeweiligen MM ausweisen und für die in allen Auswertungsjahren ein Qualitätsbericht vorliegt. Die Auswertung ist deskriptiv.
Ergebnisse
Bei Ösophagus-Eingriffen liegen etwa zwei Drittel (120) der Krankenhäuser je Jahr unter der MM, bei Pankreas-Eingriffen schwankt dies zwischen drei Viertel (150) und der Hälfte, bei St-TX sind dies wieder etwa zwei Drittel (20). Bei Ösophagus- und Pankreas-Eingriffen sind mit jeweils einem Drittel der Krankenhäuser in den 5 Berichtsjahren die Notfalleingriffe der häufigste AT, gefolgt von 36% Aufbau einer Einheit und 30% personeller Umbau und knapp 30% ohne Angabe eines AT. Die Sicherung der flächendeckenden Versorgung ist praktisch irrelevant (1%). Bei St-TX sind der Aufbau einer Leistungseinheit und die personelle Neuausrichtung mit fast der Hälfte der Krankenhäuser die häufigsten Gründe, gefolgt von je einem Viertel Sicherstellung und keiner Angabe, Notfälle sind hierbei irrelevant.
Krankenhäuser mit dem AT Notfall, praktisch nur bei Ösophagus- und Pankreaseingriffen, geben in den Folgejahren auf 15% abnehmend den gleichen AT an, berichten zunehmend bis zu drei Vierteln jedoch keine Fälle mehr, führen die Eingriffsart also nicht mehr durch. Beim AT Aufbau eines neuen Leistungsbereiches erfüllen 2 Jahre später ein Viertel bis ein Drittel der Krankenhäuser die MM, jedoch weisen die Hälfte bis drei Viertel keine Fälle mehr für die jeweilige Eingriffsart aus. Beim AT personelle Neuausrichtung erfüllen im übernächsten Berichtsjahr, 4 Jahre später, die Hälfte der Krankenhäuser die MM, ein Drittel weist auch hier keine Fallzahlen mehr auf, wobei die Anzahl Krankenhäuser mit diesem AT bei St-TX mit 2 bis 4 je Berichtsjahr sehr gering ist.
Diskussion
Diese erstmalige Analyse der berichtspflichtigen AT im Rahmen der MMR zeigt ein plausibles Ergebnis im Hinblick darauf, welche AT für den jeweiligen Eingriff gegeben werden. Notfälle dominieren erwartungsgemäß als Grund kleiner Fallzahlen bei Ösophagus- und Pankreaseingriffen, wohingegen die Behandlung mit St-TX kein Notfalleingriff ist, jedoch mit einem höheren Anteil in Veränderung befindlicher Abteilungen, die diesen Eingriff anbieten, verbunden ist. Über eine mehrjährige Perspektive betrachtet erreicht oft nur knapp die Hälfte die MM zu erreichen, wobei andererseits dann auch viele Krankenhäuser keine Fallzahlen zur jeweiligen Eingriffsart ausweisen, diese also nicht mehr durchführen.
Schlussfolgerung
Wenn AT reduziert werden sollen ist bezüglich Notfalleingriffen eine abgestimmte regionale Zuweisung solcher Fälle ein Weg diesen Anteil in Krankenhäusern ohne ausreichende Fallzahl zu vermindern. Dynamische Veränderungen wie Neuaufbau und personelle Veränderungen sind notwendiger Bestandteil eines lebendigen Wandlungsprozesses sowohl im Hinblick auf im Krankenhaus veränderte Kompetenzen als auch Bedarfe von außen, so dass solche AT nötig sind und eine sehr strikte Regulierung die Anpassungsprozesse als eigenständige Leistung der Krankenhäuser vor Ort beeinträchtigte.
Hintergrund
Psychische Störungen sind weit verbreitet und mit weitreichenden Folgen für die Betroffenen assoziiert. Trotz der zunehmenden Relevanz psychischer Erkrankungen erweist sich die Forschung im Bereich der Versorgung psychischer Erkrankungen im internationalen Vergleich in Deutschland als nachholbedürftig. Bereits seit einigen Jahren wird das Fehlen strukturierter, belastbarer und repräsentativer Daten zur Versorgungssituation und Epidemiologie im Bereich der psychischen Störungen kritisiert. Erste Bestrebungen, umfassende Datenquellen für Zwecke der Versorgungsforschung und Qualitätssicherung zur Verfügung zu stellen, wurden bereits initiiert. Grundsätzlich wird gefordert, bereits vorhandene Routinedaten verstärkt für Zwecke der Versorgungsforschung und der Qualitätssicherung zu nutzen. Im Rahmen der aktuellen Entwicklung der gesetzlichen Qualitätssicherung und von Qualitätsindikatoren des G-BA für psychische Erkrankungen wird ebenfalls angeregt, dass die notwendige Datenerhebung bevorzugt auf Routinedaten beruht. In der Routineversorgung werden im Rahmen der Behandlungsdokumentation sowie der Leistungsabrechnung eine Reihe von Versorgungsdaten dokumentiert, die prinzipiell für Zwecke der Versorgungsforschung nutzbar sind.
Fragestellung
Können Routinedaten der Versorgung anonymisiert und qualitätsgesichert in einer Forschungsdatenbank zusammengeführt und langfristig und sinnvoll für Zwecke der Qualitätssicherung, des Benchmarkings und der Versorgungsforschung nutzbar gemacht werden?
Methode
In dem hier vorgestellten Projekt wurde modellhaft in einem Klinikverbund von Fachkliniken für Psychiatrie und Psychotherapie eine Forschungsdatenbank etabliert, in der Routinedaten hinsichtlich ihrer Definition, Erfassung und Formatierung vereinheitlicht, zusammengeführt und anonymisiert für Forschungszwecke nutzbar gemacht wurden. Es soll gezeigt werden, dass sich anhand von routinemäßig erfassten Daten der Versorgung psychisch Erkrankter einrichtungsübergreifend qualitätsgesicherte Daten generieren lassen, die für Zwecke der Qualitätssicherung, des Benchmarkings und der Versorgungsforschung nutzbar sind.
Auf folgende Routinedaten kann im Klinikverbund zurückgegriffen werden:
• Daten der psychiatrischen Basisdokumentation (BADO)
• Daten aus dem Krankenhausinformationssystem
• Abrechungsdaten gemäß §301 SGB V
• Daten gemäß §21 KHEntgG
• Statistik zu Zwangsmaßnahmen
Des Weiteren werden Daten zu Versorgungsoutcomes, Anschlussbehandlung und Patientenzufriedenheit routinemäßig erfasst.
