Hintergrund:
In Deutschland leben etwa 800.000 Menschen in Pflegeheimen. Diese Population ist durch ein hohes Maß an chronischen Erkrankungen, oft einher gehend mit einer Polypharmazie, sowie körperliche und kognitive Einschränkungen gekennzeichnet. Pflegeheimbewohner werden zudem häufig in Notaufnahmen sowie im Krankenhaus behandelt, wobei ein Großteil dieser Besuche nach der internationalen Literatur als unangebracht bzw. vermeidbar angesehen wird. Für Deutschland liegt lediglich eine ältere Studie mit Daten aus dem Jahr 2000 vor, wobei die Hospitalisierungsraten im internationalen Vergleich deutlich höher lagen. Dies galt ebenfalls für Hospitalisierungen in unmittelbarer Nähe zum Tod. Daten zu Notaufnahmebesuchen von Pflegeheimbewohnern aus Deutschland sind uns bisher nicht bekannt. Weiterhin muss hierzulande auch das spezifische System des vertragsärztlichen Bereitschaftsdienstes berücksichtigt werden.
Fragestellungen:
Folgende Forschungsfragen werden in diesem Projekt aufeinander aufbauend untersucht:
- Wie häufig und mit welchen Diagnosen werden Pflegeheimbewohner in Notaufnahmen und Krankenhäusern behandelt?
- Welche Ursachen und Versorgungsprozesse führen dazu? Wer ist daran beteiligt (z.B. Hausarzt, vertragsärztlicher Bereitschaftsdienst, Notarzt und Rettungsdienst)? Welche diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen werden im Krankenhaus durchgeführt?
- Wie häufig schätzen Hausärzte Notaufnahmebesuche und Hospitalisierungen als potenziell vermeidbar bzw. unangemessen ein? Welche alternativen Versorgungsmöglichkeiten gibt es?
- Welche Versorgungs- und Strukturdefizite bestehen und wie können sie behoben werden? Wie sind alternative Versorgungsmöglichkeiten auszugestalten, um sie in die Routineversorgung zu implementieren? Wie ist die Akzeptanz und Machbarkeit einer solchen Intervention?
Das Projekt wird aus Mitteln des Innovationsfonds gefördert (Förderkennzeichen: 01VSF16055). Projektbeginn ist der 1. Mai 2017.
Methode und erwartete Ergebnisse:
In Homern werden in einem Mixed-Methods-Ansatz 4 aufeinander aufbauende Arbeitspakete (AP) bearbeitet.
AP 1: Mit Routinedaten der AOK Bremen/ Bremerhaven werden bei Pflegeheimbewohnern (n=4.200) zunächst die Anzahl und Häufigkeit von Notaufnahmebesuchen und Krankenhausaufenthalten inklusive Dauer und Diagnosen untersucht.
AP 2: Anschließend werden in einer Primärdatenerhebung prospektiv Daten zu 1.000 Notaufnahmebesuchen und Krankenhausaufenthalten von Pflegeheimbewohnern aus Bremen, Oldenburg und dem Umland erfasst. Dabei sollen Versorgungsabläufe näher untersucht werden. Erfasst werden sollen dabei u.a. Einweisungen durch den Hausarzt oder den kassenärztlichen Notdienst, die Beteiligung des Rettungsdienstes bzw. Notarztes sowie die vorangegangene ambulante Behandlung.
AP 3: Auf Basis häufig aufgetretener Szenarien aus AP 2 werden Fallvignetten erstellt und mittels einer Befragung von Hausärzten in Bremen und Niedersachsen (Bruttostichprobe n=1.121 und erwartete Nettostichprobe n=381) erfasst, wie häufig diese Notaufnahmebesuche und Hospitalisierungen z.B. durch frühzeitigere Arztkontakte potenziell vermeidbar wären bzw. in der entsprechenden Situation unangemessen sind, da die Bewohner auch adäquat hätten ambulant versorgt werden können. Weiterhin wird untersucht, mit welchen Veränderungen der Versorgungsabläufe bzw. –strukturen dies gewährleistet werden könnte.
AP 4: Zusätzlich zu den bis dahin ermittelten Projektergebnissen findet eine systematische Suche nach alternativen Versorgungsmöglichkeiten sowie möglichen Pilotprojekten aus Deutschland statt. Mittels Fokusgruppeninterviews werden die alternativen Versorgungsmöglichkeiten sowie deren Machbarkeit und Akzeptanz untersucht. Berücksichtigt werden mit Bewohnern/ Angehörigen, Pflegekräften, Hausärzten, Rettungsdienst, Geriatern, Ärzten der Notaufnahme und Vertretern der Krankenkassen alle an der Versorgung Beteiligten. Die entwickelte Intervention soll anschließend in 2 Heimen pilotiert werden.
Diskussion und praktische Implikationen:
Insgesamt handelt es sich bei der Akutversorgung von Pflegeheimbewohnern um ein hochrelevantes Versorgungsproblem, welches mit hohem Ressourcenverbrauch verbunden ist. Für Deutschland liegen jedoch kaum belastbare Daten dazu vor. Das Projekt wird diese Lücke schließen.
Psychische Auffälligkeiten und Störungen (PAS) bei Kindern und Jugendlichen (KJ) sind von hoher Public Health Relevanz, da hierdurch die individuelle körperliche Gesundheit und Lebensqualität, aber auch die familiäre Umwelt und die schulische und spätere berufliche Entwicklung erheblich beeinträchtigt sein können. Die Häufigkeit von PAS bei KJ ist unverändert hoch; sie liegt im Altersbereich 3-17 Jahre bei etwa 20%.
Kinder- und Jugendärzte (KJÄ) vor allem sind neben den Kinder-und Jugendpsychiatern und den Allgemeinärzten erste Ansprechpartner. Viele dieser Patienten werden aus unterschiedlichen Gründen an spezialisierte, sozialpädiatrische Dienste zur weiteren Behandlung überwiesen mit der Gefahr von Versorgungsengpässen in diesen Einrichtungen. Von diesen Kindern und Jugendlichen könnte jedoch ein großer Anteil von niedrigschwelligen Angeboten bei primären KJÄ mehr profitieren, so dass für diejenigen Patienten mit hohem Betreuungsbedarf eine schnellere Hilfe in den Spezialeinrichtungen möglich wird.
Das Projekt „Optimierte primärärztliche Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit psychischen Auffälligkeiten und Störungen“ (PrimA-QuO) hat das Ziel, die Regelversorgung von KJ mit PAS durch Standardisierung in den Anamnese- und Behandlungsabläufen in der Primärversorgung zu verbessern. Diese Abläufe wurden im Vorfeld von der Arbeitsgemeinschaft Sozialpädiatrie der Kinder- und Jugendärzte in Bayern entwickelt und im Programm „BKK STARKE KIDS - Gesundheitscoaching“ von den Betriebskrankenkassen implementiert. Die Abläufe können dabei helfen, herauszufiltern, wer beim Kinderarzt weiter behandelt werden kann und wann eine Überweisung zum Spezialisten notwendig ist. Etabliert ist für 16 sozialpädiatrische Krankheitsbilder ein Paket indikationsbezogener Maßnahmen, das „Gesundheitscoaching“ (GC). Das Paket besteht aus Handlungsleitfäden mit indikationsbezogenen Checklisten Fragebögen und Arbeitsmaterialien, aus einem detaillierten Fortbildungskonzept und beinhaltet außerdem ein Zusatzbudget. Das GC ist ein niedrigschwelliges und wohnortnahes Versorgungsangebot, das erhebliches Potenzial hat, besonders bei leichteren Störungen, Übertherapie und Medikalisierung zu vermeiden. Grundprinzip ist Partizipation, Patientenorientierung und Stärkung vorhandener Ressourcen, gestützt auf das biopsychosoziale Modell der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit.
