Hintergrund: Die Erfassung subjektiver Indikatoren bei der Wirksamkeitsuntersuchung von Behandlungsmethoden hat sich in der klinischen Forschung etabliert (Fayers & Machin, 2016; Koller et al., 2009). Für die Versorgungsforschung ist die Messung patientenberichteter Outcomes wie Lebensqualität insoweit interessant, als dass ihr hiermit ein methodisches Werkzeug vorliegt, mit dem sich Versorgungsituationen beschreiben, Bedingungszusammenhänge aufdecken und Versorgungskonzepte evaluieren lassen (Koller et al., 2009). Zudem erhöht sich für Versorger*innen die Wichtigkeit der Erhebung patientenberichteter Outcomes durch die Implementierung der International Classification of Functioning, Disability and Health (ICF) (World Health Organization, 2001) mit ihrem zugrundeliegenden biopsychosozialen Modell von Gesundheit in die Praxis.
Neben dem allgemeinen Begriff der gesundheitsbezogenen Lebensqualität (HrQoL) existieren auch Teilkonstrukte wie die stimmbezogene Lebensqualität (VrQoL). Hierbei wird das subjektive Befinden im Fokus der Stimmfunktion betrachtet.
In Anbetracht der Fülle an Fragebögen zur Lebensqualität stehen Wissenschaftler*innen und Versorger*innen vor der Herausforderung, das für ihre Forschungsfrage bzw. ihren Fall geeignete Messinstrument zu finden.
Fragestellung: Welche Messinstrumente zur stimmbezogenen Lebensqualität (VrQoL) sind bislang verfügbar?
Methode: Im Rahmen des Forschungspraktikums eines versorgungswissenschaftlichen Studiengangs wurde ein systematisches Review durchgeführt. Dazu erfolgte die Suche nach geeigneten Artikeln in den Datenbanken PubMed, Web of Science und PsycINFO.
Es wurden jene Studien eingeschlossen, in denen mindestens ein Instrument zur quantitativen Erfassung der VrQoL angewendet wurde. Dieses sollte zudem standardisiert sein und als Self-Assessment vorliegen. Für kindliche Populationen wurden auch Studien mit Fragebögen als Proxy-Report, also als Einschätzung durch die Erziehungsberechtigten, inkludiert. Es wurden keine Einschränkungen hinsichtlich der untersuchten Population vorgenommen. Sowohl die Einschätzung der Sprech- als auch der Singstimme wurde berücksichtigt. Die Studienauswahl erfolgte dreistufig auf Titel-, Abstract- und Volltextebene. Zur Datenextraktion wurden die Studiencharakteristika (Untersuchungsgegenstand, Stichprobe, Studiendesign, Ergebnisse) sowie die identifizierten Instrumente und ihre Eigenschaften (Zielgruppe, Subskalen, Scoring, psychometrische Gütekriterien, Verfügbarkeit einer deutschen Version) erfasst. Ferner wurde festgehalten, welche der identifizierten Instrumente jeweils in den eingeschlossenen Studien eingesetzt wurde.
Ergebnisse: Die Suche ergab 1092 potentiell relevante Artikel, von denen 129 in die systematische Übersicht eingeschlossen wurden. Die am häufigsten untersuchten Populationen waren Menschen mit nicht näher bezeichneter Dysphonie (n = 38 Studien), Menschen nach Laryngektomie (n = 13 Studien) und Menschen mit Stimmlippenlähmung (n = 7 Studien). Die Anzahl an Studien, die die VrQoL bei Kindern untersucht haben, liegt bei n = 18.
Anhand der inkludierten Studien konnten 22 standardisierte Instrumente zur Messung der VrQoL identifiziert werden. Davon erfassen 17 die VrQoL bei Erwachsenen und 5 bei Kindern. Spezifische Instrumente liegen für folgende Populationen vor: Sänger, Erwachsene mit Stimmlippenlähmung, transsexuelle Menschen und – zur Berücksichtigung kultureller Aspekte – Menschen im Iran und in Indien.
Deutsche Versionen sind für 8 der 22 gefundenen Fragebögen verfügbar. Dazu zählen vier generische Instrumente für Erwachsene (davon drei Versionen unterschiedlicher Itemanzahl eines generischen VrQoL-Fragebogens), drei zur VrQoL der Singstimme sowie ein Assessment für Mann-zu-Frau-Transsexuelle.
Die innerhalb der eingeschlossenen Studien am häufigsten angewendeten Fragebögen sind zwei generische Instrumente.
Diskussion: Das systematische Review hat gezeigt, dass selbst bei einem so spezifischen Selbstbeurteilungskonstrukt wie der VrQoL das Phänomen einer hohen Auswahl an Instrumenten besteht, was die Bedeutung der Messung subjektiver Outcomes unterstreicht. Allerdings ist die Auswahl für den deutschsprachigen Raum überschaubar; mit geringerer Berücksichtigung spezifischer Populationen verglichen mit den verfügbaren englischsprachigen Assessments. Darüber hinaus fehlt es gänzlich an Instrumenten zur kindlichen VrQoL.
Praktische Implikationen: Die durchgeführte systematische Recherche gibt Forschenden wie Versorgenden im Bereich der Phoniatrie und Stimmtherapie einen Überblick zu bislang verfügbaren Messinstrumenten der VrQoL, um die Auswahl passend zur jeweiligen Forschungsfrage bzw. zur versorgenden Population zu erleichtern. Zudem deckt sie vor allem für den deutschsprachigen Raum den Bedarf an Entwicklung von Assessments und Forschung zur VrQoL auf.
Hintergrund: Die Erfassung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität ist als relevanter Gesundheitsindikator in der Medizin, so auch in der Dermatologie, akzeptiert und hat dort eine große Bedeutung erzielt. Chronische Wunden mit entsprechenden körperlichen und psychischen Auswirkungen sind mit erheblichen Einschränkungen der physischen, emotionalen und sozialen Lebensqualität Betroffener verbunden.
Ziel der Arbeit: Der vorliegende Artikel führt in das Konstrukt der Lebensqualität und ihre Messung ein. Es werden krankheitsspezifische deutschsprachige Messinstrumente für chronische Beinwunden vorgestellt sowie bisherige Ergebnisse zur krankheitsspezifischen Lebensqualität von Patienten mit chronischen Beinwunden dargestellt.
Methoden: Es wurde eine Literaturrecherche zu krankheitsspezifischer Lebensqualität bei Ulcera crurum und entsprechenden Messinstrumenten in Datenbanken wie MEDLINE und EMBASE durchgeführt.
Ergebnisse: Für den deutschsprachigen Raum liegen verschiedene psychometrisch geprüfte Instrumente zur Erfassung der krankheitsspezifischen Lebensqualität bei Menschen mit chronischen Wunden vor. Häufig eingesetzte Instrumente sind das „Freiburger Lebensqualitäts-Assessment Wunden“, die „Cardiff Wound Impact Schedule”, der „Würzburger Wundscore“ sowie der „Wound-QoL“. Anhand dieser Instrumente wurden erhebliche Einschränkungen der Lebensqualität bei Ulcera crurum belegt.
Diskussion: Die Erfassung der krankheitsspezifischen HRQoL bei Patienten mit chronischen Wunden ermöglicht wichtige Einblicke in die Versorgung und erlaubt es, Fortschritte in der Behandlung zu überprüfen und kann auch bei der Abwägung zwischen Behandlungsalternativen unterstützen. Daher wird eine systematische Erfassung der HRQoL im Rahmen der Versorgung von Patienten mit chronischen Wunden empfohlen, um basierend auf diesen Daten die Lebensqualität Betroffener bestmöglich zu verbessern.
Praktische Implikationen: Krankheitsspezifische Messinstrumente wie der FLQA-w, der CWIS, der WWS und der Wound-QoL stehen zur Erfassung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität von Patienten mit chronischen Wunden in Deutschland zur Verfügung. Es besteht insbesondere Forschungsbedarf im Hinblick auf Strategien zur Verbesserung der Lebensqualität von Patienten mit chronischen Wunden.
Hintergrund: Chronische spontane Urtikaria (CSU) ist eine häufige, subjektiv belastende und medizinisch herausfordernde Erkrankung. Über die Krankheitslast liegen in Deutschland nur wenige umfassende Studien vor.