Ergebnisse
Anhand von Projekten, die mithilfe dieser Forschungsdatenbank durchgeführt werden, soll demonstriert werden, in wie fern Routinedaten der Versorgung ohne zeitaufwändige Erhebung von Primärdaten für Qualitätssicherungs- und Benchmarkingzwecke aufbereitet und analysiert werden können. Erläutert werden sollen vor allem die routinemäßige Auswertung von Qualitätsindikatoren und die Etablierung eines kontinuierlichen Monitoring- und Berichtswesens über zentrale Versorgungskennzahlen, welche als Grundlage einer regelmäßigen Evaluation der Versorgung im Klinikverbund genutzt werden können.
Diskussion
Die Vorteile der Nutzung von Routinedaten sind die gute Verfügbarkeit, die longitudinale Erfassung, die Datenaktualität, die weitgehende Vollständigkeit und der Personenbezug. Einschränkungen weisen diese Daten vor allem im Hinblick auf Outcomeparameter auf, zu denen bisher nur sehr eingeschränkte Informationen erfasst sind, so dass in diesem Bereich zusätzliche Datenerhebungen notwendig sind. Die genannten Datenquellen weisen theoretisch ein hohes Potential für Forschungszwecke im Bereich der Versorgung psychischer Erkrankungen auf.
Praktische Implikationen
Mit dem hier vorgestellten Konzept zur Etablierung einer Forschungsdatenbank im Klinikverbund für Qualitätssicherungs- und Benchmarkingzwecke soll im Sinne eines Modelversuchs Anreize für künftige Anwendungen in anderen psychiatrisch-psychosomatisch-psychotherapeutischen Versorgungseinrichtungen und in entsprechenden Projekten der Versorgungsforschung im Bereich psychischer Störungen geliefert werden.
Hintergrund:
Die Qualität der Kodierung von Diagnosen durch Vertragsärzte hat im Gesundheitssystem in Deutschland einen hohen Stellenwert. Nicht nur im Hinblick auf den morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich ist eine vollständige und plausible Kodierung wünschenswert. Frühere Untersuchungen, die die Validität der Diagnoseverschlüsselung mit der ICD-10-GM im Zusammenhang mit Arzneiverordnungen überprüften, deckten hier einen Verbesserungsbedarf auf. Eine Verknüpfungstabelle von Arzneimitteln und Diagnosen könnte dazu dienen, ausgehend von verordneten Medikamenten die Diagnosendokumentation auf Vollständigkeit und Plausibilität zu überprüfen. Zu jedem Arzneimittel gäbe die Tabelle erwartbare Diagnosekodes an, die den (zugelassenen) Indikationsbereich widerspiegeln.
Fragestellung:
Wie lassen sich Entwicklung und Struktur einer Verknüpfungstabelle von Arzneimitteln und Diagnosen zur Verbesserung der Kodierqualität von Vertragsärzten gestalten, und welche Herausforderungen sind zu bewältigen, damit diese ein sinnvoll einsetzbares Instrument darstellt?
Methode:
In einer Verknüpfungstabelle werden Arzneimittelwirkstoffe in Form von Kodes der Anatomisch-Therapeutisch-Chemischen Klassifikation (ATC-Klassifikation) Diagnosen in Form von Kodes der ICD-10-GM gegenübergestellt. Grundlage für die Erstellung der Tabelle bildeten Arzneiverordnungsdaten (AVD) und vertragsärztliche Abrechnungsdaten (VDA) des Versicherungsjahres 2011. Diese wurden auf Patientenebene zusammengeführt und aus relativen Häufigkeiten des Zusammentreffens von Wirkstoffen und Diagnosen in einem Abrechnungsquartal mögliche Verknüpfungen abgeleitet. Das Ergebnis wurde plausibilisiert; wo erforderlich, erfolgte eine inhaltliche Beurteilung unter Einbeziehung der Datenbank ABDAMED des ABDATA Pharma-Daten-Services mit Informationen zu Fertigarzneimitteln einschließlich der zugelassenen Indikationsbereiche.
Ergebnisse:
Die Version der Verknüpfungstabelle für das Datenjahr 2014 enthält 41.638 Datensätze. Es sind 1.730 verschiedene ATC-Kodes aus der amtlichen deutschen ATC-Klassifikation abgebildet. Damit beinhaltet die Datenbank mindestens eine Verknüpfung zu 28 % der 7-stelligen ATC-Kodes der amtlichen Fassung bzw. mindestens eine Verknüpfung zu 69 % der ATC-Kodes von Arzneimitteln, die 2014 zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet wurden. Die Zahl von Verknüpfungen je ATC-Kode liegt zwischen 1 und 1.010 (Median 7). Die ATC-Kodes sind mit insgesamt 5.170 terminalen Kodes der ICD-10-GM 2014 verknüpft. Damit beinhaltet die Datenbank mindestens eine Verknüpfung zu 39 % der terminalen Kodes der ICD-10-GM 2014 bzw. mindestens eine Verknüpfung zu 39 % der Diagnosenkodes von Patienten mit einer Arzneimittelverordnung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Zahl von Verknüpfungen je Kode der ICD-10-GM liegt zwischen 1 und 122 (Median 4).
Diskussion:
Die Verknüpfungstabelle kann jetzt auf regionaler Ebene zur Überprüfung der Diagnosendokumentation eingesetzt werden. Ihre Erstellung war mit einigen Herausforderungen assoziiert. Aufgrund der Menge an verordneten Medikamenten erwies sich die Übersetzung von Indikationsbereichen in Diagnosekodes als mit hohem Aufwand verbunden. Leider fehlt eine Strukturierung und Standardisierung der Fachinformation, über die Indikationen, Nebenwirkungen, Kontraindikationen und Wechselwirkungen direkt mit den entsprechenden Klassifikationen ausgelesen werden könnten. Der daraufhin gewählte, mit Fehlern behaftete empirische Zugang über beobachtete Häufigkeiten war daher vertretbar. Von Zufalls-Kombinationen des empirischen Ansatzes musste die Tabelle bereinigt werden. Abgebildet wird im Datenbestand außerdem die Ist-Situation in Deutschland, unabhängig von der Evidenzlage. Weiterhin ist zu bedenken, dass nur verschreibungsfähige Arzneimittel berücksichtigt wurden und nur Daten von gesetzlich Krankenversicherten eingeflossen sind. Altersspezifische Besonderheiten fanden ebenfalls noch keine Berücksichtigung. Eine weitere Problematik betrifft den Off-Label-Use ebenso wie die teils unterschiedlichen Zulassungsbereiche innerhalb einer Wirkstoffklasse. Bei der Fortschreibung der Verknüpfungstabelle für die folgenden Datenjahre werden die erkannten Problembereiche schrittweise aufgearbeitet.