Die Evaluation des GC konzentriert sich zunächst auf die bundesweit vier häufigsten Indikationsgebiete und stützt sich im Wesentlichen auf zwei Arbeitspakete. Zum einen soll die komplexe Intervention GC hinsichtlich ihrer theoretischen Fundierung, Akzeptanz, Barrieren und Förderfaktoren sowie im Hinblick auf Outcomes mit Hilfe einer qualitativen und quantitativen Befragungsstudie bei KJ, Sorgeberechtigten und Kinder- und Jugendärzten evaluiert werden. Zusätzlich wird basierend auf BKK-Routinedaten aus gesundheitsökonomischem Blickwinkel eine Evaluation mit Fokus auf Auswirkungen der Intervention auf das Kodierverhalten der KJÄ und Behandlungsverläufe sowie Inanspruchnahme medizinischer Leistungen durchgeführt. Des Weiteren sollen Hinweise für eine weitere Optimierung des Programms gewonnen werden. Im Erfolgsfall kann darüber hinaus eruiert werden, ob diese Versorgungsform das Potenzial hat, für alle Kinder- und Jugendlichen etabliert zu werden.
Hintergrund
Rückenschmerzen sind hinsichtlich Prävalenz und Krankheitskosten eines der größten Gesundheitsprobleme in industrialisierten Ländern. Die Nationale Versorgungsleitlinie empfiehlt eine multimodale Therapie, die Förderung eigenverantwortlicher körperlicher Aktivität steht im Fokus. Die medizinische Rehabilitation übernimmt hierbei eine wichtige Funktion und ist auch durchaus kurzfristig effektiv. Jedoch wird die Nachhaltigkeit rehabilitativer Versorgung unter den derzeit gegebenen Versorgungsstrukturen nicht sichergestellt. Die sektorale Gliederung verhindert die zur Aufrechterhaltung der erlernten Handlungskompetenzen dringend erforderliche Begleitung in der ambulanten hausärztlichen Versorgung.
Fragestellung
Ziel des Projekts ist die Implementation und Evaluation eines innovativen Reha-Nachsorgekonzepts im Bereich der hausärztlichen Versorgung. Es werden erstens Praktikabilität und Akzeptanz der Implementation hausärztlicher Reha-Nachsorge im Sinne einer komplexen Intervention analysiert. Zweitens wird geprüft, ob durch die Intervention eine Verbesserung der gesundheitsbezogenen Langzeiteffekte der Patienten erzielt werden kann.
Inhalte des Nachsorgekonzepts und Intervention
Das Nachsorgekonzept fokussiert die Förderung eigenverantwortlich durchgeführter körperlicher Aktivität und basiert auf dem Health Action Process Approach. Die Intentionsbildung zur Verhaltensänderung und somit zur Aufnahme regelmäßiger körperlicher Aktivität findet während der stationären Rehabilitation statt. Die aktionale Phase, das Umsetzen der Vorsätze, findet nach Reha-Ende im Alltag des Patienten statt. Die Handlungskontrolle erfolgt durch das Führen von Bewegungstagebüchern. Gleichzeitig werden die eigenen Aktivitäten bewertet, Erfolge und Misserfolge werden festgehalten, Barrieren und Förderfaktoren zur Durchführung körperlicher Aktivität identifiziert. Hausarzt und MFA übernehmen über 12 Monate die Rolle der externen Kontrolle und dienen als Ansprechpartner für Barrieren und Förderfaktoren bei der dauerhaften Umsetzung der Verhaltensänderung.
Methode
Zur Prozessevaluation werden Einzelinterviews und Fokusgruppen mit teilnehmenden Rehabilitanden sowie den beteiligten Hausärzten und MFA durchgeführt, die Auswertung erfolgt mittels qualitativer Inhaltsanalyse. Zudem werden Teilnahmequoten der Hausarztpraxen und Rehabilitanden sowie Kurzdokumentationen der Umsetzung einzelner Interventionsbausteine in Reha-Klinik und Hausarztpraxis zur Beurteilung herangezogen. Eine abschließende Bewertung unter Einbezug aller Beteiligten findet im Rahmen eines Expertenworkshops statt.
Für die Überprüfung der gesundheitsbezogenen Langzeiteffekte werden im Rahmen einer quantitativen Längsschnittstudie mit drei Messzeitpunkten (vor, am Ende und 12 Monate nach der Reha) patientenorientierte Gesundheitsoutcomes der Patienten untersucht. Primäre Zielkriterien sind Teilhabe, gemessen mit dem Index zur Messung von Einschränkungen der Teilhabe (IMET), sowie Funktionseinschränkungen im Alltag, gemessen mit dem Funktionsfragebogen Hannover für Rückenschmerzen (FFbH-R).
(Erwartete) Ergebnisse
Durch die Intervention ist ein direkter Einfluss auf das Bewegungsverhalten der Patienten und damit zusammenhängend ein signifikant geringeres Ausmaß gesundheitlicher und psychischer Beeinträchtigungen sowie eine geringere Anzahl von Arbeitsunfähigkeitstagen zu erwarten. Wir gehen von signifikanten Unterschieden mittlerer Größenordnung ein Jahr nach Reha-Ende in den primären Zielvariablen aus.
Im Rahmen der Prozessevaluation werden Förderfaktoren und Barrieren für die Umsetzung hausarztzentrierter Reha-Nachsorge identifiziert. Diese sind sowohl auf der Ebene persönlicher Einstellungen und tradierter Rollenverständnisse als auch auf struktureller Ebene zu erwarten. Eine präzise Beschreibung soll dazu dienen, langfristig flächendeckend die Übernahme der Reha-Nachsorge für Hausärzte zu erleichtern.
Hintergrund
Sowohl im stationären als auch im ambulanten Bereich treten immer wieder unerwünschte, patientensicherheitsrelevante Ereignisse (PSI) auf. Im stationären Bereich gibt es hierzu eine Vielzahl an Studien. Dagegen ist in der ambulanten Versorgung unklar, wie häufig PSI auftreten, bei welchen Fachrichtungen diese stattfinden und ob Patienten diese an die Behandler rückmelden. Auch ist nicht bekannt, ob bestimmte Faktoren, etwa Alter, Geschlecht oder Grunderkrankungen, das Auftreten von PSI im ambulanten Bereich begünstigen.
Fragestellung
Ziel des Projekts PAV ist es, auf der Basis eines neu entwickelten Befragungsinstruments die Häufigkeit, Verteilung und Determinanten von PSI sowie das Rückmeldeverhalten von Betroffenen in der ambulanten Versorgung zu analysieren.
Methode und Datenbasis
Das Befragungsinstrument wird anhand einer Literaturrecherche und Interviews mit Bürgern und Behandelnden entwickelt. Zur PSI-Häufigkeitserfassung wird eine bundesweite, repräsentative Bevölkerungsstichprobe von 10.000 Bürgern über 40 Jahre per computerunterstützten Telefoninterviews befragt. Dabei werden sowohl selbst erlebte als auch die PSI von Angehörigen über 40 Jahren erfasst. Hierdurch wird sichergestellt, dass Ereignisse, die zu Todesfällen oder einem langfristigen stationären Aufenthalt geführt haben, ebenfalls berücksichtigt werden. Die Angaben der Studienteilnehmer werden deskriptiv (1-Jahres- und Lebenszeitprävalenz von PSI plus 95% Konfidenzintervalle) und mithilfe logistischer Regressionsmodelle analysiert.
Ergebnis
Das im Rahmen der Versorgungsforschung durch den Innovationsfond geförderte Projekt (Förderkennzeichen: 01VSF16015; Akronym PAV) beginnt im Juli 2017.
Praktische Implikationen
Die Erkenntnisse der Studie sollen dabei helfen, Versorgungssituationen und Patientengruppen mit besonderem Gefährdungspotenzial sowie Defizite bei der Rückkopplung von PSI zu erkennen. Dadurch können gezielt Maßnahmen etabliert werden, um PSI im ambulanten Sektor zu vermeiden. Dies soll langfristig die Patientensicherheit und damit die Qualität der Versorgung verbessern.