Fragestellung: Wie können Patienten mit CSU hinsichtlich subjektiver Belastungen, Einbußen der Lebensqualität (LQ) und Therapiebedürfnissen charakterisiert werden?
Methode: Patienten mit klinisch gesicherter Diagnose einer CSU wurden in vier ambulanten Zentren (3x Hamburg, 1x Berlin) im Querschnitt auf klinische Merkmale, Krankheitslasten und Lebensqualität mit einem generischen (EQ-5D), einem dermatologiespezifischen (DLQI) und einem krankheitsspezifischen Lebensqualitätsinstrument (CU-Q2oL) untersucht.
Ergebnisse: Daten von n=105 Patienten wurden analysiert (Alter 43,9 ± 14,9 J.; 71,4 % weiblich). Quaddeln traten bei 60,0 % täglich oder fast täglich, bei 22,9 % mehrfach wöchentlich auf. 42,9 % litten häufig unter Schlafstörungen. Häufigster Trigger war nach Eigenangaben „Stress“ (51,4 %), gefolgt von physikalischen Einwirkungen (45,5 %), Medikamenten (42,9 %) und Schwitzen (32,4%). Der mittlere DLQI betrug 7,6 ± 6,7 (zum Vergleich: Neurodermitis 8,5, Vitiligo 7,0, Psoriasis 6,7 und Rosazea 4,3), wies aber bei 56,2 % mindestens eine Entfällt-Angabe auf, wodurch der Summenscore gemindert wird. Beeinträchtigungen im eigenen Leben aufgrund der Urtikaria erlebten die Patienten am stärksten durch juckende Haut (57,2 %), Scham und Verunsicherung (26,7 %) und bei der Kleiderwahl (24,8 %). Die LQ-Einbußen wurden von Patienten < 50 J. als signifikant höher eingeschätzt als von Patienten von 50 J. und älter. Der Gesamtwert des CU-Q2oL betrug im Mittel 39,5 ±18,4. Die am häufigsten auftretenden Probleme (Skala von 0=nie bis 4=sehr oft) waren dabei Juckreiz (MW 2,8 ± 1,0), Erkrankungszeichen und Quaddeln (2,6 ± 1,2), gefolgt von nächtlichem Aufwachen (2,2 ± 1,3) und Tagesmüdigkeit (1,8 ± 1,3). Der subjektive Gesundheitszustand (EQ VAS) lag bei 62,8 ± 20,7 (dt. Allgemeinbevölkerung 35-44 Jahre: 82,5).
Diskussion: Die CSU geht mit einem hohen Aufkommen patientenseitiger Belastungen in unterschiedlichen Bereichen einher. Auslöser sind aus Patientensicht nicht nur körperliche Umstände, sondern auch Umwelt- und Stressfaktoren.
Praktische Implikation: Die vielfältigen Belastungen und subjektiven Auslöser der Erkrankung sollten sich als individuelle Therapieziele in der Behandlung wiederfinden.
Hintergrund
Nicht-melanozytäre Hauttumore (non-melanoma skin cancer, NMSC) umfassen den Basalzellkrebs (BCC) und das Plattenepithelkarzinom (Stachelzellkrebs, SCC). Aktinische Keratosen (AK) werden als in situ Formen des SCC betrachtet. NMSC und AK sind gut behandelbar, stellen allerdings aufgrund der großen Anzahl von Patienten ein erhebliches Gesundheitsproblem dar. So werden jährlich rund 119.000 neue Erkrankungsfälle registriert, damit kommt NMSC in Deutschland 6,5mal häufiger vor als das maligne Melanom. Die Behandlung von NMSC und AK ist langwierig, nebenwirkungsreich und kostenintensiv. Es muss angenommen werden, dass NMSC und AK mit Einbußen hinsichtlich der Lebensqualität (LQ) einhergehen. Weiterhin kann man davon ausgehen, dass das Erkrankungskontinuum von AK zu NMSC auch seine Entsprechung in dem Ausmaß an beeinträchtigter LQ hat. Zu beiden Punkten liegen im deutschsprachigen Raum keine belastbaren Daten vor.
Fragestellung
Ziel dieses Projekts ist die strukturierte und qualitätsgesicherte Erhebung von LQ-Daten bei einer großen Gruppe von Patienten mit NMSC und/oder AK. Die aktuelle Auswertung untersucht den Effekt des Krankheitsverlaufes von AK zu SCC auf die LQ.
Methode
Es handelt um eine nicht-interventionelle, prospektive, multizentrische Fragebogen-basierte Querschnittsstudie. Zwischen Oktober 2015 und Februar 2016 wurden 1,994 Patienten mit AK, BCC und/oder SCC deutschlandweit in 29 Behandlungseinheiten (Krankenhaus/Praxis) rekrutiert. Patienten gaben Auskunft zur LQ (EQ-5D-5L) sowie zur Soziodemografie (Alter, Geschlecht usw.). Die klinische Basisdokumentation (Krankengeschichte, Diagnose, Behandlung) erfolgte durch den behandelnden Arzt.
Der Effekt des Krankheitsverlaufes auf die LQ wurde mittels ANCOVA (Kovarianzanalyse) untersucht. Dabei wurden die folgenden drei Patientengruppen unter Berücksichtigung des Geschlechts und Alters hinsichtlich des EQ Index (Range: -.21 [schlecht] bis 1.00 [gut]) verglichen: AK vs. SCC vs. AK plus SCC.
Die Studie wurde der Ethikkommission der Universität Regensburg angezeigt und in der Datenbank des Deutschen Netzwerks für Versorgungsforschung registriert (VfD_NMSC-QoL_15_003624).
Ergebnisse
Patienten
Insgesamt wurden 580 Patienten in die aktuelle Auswertung eingeschlossen. Das mittlere Alter lag bei 72 Jahren (SD = 11, Range = 32 bis 95). Der Großteil der Patienten war männlich (66%, n = 381) und befand sich zum Messzeitpunkt im Ruhestand (73%, n = 421).
Die Verteilung der Diagnosen war wie folgt: 81% (n = 468) AK, 5% (n = 32) SCC und 14% (n = 80) AK plus SCC.
LQ-Unterschiede zwischen Patienten mit verschiedenen Diagnosen
Patienten mit AK berichteten signifikant höhere EQ Index-Werte (m = .89, 95% CI = .88, altersadjustiert) als Patienten mit AK plus SCC (m = .82, 95% CI = .78, altersadjustiert) (p = .002). Ältere Patienten berichteten signifikant geringere LQ als jüngere Patienten (p < .001).
Diskussion
Es handelt sich um die umfangreichste Studie mit der höchsten Fallzahl zum Thema LQ von Patienten mit NMSC und/oder AK. Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass ein Krankheitsverlauf von AK zu AK plus SCC mit LQ-Einbußen einhergeht.
Praktische Implikationen
Ärzte sind dazu angehalten, die Behandlung und Begleitung von Patienten AK mit großer Sorgfalt durchzuführen, um ein Fortschreiten zu verhindern.
Hintergrund
Körperliche Aktivität nach Brustkrebs hat nachweislich positive Effekte u.a. auf das Fatigue-Syndrom, die Lebensqualität und vermutlich auch auf die Lebenserwartung (Holmes et al., 2005; Mustian, 2017). Viele Frauen nach einer Brustkrebserkrankung reduzieren während und nach der Behandlung den Umfang an körperlicher Aktivität und behalten diesen bewegungsarmen Alltag oftmals bei (Bock et al., 2013; Broderick et al., 2013). Die medizinische Rehabilitation verfolgt das Ziel, diese Frauen in der Aneignung eines körperlich aktiven Lebensstils nachhaltig zu unterstützen. Die Reha-Therapiestandards „Brustkrebs“ der Deutschen Rentenversicherung fordern hierfür, dass mindestens 75% der Rehabilitandinnen während der Rehabilitation Bewegungstherapie in einem zeitlichen Umfang von vier Stunden pro Woche erhalten (DRV Bund, 2016). Es liegen Hinweise vor, dass Frauen nach einer an einer medizinischen Rehabilitation, ein Jahr nach der Operation körperlich aktiver sind als Frauen ohne Rehabilitations-Aufenthalt (Bock et al., 2013, Kähnert et al., 2013). Um jedoch ein körperlich aktives Verhalten zu beginnen und dauerhaft aufrecht zu erhalten, braucht es u.a. eine starke Zielintention und Selbstwirksamkeit (Fuchs et al., 2007). Ziel des Beitrages ist es herauszufinden, ob sich der Umfang der sportlichen Aktivität durch den Einfluss der medizinischen Rehabilitation verändert und ob nachweisbare Veränderungen hinsichtlich Zielintention und Selbstwirksamkeit erzielt werden.