Praktische Implikationen:
Die Verknüpfungstabelle soll im ambulanten Bereich die Diagnosendokumentation unterstützen und damit einen Beitrag zu einer guten Kodierqualität leisten. Wünschenswert ist ein intensives Feedback der Nutzer über die konkrete Anwendung. Perspektivisch denkbar ist die Einbindung in Praxisverwaltungssysteme, um Ärzten vor Ort auf der Basis ihrer Arzneimittelverordnung eine Hilfestellung bei der Diagnosenkodierung anzubieten.
Hintergrund
There is an increasing pressure on national healthcare systems to provide adequate, high quality mental healthcare. However, standards of mental healthcare provision vary widely between European countries. A common concern for countries with mental healthcare systems under reform, like southeastern European countries in the Danube region, is to assess the quality of mental health care services using quality indicators with the aim to evaluate care structures, processes and outcomes. This poster presents the methodology and implications of a project on the development of cross-national quality indicators in countries of the Danube region (Bulgaria, Czech Republic, Hungary and Serbia).
Fragestellung
How can cross-national quality indicators for mental health care in countries in the Danube region be developed in an evidence- and consensus-based way?
Methode
Based on previous experiences from the systematic development of quality indicators for the German Association for Psychiatry, Psychotherapy and Psychosomatics (DGPPN), a structured evidence- and consensus-based development process was defined. Quality indicators are being developed as of April 2017 by a German project leader and in cooperation with country partners from Bulgaria, the Czech Republic, Hungary and Serbia.
Ergebnisse
In order to identify a common ground between countries, a survey on the importance of mental healthcare quality domains, which are categorized into mental health care structures, processes and outcomes and which are differentiated between healthcare system-level (macro), institution-level (meso) and individual-level (micro) will be conducted. The survey addresses not only project partners but also other relevant stakeholders including therapeutic personnel with different profession as well as patient and care giver representatives. The results of the survey will give an overview on relevant quality domains in all countries and will reveal similarities and differences. In a further step, quality indicators will be identified for the respective quality domains. Further, a modified Delphi process will be conducted in which all quality indicators will be rated by means of predefined criteria. Between both Delphi rounds, a conference will be held in order to discuss the rating outcomes of the first round. Thereby, raters have the chance to evaluate their opinion and rerate indicators in a second round.
Diskussion
In general, national healthcare systems differ in terms of their structures and organization. There are also differences in the way mental healthcare is delivered, and in the availability and priorities of health policies. This structured development process of quality indicators for countries in the Danube region will help to identify similar priorities of all countries in terms of how quality should be defined and which quality indicators should be assessed in order to improve quality of mental healthcare. Moreover, whereas the rating of quality indicators will include the criterion of “practicability”, it will be necessary to field test quality indicators in a further step in order to evaluate their actual practicability.
Praktische Implikationen
Quality indicators can be useful tools in order to identify the current development status of mental healthcare systems in each country and this study provides a feasible process on how to develop valid, feasible and practicable quality indicators. Assessment can provide incentives for transforming mental healthcare towards improving quality and effectiveness. However, these systematically developed quality indicators need to be properly disseminated across and within countries in order to improve acceptance of stakeholders and implementation. Finally, these quality indicators can help get political decision-makers attention for important quality domains.
Hintergrund: Für viele Krebserkrankungen werden Defizite bei der Anzahl und Qualität klinischer und Versorgungsforschungsstudien beklagt. Mit der StudyBox wurde deshalb eine Datenbank etabliert, um das Studiengeschehen in und für Darmkrebszentren darzustellen und Anreize für Zentren zu schaffen, sich an qualitativ hochwertigen Studien zu beteiligen - vorzugsweise an Interventionsstudien. Hierzu wurde ein Akkreditierungssystem für Studien eingeführt. Die Akkreditierung erfolgt im Peer-Review-System durch drei Gutachter anhand von zehn Kriterien. Nur akkreditierte Studien werden im Rahmen der Zertifizierung nach den Anforderungen der Deutschen Krebsgesellschaft für die Studienquote gezählt, die die Zentren für die Zertifizierung nur dann erfüllen, wenn sie mind. 5% ihrer Patienten in Studien einschließen. Die StudyBox wird in der Evaluationsphase vom Bundesministerium für Gesundheit gefördert.
Fragestellung: Der Beitrag untersucht, wie viele klinische und Versorgungsforschungsstudien in Darmkrebszentren im Untersuchungszeitraum 2015-2016 durchgeführt wurden, welche Fragestellungen verfolgt wurden und wie viele Patientinnen und Patienten eingeschlossen wurden. Zusätzlich wird untersucht, welche Studien nach Akkreditierung Eingang in die StudyBox finden.
Methode: Auswertung der Studienkurzprofile (Grundlage: Studienprotokolle), der Auditberichte im Rahmen der Zertifizierung und der Gutachterstellungnahmen. Berechnung absoluter und relativer Häufigkeiten und entsprechender Kreuztabellen zum Verhältnis akkreditierter und nicht-akkreditierter Studien und rekrutierter Patientinnen und Patienten nach Studientyp (interventionell/beobachtend), Art der Intervention (z. B. psychosozial/chirurgisch), Zweck (z. B. Prävention/Therapie) und Phase sowie nach Zentrumsmerkmalen (z. B. universitär/nicht-universitär).
Ergebnisse: 121 Darmkrebsstudien wurden im Untersuchungszeitraum von den Studienleitern registriert, 63% davon wurden positiv bewertet und somit akkreditiert und in die StudyBox aufgenommen. Am häufigsten genannte Gründe bei Ablehnung waren: nicht-interventionell, fehlende Fallzahlkalkulation, unvollständiges Studienprotokoll, fehlende Fragestellung/Hypothese. Insgesamt 3321 Patientinnen und Patienten wurden in akkreditierte Studien eingeschlossen, das sind mehr als doppelt so viele wie Patientinnen und Patienten in abgelehnten Studien. Interventionelle Studien wurden häufiger akkreditiert, die Zahl eingeschlossener PatientInnen war aber in Beobachtungsstudien etwas größer. Häufigste Interventionsarten bei akkreditierten Studien waren in dieser Reihenfolge: medikamentös, chirurgisch, psychosozial, strahlentherapeutisch. Auffällig ist die geringe Zahl von Patienten in akkreditierten und laufenden strahlentherapeutischen (n=71) und psychosozialen (n=14) Interventionsstudien. Der häufigste Studienzweck war „Therapie“. Universitäre Zentren schlossen durchschnittlich nur unwesentlich mehr Patienten ein als nicht-universitäre. In absoluten Zahlen tragen nicht-universitäre Zentren damit erheblich mehr Patienten zu Studien bei als universitäre. Mit steigender Fallzahl im Zentrum stieg der Anteil von Studienpatienten leicht.