Hintergrund
In Deutschland leben derzeit ca. 1.6 Mio. Menschen mit einer Demenz. Diese sind auf eine leitliniengerechte medizinische und pflegerische Versorgung angewiesen. Gleichzeitig altern auch die Akteure des Gesundheitswesens, so dass bereits heute die Sicherung der bedarfsgerechten Versorgung eine Herausforderung darstellt. Innovative Versorgungskonzepte sind erforderlich. Diese sollten sich u.a. durch eine Neustrukturierung von Aufgabenfeldern einzelner Berufsgruppen und der Neuverteilung von Tätigkeiten unter den Akteuren charakterisieren. Daher untersucht die AHeaD Studie die veränderte Arbeitsteilung von Pflegefachpersonen und Hausärzten am Beispiel der ambulanten Versorgung von Menschen mit Demenz und der Unterstützung des (pflegenden) Umfeldes.
Fragestellung
Folgende Fragestellungen werden untersucht: (1) Wie können Arbeitsprozesse künftig in Kooperation, Delegation und Substitution organisiert werden?, (2) Wie ist der Qualifikationsbedarf von Pflegefachpersonen?, (3) Wie ist die Akzeptanz bei Hausärzten, Pflegefachpersonen, Menschen mit Demenz und Angehörigen?, (4) Welche Auswirkungen hat eine veränderte Arbeitsteilung auf die Arzt-Patienten Beziehung? und (5) Welche Kosten sind mit der Einführung verbunden?
Ziel ist es, die Aufgabenneuverteilung von Pflegefachpersonen und Hausärzten für die ambulante Demenzversorgung zu spezifizieren und die Ergebnisse für die Entwicklung eines Versorgungskonzeptes gemäß §63 Abs. 3c SGB V zu nutzen.
Methode
Die AHeaD Studie ist eine Mixed Methods Beobachtungsstudie mit einem sequentiellen Vertiefungsdesign und umfasst eine (a) Dementia Care Management Tätigkeitsanalyse des erfolgreich implementierten Dementia Care Management Konzeptes der DelpHi-MV Studie (Demenz: lebensweltorientierte und personenzentrierte Hilfen für Mecklenburg-Vorpommern), eine (b) quantitative schriftliche Befragung und (c) vier qualitative Fokusgruppen. Dies erfolgt mit Hausärzten (N=94), Dementia Care Managern (N=6), Menschen mit Demenz (N=336) und Angehörigen (N=194) von DelpHi-MV. Zum Vergleich möglicher Bewertungsunterschiede werden Hausärzte (N=95) und Pflegefachpersonen (N=98) eingeschlossen, die bislang keine Erfahrungen mit dem Dementia Care Management haben und die Regelversorgung repräsentieren. Um die Studiengröße für die DelpHi-MV und nicht-DelpHi-MV Probanden zu erreichen, wurde die Studienregion auf Greifswald und den Radius im Umfang von 100km festgelegt.
Ergebnisse
Für die AHeaD Studie werden folgende Ergebnisse erwartet: (1) Tätigkeitsliste mit Einordnung in Kooperation, Delegation und Substitution, (2) Qualifikationsanforderung an Pflegefachpersonen (Hochschulausbildung vs. dreijährige Ausbildung mit Zusatzqualifikation), (3) Akzeptanz der Aufgabenübernahme (Hausarzt vs. Pflegefachperson), (4) mögliche positive und negative Auswirkungen auf die Arzt-Patienten Beziehung (Hausarzt als Erstkontakt vs. Pflegefachperson als Ansprechpartner für die Demenzerkrankung) sowie (5) mögliche Finanzierungsoptionen (Einzelleistung vs. Fallpauschale) und die Implementierung in die Regelversorgung (Anstellung Arztpraxis vs. Zweigpraxis). Die Ergebnisse aus insgesamt vier Perspektiven (Hausarzt, Pflegefachperson, MmD und Angehörige) werden für die Entwicklung eines Modellprojektes gemäß §63 Abs. 3c SGB V genutzt, welches nach Ablauf der Förderung unter Routinebedingungen erprobt und evaluiert werden soll.
Diskussion
Die AHeaD Studie spezifiziert erstmals in Deutschland die optimierte Arbeitsteilung von Pflegefachpersonen und Hausärzten für die ambulante Versorgung von Menschen mit Demenz. In die Studie werden dabei nicht nur Hausärzte und Patienten einbezogen, sondern auch Pflegefachpersonen und Angehörige. Die erstmalige Untersuchung zur strukturellen Implementierung in die Regelversorgung und die gesundheitsökonomische Analyse zur künftigen Abrechnung sind weitere Innovationen der Studie. Der wissenschaftliche Beirat, der die AHeaD Studie begleitet, ermöglicht eine evidenzbasierte Entwicklung des Modellprojekt gemäß §63 Abs. 3c SGB V.
Praktische Implikationen
Die AHeaD Studie adressiert die Optimierung der Versorgung von Menschen mit Demenz sowie die Verbesserung der Versorgungsabläufe. Dies erfolgt durch eine verbesserte interprofessionelle und abgestimmte Arbeitsteilung von Pflegefachpersonen und Hausärzten im ambulanten Setting. Dies soll einen Beitrag zur patientenorientierten Versorgung der Betroffenen und ihrer Angehörigen leisten.
• Hintergrund
Der demographische Wandel führt in Deutschland zu einer älter werdenden Bevölkerung. Dabei werden regionale Unterschiede der Bevölkerungsentwicklung prognostiziert. Aufgrund der höheren Lebenserwartung der Frauen wird die ältere Bevölkerung „weiblicher“. In ländlichen Bereichen werden ältere Menschen im Vergleich zur städtischen Bevölkerung doppelt so stark vertreten sein. Im Mittelpunkt des Interesses hinsichtlich der Bedarfsplanung künftiger gynäkologischer Versorgung stehen insbesondere Frauen im gebärfähigen Alter (18 bis 45 Jahre). Zur fachärztlichen Betreuung der mittelalten und älteren Frauen bestehen derzeit keine aktuellen Überlegungen, obwohl gerade in ländlichen Gebieten Bereichen ein reduzierter Zugang zur gynäkologischen Versorgung abzusehen ist bzw. schon besteht.
Ziel des Projektes ist die Versorgungsanalyse von über 49-jährigen Frauen bei niedergelassenen Fachärzten und Fachärztinnen für Allgemeinmedizin/Hausärzten und Hausärztinnen (HÄ) und niedergelassenen Fachärzten und Fachärztinnen für Gynäkologie und Geburtshilfe (Gyn) zu gynäkologische Beratungsanlässen/Erkrankungen UND die Identifikation von Möglichkeiten der Versorgungsgestaltung in der Umverteilung ärztlicher Tätigkeiten unter den Facharztgruppen („task shifting“).
• Fragestellung
Im Rahmen des demographischen Wandels und des reduzierten Zuganges zu Gyn in ländlichen Regionen werden insbesondere über 49-jährige Frauen in ländlichen Regionen vom Mangel an gynäkologischer Versorgung betroffen sein. Fachübergreifende Versorgungsmodelle der Kooperation von Gyn und HÄ können eine Möglichkeit darstellen, der drohenden Unterversorgung zu begegnen.
• Methode
Es handelt sich um eine Beobachtungsstudie mit mixed-methods-Ansatz auf der Grundlagen von Sekundär- und Primärdaten: (1) Analyse von Sekundärdaten der bundesweite repräsentative randomisierte Stichprobe von Frauen aus dem Bestand des Robert Koch-Instituts (Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland) mit einer (Stichprobengröße: 2.400), (2) Quantitative Befragung von Gyn und HÄ mittels einer repräsentative randomisierte Stichprobe der niedergelassenen HÄ und Gyn der Region Nordost (Stichprobengröße: 2.500), (3) Qualitative leitfadengestützte Telefoninterviews von Patientinnen aus der Region Nordost (Stichprobe: 20) (4) Fokusgruppen mit Leistungserbringer (Stichprobe: 40), (5) Diskussionsrunden mit der Vertretern der ärztlichen Selbstverwaltung (Ärztekammern und Kassenärztliche-Vereinigungen der Region Nordost).