Methodik
Im Rahmen einer aktuellen prospektiven kontrollierten bi-zentrischen Studie zur Wirksamkeit einer Schulung zur nachhaltigen Bewegungsförderung, wird der Effekt der Rehabilitation auf die Kontrollgruppe überprüft. Die Datenerhebung erfolgt zu vier Messzeitpunkten (Reha-Beginn=T0, Reha-Ende=T1, 6- (T2) und 12-Monats-Katamnese=T3). Die Zielgruppe besteht aus Rehabilitandinnen mit der Hauptindikation „Mammakarzinom“, welche in zwei kooperierenden Reha-Einrichtungen im Zeitraum April 2015 bis Oktober 2016 die Standardversorgung der medizinischen Rehabilitation erhielten und durch eine Vorauswahl als sportlich inaktiv während des letztens Monats identifiziert wurden (<60 Min/Wo). Primäres Zielkriterium ist die sportliche Aktivität (BSA-Fragebogen; Fuchs et al., 2015). Sekundäre Parameter sind die Zielintention (Seelig & Fuchs, 2006) und die spezifische Selbstwirksamkeit (Krämer & Fuchs, 2010). Die Auswertung der Sportaktivität erfolgte deskriptiv mit den dazugehörigen Konfidenzintervallen (95% CI). Die sekundären Zielkriterien wurden anhand von t-Tests auf bestehende Mittelwertsunterschiede geprüft. Außerdem wurde ein logistisches Regressionsmodell für die sportliche Aktivität sechs Monate nach Klinikentlassung berechnet. Die Einwilligung zur Teilnahme war freiwillig und die Befragung erfolgte verschlüsselt. Vorgestellt werden Ergebnisse für den Nachbeobachtungszeitraum von sechs Monaten nach Entlassung aus der Rehabilitationsklinik.
Ergebnisse
Es liegen Antworten von n=315 Rehabilitandinnen (55% Klinik A, 45% Klinik B) vor. Das Durchschnittsalter der Frauen beträgt 56 Jahre (SD=9,7). Der durchschnittliche Umfang an sportlicher Aktivität liegt zum ersten Messzeitpunkt (T0) bei 10 Min/Wo (95% CI=7-13 Min/Wo), zum Ende des Rehabilitationsaufenthaltes (T1) sind die Befragten 200 Min/Wo (95% CI=182-218 Min/Wo) sportlich aktiv. Sechs Monate nach Reha-Ende (T2) geben die Frauen an, 84 Min/Wo (95% CI=71-97 Min/Wo) sportlichen Aktivitäten nachzugehen. Der Anteil der sportlich aktiven Frauen im zeitlichen Verlauf ist der Abbildung 1 zu entnehmen. Die Zielintention nimmt vom ersten (M=3,8; SD=1,1) zum zweiten Messzeitpunkt (M=4,0; SD=1,0; t(362)=5,6; p=.001) signifikant zu, fällt allerdings zum dritten Messzeitpunkt (T2), sechs Monate nach Reha-Aufenthalt (M=3,5; SD=1,5; t(237)=-2,7; p=.007), bis unter den Ausgangswert zurück. Die spezifische Selbstwirksamkeit (Initiierungs-, Aufrechterhaltungs- und Wiederaufnahme-Selbstwirksamkeit) steigt während des drei-wöchigen Reha-Aufenthaltes ebenfalls signifikant an (T0: M=3,5; SD=1,2; T1: M=3,8 (SD=1,0); t(362)=5,3; p=.000). Im weiteren Verlauf fallen die Werte aber auch zum Ausgangsniveau zurück (T2: M=3,3; SD=1,4; t(239)=-1,1; p=.281). Bei besserer Lebensqualität und einem höheren Umfang der Sportaktivität zum Zeitpunkt T1, nimmt die Wahrscheinlichkeit zu, auch nach sechs Monaten sportlich aktiv zu sein.
Diskussion und Fazit
Sechs Monate nach Klinikentlassung sind fünf von zehn der zuvor sportlich inaktiven Frauen sportlich aktiv, was die mittelfristige Wirkung der Standard-Rehabilitation bestätigt. Aber auch fünf von zehn Frauen sind wieder sportlich inaktiv. Das spricht für die Entwicklung spezieller Angebote für diese Zielgruppe zur nachhaltigen Unterstützung eines körperlich-sportlich aktiven Lebensstils.
Förderung: Deutsche Rentenversicherung Bund
Bock, C., Schmidt, M. E., Vrieling, A., Chang-Claude, J., Steindorf, K. (2013): Walking, bicycling, and sports in postmenopausal breast cancer survivors-results from a German patient cohort study. Psycho-Oncology, 22. 1291-1298.
Broderick, J. M., Hussey, J., Kennedy, M. J., O'Donnell, D. M. (2013): Testing the 'teachable moment' premise: does physical activity increase in the early survivorship phase? Supportive Care in Cancer, 22. 989-997.
Deutsche Rentenversicherung Bund. (2016): Reha-Therapiestandards. Brustkrebs. URL: http://www.deutsche-rentenversicherung.de/Allgemein/de/Inhalt/3_Infos_fuer_Experten/01_sozialmedizin_forschung/downloads/quali_rehatherapiestandards/Brustkrebs/rts_brustkrebs_download.pdf?__blob=publicationFile&v=18, Abruf: 26.10.2016.
Fuchs, R. (2007): Das MoVo-Modell als theoretische Grundlage für Programme der Gesundheitsverhaltensänderung. In: Fuchs, R., Göhner, W., Seelig, H. (Hrsg.): Aufbau eines körperlich-aktiven Lebensstils: Theorie Empirie und Praxis. Göttingen: Hogrefe. 317-326.
Fuchs, R., Klaperski, S., Gerber, M., Seelig, H. (2015): Messung der Bewegungs- und Sportaktivität mit dem BSA-Fragebogen: Eine methodische Zwischenbilanz. Zeitschrift für Gesundheitspsychologie, 23. 60-76.
Kähnert, H., Exner, A.-K., Leibbrand, B., Biester, I., Gharaei, D.,Niehues, C., Trapp, M. (2013). Bewegungsförderung von Brustkrebspatientinnen: Ergebnisse der INOPStudie sechs und zwölf Monate nach Abschluss einer stationären Rehabilitation. In Deutsche Rentenversicherung Bund (Hg.) 2013 – 22. Rehabilitationswissenschaftliches Kolloquium, 360-361.
Krämer, L., Fuchs, R. (2010): Barrieren und Barrierenmanagement im Prozess der Sportteilnahme. Zeitschrift für Gesundheitspsychologie, 18. 170-182.
Mustian KM, Alfano CM, Heckler C, Kleckner AS, Kleckner IR, Leach CR, Mohr D, Palesh OG, Peppone LJ, Piper BF, Scarpato J, Smith T, Sprod LK, Miller SM. Comparison of Pharmaceutical, Psychological, and Exercise Treatments for Cancer-Related FatigueA Meta-analysis. JAMA Oncol. Published online March 02, 2017. doi:10.1001/jamaoncol.2016.6914
Seelig, H., Fuchs, R. (2006): Messung der sport- und bewegungsbezogenen Selbstkonkordanz. Zeitschrift für Sportpsychologie, 13. 121-139.
