Hintergrund: Aus Deutschland liegen bisher 3 retrospektive Untersuchungen zur Inzidenz von Epilepsien bei Kindern und Jugendlichen vor, alle 3 Studien sind älter als 25 Jahre. Es gibt nur eine prospektive Studie zu dieser Thematik, die 1999/2000 in Mannheim und Heidelberg durchgeführt wurde. Anfang 2014 wurde die aktuelle Definition einer Epilepsie von der International League Against Epilepsy (ILAE) unter dem Titel „A practical definition of epilepsy“ publiziert: „Epilepsy is a disease of the brain defined by any of the following conditions: 1. At least two unprovoked (or reflex) seizures occurring > 24 h apart. 2. One unprovoked (or reflex) seizure and a probability of further seizures similar to the general recurrence risk (at least 60%) after two unprovoked seizures, occurring over the next 10 years. 3. Diagnosis of an epilepsy syndrome.” Fragestellung: Ziel dieser prospektiven Studie war es, die Inzidenz von Epilepsien und die relative Häufigkeit von speziellen Epilepsiesyndromen bei Kindern und Jugendlichen in Göttingen auf der Basis der aktuellen Epilepsie-Definition aus 2014 und der Epilepsie-Klassifikation der ILAE aus dem Jahr 2010 zu ermitteln. Methoden: Unter den Patienten der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin der Universitätsmedizin Göttingen wurden auf Basis der Eintragungen im Untersuchungsbuch des EEG-Labors (Zeitraum: 01.01.2014 - 31.12.2014) diejenigen Patienten ermittelt, bei denen das EEG wegen eines ersten cerebralen Anfalls oder wegen einer neudiagnostizierten Epilepsie angefordert wurde. Für die Berechnung der Inzidenz wurden nur Patienten mit Wohnsitz im Landkreis Göttingen und Northeim herangezogen. Ergebnisse: In 2014 wurden im EEG-Labor der Univ.-Kinderklinik Göttingen insgesamt 2481 EEGs abgeleitet. Davon wurden 134 wegen eines ersten zerebralen Anfalles (43 Patienten mit Gelegenheitsanfällen) bzw. einer neu diagnostizierten Epilepsie (n=91) angefordert, wie die Auswertung der Krankenakten und EEG-Befunde ergab. Zusätzlich wurde ein Jugendlicher mit neu aufgetretener Epilepsie von einem niedergelassenen Neurologen gemeldet. Damit beträgt die Gesamtzahl der in diese Studie eingeschlossenen Patienten n=135.Für Stadt und Landkreis Göttingen sowie den angrenzenden Landkreis Northeim ergab sich eine Inzidenz für Epilepsien unter den Kindern und Jugendlichen (1.-16. Lebensjahr) von 97,8 pro 100.000 Einwohner, näherungsweise also von 1:1000. Schlussfolgerungen: Die in der Vergangenheit in Deutschland zu dieser Frage durchgeführten Untersuchungen hatten etwas geringere Inzidenzen von ca. 52 - 72 / 100.000 ergeben. Unsere Ergebnisse zeigen, dass die neue Epilepsie-Definition der ILAE Konsequenzen für die Epilepsie-Inzidenz hat. Daneben spielen auch methodische, regionale, ethnische und soziale Unterschiede eine Rolle für die Inzidenz von Epilepsien.
Hintergrund: Die Zeit der Adoleszenz ist für alle Jugendlichen eine Herausforderung. Dies gilt umso mehr, wenn eine chronische Erkrankung wie Epilepsie oder Bronchialasthma besteht.
Fragestellung: Welche Erfahrung machen Jugendliche mit ihrer Erkrankung? Was erwarten sie von ihrer Zukunft?
Methoden: 12-17jährige Patienten eines Universitätsklinikums, die an Epilepsie bzw. Bronchialasthma litten, wurden zwischen September 2016 und März 2017 mittels eines strukturierten Interviews befragt.