• Ergebnisse
Das Projekt startet zum 01.07.2017 und hat eine Laufzeit von 24 Monaten.
Die Ergebnisse beinhalten folgende Aspekte: (1) Beschreibung der aktuellen medizinischen Versorgungssituation mittelalter und älterer Frauen durch HÄ und Gyn in ländlichen Regionen, (2) Identifizierung von Möglichkeiten der Umverteilung ärztlicher Tätigkeiten (task shifting) in den Facharztgruppen bei drohendem Fachärztemangel, (3) Erfassung der Bereitschaft der mittelalten und älteren Frauen zur Teilnahme an einer entsprechenden Modellversorgung, (4) Konzeption eines Modellprojekts zur Versorgungsoptimierung dieser vulnerablen Zielgruppe in ländlichen Gebieten.
• Diskussion
Anhand der geplanten Analyse der aktuellen Versorgungssituation können Defizite in der GKV identifiziert und Empfehlungen erarbeitet werden. Die Berücksichtigung einer gerechten Verteilung der vorhandenen Gesundheitsressourcen beinhaltet in diesem Zusammenhang, die Interessen der Gruppen von mittelalten und älteren Frauen bereits prospektiv zu wahren und ihre künftige medizinische Betreuung zu sichern. Die Umwidmung von Tätigkeiten (task shifting) eröffnet durch eine verbesserte Zusammenarbeit der Facharztgruppen neue Perspektiven für die regionale Versorgung.
• praktische Implikationen
Die Umverteilung der Zuordnung von ambulanten Versorgungsleistungen zwischen HÄ und Gyn trägt zu einer Verbesserung von Versorgungsabläufen der ambulant-ambulanten Schnittstelle bei und ermöglicht darüber hinaus, den ambulant-stationären Übergang effektiver zu gestalten. Langfristiges Ziel ist die Übernahme der identifizierten Lösungsansätze in die Regelversorgung.
Hintergrund: Pflegebedürftige, die ambulant versorgt werden und in der eigenen Häuslichkeit wohnen, sind als vulnerable Gruppe für Defizite in der GKV‐Versorgung anzusehen. Im Projekt „Heimeintritt vermeiden“ soll unter anderem herausgefunden werden, welche Qualitätsmerkmale der GKV‐Versorg wichtig dafür sind, dass Menschen mit Pflegebedarf möglichst lange in der eigenen Häuslichkeit wohnen können. Als weitere Prädiktoren sollen Gesundheitszustand, Ausschöpfung von Rehabilitationspotentialen und Wohnsituation berücksichtig werden. Hierzu sollen GKV-Routinedaten und MDK‐Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit zusammen geführt und retrospektiv über 10 Jahren analysiert werden.
Fragestellung: Wie hoch ist der Anteil an Versicherten, denen die Pflegebegutachtungsdaten eindeutig (mittels deterministischer Verfahren) zugeordnet werden können? Wie viele Zuordnungen können mittels probalistischer Linkage-Verfahren zusätzlich vorgenommen werden?
Methode: Die Datengrundlage sind Routinedaten von AOK-Versicherten, die im Jahr 2006 65 Jahre oder älter waren und ambulante Pflegeleistungen nach dem SGB XI bezogen (N=157.677) sowie MDK-Erstgutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit von diesen Versicherten. Die Zusammenführung der beiden Datensätze erfolgte bisher deterministisch anhand der Merkmale Geburtsdatum, Geschlecht, Pflegestufe, Institutionskennzeichen der Pflege- und Krankenkasse sowie dem Bundesland. In einem zweiten Arbeitsschritt sollen ergänzend probalistische Verfahren eingesetzt werden.
Ergebnisse: Die Pflegebegutachtungsdaten konnten 54.801 Versicherten eindeutig zugeordnet werden (deterministisches Verfahren). In den meisten Bundesländern lag die Zuordnungsrate zwischen 42% und 58%, damit zeigten sich deutliche regionale Unterschiede. Keine Zuordnungen konnten für Versicherte aus Bayern und Baden-Württemberg vorgenommen werden, da das Geburtsdatum in den Gutachten-Daten nicht vorhanden ist. Zu einem geringeren Anteil gelang die Zuordnung für die Region „Hamburg-Schleswig Holstein“, mit 22% und für die Region „Bremen-Niedersachsen“, mit 35%. Versicherte, denen eindeutig Pflegebegutachtungsdaten zugeordnet werden konnten, sind im Durchschnitt 0,7 Jahre jünger als jene ohne Zuordnung, haben einen höheren Pflegebedarf (Pflegestufe 3 = 6,1% vs. 5,3% und Pflegestufe 2 = 28,2% vs. 24,4%) und sind häufiger männlich (42,3% vs. 33,4%). Weiterführende Ergebnisse sind durch den Einbezug von probalistischen Linkage-Verfahren zu erwarten. Diese liegen zum Kongress vor.
Diskussion: Die bisherigen Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Generalisierbarkeit der Ergebnisse auf alle Bundesländer für das Projekt „Heimeintritt vermeiden“ sorgfältig zu überprüfen ist.
Praktische Implikationen: Die Verwendung einzelner Datenquellen in Forschungsprojekten geht oftmals mit datenspezifischen Limitationen einher. Durch die Nutzung und Verknüpfung unterschiedlicher Datenkörper können dieser Limitationen verringert oder aufgehoben werden. Krankenkassenabrechnungsdaten liefern sehr genaue und zuverlässige Informationen über die Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen, aber nicht über die funktionale Gesundheit der Versicherten oder ihre Wohnsituation. Durch die Verknüpfung der Abrechnungsdaten von AOK-Versicherten mit deren Pflegebegutachtungsdaten können diese Limitationen im Projekt „Heimeintritt vermeiden“ umgangen und so neue Erkenntnisse generiert werden.
Hintergrund: Unter einer Versorgungsgemeinschaft werden Ärzte, Apotheken, Krankenhäuser und anderen Leistungserbringer zusammengefasst, die dieselben Versicherten versorgen. Der Grad der tatsächlichen Vernetzung der Leistungserbringer untereinander kann sehr unterschiedlich ausfallen. Im internationalen Kontext werden solche populationsorientierten ambulanten oder intersektoralen Netzwerke auch „Accountable Care Organisations“ genannt.
Fragestellung: Im Projekt „Heimeintritt vermeiden“, dass im Rahmen des Innovationsfonds gefördert wird, soll unter anderem die Frage untersucht werden, ob die Versorgungsqualität in Versorgungsgemeinschaften einen Einfluss auf die Zeitspanne vom Beginn der Pflegebedürftigkeit bis zum Eintritt in die stationäre Pflege hat. In diesem Kongressbeitrag wird den Fragen nachgegangen wie viele und welche Leistungserbringer sich in den Versorgungsgemeinschaften befinden, welche Charakteristika die Versorgungsgemeinschaften aufweisen und in welche Typen sie sich einteilen lassen.
Methode: Die Datengrundlage sind Routinedaten von AOK-Versicherten, die im Jahr 2006 65 Jahre oder älter waren und ambulante Pflegeleistungen nach dem SGB XI bezogen (N=157.677). Zur Anwendung kommen Methoden der Netzwerkanalyse.
Ergebnisse: Charakterisiert werden die Versorgungsgemeinschaften anhand typischer Merkmale aus der formalen Netzwerkanalyse: den Eigenschaften der Knoten (Art der Leistungserbringer, u.a.), den Eigenschaften der Beziehungen (Anzahl gleicher Versicherter=Beziehungsstärke) und den Eigenschaften der Netzwerkstruktur (z.B. Größe=Anzahl Leistungserbringer, Versicherte). Betrachtet werden soll auch die Verbundenheit einzelner Versorgungsgemeinschaften durch Leistungserbringer die in mehreren Versorgungsgemeinschaften vorkommen (v.a. Fachärzte und Krankenhäuser). Die Ergebnisse liegen erst zum Kongress vor.