Hintergrund: Im Rahmen des Projektes „Gestaltungskompetenz als Innovator für hochzuverlässige Organisationen im Gesundheitssystem“ – (kurz: GIO) wird auf die Etablierung einer Sicherheitskultur in Krankenhäusern abgezielt. Der Fokus des Projektes ist es, Krankenhauspersonal zu befähigen nachhaltige, hochzuverlässige Gesundheitsorganisationen zu schaffen. Den theoretisch-konzeptuellen Hintergrund für GIO bilden dabei Modelle hochzuverlässiger Organisationen („High Reliability Organizations“– HROs) sowie der Patientensicherheit, in Kombination mit der Gestaltungskompetenz, die im Bereich der „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ etabliert ist. Bislang existieren allerdings erst wenig bzw. keine Erkenntnisse über die Verknüpfungsmöglichkeiten und Anknüpfungspunkte der Kompetenzen und Kompetenzanforderungen in den drei Teilbereichen HROs, Patientensicherheit und Gestaltungskompetenz.
Fragestellung: In der ersten Projektphase wird entsprechend folgende forschungsleitende Fragestellung untersucht: Welcher Kompetenzen und Kompetenzanforderungen bedarf es, um die Mitarbeiter*innen in Krankenhäuser/ in Gesundheitsorganisationen zu befähigen, im Sinne einer Sicherheitskultur zu wirken und diese aktiv zu gestalten?
Methode: Zur Identifikation solcher Kompetenzen und Kompetenzanforderungen wurden in den jeweiligen drei Teilbereichen systematische Literaturrecherchen durchgeführt. Für HRO und Patientensicherheit wurde in den einschlägigen Datenbanken des gesundheits- und pflegewissenschaftlichen Bereichs (PubMed, CINAHL und COCHRANE) gesucht. Nach der Festlegung einer Suchstrategie und diversen Einschlusskriterien je Teilbereich wurden die Suchergebnisse auf Titel- und Abstractebene sowie schließlich im Rahmen einer Volltextanalyse von zwei Personen bewertet. Für den Bereich HRO konnten 91 Publikationen inkludiert werden, in denen Kompetenzen bzw. anforderungen benannt wurden. Im Bereich Patientensicherheit wurden 51 Publikationen sowie zehn Kompetenzkataloge eingeschlossen. Aus den einzelnen Publikationen wurden anschließend die benannten Kompetenzen und Kompetenzanforderungen extrahiert und hinsichtlich inhalts- bzw. bedeutungsgleicher Begrifflichkeiten systematisiert.
Ergebnisse: Im Unterschied zur Patientensicherheit wurden die Kompetenzen und Kompetenzanforderungen einer HRO im Allgemeinen und einer HRO im Gesundheitsbereich im Speziellen bis dato nur unzureichend detailliert aufgearbeitet. Auf Basis der systematischen Analysen lassen sich eine Vielzahl von Kompetenzanforderungen und auch Kompetenzen bestimmen, die deutliche Überlappungsbereiche aufweisen. Mit der Zusammenführung dieser beiden Ergebnisse liegt nun ein umfassendes Kompetenzraster vor, das die Grundlage darstellt, Mitarbeiter*innen zu befähigen, im Sinne einer Sicherheitskultur in hochzuverlässigen Gesundheitsorganisationen zu wirken
Diskussion/ Praktische Implikationen: Die systematische Literaturrecherche zeigte, dass der Stand der Kompetenzentwicklungsforschung im Bereich hochzuverlässiger Organisationen erst rudimentär bzw. für den Gesundheitsbereich gar nicht erforscht ist. Es besteht ein erheblicher Forschungsbedarf bei der Untersuchung und Identifikation der Kompetenzen zur Etablierung einer Sicherheitskultur im Gesundheitsbereich. Das entwickelte Kompetenzraster erweitert um den Ansatz der Gestaltungskompetenz könnte hierbei einen Beitrag zum besseren Verständnis sowie der nachhaltigen Implementierung einer Sicherheitskultur im Gesundheitswesen leisten.
Hintergrund
Zehn bis zwanzig Prozent aller Schwangerschaften enden im ersten Trimenon in einem frühen Schwangerschaftsverlust (FSV, auch Fehlgeburt genannt), dieser somatisch meist unkomplizierte Vorgang geht für viele Frauen mit einer erhöhten psychischen Belastung einher. In Deutschland wird zur Versorgung des FSV vermutlich überwiegend ausschließlich eine operative Behandlung angeboten (Hosang, 2013; Vitzthum et al., 2006), während eine Auswahl zwischen einem abwartendem, einem medikamentösem oder einem operativen Vorgehen möglich wäre (ACOG 2015). Über die Versorgungspräferenzen betroffener Frauen ist bisher kaum etwas bekannt.
Dieser Beitrag ist die erste quantitative Präferenzerhebung bei Frauen mit FSV unter Einbeziehung psychologischer Leistungskriterien der Versorgungsoptionen. Die Ergebnisse könnten für die Einbeziehung der Präferenzen bei der Informationsbereitstellung und der Auswahl der zur Verfügung stehenden Versorgungsalternativen mit entsprechenden Implikationen auf verschiedenen Ebenen des Gesundheitssystems genutzt werden.
Fragestellung
Dieser Beitrag stellt die Präferenzen der Nutzerinnen bei der Versorgung von FSV in Deutschland anhand einer Stichprobe dar und zeigt auf, welche Leistungsaspekte der Versorgungsoptionen für die Nutzerinnen relevant sind.
Methode
Zur Ermittlung möglicherweise relevanter Leistungskriterien wurde eine systematische Literatur-recherche zu Nutzen und Schaden der Versorgungsoptionen und zu vorhandenen qualitativen und quantitativen Präferenzerhebungen bei FSV durchgeführt. Durch ein Fokusgruppeninterview wurden die aus der Literatur ermittelten Leistungskriterien in Ihrer Übertragbarkeit auf Deutschland getestet.
Unter Anwendung eines Analytic Hierarchy Process (AHP) wurde anhand der Präferenzaussagen von 37 Teilnehmerinnen eine Gewichtung und Rangreihung der Leistungskriterien vorgenommen. Die in telefonischen Interviews erhobenen Daten wurden mit Hilfe der Consistency Ratio (CR) auf ihre Güte überprüft und anhand von Daten mittels der Think Aloud Methode ergänzt. Der AHP ist neben der Conjoint Analyse (CA) eines von zwei Multi Criteria Decision Analysis Verfahren (MCDA), welche das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG) zur Messung von Patientenpräferenzen erprobt hat.
Ergebnisse
Anhand der Literaturrecherche zeigte sich keine medizinische Überlegenheit einer der Versor-gungsoptionen. Es konnten zwölf für Nutzerinnen relevante Leistungskriterien aus der Literatur extrahiert werden. Sie wurden von den Teilnehmerinnen in der folgenden absteigenden Rangfolge gewichtet: (1) Psychische Belastungen vermeiden,(2) Vermeiden einer operativen Nachbehandlung, (3) Die Fehlgeburt als natürlicher Prozess erleben, (4) Komplikationen und Nebenwirkungen vermeiden, (5) Verletzungen an Uterus/Zervix vermeiden, (6) Behandlung im Krankenhaus vermeiden, (7) Unsicherheit wann die Fehlgeburt abgeschlossen ist vermeiden, (8) Einen kurzen Zeitraum bis zur abgeschlossenen Fehlgeburt haben, (9) Eine Bluttransfusion vermeiden, (10) Vermeiden den Fötus zu sehen, (11) Medikamentennebenwirkungen vermeiden und (12) Belastungen durch Schmerzen/Blutung vermeiden.
Diskussion
Die Ergebnisse zeigen, welche Kriterien für betroffene Frauen besonders bedeutsam oder wenig bedeutsam sind. Sie lassen vermuten, dass die Entscheidung für eine Versorgungsmethode bei betroffenen Frauen vor allem abhängig von subjektiv bewerteten psychologischen Belastungen der jeweiligen Methode ist. Unter Einbeziehung von psychologischen Leistungskriterien in die Präferenzmessung zeigt sich eine andere Rangreihung der Leistungskriterien, als bei vorhandenen Präferenzmessungen mit ausschließlich somatischen Kriterien (Petrou & McIntosh, 2009; Ryan & Hughes, 1992).
Zum Teil wurden in der vorliegenden Studie die unterschiedlichen aus der Literatur bekannten CR-Grenzwerte überschritten. Es kam jedoch nur zu einem sehr geringen Tausch der Ränge in der Stratifizierung nach CR-Grenzen. Die Ränge der Kriterien waren damit insgesamt stabil. Bei der Stichprobe handelt es sich um eine nicht repräsentative Gelegenheitsstichprobe. Der Stichprobenumfang ist ausreichend für stabile Ergebnisse des AHP, jedoch nur eingeschränkt aussagekräftig in Hinblick auf weitere Analysen.