Diskussion: Mithilfe der StudyBox lassen sich das Studiengeschehen vergleichsweise gut darstellen und Forschungsdefizite identifizieren. Zudem kann die StudyBox zur besseren Rekrutierung von Stu-dienzentren und –patienten beitragen. Das Akkreditierungsverfahren gewährleistet eine Qualitäts-kontrolle und rechtfertigt die Empfehlung von Studien in der StudyBox. Durch die Akkreditierung ist der administrative Aufwand pro Studie allerdings erheblich. Abschlägige Gutachterentscheide sind zudem frustrierend für Zentren und Studienleiter.
Praktische Implikationen: Durch Studienquote und Akkreditierungsprozess ist die Registrierungsbe-reitschaft unter Studienleitern hoch. Damit ist die StudyBox gut zur Abbildung des gesamten Studien-geschehens geeignet und fördert die qualitative Weiterentwicklung der Studienprotokolle. Wir emp-fehlen daher allen darmkrebsbehandelnden Kliniken und Ärzten die Nutzung der StudyBox zur Infor-mation über laufende Studien und Forschungsdesiderata.
Hintergrund: Das Zentrale Datenmanagement (ZDM) des DZHK verwaltet derzeit neun Projekte im Bereich klinischer Studien, Kohorten und Register an 47 deutschen Studienzentren und Hausarztpraxen. Ziel des DZHK ist es, über alle Standorte hinweg eine standardisierte und harmonisierte Datenerfassung und Biomaterialentnahme zu gewährleisten. Diese Daten und Biomaterialen sollen über einen einheitlichen und transparenten Use&Access Prozess an nationale und internationale Forschungsgruppen herausgegeben werden. Für die Verarbeitung und Herausgabe dieser Daten muss aufgrund von datenschutzrechtlichen Vorgaben [1,2], sowie der GCP Richtlinie eine Einwilligung der einzelnen Studienteilnehmer vorliegen. Im DZHK verwaltet die Treuhandstelle (in Greifswald) zentral für alle Studienzentren die Informed Consent Informationen.
Fragestellung: Wie lassen sich Informed Consents von zahlreichen nationalen und künftig auch internationalen Standorten zentral verwalten? Wie gestaltet sich die Qualität der ausgefüllten und übermittelten Informed Consents und inwieweit lässt sich diese Qualität optimieren? Welche Akzeptanz wird seitens der Studienmitarbeiter einer zentralen Erfassung und Qualitätssicherung der Informed Consents entgegengebracht?
Methode: Im DZHK werden die Informed Consents (IC) vom Studienpersonal zunächst papierbasiert ausgefüllt. Im Anschluss werden die einzelnen angekreuzten Module (z.B. Entnahme und Analyse von Biomaterial) des ICs in ein elektronisches Webformular übertragen und ein Scan der Papierversion an die Treuhandstelle übermittelt. Die papierbasierte Erfassung ist dem Umstand geschuldet, dass im DZHK keine festen Studienzentren existieren, die sich ausschließlich mit der Patientenrekrutierung beschäftigen (wie bspw. in der NAKO Gesundheitsstudie), sondern dass die Rekrutierung aus dem klinischen Versorgungskontext heraus, auf der Station, durchgeführt wird. In der Treuhandstelle werden die IC-Scans mit den gespeicherten Informationen in der Datenbank abgeglichen. Geprüft wird hierbei die Vollständigkeit und Korrektheit der ausgefüllten ICs auf Papier und in der Datenbank. Die Prüfung der ICs wird einmal monatlich durchgeführt und in einem Bericht mit zu bearbeitenden Mängeln pro Studie und Bearbeiter aggregiert. Die Berichte werden an die Studienkoordinatoren verschickt und von dort aus an die einzelnen Studienmitarbeiter zur Korrektur weiterverteilt. Über ein Ticketsystem der Treuhandstelle können die korrigierten ICs datenschutzkonform zurückübermittelt werden.
Ergebnisse: Seit Beginn der IC-Prüfungen (Januar 2015) hat sich über 2.277 geprüfte ICs (Stand: 10.04.2017) eine gemittelte Rate von rund 40% fehlerfrei ausgefüllter ICs über die teilnehmenden Zentren und Studien eingestellt. Zur Verbesserung der Qualität wurde bereits ein umfassendes initiales Quality Training für neue Studienzentralen eingeführt. Weiterhin werden sich sukzessiv wiederholende Fehler im direkten persönlichen Kontakt an die Studienmitarbeiter zurückgemeldet. In Planung ist ein Übersichtsblatt zu den Prozessen der Treuhandstelle, sodass dieses im A4 Format ausgedruckt und am Studienarbeitsplatz genutzt werden kann. Außerdem wird eine breiter verfügbargemachte transparente QS-Auswertung eingeführt. Dabei sollen studien- oder studienzentrumsspezifische Auswertungen die Transparenz der Dokumentations-Qualität erhöhen.
Diskussion: Eine zentrale Verwaltung von ICs in einer Treuhandstelle war vielen Studienmitarbeitern vor Einführung der DZHK-Infrastruktur unbekannt. Trotzdem konnte das ZDM die Prozesse des IC-Scan Uploads und der Prüfung der ICs erfolgreich etablieren. Aufgrund konstruktiver Rückmeldungen der Studienmitarbeiter zur Prüfung der ICs, wurde das Verfahren nach 2 Jahren in der Treuhandstelle angepasst und deutlich entschärft. Die Treuhandstelle stellt nun das Vorhandensein der nach GCP Richtlinie vorgegebenen notwendigen Unterschriften, sowie das eindeutige Kenntlichmachen des Teilnehmerwillens im Bereich der IC-Module, in den Vordergrund der Prüfung. Die aggregierten Berichte wurden in diesem Zuge übersichtlicher gestaltet und werden künftig nach Studie und Studienzentrum generiert und verschickt.
Weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität und Unterstützung der Studienmitarbeiter werden stetig evaluiert. Beispielsweise könnte eine teilweise elektronische Erfassung (nach Vorbild der NAKO Gesundheitsstudie) der ICs eingeführt werden, bei dem der IC am Bildschirm elektronisch ausgefüllt, dann ausgedruckt wird und nur noch unterschrieben werden muss. Dieses Vorgehen würde die bisher bekannten Fehlerquellen minimieren. Es wäre weiterhin möglich, die Qualität der ICs an die Auszahlung der Patient Fees der Studie zu binden und somit eine Auszahlung erst dann zuzulassen, wenn keine rechtlichen Bedenken gegen den vorliegenden IC bestehen. Mit der Internationalisierung von DZHK Studien werden die vorgestellten Verfahren ebenfalls in weiteren Ländern Anwendung finden und sich entsprechend etablieren müssen.
Praktische Implikation: Eine harmonisierte und standardisierte Daten- und Biomaterialerfassung und die Abgabe für Forschungszwecke unter tagesaktueller Prüfung des Einwilligungsstatus ist für klinische Studien, Kohorten und Register in zahlreichen Forschungsprojekten von großer Relevanz. Die Verarbeitung der Daten und Biomaterialien endet im DZHK nicht bei der reinen Sammlung, sondern kann durch die Untersuchung spezifischer Fragestellungen darüber hinaus einen deutlichen Mehrwert für die internationale Versorgungsforschung bieten.
[1] Pommerening K, Drepper J, Helbing K, Ganslandt T, et al.
Leitfaden zum Datenschutz in medizinischen Forschungsprojekten 2.0, 2014; Berlin, Germany (TMF Schriftenreihe)
[2] Verfahrensbeschreibung und Datenschutzkonzept des Zentralen Datenmanagements des DZHK, Version 1.2, 24.03.2014
Hintergrund: In Deutschland können sich Kliniken, die hohen Ansprüchen an die Prozessqualität genügen, als spezialisierte Darmkrebszentren zertifizieren lassen. Noch ist nicht abschließend geklärt, ob Patienten langfristig davon profitieren können.
Fragestellung: Ist eine Behandlung an zertifizierten Darmkrebszentren mit einem messbaren Überlebensvorteil für die Patienten verbunden?
Methode: Als Datengrundlage für die retrospektive Kohortenstudie diente die Tumordatenbank eines deutschen klinischen Krebsregisters, welches bevölkerungsbezogen und sektorübergreifend sämtliche malignen Tumordiagnosen innerhalb einer Region mit ca. 1,1 Millionen Einwohnern erfasst. Zu jedem Patienten lagen demographische Angaben, Tumorcharakteristika, Behandlungsverlauf, sowie onkologische Begleiterkrankungen vor. Für einen Überlebenszeitvergleich von Zentrums- mit Nicht-Zentrumsfällen wurden 2312 Patienten herangezogen, deren kolorektales Adenokarzinom (ICD-10 C18, C19, C20) im Zeitraum von 01.01.2010 bis 31.12.2013 radikal entfernt wurde. Die Versorgungssituation vor Einführung der Zertifizierung betrachteten wir anhand von 2544 Patienten aus dem Zeitraum von 01.01.2004 bis 31.12.2007. Notfalleingriffe und Patienten mit syn- oder metachronen kolorektalen Tumoren wurden a priori ausgeschlossen. Bei einem medianen Follow-up von 4,4 Jahren für die Schlüsselgruppe der ab 2010 Behandelten wurde der Beobachtungszeitraum in allen Vergleichen auf 3 Jahre begrenzt. Zur Analyse des Gesamtüberlebens ab Diagnose nutzten wir das Kaplan-Meier-Verfahren, sowie multivariable Cox-Regressions-Modelle. Gleichzeitig erfolgte eine Sensitivitätsanalyse für fehlende Daten.
Ergebnisse: Im Beobachtungszeitraum ab 2010 zeigen Zentrums-Patienten gegenüber Nicht-Zentrums-Patienten einen signifikanten Überlebensvorteil (3-Jahres-Überlebensrate: 71,6% vs. 63,6%), welcher auch nach Adjustierung für relevante Kovariablen wie Alter oder Tumorlokalisation erhalten bleibt: HR = 0,808; p = 0,032. Fast identisch stellt sich die Situation im „Vor-Zertifizierungs-Zeitraum“ bis 2007 dar: Auch hier ergibt sich ein signifikanter Überlebensvorteil für Prä-Zentrumsfälle (Patienten zukünftiger Darmkrebszentren): HR = 0,807; p = 0,015. Vergleicht man Prä-Zentrums- mit Zentrumsfällen, zeigt sich in der multivariablen Analyse ein marginaler, jedoch nicht signifikanter Überlebensvorteil nach der Zertifizierung: HR = 0,964; p = 0,580.
Diskussion: Es liegt in der Natur der Sache, dass ein Überlebenszeitvergleich im Bereich der Versorgungsforschung nur als Registerstudie durchgeführt werden kann. Nachteile wie unvollständige Risikoadjustierung aufgrund fehlender Angaben zu nicht-onkologischen Begleiterkrankungen müssen dabei in Kauf genommen werden. Durch den höheren Anteil an Patienten mit fehlenden Daten unter den Nicht-Zentrumspatienten kam es außerdem zu einem unvermeidlichen Selektions-Bias. Die Ergebnisse der Sensitivitätsanalyse weisen allerdings auf eine daraus resultierende tendenzielle Unterschätzung des Überlebensvorteils für Zentrumspatienten hin.
Praktische Implikationen: Die Behandlung an zertifizierten Darmkrebszentren geht mit einem signifikanten langfristigen Überlebensvorteil einher. Die Zertifizierung als verdiente Auszeichnung hoher Behandlungsqualität kann Patienten als zuverlässiges Kriterium bei der Krankenhauswahl dienen.
Background
Georgian healthcare system is still developing and transforming, currently placing the emphasis on quality and safety of healthcare products and services. Building the culture of safety within healthcare providers is considered to be an important step towards improving patient safety. To date there are no validated instruments for measuring patient safety culture in Georgian hospitals. Current state of patient safety culture in Georgian healthcare providers is not studied, and characteristics of local determinants of patient safety culture is unknown.
Objective
Objective of the study is to evaluate current state and local characteristics of patient safety culture in Georgian healthcare.
Method
A Cross-sectional study is designed to achieve study objectives. Two instruments, Hospital Survey on Patient Safety Culture (HSOPS) and Safety Attitudes Questionnaire (SAQ) are being translated and adapted to Georgian healthcare. Back-translation, as well as cultural and linguistic adaptation will be done before using the study instruments. In spring 2017 participating hospitals will be selected, where onsite trainings will be conducted for local medical directors, quality control officers and patient safety officers providing the details of the study subject, study protocol, as well as research instruments. Data gathering will take place between October 2017 and June 2018. The study sample from each participating hospital will be randomly stratified in two groups and each group will fill in one of the study instruments (HSOPS or SAQ). Psychometric properties of both instruments will be studied; performance of the instruments will be compared. The current state and characteristics of patient safety culture in participating hospitals will be evaluated.