Diskussion: Die Ergebnisse beschreiben Aspekte der Strukturqualität, die bei der Untersuchung des Zusammenhanges zwischen Versorgungsqualität und der Zeit bis zu einer möglicherweise eintretenden Heimversorgung - neben Aspekten der Prozess- und Ergebnisqualität - zu berücksichtigen sind.
Praktische Implikationen: Die Ergebnisse liefern einerseits tiefergehende Hinweise auf die Versorgungsstrukturen, die durch Pflegebedürftige genutzt werden. Sie stellen dabei vor allem heraus, wie vielfältig die Beziehungen zwischen den Leistungserbringern sind und quantifizieren so die Herausforderungen, die eine koordinierte Versorgung der Pflegebedürftigen mit sich bringt. Andererseits bilden die Ergebnisse die Grundlage für weitere Analysen der Versorgungsqualität von Versicherten mit Pflegebedarf. Die Vergleichsgruppen für die Beurteilung der Versorgungsqualität beinhalten, durch die Berücksichtigung dieses Analyseansatzes, alle faktisch zusammenarbeitenden Leistungserbringer. Da das Behandlungsergebnis oftmals von der Zusammenarbeit der Leistungserbringer und der Summe ihrer Leistungen mit abhängt lässt sich durch die Analyse solcher funktionaler Populationen das Behandlungsergebnis, das von allen beteiligten Akteuren erzielt wird beurteilen.
Hintergrund
Für gesetzlich krankenversicherte Personen mit einer nicht-heilbaren und fortschreitenden Erkrankung und einem Bedarf an besonders aufwändiger Versorgung besteht seit 2007 eine besondere Form der Palliativversorgung in der häuslichen oder familiären Umgebung, die sog. spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV). Vorrangiges Ziel ist neben der Linderung von Leiden, die bestmögliche Lebensqualität und Selbstbestimmung schwerstkranker Menschen bis zum Tode zu fördern und zu erhalten, ihnen ein würdevolles Leben bis zum Tod in ihrer gewohnten Umgebung zu ermöglichen, sowie Angehörige zu unterstützen.
Im Rahmen der SAPV-Richtlinie legt der G-BA Anspruchsvoraussetzungen, Inhalt und Umfang der Verordnungsleistungen der SAPV fest. Ebenso sind Leistungserbringer zu internen und externen qualitätssichernden Maßnahmen angehalten. Jenseits von Strukturdaten kann zur Versorgungsqualität allerdings keine Aussage gemacht werden. Des Weiteren wird in dieser Richtlinie auf die Berücksichtigung der besonderen Belange von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit lebenslimitierenden bzw. lebensbedrohlichen Erkrankungen hingewiesen, diese aber nicht näher konkretisiert. Aufgrund unterschiedlichen Alters- und Entwicklungsstands sowie oftmals seltener Diagnosen mit unterschiedlichsten Krankheitsverläufen weist diese Patientengruppe eine größere Heterogenität im Vergleich zu erwachsenen Betroffenen auf. Auch Familienmitglieder (insbesondere Eltern und Geschwister) bedürfen einer anderen Aufmerksamkeit.
Fragestellung und Zielsetzung
Am Beispiel des Bundeslandes Hessen werden in zwei Arbeitspaketen (AP) zwei Zielsetzungen bearbeitet:
AP 1 beschäftigt sich mit der Bestimmung des Begriffs der Versorgungsqualität im Kontext der SAPV aus Sicht der Betroffenen (erwachsene Patienten, deren Angehörige) bzw. der an der Versorgung beteiligten Experten. Auf Basis dieser ermittelten Definition bzw. Komponenten sowie einer Literaturrecherche zu bestehenden Instrumenten wird ein standardisiertes Instrument zur Erhebung und Abbildung der Versorgungsqualität entwickelt und evaluiert, das ggf. zudem zur Steuerung in Hinblick auf die Planung und Priorisierung der Versorgung beim einzelnen Patienten dienen kann.
In AP 2 werden Kriterien ermittelt, anhand derer sich die SAPV für Kinder und Jugendliche (SAPV-KJ) zur SAPV für Erwachsene abgrenzen lässt sowie die besonderen Belange dieser Patientengruppe näher beschrieben.
Methode
Dem Projekt liegt ein Mixed Methods-Design zugrunde. Den Schwerpunkt bilden offene sowie teilstandardisierte qualitative Interviews mit Betroffenen (Patienten, Angehörige) sowie Experten (SAPV-Mitarbeiter), zum Teil auch Fokusgruppen und teilnehmende Beobachtung. Die Fallzahl und Rekrutierung orientieren sich an den Prinzipien des ‚Theoretical Samplings‘“. Für die Datenanalyse kommen inhaltsanalytische Methoden in Anlehnung an die ‚Grounded Theory‘ infrage.
AP 1: Das auf Basis der Ergebnisse der qualitativen Daten sowie der systematischen Literaturrecherche entwickelte Erhebungs- und Dokumentations-Instrument wird zunächst durch wenige SAPV-Dienste in Hinblick auf Praktikabilität, Reliabilität und Validität pilotiert. Daran schließt sich die Implementierung in der Routineversorgung an, wobei mögliche Barrieren und fördernde Faktoren identifiziert sowie die Validität bestimmt werden sollen. Auch soll untersucht werden, ob es aus Sicht der Beteiligten Hinweise auf mögliche Auswirkungen der Anwendung des Instrumentes auf die Versorgungspraxis gibt. In den beiden letzteren Studienphasen finden quantitative wie auch qualitative Methoden Anwendung.
AP 2: Auf Basis der von der ‚European Association of Palliative Care (EAPC)‘ empfohlenen palliativmedizinischen Minimalstandards für eine gute pädiatrische Palliativversorgung wird zunächst ein schriftlicher Fragebogen entwickelt. Mit diesem soll bei Betroffenen und Experten erhoben werden, inwieweit aus ihrer Sicht die Durchführung der derzeitigen SAPV-KJ den empfohlenen EAPC-Standards entspricht. Die quantitative Datenauswertung erfolgt rein deskriptiv anhand statistischer Kenngrößen. Ausgehend von den Ergebnissen dieser Datenanalyse werden halbstrukturierte, eher narrative Interviews mit erkrankten Kindern, Jugendlichen und deren Angehörigen durchgeführt. Ebenso werden Leistungserbringer der SAPV-KJ interviewt. Ergänzend dazu sollen Fokusgruppendiskussionen und teilnehmende Beobachtungen bei den drei bestehenden SAPV-KJ-Teams in Hessen erfolgen.
Praktische Implikationen
Die Ergebnisse sollen die bisher vorhandenen Berichte zur Strukturqualität der SAPV um eine Darstellung der Prozess- und Ergebnisqualität ergänzen. Im Erfolgsfall stellt das Projekt eine Methode zur Verfügung, mit der die Qualität der SAPV in ganz Deutschland gemessen werden kann. Für die SAPV-Richtlinie sollen Empfehlungen formuliert werden, wie die besonderen Belange von jungen Patienten in Abgrenzung zu Erwachsenen berücksichtigt werden können.
Hintergrund:
Nach prolongierter intensivmedizinischer Behandlung leiden Patienten häufig unter chronischen körperlichen und psychischen Beschwerden, wie beispielsweise Muskelschwäche, Schluckbeschwerden, Depression und Angststörungen. Diese Beeinträchtigungen werden mit dem Begriff „Post Intensive Care Syndrom“ (PICS) zusammengefasst und gehen mit einer verminderten Lebensqualität und einer erhöhten Inanspruchnahme medizinischer Leistungen einher. Trotzdem werden die Folgeschäden nach prolongierter Intensivbehandlung bislang weder in der Forschung noch in der Versorgung ausreichend adressiert.
Ziel:
Ziele des Projektes sind die Entwicklung und die Pilotierung einer Intensiv-Nachsorge-Ambulanz.