Praktische Implikationen
Es liegen keine validen Daten zum Versorgungsangebot von frühen Schwangerschaftsverlusten in Deutschland vor. Auf Grund des großen Wunsches der Teilnehmerinnen über alle Versorgungsoptionen informiert zu werden und eine informierte individuelle Entscheidung treffen zu können, erscheint eine Rangreihung der vorliegenden Versorgungsoptionen nicht sinnvoll. Im Gegensatz zu England und den USA gibt es in Deutschland keine Leitlinie zum FSV und auch keine Nutzerinneninformation zu den Versorgungsoptionen. Als bedeutsam identifizierte Leistungskriterien könnten bei deren Erstellung berücksichtigt werden.
Introduction
Many pregnant women are dealing with complaints caused by hormonal and musculoskeletal changes. Turning to non-pharmacological treatments, acupuncture is one of several alternatives promising relief like massage, relaxation, exercise, or yoga. Acupuncture is part of Traditional Chinese Medicine and based on the stimulation of specific points on the body surface, the acupuncture points. For insertion into the skin, the most traditional procedure uses thin, solid, metallic needles which are manipulated manually. Acupuncture is used for diagnostic and/or therapeutic purposes in the case of reversible diseases or disorders that impact the function of the organism. A normal treatment consists of insertion of a varying number of needles up to 30 which are removed after 20-30 minutes. During pregnancy, the therapist must avoid certain acupuncture points that are supplying the cervix and the uterus and are used to induce labor.
Objectives
Our aim was to critically appraise the best available evidence for traditional needle acupuncture treatment of pregnancy-related conditions in ambulatory care.
Methods
We searched Medline via PubMed, The Cochrane Library, and DARE for systematic reviews, meta-analyses, and Health Technology Assessments in November 2015 and updated our searches in March 2017. We included unselected or low-risk pregnant women of all ages and at any stage of pregnancy treated by needle acupuncture compared to standard care, no treatment, placebo, or sham acupuncture in an ambulatory setting. As outcome of interest, we considered course of pregnancy, labor pain, nausea, retching, vomiting, back pain, and adverse events. Methodological quality was assessed by the AMSTAR checklist. Two reviewers independently screened titles, abstracts, and full-texts and decided about the eligibility of articles; data extraction and quality assessment was cross-checked.
Results
We included five systematic reviews fulfilling our predefined criteria. They compared traditional acupuncture to sham acupuncture, usual care, or any exercise. The evidence was based on single studies showing a benefit by acupuncture treatment concerning evening pelvic pain, pelvic and low back pain, nausea, functional disability, and sleep quality and insomnia. Due to the heterogeneity of interventions and outcome parameters, data pooling was not possible.
Conclusion
The methodological quality of the systematic reviews in general was good but the single studies on acupuncture included small sample sizes with additional methodological flaws. Therefore, the evidence in favor of acupuncture compared to sham acupuncture, usual care, or any exercise for relief of pregnancy-related conditions is very limited.
Hintergrund: Melanom-Patienten (MP) haben einen hohen indikationsbezogenen Informationsbedarf, dem häufig nicht adäquat entsprochen werden kann. Zumeist sind begrenzte zeitliche Ressourcen im Arzt-Patienten-Gespräch (APG) oder Diskrepanzen in der Kommunikation zwischen Arzt und Patient Gründe für Informationsdefizite. Krebspatienten nutzen deshalb, vor oder über das APG hinaus, weitere Informationsquellen. In der S3-Leitlinie Melanom wird zudem geraten, das APG durch die Nutzung von geeignetem Informationsmaterial zu unterstützen oder den Patienten geeignete Angebote für die Information in Eigeninitiative zu empfehlen.
Fragestellung: Vergleich der Empfehlungen von Informations- und Hilfsangeboten durch Ärzte und die Nutzung solcher durch MP.
Methode: In einer multizentrischen Querschnittsstudie, an 27 durch die Deutsche Krebsgesellschaft zertifizierten Hauttumorzentren, wurde zwischen Juli und Oktober 2016 eine Befragung unter MP zu ihrem Informationsbedarf und -verhalten durchgeführt. Parallel dazu wurden auch die Ärzte zertifizierter Hauttumorzentren im Rahmen eines Online-Surveys zu Empfehlungen von Informations- und Hilfsangeboten im APG befragt. Ergebnisse der deskriptiven Datenauswertung beider Befragungen werden vorgestellt.
Ergebnisse: Bei einer Rücklaufquote von 54% konnten die Angaben von insgesamt 529 MP (44% weiblich, 61% > 55 Jahre, 67% mit Metastasierung) ausgewertet werden. An der Ärztebefragung beteiligten sich 90 Ärzte und Ärztinnen (61% weiblich, 49% < 40 Jahre, 76% Facharzt). 58% der befragten MP gaben an, sich Hinweise zu verlässlichen Informations- und Hilfsangeboten durch ihren Arzt zu wünschen und 91% der Ärzte gaben an, solche im APG zu empfehlen. Mit wiederum 91% werden am häufigsten Patientenbroschüren empfohlen, gefolgt von Selbsthilfegruppen (58%) und Krebsberatungsstellen (48%). Auf das Internet wird mit 23% vergleichsweise selten verwiesen. Als konkrete Angebote wurden am häufigsten der Blaue Ratgeber Hautkrebs (40%; Deutsche Krebshilfe), Der schwarze Hautkrebs (14%; MSD) und die Patientenleitlinie Melanom (11%; AWMF) genannt. 63% der MP nannten das Internet und 58% Patientenbroschüren als ihre erst- oder zweitwichtigste mediale Informationsquelle (IQ). Unter diesen Medien ist den MP mit 43% der Blaue Ratgeber am bekanntesten, gefolgt von der Patientenleitlinie (24%) und dem Online-Angebot www.hautkrebs-screening.de (23%). Über 90% der befragten MP gaben jedoch an, die Angebote von Selbsthilfegruppen und Krebsberatungsstellen gar nicht zu nutzen.
Diskussion: Der Arzt als Vermittler von verlässlichen Informations- und Hilfsangeboten spielt für MP eine zentrale Rolle, die die überwiegende Mehrheit der befragten Mediziner auch wahrnimmt. Die Versorgung mit schriftlichen Patienteninformationen ist dabei am stärksten etabliert. Offensichtlich besteht jedoch eine Diskrepanz zwischen Empfehlungen und Nutzung anderer Angebotsformen. Wäh-rend die meisten MP als mediale IQ das Internet nutzen, werden konkrete Online-Angebote eher selten durch die Ärzte empfohlen. Fraglich ist hingegen, warum die Angebote von Selbsthilfegruppen und Krebsberatungsstellen durch MP sehr selten in Anspruch genommen werden, während eine Kontaktaufnahme durch betreuende Ärzte doch recht häufig empfohlen wird.
Praktische Implikationen: Da das Internet als IQ für MP weiter an Bedeutung gewinnt, besteht auf ärztlicher Seite Optimierungsbedarf hinsichtlich der Empfehlungen verlässlicher Online-IQ. Das Informationsangebot im Internet ist jedoch schnelllebig und unübersichtlich und macht eine systematische Bestandsaufnahme sowie qualitative Evaluation erforderlich, deren Resultate für Ärzte und Patienten zugänglich sein sollten. Des Weiteren besteht Untersuchungsbedarf zur Diskrepanz zwischen den ärztlichen Empfehlungen und der Nutzung der Angebote von Selbsthilfegruppen und Krebsberatungs-stellen durch MP. Beide Institutionsformen leisten zur Unterstützung anderer Krebspatienten sowie deren Angehöriger (z.B. psychische, finanzielle und rechtliche Beratung, Erfahrungsaustausch, Krankheitsbewältigung) einen großen Beitrag und sollten auch stärker in die Versorgungsstrukturen von MP eingebunden werden.