Ergebnisse: 45 Patienten mit Epilepsie und 47 mit Bronchialasthma wurden eingeschlossen. Jugendliche mit Epilepsie fühlten sich durch die Erkrankung stärker beeinträchtigt (Median 2,5; Q25/Q75: 0,75/3,0; Likert Skala: 0=überhaupt nicht bis 5=sehr ausgeprägt) als solche mit Bronchialasthma (1,0; 0/3,0; p=0,017). 79 Patienten (86%) hatten sich noch nie im Internet über ihre Erkrankung informiert. Jugendliche mit Epilepsie sahen sich stärker in ihren beruflichen Möglichkeiten eingeschränkt (2,0; 0/4,0) als solche mit Bronchialasthma (0; 0/2,0; p=0,001). Zudem hatten Jugendliche mit Epilepsie mehr Angst, ihre Erkrankung an ihre Nachkommen zu vererben (3,0; 0/4,0) als solche mit Bronchialasthma (1,5; 1,5/3,0; p=0,016). Mädchen mit Epilepsie hatten mehr Angst bezüglich Komplikationen in der Schwangerschaft aufgrund der Erkrankung (4,0; 0,5/5,0) als Mädchen mit Bronchialasthma (0; 0/4,0; p=0,019).
Schlussfolgerung: Jugendliche mit Epilepsie fühlten sich im Alltag stärker beeinträchtigt als solche mit Bronchialasthma und äußerten mehr Ängste bezüglich beruflicher Möglichkeiten, Vererbung der Erkrankung und Schwangerschaftskomplikationen der Erkrankung. Diese Aspekte sollten in der medizinischen und psychosozialen Betreuung der Jugendlichen unbedingt thematisiert werden. Im Gegensatz zu befragten Eltern in ähnlichen Studien äußerte ein großer Teil der Jugendlichen überraschenderweise, dass sie das Internet praktisch nicht zur Information über ihre Erkrankung nutzen.
Hintergrund
Anhand definierter Grenzsteine lässt sich die individuelle und adaptive Entwicklung eines Kindes mit wenig Aufwand beurteilen. In einer früheren Studie wurden altersspezifische Elternfragebögen mit validierten Grenzsteinen der motorischen, kognitiven, sprachlichen und sozialen Entwicklung erstellt und an einer repräsentativen Stichprobe normiert. Die Fragebögen für die Altersgruppen 4-6 wurden von 6 bayerischen Gesundheitsämtern im Rahmen eines Pilotprojekts zur Neukonzeption der Schuleingangsuntersuchung ergänzend zum Entwicklungsscreening eingesetzt um mögliche Entwicklungsauffälligkeiten zu identifizieren. Damit liegt nun eine deutlich größere Stichprobe vor als für die Normierung verwendet wurde. Diese Daten erlauben eine Überprüfung der bisherigen Fragenauswahl und Normwerte für die jeweiligen Fragebögen.
Fragestellung
Sind die einzelnen Grenzsteine in der Altersgruppe 4, 5 und 6 für die Beurteilung der kindlichen Entwicklung noch aktuell? Ist eine Anpassung der Cut-Off-Werte zur Gesamtbeurteilung der altersspezifischen Elternfragebögen notwendig?
Material und Methoden
Für die Auswertung stehen Daten von rund 6.500 Kindern im Alter von 4-6 Jahren zur Verfügung, die im Rahmen des Pilotprojekts in den Jahren 2016 und 2017 untersucht wurden. Die Teilnahme an dem Projekt war freiwillig. Die Eltern der Kinder wurden gebeten, den altersentsprechenden Fragebogen mit 15-24 Fragen zu den Grenzsteinen der kindlichen Entwicklung auszufüllen. Mittels Itemanalyse wird überprüft, ob die einzelnen Grenzsteine von mindestens 90% der Kinder einer Altersgruppe erreicht werden und damit geeignet für die Beurteilung einer altersgemäßen Entwicklung sind. Die bisher verwendeten Cut-Off-Werte zur Gesamtbeurteilung der kindlichen Entwicklung werden mit dem 90.Perzentil der Summe von erreichten Grenzsteinen in der Untersuchungspopulation verglichen.