Expected Results
The poster presentation describes study protocol, as well as characteristics of Georgian healthcare, particularly of selected participating hospitals, that need to be taken into account while planning and executing the study.
The results of the study serve as starting point for patient safety research and improvement in Georgian healthcare services. The study will provide translated and adapted research instruments and a baseline evaluation of patient safety culture in the country.
Hintergrund: Die akute Nierenschädigung (AKI) ist die häufigste und kostenintensivste Nierenerkrankung stationär behandelter Patienten. Ca. 10% aller hospitalisierten Patienten entwickeln eine AKI. Betroffen sind Patienten aller Fachabteilungen. Der Verlauf ist zumeist asymptomatisch; die Diagnosestellung nicht trivial. Die populationsbezogene Häufigkeit pro 100.000 Einwohner liegt bei ca. 500 Fällen und ist deutlicher höher als die des akuten Myokardinfarkts (vgl. ca. 300 Fälle). Patienten mit einer AKI haben eine mehr als verdoppelte Verweildauer im Krankenhaus im Vergleich zu Patienten ohne diese Komplikation. 15-20% der betroffenen Patienten müssen innerhalb von 30 Tagen nach Krankenhausentlassung erneut stationär behandelt werden. Ein signifikanter Anteil dieser Patienten (10-20%) entwickelt als Folge eine chronische Niereninsuffizienz bis hin zur Dialysepflichtigkeit. Der aktuelle Versorgungsstand dieser Patienten wurde in Deutschland noch nicht beschrieben. Es ist unbekannt, wie hoch der Anteil von Patienten mit AKI ist, die ein fachspezifisches Konsil erhalten, welche Ursachen zum Verzicht auf ein fachspezifisches Konsil führen und welchen Effekt die Versorgung mit und ohne Konsil auf Patienten- und Prozess-relevante Endpunkte hat.
Fragestellung: Wie ist der aktuelle Versorgungsstand betroffener Patienten? In welchen Bereichen der Versorgung bestehen Defizite? Ist eine zeitnahe fachspezifisch konsiliarische Behandlung von Patienten mit AKI mit einer verbesserten Versorgung und besseren Patienten-bezogenen Endpunkten assoziiert?
Methode: Ziel dieser retrospektiven Analyse war es, aus den Daten des Krankenhaus- und Laborinformationssystems den Versorgungsstand und den klinischen Verlauf von 150 Patienten mit vorbestehender chronischer Niereninsuffizienz und zusätzlichem Auftreten einer AKI (akut-auf-chronische Nierenschädigung) während des stationären Aufenthaltes zu analysieren. Verglichen wurden Patienten mit vs. ohne konsiliarische Mitbetreuung. Diagnostische und therapeutische Maßnahmen und der Entlass-Status von Patienten (Nierenfunktionserholung, Dialysepflichtigkeit, Grad der Versorgung nach Entlassung, Überleben) wurden erfasst.
Ergebnisse: 25% (N=38/150) der Patienten mit AKI wurden konsiliarisch behandelt. Patienten mit oder ohne konsiliarische Mitbetreuung waren vergleichbar hinsichtlich soziodemographischer Variablen, Aufnahmestatus ins Krankenhaus, Vorerkrankungen sowie der Anzahl der AKI-auslösenden Ursachen. Die Anforderung eines fachspezifischen Konsils erfolgte mit der Fragestellung nach Einleitung einer Dialysetherapie und der Behandlung renaler Komplikationen im Mittel 71,2 h (SD±90h) nach Entwicklung der AKI. Eine zeitnahe Umsetzung (innerhalb von <12 h nach Diagnosestellung) zumindest einer in konsentierten Leitlinien empfohlenen therapeutischen oder diagnostischen Maßnahme erfolgte in der Konsilgruppe bei 66% der Patienten im Vergleich zu 24% der Patienten ohne Konsil, p<0,001. Bei der Mehrzahl der Patienten ohne fachspezifisches Konsil waren keine spezifischen Maßnahmen ersichtlich (72,3%). Bei jedem 4.-5. von Patienten ohne fachspezifisches Konsil wurden AKI-assoziierte Komplikationen und eine gesteigerte Krankenhausletalität im Vergleich zur durchschnittlichen KH-Letalität aller stationären Patienten (13,4% vs. ca. 2%) beobachtet.
AKI war bei 63,1% der Patienten mit Konsil und bei 15,2% ohne Konsil in der Patientenakte dokumentiert, p<0,001. Trotz eines höheren Kreatinin-Maximalwerts während des Krankenhausaufenthaltes (274 [196-363] µmol/l vs. 154 [129-219] µmol/l, p<0,001) und einer höheren AKI-Progressionsrate (77,3% versus 14,3%, p<0,001) unterschied sich die Nierenfunktion von Patienten mit konsiliarischer Behandlung zum Zeitpunkt der Krankenhausentlassung und der Anteil der überlebenden Patienten, welcher nach dem Krankenhausaufenthalt direkt in die Häuslichkeit entlassen wurde, nicht von Patienten ohne Konsil (129 [74-237] µmol/l vs. 112 [81-148 µmol/l, p=0,993; bzw. mit Konsil: 73,9% versus ohne Konsil: 70,1%, p=0,71). Die Rate der Rehospitalisierung innerhalb von 30 Tagen nach Entlassung lag bei beiden Patientengruppen bei 17%.
Diskussion:
Die Komplikationsrate von Patienten mit AKI ist hoch, die Wahrnehmung gemessen an der Letalität gering. Die Anforderung eines Konsils erfolgt spät, dennoch scheint der Verlauf durch fachspezifische Maßnahmen günstig beeinflussbar zu sein. Patienten ohne Konsil weisen einen niedrigen Versorgungsstand und eine schlechtere Prognose als Krankenhauspatienten ohne AKI (im Vgl. zu Lit.daten) auf. Die vorliegenden Daten stützen die Hypothese, dass alle Patienten mit einer AKI ein zeitnahes fachspezifisches Konsil erhalten sollten.
Praktische Implikationen:
Im Vordergrund künftiger Untersuchungen sollten die Kontextanalyse für den Status quo der Versorgung von Patienten mit AKI und die Implementierung neuer Versorgungselemente zur Unterstützung der Diagnosestellung (z.B. AKI-Alarmsysteme) und Therapieeinleitung (z.B. Maßnahmenbündel) stehen.