Methoden:
Bei der geplanten Intensiv-Nachsorge-Ambulanz handelt es sich um eine sog. komplexe Intervention. Dem MRC (Medical Research Council)-Framework zur Entwicklung und Evaluation komplexer Interventionen folgend werden in einem ersten Schritt Bedarfe und Bedürfnisse von Patienten und ihren Angehörigen nach intensivmedizinischer Behandlung erfasst. Dies geschieht über qualitative Interviews mit Patienten und Angehörigen sowie über eine Schätzung der Inzidenz von Folgeerkrankungen und der Inanspruchnahme von medizinischen Leistungen nach Intensivtherapie anhand von Versorgungsdaten der AOK Bayern. Aufbauend auf den gewonnenen Erkenntnissen soll ein Konzept zur Intensiv-Nachsorge-Ambulanz entwickelt werden. Patienten, Angehörige und Versorger werden dabei aktiv in die Entwicklung dieser Ambulanz mit einbezogen. Das Konzept für die Intensiv-Nachsorge-Ambulanz wird in der Folge an einem Standort umgesetzt, um ein pragmatisches RCT zu pilotieren. Ziele des Pilot-RCTs sind die Überprüfung von Machbarkeit und vorläufiger Wirksamkeit der Intensiv-Nachsorge-Ambulanz. Zielgrößen sind Maße der psychischen und körperlichen Funktionalität.
Erwartete Ergebnisse:
Es ist zu erwarten, dass Patienten nach prolongierter Intensivtherapie einen spezifischen, bisher nicht ausreichend gedeckten Versorgungsbedarf aufweisen. Durch die Anwendung eines partizipativen Ansatzes in der Entwicklung der Intensiv-Nachsorge-Ambulanz soll ein Konzept resultieren, das neben objektiven medizinischen Bedarfen und auch den Bedürfnissen der Patienten entspricht.
Praktische Implikationen:
Wenn sich die Intensiv-Nachsorge-Ambulanz im Pilot-RCT als machbar und vorläufig effektiv in Bezug auf die psychische und körperliche Funktionalität der Patienten erweist, kann in einer größeren, multizentrischen Studie überprüft werden, wie wirksam diese ist. Die Intensiv-Nachsorge-Ambulanz hat das Potenzial, die Abläufe in der Versorgung von Patienten nach Intensivtherapie und so deren körperliche und psychische Gesundheit zu verbessern.
Hintergrund
Patientensicherheit stellt einen wichtigen Faktor der Qualität im Gesundheitswesen dar. Die im Rahmen von KOMPAS zu entwickelnde und zu testende komplexe Intervention für Mitarbeiter in interprofessionellen Behandlungsteams dient der Verbesserung der Patientensicherheit, indem Basiskompetenzen in den Themenbereichen Teamarbeit, Fehlermanagement und Patientenbeteiligung gefördert werden. Diese Basiskompetenzen werden in Lernzielkatalogen von APS und WHO zwar definiert, bislang fehlt jedoch ein evidenzbasiertes, interprofessionell einsetzbares Training in Deutschland, welche eine systematische Verknüpfung der Basiskompetenzen und die Vermittlung von Werkzeugen, Instrumenten, Strategien etc. zur Verbesserung dieser im Hinblick auf die Patientensicherheit beinhaltet.
Fragestellungen
Die Hauptfragestellung ist die Wirksamkeitsprüfung der Intervention in Bezug auf das primäre Outcome sicherheitsbezogenes Verhalten: Gelingt es, das sicherheitsbezogene Verhalten von akutmedizinischem Gesundheitspersonal mittels einer evidenzbasiert entwickelten, multimodalen, komplexen Trainingsintervention zu Basiskompetenzen in den Themenbereichen Teamarbeit, Fehlermanagement und Patientenbeteiligung positiv zu verändern?
Methode
Es handelt sich um eine multizentrische prospektive mixed-methods Interventionsstudie im frühen explorativen Stadium mit zwei Phasen: Ziel der ersten Phase ist es, ein komplexes multimodales interprofessionelles Trainingsprogramm, bestehend aus einer Kombination von eLearning und interprofessionellem verhaltensnahen Team-Präsenztraining für akutmedizinische Versorgungsteams zur Verbesserung der Patientensicherheit zu entwickeln. Des Weiteren wird ein Assessment für die Outcomes „sicherheitsbezogenes Verhalten bezüglich Teamarbeit, Fehlermanagement, Patientenbeteiligung“ (primär) sowie der Basiskompetenzen in den drei Themenbereichen (sekundär) zur Evaluation entwickelt. Ziel der zweiten Phase der Studie ist die Evaluation der Machbarkeit der Intervention, die Evaluation der Machbarkeit der Evaluationsmethodik inklusive der Wirksamkeit der Intervention. Diesbezüglich wird eine multizentrische cluster-randomisierte kontrollierte Pilotstudie mit dreiarmigen Design (eLearning vs. kombinierte Intervention vs. Wartekontrollgruppe) und drei Messzeitpunkten (vor der Intervention (prä), 3 Monate und 6 Monate nach der Intervention (2x post) durchgeführt.
Erwartete Ergebnisse
Theorie- und studienbasiert ist davon auszugehen, dass ein multimodales interprofessionelles Trainingsprogramm (eLearning und verhaltensorientiertes Präsenztraining) am effektivsten bezüglich der Kompetenzvermittlung ist, da kompetentes Handeln sowohl auf der Mobilisierung von Wissen (eLearning) als auch von praktischen Fähigkeiten bzw. Verhaltenskomponenten und sozialen Aspekten (Präsenztraining) beruht.
Diskussion
Die Intervention führt zu einer Verbesserung der Versorgungsabläufe sowie einer Verringerung von medizinischen Fehlern durch eine Verbesserung der Kommunikation im Team und mit den Patienten. Hierdurch kann eine Verbesserung von patientenorientierten Endpunkten durch weniger unerwünschte Ereignisse erzielt werden. Durch den Aufbau des sicherheitsbezogenen Verhaltens entsteht langfristig auch eine konstruktive Sicherheitskultur, welche als wichtigster Faktor zur langfristigen Erhöhung der Patientensicherheit angesehen wird.
Praktische Implikationen
Die Intervention ermöglicht eine standardisierte und qualitätsgesicherte breitflächige Vermittlung von Basiskompetenzen in den Themenbereichen Teamarbeit, Fehlermanagement und Patientenbeteiligung und trägt somit zur Verbesserung von Sicherheitskultur und sicherheitsbezogenem Verhalten in Behandlungsteams bei. Als Produkte stehen am Ende des Forschungsvorhabens ein eLearning sowie ein manualisiertes Team-Präsenztraining zur Verfügung, welches weiteren Kliniken zur Verfügung gestellt sowie für den Ausbildungssektor und andere Gesundheitsversorgungsbereiche adaptiert werden kann. Zudem können, im Sinne einer Dienstleistung, mittels Train-the-Trainer Konzept, interne Trainer für das Präsenztraining ausgebildet werden. Folglich kann die Intervention langfristig, kontinuierlich und flächendeckend zur Fortbildung von Krankenhauspersonal eingesetzt werden. Ebenfalls liegt ein innovatives umfassendes Evaluationsinstrumentarium vor, welches in Folgestudien eingesetzt werden kann.
Hintergrund
Die aktive Teilnahme an einem Fehlerberichts- und Lernsystem (CIRS) gilt als eines der wichtigsten Elemente des Fehler- und Risikomanagements für ambulante Arztpraxen und wird daher auch vom Gesetzgeber gefordert. Die reine Bereitstellung eines CIRS reicht allerdings erfahrungsgemäß nicht aus, sondern es werden flankierende Maßnahmen benötigt, damit CIRS und strukturiertes Fehlermanagement in der Praxis umgesetzt und gelebt wird.