Ergebnisse
Vorläufige Auswertungen für das erste Untersuchungsjahr ergeben bei Verwendung der bisherigen Cut-Off-Werte unter deutschsprachigen Kindern einen Anteil von etwa 8% mit auffälligem Gesamtergebnis. Vereinzelt werden Grenzsteine von weniger als 90% der Kinder erreicht, z.B. können nur rund 80% der 5-Jährigen „10 mal auf einem Bein hüpfen“. Die Zwischenergebnisse weisen zudem darauf hin, dass auch für jüngere Kinder, wie bereits im Fragebogen für 6-Jährige, ein geschlechtsspezifischer Cut-Off-Wert erforderlich sein könnte. Endgültige Ergebnisse mit Daten aus beiden Untersuchungsjahren sollen auf dem Kongress präsentiert werden.
Schlussfolgerung
Der Elternfragebogen zu Grenzsteinen der kindlichen Entwicklung ist ein einfach anwendbares Instrument im Rahmen von Screening-Untersuchungen. Einzelne Grenzsteine scheinen nicht mehr aktuell und sollten angepasst werden oder aber die Befunde weiter diskutiert werden. Eine geschlechtsspezifische Bewertung in den betrachteten Altersklassen erscheint sinnvoll. Zusätzlich ist eine Validierung durch den Vergleich der Fragebogen-Ergebnisse mit den Screening-Befunden geplant.
Hintergrund: Die individuelle Motivationslage ist in der Therapie adipöser Jugendlicher von entscheidender Bedeutung. Sie wird in ambulanten Schulungen jedoch nicht standardisiert erfasst. Ziel der Studie war die Motivationsüberprüfung adipöser Jugendlicher auf Basis des Health Action Process Approach (Schwarzer, 2008). Der hierfür verwendete Fragebogen zur Festlegung von Motivationsstadien (MOS; Stachow et al., 2017) differenziert die drei Motivationsstadien Non-Intender (keine Absichtsbildung), Intender (Absichtsbildung) und Actor (Handlung) und wurde auf Basis eines bereits etablierten Fragebogens (Wienert et al., 2017, 2018) für die Zielgruppe angepasst.
Fragestellung: In welchen Motivationsstadien zur Änderung des Ernährungs- bzw. Bewegungsverhaltens befinden sich adipöse Jugendliche zu Beginn ambulanter Schulungen? Inwiefern zeigt sich ein Zusammenhang zwischen den Motivationsstadien und krankheitsbezogenen bzw. soziodemographischen Variablen?
Methoden: Im ersten Behandlungsquartal einer ambulanten Adipositasschulung wurden 92 Jugendliche (Alter M=13.3,SD=1.4; 53% weiblich; BMI M=31.7,SD=5.9) und deren Eltern befragt. Die Jugendlichen beantworteten standardisierte Fragebögen zu Motivation (MOS), Ressourcen (ERI-KJ) und Leidensdruck (PRISM) und die Eltern zu Verhaltensauffälligkeiten (SDQ) und adipositasspezifischer Lebensqualität (KINDL) der Kinder sowie soziodemografischen Merkmalen. Mittels multinomialer Regressionsanalysen wurden Zusammenhänge zwischen den Motivationsstadien des Ernährungs- und Bewegungsverhaltens und krankheitsbezogenen bzw. soziodemografischen Variablen untersucht.