Hintergrund: Das Vorhandensein von mehreren chronischen Erkrankungen kann die medizinische Versorgung erschweren und somit auch die Qualität dieser beeinflussen. Multimorbide Patienten haben z.B. ein erhöhtes Risiko frühzeitig zu versterben und stationär behandelt zu werden sowie eine reduzierte Lebensqualität (1,2). Das Bestreben in vielen Ländern, so auch in Deutschland, ist es daher, die medizinische Versorgung von mehrfach-chronisch Erkrankten zu optimieren. Allerdings konnte auch immer wieder gezeigt werden, dass das Vorhandensein von mehreren chronischen Erkrankungen einen positiven Einfluss auf die Qualität der Gesundheitsversorgung haben kann (3,4).
Fragestellung: Ziel der Arbeit ist es, den Einfluss der Anzahl der Komorbiditäten auf das Erreichen ausgewählter Zielkriterien der Leitlinienempfehlungen für Diabetes mellitus Typ 2 (5) und der Lebensqualität bei multimorbiden Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 zu untersuchen.
Methode: Die Rekrutierung geeigneter Patienten erfolgte in 21 allgemeinmedizinischen Praxen im Rahmen einer großen randomisiert-kontrollierten Studie. Die für diese Querschnittsanalyse verwendeten Daten wurden mit Hilfe einer schriftlichen Befragung von multimorbiden Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 und deren betreuenden Hausärzten zum Studieneinschluss erhoben. Geeignete logistische Regressionsverfahren wurden angewendet, um mögliche Effekte der Anzahl an Komorbiditäten auf die Erreichung ausgesuchter Therapieziel der Leitlinienempfehlungen und Dimensionen der Lebensqualität (EQ-5D) zu beschreiben.
Ergebnisse: Insgesamt konnten 495 multimorbide Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 mit einem mittleren Alter von 68,4 Jahren (±11,1 Jahren) in die Studie eingeschlossen werden. Die deskriptiven Auswertungen der Daten zeigte, dass das Studiensample v.a. im Bereich des HbA1c-Wertes im Zielbereich lag und die größte Abweichung von den Therapiezielen beim BMI zu erkennen war. In den Dimensionen der Lebensqualität ließen sich bei Mobilität und Schmerzen die größten Einschränkungen erkennen. Eine Zunahme der Anzahl an zusätzlichen chronischen Erkrankungen neben Diabetes mellitus Typ 2 zeigte keinen Einfluss auf das Erreichen der ausgewählten Zielkriterien. Eine Ausnahme stellte hierbei der HbA1c-Werte dar (2 vs. 5 und mehr Komorbiditäten). Im Bereich der Lebensqualität zeichnete sich ein Einfluss durch eine steigende Zahl an Komorbiditäten in den EQ-5D Dimensionen Mobilität und Allgemeine Tätigkeiten ab.
Diskussion und praktische Implikationen: Trotz des Vorhandenseins von mehreren chronischen Erkrankungen zeigen die Daten, dass die Studienteilnehmer gut medizinisch versorgt zu sein scheinen – eine Ausnahme bildet hierbei der BMI. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass z.B. Bereiche, wie die Lebensstilberatung noch Optimierungspotential in sich bergen. Der Einfluss durch eine steigende Zahl an Komorbiditäten auf die Erreichung der Therapieziele und die Lebensqualitätsdimensionen, mit Ausnahme der Mobilität und Allgemeinen Tätigkeiten, scheinen nahezu vernachlässigbar. Es kann vermutet werden, dass die gute Qualität der medizinischen Versorgung multimorbider Patienten darauf zurückzuführen ist, dass die betreuenden Ärzte einen umfassenden Versorgungsansatz verfolgen und vorhandene Komorbiditäten nicht außer Acht lassen (6).
Quellen:
1. Vogeli C, Shields AE, Lee TA, et al. Multiple Chronic Conditions: Prevalence, Health Consequences, and Implications for Quality, Care Management, and Costs. J Gen Intern Med 2007;22:391–5. (http://dx.doi.org/10.1007/s11606-007-0322-1).
2. Smith SM, O'Dowd T. Chronic diseases: what happens when they come in multiples? Br J Gen Pract 2007;57:268–70.
3. Woodard LD, Urech T, Landrum CR, Wang D, Petersen LA. Impact of comorbidity type on measures of quality for diabetes care. Medical Care 2011;49:605–10.
4. Higashi T, Wenger NS, Adams JL, et al. Relationship between number of medical conditions and quality of care. N Engl J Med 2007;356:2496–504.
5. Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Nationale Versorgungsleitlinie Therapie des Typ-2-Diabetes - Kurzfassung, 1. Auflage, 2013. (http://www.dm-therapie.versorgungsleitlinien.de/).
6. Bruin SR de, van Oostrom SH, Drewes HW, de Jong-van Til, Janneke T, Baan CA, Struijs JN. Quality of diabetes care in Dutch care groups: no differences between diabetes patients with and without co-morbidity. Int J Integr Care 2013;13:e057.
Hintergrund: Die Klientel der neurologisch-neurochirurgischen Frührehabilitation (FR) hat sich in den letzten Jahren deutlich verändert. Im Vergleich zu 2002 sind die Patienten heute im Mittel etwa sieben Jahre älter, werden früher aus dem Akutkrankenhaus in die Frührehabilitation entlassen und weisen ein breites Spektrum von vital bedrohlichen Erkrankungen auf (Pohl et al., 2016). Für die häufig erforderliche Langzeitbeatmung resultiert daraus eine Zunahme tracheotomierter Patienten, die der FR zugewiesen werden.
Fragestellung: Wie sind tracheotomierte Patienten in der FR hinsichtlich Soziodemografie, Grunderkrankungen und Komorbiditäten derzeit charakterisiert? Wie hoch ist die Rate erfolgreich durchgeführter Dekanülierungen?
Methode: Zwischen 09-2014 und 03-2016 wurden 834 tracheotomierte Patienten nach erfolgreicher Beatmungsentwöhnung konsekutiv in eine prospektive multizentrische Querschnittserhebung an fünf Rehabilitationseinrichtungen im Raum Berlin/Brandenburg eingeschlossen. Soziodemografische (Alter, Geschlecht) wie auch klinische und therapeutische Routinedaten (z.B. Grunderkrankung, Komorbiditäten, Komplikationen, Beatmungszeitraum, Dekanülierung und Entlassungsart) wurden dokumentiert und deskriptiv ausgewertet.