Hintergrund
Frauen mit einer pathogenen BRCA1- oder BRCA2-Mutation haben ein signifikant erhöhtes Risiko an Brust- und Eierstockkrebs zu erkranken. Ein positiver Genbefund ist daher mit einer Reihe schwieriger Entscheidungen verbunden. Gesunde Mutationsträgerinnen müssen überlegen, welche präventive Handlungsalternative sie zur Reduktion ihres Erkrankungsrisikos anstreben möchten. Als Handlungsalternativen werden ein intensiviertes Brustkrebs-Früherkennungsprogramm sowie prophylaktische Operationen angeboten. Frauen, die bereits an Brustkrebs erkrankt sind, müssen darüber hinaus die Prognose der Tumorerkrankung in ihre Entscheidung miteinbeziehen.
Die Gentestung ist in Deutschland in ein gezieltes Beratungs- und Betreuungskonzept eingebettet, das von der individuellen Risikovorhersage bis zum Angebot präventiver Maßnahmen reicht und in persönlichen Arzt-Patienten-Gesprächen erfolgt. Zusätzlich wird schriftliches Informationsmaterial eingesetzt. Strukturierte Angebote, die Ratsuchende gezielt darin unterstützen, zu einer informierten und auf die persönlichen Werte und Einstellungen ausgerichteten Entscheidung zu kommen, fehlen in Deutschland derzeit jedoch noch. Internationale Erfahrungen sind nur bedingt auf das deutsche Gesundheitssystem und die Haltung und Einstellungen von Frauen in Deutschland übertragbar.
Fragestellung
Entwicklung zweier Entscheidungshilfen für gesunde bzw. einseitig an Brustkrebs erkrankte Frauen mit pathogener BRCA1/2-Mutation, die vor der Entscheidung stehen, welche präventive Handlungsalternative sie wählen sollen und wann für sie der richtige Zeitpunkt ist.
Methodik
Die Entwicklung der Entscheidungshilfen orientiert sich methodisch am Ottawa Decision Support Framework (O´Connor & Jacobsen 2003, O'Connor 2006). Zur Qualitätssicherung, insbesondere in Hinblick auf die Darstellung der Inhalte (verständlich, ausgewogen, vollständig), den Entwicklungsprozess und die Evaluation werden die IPDAS-Kriterien (IPDAS 2005; Elwyn 2006) herangezogen. Die inhaltliche Ausarbeitung basiert auf der aktuell verfügbaren wissenschaftlichen Evidenz und folgt den Maßgaben der evidenzbasierten Medizin.
Rohversionen beider Entscheidungshilfen werden in separaten Fokusgruppen jeweils für gesunde und an Brustkrebs erkrankte BRCA1/2-Mutationsträgerinnen diskutiert und in Einzelinterviews mit klinischen Experten bewertet. Diese Ergebnisse dienen der Überarbeitung und Weiterentwicklung. Die überarbeiteten Entscheidungshilfen werden im Rahmen der kognitiven Prätestung (Lewis 2010) hinsichtlich Verständlichkeit, Anwendbarkeit und Akzeptanz getestet. In Anschluss werden die finalisierten Entscheidungshilfen im Rahmen einer randomisiert-kontrollierten Studie evaluiert.
Ergebnisse/Diskussion
Für die zu entwickelnden Entscheidungshilfen wurden im ersten Schritt folgende Kernelemente festgelegt:
1) Darstellung der Kernfrage und Ziel der Entscheidungshilfe
2) Evidenzbasierte Informationen zu familiärem Brust- und Eierstockkrebs einschließlich Risiken, präventiven Handlungsoptionen, Information zu Brustwiederaufbau nach Mastektomie und Gegenüberstellung der Handlungsoptionen mit Vor- und Nachteilen
3) Klärung der eigenen Werte und Präferenzen in Bezug auf die verschiedenen Handlungsoptionen
4) Informationen zur weiteren Unterstützung
Erste Zwischenergebnisse zur Entwicklung der Entscheidungshilfen werden präsentiert und diskutiert.
Praktische Implikationen
Im Anschluss an die Entwicklung, Pilotierung und Evaluation sollen die Entscheidungshilfen bundesweit in den Zentren des Deutschen Konsortiums Familiärer Brust- und Eierstockkrebs sowie in den kooperierenden Brustzentren als strukturiertes Angebot zur Entscheidungsunterstützung von Frauen mit pathogener BRCA1/2-Mutation etabliert werden.
Hintergrund:
Onkologische Behandlungen sind häufig mit starken Begleiterscheinungen verbunden, unter denen Patienten sowohl während als auch nach Abschluss der Therapie leiden. Möglichkeiten zur Symptomlinderung und Steigerung der Lebensqualität versprechen sich Patienten durch Methoden aus dem Bereich der Komplementärmedizin (KM), wobei es für einige dieser Maßnahmen auch positive Evidenz gibt (z.B. Akupressur, Aromatherapie). Für die systematische Implementierung dieser Maßnahmen in onkologische Tageskliniken fehlen bislang Ergebnisse aus randomisiert-kontrollierten Studien im entsprechenden Versorgungssetting. Vor diesem Hintergrund wurde die CONGO (Complementary Nursing in Gynecologic Oncology)-Studie mit einer begleitenden Prozessevaluation durchgeführt.
Fragestellung:
Auf Basis der verfügbaren Literatur und den Erfahrungen der teilnehmenden Pflegekräfte wurde eine komplexe komplementärmedizinische pflegebasierte Intervention entwickelt, bestehend aus 3 Komponenten: 1) KM-Pflegemaßnahmen, 2) ressourcenorientierte Beratung 3) KM-Informationsmaterial. Diese wurde in zwei unterschiedlichen onkologischen Versorgungssettings (Nationales Centrum für Tumorerkrankungen Heidelberg, Städtisches Klinikum Karlsruhe) implementiert. Primäres Ziel war es, den Nutzen dieser Intervention bei Patientinnen mit gynäkologischen Tumoren unter Chemotherapie (CHT) hinsichtlich ihrer Lebensqualität (QoL) im Vergleich zur Routineversorgung zu untersuchen.
Methode:
Insgesamt 251 Patientinnen mit den Diagnosen Brustkrebs und anderen gynäkologischen Tumoren (z.B. Ovarial-Ca) wurden vor Beginn ihrer CHT randomisiert in die Studie eingeschlossen.
Patientinnen der Interventionsgruppe (IG) erhielten die o.g. Intervention durch speziell geschulte Pflegefachkräfte. An der Routineversorgung der Patientinnen aus der Kontrollgruppe (KG) wurde nichts verändert. Die gesundheitsbezogene QoL wurde mit dem EORTC-QLQ-C30 wöchentlich während der gesamten CHT (max. 24 Wochen) im Patiententagebuch erhoben. Zusätzlich fand eine Erhebung von anderen patientenrelevanten Outcomes (PROs) wie z.B. Fatigue, Übelkeit, Schmerz, Ängstlichkeit/Depression, Selbstwirksamkeit, Patientenkompetenz zu den Messzeitpunkten T1 (Beginn der CHT), T2 (Mitte der CHT), T3 (Ende der CHT) und zum follow-up T4 (6 Monate nach der CHT) mit validierten Instrumenten statt. Ergänzend wurden gesundheitsökonomische und prozessanalytische Daten erhoben, letztere um Barrieren und/oder förderliche Faktoren für die Implementierung zu identifizieren und die quantitativen Ergebnisse ggf. besser interpretieren zu können. Die quantitativen Daten wurden mithilfe gemischter linearer Modelle über den Zeitverlauf untersucht.
Ergebnisse:
Insgesamt konnten Daten von 231 Patientinnen für die ITT-Analyse verwendet werden. Die Mehrheit des Samples hatte eine positive Grundeinstellung zu KM, jedoch hatten die IG-Patientinnen mehr Vorerfahrung mit diesen Methoden. Das Gesamtsample hatte einen Altersdurchschnitt von 52.2 ± 11.9 Jahren, 84.2% wurde wegen Brustkrebs und 15.8% wurde aufgrund anderer gynäkologischer Tumorerkrankungen behandelt. 85.9% der Patientinnen wurden kurativ versorgt.