Fragestellung
Auf Basis praxisnaher Analysen sollen Empfehlungen dahingehend entwickelt, erprobt und implementiert werden, wie Nutzungsbarrieren überwunden und Praxisteams in der ambulanten Versorgung für die Teilnahme an CIRS gewonnen werden können.
Methode
Zunächst erfolgt eine Evidenzrecherche durch 1. eine umfangreiche internationale Literaturrecherche, 2. eine Erhebung von systematischen Erfahrungsberichten zu bestehenden Berichtssystemen in Deutschland, England und weiteren Staaten sowie 3. eine quantitative Erhebung mittels Fragebogen in ca. 2000 Praxen in Westfalen-Lippe. Mit diesen Ergebnissen werden auf breiter Basis in einer bundesweiten Arbeitsgruppe Handlungsempfehlungen erarbeitet, wie die Nutzung von CIRS im ambulanten Bereich optimiert werden kann. Anschließend erfolgt die Praxisphase, in der diese Em¬pfehlungen in rund 400 ambulanten Praxen in mehreren Regionen implementiert werden.
Ergebnisse
Bis zum Kongress liegen erste Ergebnisse der Evidenzrecherche vor. Über die Arbeiten in der AG Handlungsempfehlung wird berichtet.
Diskussion
Internationale Erfahrungen zeigen Erfolgsfaktoren und Barrieren für den erfolgreichen Betrieb der Fehlermelde- und Lernsysteme. Die Übertragbarkeit und Relevanz für das deutsche Gesundheitssystem ist kritisch zu prüfen.
Praktische Implikationen
Niedergelassene Vertragsärzte sind laut QM-Richtlinie des G-BA verpflichtet, Fehlermel¬desysteme zu nutzen. Dafür stehen verschiedene Fehlerberichts- und Lernsysteme zur Verfügung, die öffentlich zugängig sind (www.cirs-nrw.de, www.jeder-Fehler-zaehlt.de, www.cirsmedical.de). Da jedoch die alleinige Bereitstellung nicht ausreicht, soll die Implementierungsstudie einen Machbarkeitsnachweis erzeugen, um durch spezifische Empfehlungen eine Umsetzung dieser Richtlinie in der Regelversorgung zu ermöglichen.
Hintergrund:
Bei der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV) und allgemeinen ambulanten Palliativversorgung (AAPV) handelt es sich um Versorgungsmodelle für Patienten mit Bedarf an palliativer Versorgung. Die SAPV wird nach einer Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) umgesetzt mit dem Ziel, unheilbar kranke Patienten am Ende des Lebens zuhause zu betreuen und ein Sterben dort zu ermöglichen. SAPV und AAPV gehen dabei als vernetzte Versorgungsangebote auf die Bedarfe von Patienten und Angehörigen ein.
Fragestellung:
Die GBA-Richtlinie zur spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV) soll in Nordrhein im Vergleich mit einer dort klar abgegrenzten und definierten allgemeinen ambulanten Palliativversorgung evaluiert werden. Dies geschieht, indem die Wirksamkeit der SAPV beschrieben wird, wie sie sich derzeit in Routinedaten, Meinungen der Versorger und direkten Patienten-orientierten Outcomes widerspiegelt, um daraus Empfehlungen für die Weiterentwicklung zu formulieren.
Methode:
Das Evaluations-Konzept umfasst die folgenden Module: (1.1) Retrospektive Analyse: Mittels Daten der AOK für Nordrhein (2014/2015) werden Patientencharakteristika, Versorgungswege, -dauer von SAPV beschrieben sowie Unterschiede in der Versorgung zu Patienten der AAPV und Regelversorgung im letzten Lebensjahr durch Paarlingsbildung (PS-Matching) analysiert. (1.2) Quantitativ wird die Einstellung und Verordnungspraxis der niedergelassenen Hausärzte und Onkologen in Bezug auf die SAPV (vs. AAPV oder Regelversorgung) untersucht. (2) Prospektiv wird die Wirksamkeit der SAPV im Vergleich zur AAPV und Regelversorgung anhand von Patienten-orientierten Qualitätsindikatoren aus der S3 Leitlinie „Palliativmedizin“ zur Symptomausprägung in je 3 städtischen vs. 3 ländlichen Regionen in Nordrhein analysiert mit (2.1) Entwicklung eines APP-basierten SAPV-Evaluations-Tools und (2.2) einer Vor-Ort-Befragung von Patienten und SAPV/AAPV-Teams.
Ergebnisse:
Das Vorhaben beginnt im Juni 2017. Das Evaluationsvorhaben wird als Ergebnis den IST-Zustand der SAPV/AAPV in Nordrhein als Modellregion in Deutschland retrospektiv darstellen und die Wirksamkeit dieses Versorgungsmodells prospektiv u.a. mittels Entwicklung eines Evaluierungstools evaluieren. Dieses Tool wird als (open source) App programmiert werden und damit frei verfügbar für eine Anwendung in anderen Regionen Deutschlands sein. Alle Arbeitspakete münden in die Erstellung einer Handlungsempfehlung zur Weiterentwicklung der SAPV ein, die die Versorgungssituation im Alltag verbessern möchte.
Diskussion:
Die Evaluation verfolgt einen Mix-Method Ansatz. Zentrales Ergebnis aber auch Diskussionspunkt wird die Frage nach den Einschlusskriterien in die SAPV sein. Von gesundheitspolitischem Interesse werden auch die Ergebnisse zum Vergleich der städtischen mit den ländlichen Regionen sein sowie mögliche Implikationen auf die stationäre Palliativversorgung.
Praktische Implikationen:
Aus den Ergebnisse der Teilprojekte werden zusammen mit weiteren externen Experten Handlungsempfehlungen für die Weiterentwicklung der SAPV konsentiert.
Hintergrund
Im Rahmen der Versorgungsforschung hat sich die Lebensqualität (LQ) als zentrales patientenberichtetes Outcome-Kriterium (PROM) neben primär klinischen Zielkriterien etabliert. Im Hinblick auf die Wirksamkeit von Telemedizin (TM), die auf eine Verbesserung der (gesundheitsbezogenen) LQ abzielt, zeigen Reviews inkonsistente Befunde. In methodischer Hinsicht werden zwar oft standardisierte Instrumente zur Erfassung der LQ eingesetzt, allerdings bilden diese Instrumente nicht hinreichend die wichtigsten Aspekte der intendierten Ergebnisse von TM-Anwendungen ab. Daher besteht Bedarf an einer elaborierteren konzeptuellen, operationalen und psychometrischen Fundierung des Konstrukts der LQ im Rahmen der TM-Versorgung.
Fragestellung
Das übergeordnete Ziel besteht darin, ein Verfahren zur Messung der LQ verfügbar zu machen, das in der TM-Versorgung eingesetzt werden kann. Hierfür soll ein Instrument entwickelt und geprüft werden, das die Aspekte der LQ erfasst, die durch TM-Anwendungen beeinflusst werden.
Methode
Studiendesign: Das Design umfasst einen explorativen Studienabschnitt mit Literaturreview und qualitativen Erhebungsmethoden (Entwicklung von Konzept und Instrument) und einen zweiten quantitativen Ansatz mit strukturiertem Assessment (Pilotierung und Validierung).
Datenerhebung: (1.) Systematische Literaturrecherche, um aus den etablierten (Ergebnis-) Definitionen von TM-Anwendungen einerseits sowie den bisher in TM-Studien eingesetzten PROMs andererseits bestehende Diskrepanzen zwischen Kriterien und Erfolgskontrollen abzuleiten. (2.) Interviews (n=30 Patient/inn/en; n=30 Professionelle), Fokusgruppen (6 Gruppen a 5 Patient/inn/en) unter Verwendung von semi-strukturierten Fragebögen, um Antworten und Diskussionen zu Erwartungen an, Erfahrungen mit und Bewertungen von TM-Anwendungen zu erfassen. (3.) Prätestung des Fragebogens mittels Cognitive Debriefing (n=30) sowie Pilotierung und Validierung des Instruments (je n=200 Patient/inn/en, mit n=100 je primärer Erkrankungsgruppe) für die psychometrische Überprüfung.