Ergebnisse: Die Patienten waren im Mittel 66 Jahre alt (65,4±12,9), 68,1% waren männlich. Bei den neurologischen Akutdiagnosen dominierten Critical-Illness-Polyneuro-/myopathie (37,5%), gefolgt von Hirninfarkten (22,7%), nichttraumatischen Blutungen (24,2%), Schädel-Hirn-Traumata (13,3%), hypoxischen Hirnschädigungen (13,7%), Hirntumoren (2,2%), Meningitis (2,5%) und anderen (5,7%). 87,6% der Patienten hatten außerdem eine akute pulmonale Erkrankung, 36,3% eine akute kardiologische Erkrankung (insbesondere Myokardinfarkte, Herzrhythmusstörungen und Klappenerkrankungen), 18,3% waren akut gastrointestinal, 14,5% akut renal, 6,2% akut orthopädisch und 2,9% akut onkologisch (extrazerebral) erkrankt. Darüber hinaus erlitten 37,5% aller untersuchten Patienten eine Sepsis und 28,4% waren akut psychiatrisch auffällig (Delir). Die Patienten verblieben im Mittel 66,0±48,4 Tage in der FR. 471 Patienten (56,5%) konnten erfolgreich dekanüliert werden. Die Entlassung erfolgte in 32,3% der Fälle in die Phase C zur weiteren Rehabilitation. Ein Großteil der Patienten wurde jedoch auch in Pflegeheime (31,3%) bzw. akut verlegt (12,4%), 10,8% wurden in die Häuslichkeit entlassen und 7,4% der Patienten verstarben.
Diskussion: Die untersuchten Patienten in der FR sind durch eine hohe Heterogenität und Multimorbidität charakterisiert. Dies betrifft neben dem Alter insbesondere die Art der akuten Erkrankungen, die Behandlungsdauer und nicht zuletzt die Rate einer erfolgreichen Dekanülierung. Daher bedarf diese komplexe Patientenpopulation einer multiprofessionellen und fachgebietsübergreifenden Betreuung im Rahmen einer standardisierten und an Qualitätsindikatoren ausgerichteten Versorgung.
Praktische Implikationen: Die Versorgungssituation der überwiegend komplex erkrankten Patientenpopulation in der FR ist bislang insbesondere in Bezug auf die verschiedenen sektorenübergreifenden Behandlungspfade nicht hinreichend untersucht. Um die Gesamtpopulation tracheotomierter Patienten über die FR hinaus zu erfassen, ist ein Register unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Settings (z.B. Akutversorgung, FR, ambulante Pflege) erforderlich.
Hintergrund: Der Vergleich ambulant und stationär versorgter Schmerzpatienten hinsichtlich schmerzbezogener und psychischer Merkmale war bislang noch nicht Gegenstand systematischer Analysen. Die KErnDOkumentation und Qualitätssicherung in der Schmerztherapie (KEDOQ-Schmerz) ist ein von der Deutschen Schmerzgesellschaft initiiertes Projekt zur einheitlichen Dokumentation der in Schmerzeinrichtungen versorgten Patienten. KEDOQ-Schmerz ermöglicht die Zusammenführung von Daten aus verschiedenen Einrichtungen. Damit wird zum einen eine externe Qualitätssicherung für spezialisierte Schmerztherapie realisiert, zum zweiten bietet sich die Möglichkeit für versorgungswissenschaftliche Auswertungen. Und schließlich ist eine sektorenspezifische Charakterisierung von Patienten mit Schmerzerkrankungen möglich (Casser et al., 2012).
Fragestellung: In welchen sozialen, schmerzbezogenen und psychischen Merkmalen unterscheiden sich Patienten, die einer stationären oder ambulanten schmerztherapeutischen Behandlung zugeführt werden und wie ausgeprägt sind die Unterschiede?
Methode: KEDOQ-Schmerz-Daten aus 25 Zentren mit insgesamt 8.953 Patienten wurden 2017 ausgewertet. Die Patienten hatten den Deutschen Schmerzfragebogen zwischen Januar 2012 und März 2017 ausgefüllt und erhielten ein ambulantes (n=4.082) oder stationäres (n=3.607) schmerztherapeutisches Versorgungsangebot. Ausgewertet wurden soziodemographische, schmerzbezogene und psychometrische Daten des DSF (SF-12; DASS; MFHW) sowie Arztangaben zum Schmerzchronifizierungsstadium und zur Schmerzlokalisation. Die Auswertung erfolgte deskriptiv und gruppenvergleichend mit uni- und multivariaten Verfahren.
Ergebnisse: Stationär behandelte Patienten waren signifikant älter, hatten häufiger mehr als eine Schmerzlokalisation, berichteten stärkere Schmerzen und hatten häufiger das MPSS-Stadium III. Sie beschrieben signifikant schlechtere körperliche und psychische gesundheitsbezogene Lebensqualität (SF-12), hatten im DASS signifikant höhere Depressions-, Angst- und Stresswerte sowie schlechteres habituelles Wohlbefinden (MFHW). Die Ausprägung der signifikanten Gruppenunterschiede war sehr gering. In der multivariaten Analyse zur Vorhersage des stationären Behandlungssettings wurden die meisten klinischen Prädiktoren signifikant, durch sie wurde aber weniger als 5% Varianz aufgeklärt.
Diskussion: Die Auswertungen sprechen dafür, dass generell in schmerztherapeutischen Einrichtungen Patienten mit hoher Schmerzchronifizierung und hoher schmerzbedingter Belastung und Therapievorerfahrungen behandelt werden. Die Unterschiede der Patientenmerkmale zwischen den Behandlungssettings sind größtenteils klinisch bedeutungslos. Klinische Merkmale erklären nicht die Zuordnung zu einem ambulanten oder stationären Behandlungssetting.
Praktische Implikationen: Das sektorenübergreifende Qualitätssicherungssystem KEDOQ-Schmerz wird von der Deutschen Schmerzgesellschaft empfohlen und findet zunehmend Verbreitung. KEDOQ-Schmerz ist geeignet, um versorgungswissenschaftliche Fragestellungen zu beantworten. Unsere Auswertung einer größeren Patientengruppe zeigt einen auffällig hohen Anteil an Patienten mit höchstem Schmerzchronifizierungsstadium. Das kann ein Hinweis sein, dass die Behandlung hoch-schmerzchronifizierter Patienten zunimmt. Dies fordert eine hohe fachliche Kompetenz des multidisziplinären Behandlungsteams sowohl im ambulanten als auch im stationären Sektor.
Lit.: Casser HR, Hüppe M, Kohlmann T et al (2012) Deutscher Schmerzfragebogen (DSF) und standardisierte Dokumentation mit KEDOQ-Schmerz. Schmerz 26: 168-175