Zum Zeitpunkt T3 (primäre Analyse) war kein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Gruppen bzgl. der Lebensqualität zu sehen. Jedoch zeigte sich ein signifikanter Gruppenunterschied zum Zeitpunkt T4 (sekundäre Analyse) mit höheren Werten in der IG (p < 0.0095). Auch bei den anderen Symptom- und Funktionsbereichen des EORTC-QLQ-C30 finden sich keine Gruppenunterschiede zum Zeitpunkt T3, jedoch zeigen sich auch hier im follow-up wieder signifikante Unterschiede. Patientinnen in der IG leiden signifikant weniger an Fatigue (p < 0.03) und Atemnot (p < 0.048) und fühlen sich insgesamt emotional besser (p < 0.011). In weiteren Analysen wurden außerdem die Zusammenhänge zwischen der QoL und den EORTC-Subskalen untersucht. Es zeigten sich teilweise starke Abhängigkeiten. Weitere quantitative wie auch prozessanalytischen Analysen werden derzeit durchgeführt.
Diskussion:
Die getestete supportivtherapeutische Intervention besitzt das Potential, die Lebensqualität nach einer Tumorbehandlung bei Krebspatientinnen auf längere Sicht signifikant zu verbessern. Überraschend ist, dass sich der Effekt erst im follow-up nachweisen lässt. Der zeitweise Rückgang der QoL zu T3 könnte darauf zurückzuführen sein, dass die Patientinnen über den langen Zeitraum der CHT zu oft mit der QoL-Thematik konfrontiert wurden und sich dieses in einer Veränderung des Bewertungshintergrundes (response shift) niederschlug.
Praktische Implikationen:
Komplementärmedizinische Beratung und Anwendungen können die Supportivtherapie bei onkologischen Patienten unterstützen und wirken langfristig positiv bei den Patienten nach. Um eine qualitativ hochwertige und umfassende Versorgung in onkologischen Zentren zu gewährleisten, sollten onkologische Pflegekräfte komplementärmedizinische Therapieansätze kennen und diese bedarfsgerecht in den Versorgungsalltag integrieren.
Hintergrund: Ein niedriger sozioökonomischer Status (SES) ist bei kardiovaskulären Erkrankungen, malignen Tumoren und nach schweren Traumen mit einer höheren Mortalität assoziiert. Neben dem SES können weitere soziodemographische Faktoren wie Geschlecht, Versichertenstatus oder Wohnortgröße die Erkrankungsschwere und Behandlungsdauer im Rahmen einer intensivmedizinischen Behandlung beeinflussen. In der ECSSTASI-Studie wurden diese Parameter erstmalig prospektiv in Deutschland erfasst [1].
Fragestellung: Wie sind die soziodemographischen Charakteristika von Patienten einer operativen Intensivstation mit Erkrankungsschwere, Verweildauer, Beatmung und sozialer Unterstützung durch Angehörige assoziiert?
Material und Methoden: Im Rahmen der ECSSTASI-Studie wurde das Patientenkollektiv einer operativen Intensivstation über 12 Monate rekrutiert und bezüglich des SES untersucht. Eine zusätzliche Analyse befasste sich mit dem Einfluss von Geschlecht, Versichertenstatus, Haushaltsgröße, Staatsangehörigkeit und Wohnortgröße auf die Erkrankungsschwere (Sequential Organ Failure Assessment Score [SOFA-Score]), die Intensivbehandlungs-(≥5 Tage) und Beatmungsdauer (28 Ventilator-free days Score [28-VFDS]) sowie das Ausmaß sozialer Unterstützung durch Angehörige (Häufigkeit von Besuchen >0,5 pro Tag). Nach Zustimmung durch die Ethikkommission wurden 996 Intensivpatienten eingeschlossen. Die Datenerhebung erfolgte mittels Datenextraktion aus dem Patientendaten-Managementsystem (MetaVision®) sowie strukturierten Patienten- bzw. Angehörigeninterviews. Es wurden multivariate adjustierte Regressionsanalysen durchgeführt. Wir berichten Odds Ratios mit 95% Konfidenzintervallen.
Ergebnisse:
Das Durchschnittsalter der untersuchten Kohorte betrug 62 Jahre, 64% der Patienten waren männlich, der mittlere Body Mass Index (BMI) war erhöht (BMI 26,2 kg/m²). Bei Aufnahme auf die Intensivstation war der Schweregrad der Erkrankung (SOFA-Score>5) bei Frauen signifikant geringer (OR: 0,62 [0,45-0,87]). Eine steigende Wohnortgröße der Patienten war mit einer signifikant kürzeren Behandlungsdauer auf der Intensivstation verknüpft (p=0,019) im Vergleich zu kleinen Wohnorten. Eine steigende Anzahl von Personen im Haushalt bedeutete ein signifikant erhöhtes Risiko, länger beatmet zu werden (28-VFDS <22: p = 0.028) im Vergleich zu 1-Personen-Haushalten. Privatversicherte Patienten (OR 1,87 [1,28-2,70]), Patienten aus Haushalten mit ≥4 Personen (OR: 1,92 [1,1-3,33]) und Patienten ohne deutsche Staatsbürgerschaft (OR: 2,56 [1,39- 4,55]) wurden signifikant häufiger besucht.
Diskussion:
Neben dem SES sind soziodemographische Merkmale mit dem Behandlungsverlauf in der Intensivmedizin assoziiert. Das Ausmaß sozialer Unterstützung durch Angehörige hängt von individuellen Patientenmerkmalen ab.
Praktische Implikationen:
Eine weitergehende und wertende epidemiologische Analyse dieser Befunde ist erforderlich. Weiterführende prospektive Studien zum Einfluss soziodemographischer Charakteristika auf die intensivmedizinische Behandlung sind notwendig.
Literatur:
[1] Bein T, Hackner K, Zou T, Schultes S, Bösch T, Schlitt HJ, Graf BM, Olden M, Leitzmann M. Socioeconomic status, severity of disease and level of family members' care in adult surgical intensive care patients: the prospective ECSSTASI study. Intensive Care Med. 2012 Apr;38(4):612-9.
Hintergrund
Für Patienten mit hochgradiger Aortenklappenstenose, die aufgrund ihres Alters oder Multimorbidität ein hohes Operationsrisiko tragen, konnte mit der kathetergestützten Aortenklappenkorrektur (transcatheter aortic valve implantation, TAVI) eine vielversprechende Alternative zum herzchirurgischen Eingriff etabliert werden. Daten hinsichtlich der mittelfristigen Prognose in Abhängigkeit präinterventionell bestehender Gebrechlichkeit (Frailty) sowie körperlicher Leistungsfähigkeit liegen für Deutschland bislang nicht vor.
Fragestellung
Das Ziel vorliegender Studie war, präinterventionelle Prädiktoren unter Berücksichtigung der Gebrechlichkeit für die Gesamtmortalität von Patienten innerhalb eines Jahres nach TAVI zu ermitteln.
Methodik
Zwischen 10/2013 und 07/2015 wurden 344 Patienten präinterventionell in die prospektive multizentrische Studie eingeschlossen. Ein Frailty Index (Score bestehend aus Barthel-Index, Instrumental Activities of Daily Living, Mini Mental State Exam, Mini Nutritional Assessment [MNA], Timed Up and Go [TUG] und subjektiver Mobilitätsverschlechterung), Lebensqualität (SF-12), Ängstlichkeit und Depressivität (HADS) sowie die körperliche Leistungsfähigkeit im 6-Minuten Gehtest (6MWT) wurden vor der Intervention erhoben. Zusätzlich wurden soziodemographische, klinische und funktionelle Daten, Komorbiditäten, die Art des Eingriffs sowie peri-/postinterventionelle Komplikationen dokumentiert. 11 Patienten sind peri-/postinterventionell verstorben, sodass die Daten von 333 Patienten (80,1±5,1 Jahre, 44,1% Männer) analysiert werden konnten. Der Vitalstatus wurde ca. 12 Monate nach TAVI telefonisch bzw. über die Einwohnermeldeämter ermittelt. Prädiktoren wurden mittels binärer logistischer Regression berechnet.