Datenanalyse: Für die Codierung des qualitativen Datenmaterials wird der inhaltsanalytische Ansatz von Mayring angewendet. Das resultierende Kategoriensystem soll in einem Experten-Workshop extern validiert werden. Das quantitative Datenmaterial der Pilotierungs- und Validierungs-Erhebung wird psychometrisch nach klassischer und moderner Testtheorie auf Item- und Skalenebene analysiert.
Ergebnisse
(1.) Patientenbezogene (Re-) Konzeptualisierung: Die Ergebnisse tragen dem Bedarf nach einer stärkeren konzeptuellen Elaborierung des Konstrukts der LQ im Kontext von TM-Anwendungen aus Patientenperspektive Rechnung. (2.) Settingsensitives Assessment: Spezifische Methoden erfassen zentrale Erwartungen und Erfahrungen der Patientinnen und Patienten bzgl. TM-Anwendungen sensitiver und können als integrierte oder zusätzliche Module der LQ-Erfassung eingesetzt werden. (3.) Versorgungsrelevante Evaluation: Im Ergebnis sind Evaluationen zum Einfluss von TM-Anwendungen auf LQ und andere PROMs valider und reliabler möglich.
Diskussion
Im Erfolgsfall kann die Erfassung der LQ in der TM zur Verbesserung dieser Anwendungen führen – zum Beispiel eine bessere auf den Einzelfall zugeschnittene Versorgung. Zudem können die Ergebnisse konkrete Ansatzpunkte liefern, wie dieses Verfahren für andere Bereiche weiterentwickelt werden kann. Infrage kommen hierfür jene Bereiche der Gesundheitsversorgung, in denen Monitoring-gestützte Anwendungen zum Einsatz kommen, etwa Telerehabilitation oder Telepflege.
Praktische Implikationen
Das Projekt ist auf eine Verbesserung patientenorientierter Endpunkte der telemedizinischen Versorgung sowie eine Optimierung der Patientenorientierung in der telemedizinischen Versorgung gerichtet und leistet zudem einen Beitrag für eine Verstärkung partizipativer Anteile der Versorgungsforschung.
Hintergrund:
Die symptomatische Therapie bei Nierenversagen ist die Dialyse. Zu den Nierenersatzverfahren zählen die Hämodialyse (HD), ein extrakorporales Verfahren, welches fast ausschließlich in Dialysezentren durchgeführt wird, und die Peritonealdialyse (PD), ein Verfahren, welches meist im häuslichen Umfeld von den Patienten selbst durchgeführt werden kann. Entsprechend der Angaben im Jahresbericht zur Qualitätssicherung in der Dialyse betrug die Anzahl ständiger GKV Dialysepatienten für 2014 ca. 71.000 (ca. 13.000 neue Dialysepatienten jährlich), wovon aktuell 5,4 Prozent zu den PD-Patienten und 93,9 Prozent zu den HD-Patienten zu zählen sind (1). Für die Mehrheit der Dialysepatienten stellt die PD eine mögliche Therapieoption dar (2) und laut Qualitätsvereinbarung gemäß §135 Abs. 2 SGB V sollten Verfahren, die im häuslichen Umfeld durchgeführt werden können, vorrangig durchgeführt werden (3). Obwohl für die Durchführung einer PD-Behandlung nur wenige absolute Kontraindikationen existieren (4) und die Mortalität bei beiden Verfahren etwa gleich hoch ist (5), kommt die PD, die den Patienten ein zeitlich selbstbestimmteres Leben und mehr Lebensqualität (6) ermöglicht in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern selten zur Anwendung (4).
Fragestellung:
Welche Faktoren ursächlich sind, dass so wenig terminal niereninsuffiziente Patienten per PD dialysieren und welche Rolle die verschiedenen Akteure (Patienten, Ärzte, Pflegepersonal, Kassen etc.) spielen, ist für Deutschland bisher nicht umfassend untersucht worden. Genau diese Wissenslücke soll mit dem beantragten Projekt geschlossen werden. Projektziele sind die Darstellung der aktuellen Versorgungssituation von Dialysepatienten auf regionaler Ebene, die Gegenüberstellung der unterschiedlichen Kosten und Kostenarten (HD vs. PD), sowie die Identifikation und das Gegenüberstellen der Einflussfaktoren, die die Entscheidung für bzw. gegen die PD beeinflussen.
Methode:
Um die Versorgungssituation von Dialyse-Patienten in Deutschland, sowohl regional als auch ökonomisch zu betrachten wird eine Sekundärdaten-basierte Analyse der Versorgungssituation durchgeführt. Datenbasis stellen die vertragsärztlichen Abrechnungsdaten gemäß §295 SGB V (ZI), sowie die Qualitätssicherungsdaten des KfH (QiN) und die GKV-Daten zweier kooperierender Krankenkassen dar. Hinzukommen im Sinne eines Mixed-Methods-Ansatzes qualitative Einzelinterviews mit Patienten und Fokusgruppen mit Nephrologen und Pflegekräften sowie quantitative Befragungen (standardisiert postalische). Anhand der qualitativen und quantitativen Daten, dieser Akteure werden mögliche Einflussfaktoren in der Erbringung der PD identifiziert und quantitativ ihre Verbreitung und Relevanz analysiert. Regressionsanalysen werden durchgeführt um den Einfluss der arzt-, pflege- und patientenseitigen Einflussfaktoren auf die abhängigen Variablen PD ja/nein und Einstellung zur PD zu erheben.
Praktische Implikationen:
Erwartet wird die Identifikation und quantitative Analyse der Einflussfaktoren, welche die Entscheidung für bzw. gegen eines der beiden Dialyseverfahren (HD vs. PD) beeinflussen, sowie die damit verbundenen Kosten. Aus den Ergebnissen des vorliegenden Forschungsvorhabens wird ein Maßnahmenplan mit praktischen Lösungen erarbeitet. Dabei können sich Lösungsvorschläge ergeben, die auf der organisationalen (interne und/ oder externe Organisationsstrukturen und –prozesse), sowie auf der individuellen Ebene (Arzt oder Patient) ansetzen. Aus der Studie könnte sich z.B. die Entwicklung einer Handlungshilfe für behandelnde Nephrologen oder für betroffenen Patienten ergeben. Die Veröffentlichung der Ergebnisse in nationalen wie auch internationalen Publikationen, so wie die Diskussion dieser mit den beteiligten Akteuren ermöglichen einen öffentlichen Diskurs zu diesem Thema und bereiten hierüber im Gespräch mit den Dialyseanbietern, den Kostenträgern sowie den weiteren Akteuren der Gesundheitsversorgung den Boden für gemeinsame Lösungsmöglichkeiten.
Quellen:
1. Potthoff, F., Münscher, C., Berendes, A., Weber, W.: Jahresbericht 2014 zur Qualität in der Dialyse. Münster 2015.
2. Francois K, Bargman JM: Evaluating the benefits of home-based peritoneal dialysis. International journal of nephrology and renovascular disease 2014; 7: 447–55.
3. Vereinbarung gemäß § 135 Abs. 2 SGB V zur Ausführung und Abrechnung von Blutreinigungsverfahren 2014.
4. Haag-Weber M: Peritonealdialyse - Eine Behandlung für fast alle Dialysepatienten? Dialyse aktuell 2013; 17: 310–4.
5. Lukowsky LR, Mehrotra R, Kheifets L, Arah OA, Nissenson AR, Kalantar-Zadeh K: Comparing mortality of peritoneal and hemodialysis patients in the first 2 years of dialysis therapy: a marginal structural model analysis. Clin J Am Soc Nephrol 2013; 8: 619–28.
6. Kutner NG, Zhang R, Barnhart H, Collins AJ: Health status and quality of life reported by incident patients after 1 year on haemodialysis or peritoneal dialysis. Nephrol. Dial. Transplant. 2005; 20: 2159–67.