Ergebnisse
Während des Follow-Up von 381,0±41,9 Tagen verstarben 46 (13,8%) Patienten. Diese waren im Vergleich zu den Überlebenden älter (82,3±5,0 vs. 80,6±5,1 Jahre; p=0,035) und wiesen eine höhere Anzahl von Komorbiditäten (2,6±1,4 vs. 2,1±1,3; p=0,026), insbesondere Diabetes mellitus (60,9% vs. 44,6%; p=0,040), sowie eine geringere linksventrikuläre Ejektionsfraktion auf (51,0±13,6 vs. 54,6±10,6%; p=0,048). In der multivariaten Analyse waren als Einzelkomponenten des Frailty-Index ein schlechter Ernährungsstatus (MNA: OR 0,83 pro 1 Pkt., CI 0,72-0,95; p=0,006) wie auch eine schlechte Mobilität (TUG ≥ 10 - < 20 sek.: OR 5,12, CI 1,64 - 16,00; p=0,005) mit einem erhöhten Mortalitätsrisiko behaftet. Darüber hinaus zeigten der EuroSCORE (OR 1,04 pro 1 %, CI 1,01-1.06; p=0,002) und ein Diabetes mellitus (OR 2,17, CI 1,10-4,32; p=0,026) einen prädiktiven Wert hinsichtlich der Gesamtmortalität nach einem Jahr.
Diskussion
Die vorliegende Untersuchung konnte präinterventionell erhobene Parameter als Prädiktoren für die Ein-Jahres-Gesamtmortalität für Patienten nach kathetergestützter Aortenklappenkorrektur identifizieren. Als Einzelkomponenten der Gebrechlichkeit kam dabei dem Ernährungsstatus sowie der Mobilität eine unabhängige Bedeutung zu. Diesen Parametern sollten neben dem EuroSCORE und einem Diabetes mellitus bei der Entscheidung des Heart-Teams über Therapiewege bei multimorbiden und hochaltrigen Patienten mit schwerer Aortenklappenstenose Beachtung geschenkt werden. Sie sollten ebenso, neben klinischen Parametern, bei der Planung postinterventioneller Therapieangebote wie der Rehabilitation Berücksichtigung finden.
Praktische Implikationen
Einzelne Komponenten der Gebrechlichkeit sollten bei hochaltrigen Patienten mit kathetergestützter Aortenklappenkorrektur sowohl prä- als auch postinterventionell untersucht werden, um ggf. notwendige Therapien einleiten und eine individualisierte Patientenversorgung gewährleisten zu können.
Hintergrund: Deutschlandweit leiden etwa 2 Millionen Menschen an Psoriasis und etwa 800.000 Menschen an chronisch spontaner Urtikaria. In der Therapie dieser Erkrankungen kommen Biologika gemäß aktueller Leitlinie bei schweren Erkrankungsformen zum Einsatz. Aktuelle Studien zeigen jedoch, dass ein signifikanter Anteil der Betroffenen keine adäquate Therapie erhält. Entsprechende Studien, die die Versorgung von Patienten mit schweren dermatologischen Erkrankungen gemäß Leitlinie im niedergelassenen Bereich und etwaige Barrieren untersuchen, gibt es bislang jedoch kaum.
Fragestellung: Gibt es Hürden bei der Behandlung und der Versorgung von Patienten mit schweren dermatologischen Erkrankungen gemäß aktueller Leitlinie bei Ärzten im niedergelassenen Bereich, welche vor allem für die flächendeckende Versorgung essentiell sind?
Methode: Im Rahmen einer nicht-interventionellen Querschnittstudie wurde ein standardisierter Fragebogen an niedergelassene Dermatologen in Bayern (n = 499) verschickt. Die Studie wurde von der zuständigen Ethikkommission genehmigt. Die Selektion der Ärzte erfolgte über eine Listung bei der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns. Jede dort gelistete Praxis und alle dort praktizierenden Dermatologen qualifizierten sich für eine Teilnahme. Der anonymisierte Fragebogen beinhaltete unter anderem Fragen zum Einsatz von Biologika und möglichen Anwendungsschwierigkeiten bei der Patientenbehandlung.
Ergebnisse: Es nahmen insgesamt 136 bayerische Dermatologen (53 Frauen, 83 Männer; 53,2 8,45 Jahre) an der Studie teil. Der Anteil der mit Biologika behandelten Patienten lag bei mittelschwerer bis schwerer Psoriasis bei 13,7% und bei chronisch spontaner Urtikaria bei 6,91%. Die größten angegebenen Hürden („mäßige/starke Barriere“) bei der Verschreibung stellten für Ärzte die hohen Therapiekosten (64,7%), die geringe Vergütung (62,5%) und die Angst vor möglichen Regressforderungen (52,9%) dar. Eine ungenügende wissenschaftliche Evidenz oder eine ungenügende Effizienz der Medikamente wurden von den meisten Teilnehmern (86,0% und 83,1%) als keine Barriere angegeben.
Diskussion: Erste Ergebnisse, die auf die Therapiekosten und eine ungenügende Vergütung als mögliche Barriere bei deutschen Ärzten hinwiesen, konnten in dieser Zielgruppe umfassend bestätigt werden.
Praktische Implikation: Eine Evaluation des Umgangs mit Biologika und etwaiger Barrieren soll zu einer langfristigen Optimierung der Patientenversorgung gemäß aktueller Leitlinie beitragen und eine Identifikation potentieller Ansatzpunkte für eine flächendeckende Optimierung der medizinischen Versorgung von Patienten mit schweren Hauterkrankungen ermöglichen.
Hintergrund
Die Partizipation von Patientinnen und Patienten ist für die Entwicklung von Forschungsideen in der Gesundheitsforschung wesentlich. Bislang existieren allerdings nur wenige Informationen über die Wünsche von Betroffenen bezüglich der Diabetes-Forschung. Es gibt erste Hinweise, dass die Themen der aktuellen Diabetesforschung nicht den Patientenpräferenzen entsprechen.
Fragestellung
Was sind die Bedürfnisse und Wünsche von Menschen mit Diabetes mellitus in Nordrhein-Westfalen (NRW) für den Bereich der Diabetesforschung?
Methode
Mit 26 Erwachsenen mit Diabetes mellitus Typ 1 (n=16) oder Typ 2 (n=10) (9 männlich, 17 weiblich; Alter: Mittelwert [MW] 59 Jahre, Standardabweichung [SD] ± 12,5 Jahre; Dauer der Erkrankung: MW 21 ± SD 17,7 Jahre) aus NRW wurden 5 moderierte Fokusgruppen in großstädtischen und ländlichen Regionen durchgeführt und digital audiodokumentiert. Die Transkripte wurden in einem multidisziplinären Team inhaltsanalytisch ausgewertet.
Ergebnisse
Der Wunsch nach Entlastung im Alltag und nach Unabhängigkeit von Ernährung und Equipment z.B. auf Reisen wurde in allen Fokusgruppen thematisiert. Forschung zu technischen Geräten, selbstdenkenden Systemen und Messverfahren, die Blutzuckerwerte einfach und zu jeder Zeit verlässlich liefern, wurde häufig angeregt. Forschung zu Therapieansätzen wurde im Bereich der künstlichen Bauchspeicheldrüse, der medikamentösen Stabilisierung der Blutzuckerwerte und der Insulinapplikation ohne Spritze vorgeschlagen. Forschung auf dem Gebiet der Zugänglichkeit von verständlichem Wissen und der Prävention von Diabetes waren ebenso häufig genannte Themen. Verbesserung der Selbstmanagementfähigkeiten sowie Verhinderung von Folgeerkrankungen und auch Grundlagenforschung waren seltener angesprochene Themen.
Diskussion
Betroffene haben – sichtbar an der Alltagsbetonung in den Forschungsbereichen Technik/Messen, Alltagseinfachheit, Prävention und therapeutische Ansätze – eher kurzfristig umsetzbare Problemlösungen im Blick. Um die Nennung der Forschungsziele zu quantifizieren, bilden die Ergebnisse der qualitativen Studie die Grundlage für die Konstruktion von Items für einen Fragebogen, der für eine repräsentative Befragung eingesetzt werden soll.
Praktische Implikationen
Zukünftig können Menschen mit Diabetes mellitus die Möglichkeit erhalten, sich bei der Initiierung von Forschungsvorhaben konkret mit einzubringen. Die aktuelle Forschung kann so dahingehend beeinflusst werden, dass diese sich gezielter an den Fragen und Bedürfnissen der Betroffenen orientiert.