Ergebnisse: Hinsichtlich des Ernährungsverhaltens befanden sich 6 (7%) Kinder im Non-Intender, 35 (38%) im Intender- und 51 (55%) im Actor-Stadium. Bei der multivariaten Betrachtung (Nagelkerkes R-Quadrat=.416) zeigten Verhaltensauffälligkeiten einen Zusammenhang mit dem Intender-Stadium (OR 0.18, KI 0.04-0.85, p=.030). Weiterhin zeigten Alter (OR 12.87, KI 2.38-69.61, p=.003), Sozialstatus (OR 3.46, KI 1.29-9.23, p=.013) und Verhaltensauffälligkeiten (OR 2.48, KI 1.20-5.12, p=.014) einen Zusammenhang mit dem Actor-Stadium. Hinsichtlich des Bewegungsverhaltens befanden sich 7 (8%) Kinder im Non-Intender-, 21 (23%) im Intender- und 64 (69%) im Actor-Stadium. Bei der multivariaten Betrachtung (Nagelkerkes R-Quadrat=.288) zeigte nur die Subskala Körpererleben des ERI-KJ (OR 3.72, KI 1.38-10.00, p=.009) einen Zusammenhang mit dem Actor-Stadium.
Schlussfolgerung: Adipöse Jugendliche unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Motivation zur Änderung des Ernährungs- und Bewegungsverhaltens. Es liegen Hinweise vor, dass die Motivation im Zusammenhang mit Alter, Sozialstatus, Verhaltensauffälligkeiten und Körpererleben steht. Diese Aspekte sollten in ambulanten Schulungen berücksichtigt werden.
Problemstellung:
Berichte plötzlicher unerwarteter Todesfälle (SUD) bei ADHS-Patienten unter Stimulanzien führen zu Bedenken bezüglich der Sicherheit von Psychopharmaka. V.a. die Frage nach Risikosteigerung für unerwünschte kardiovaskuläre Ereignisse führen zu Debatten über angemessene Evaluation, um Patienten mit nicht diagnostizierten at-Risk für Herzfehler (AHF) u./o. Arrhythmien auf Medikamente vor Therapiebeginn von ADHS zu identifizieren. Ärzte sind stark verunsichert, noch mehr bezüglich Notwendigkeit eines Vor-EKG.
Methodik:
Evidenzbasierte Literaturrecherche u. Praxis-Fazit.
Ergebnis:
ADHS ist eine häufige Störung u. betrifft 8-10% der Schulkinder.
Stimulanzien, einschl. Methylphenidat (Ritalin, Methylin, Concerta, Focalin, Metadate), Dextro (Dexedrine) u. gemischte Amphetaminsalze (z.B. Adderall) sind wirksam, um das Verhalten bei diesen Patienten zu verbessern.
Berichte von SUD von Kindern, die Stimulanzientherapie erhalten haben, führten zu Bedenken, dass diese Medikamente das Risiko von kardiovaskulären unerwünschten Ereignissen erhöhen, einschließlich SUD. Jedoch wurde in großen Kohorten-Studien kein erhöhtes Risiko für schwere kardiovaskuläre Nebenwirkungen bei Kindern mit Stimulanzien-Therapie im Vergleich mit der allgemeinen pädiatrischen Population gezeigt.
Diskussion und Konklusion:
- Kinder ohne Herzerkrankung (AHF): Auf der Grundlage der verfügbaren Daten scheint es, dass Kinder bzw. Patienten ohne Herzerkrankung, die die Stimulanzien-Therapie erhalten, kein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse im Vergleich mit der allgemeinen pädiatrischen Population haben.
- Vor-EKG vor Stimulanzientherapie: Unter den ADHS-Patienten gibt es überproportional (30-40%) viele Patienten mit AHF. Diese sollten möglichst vor einer Pharmakotherapie identifiziert werden.
Differente Stellungnahmen zum Vor-EKG der American Heart Association(AHA) (pro) u. American Academy of Pediatrics(AAP) (contra) von 2008 wurden inzwischen revidiert u. entsprechen in ihren Empfehlungen den Leitlinien der meisten pädiatrischen u. kinder- u. jugendpsychiatrischen Fachverbände: Entsprechend den Empfehlungen von AHA u. AAP kann eine Pharmakotherapie mit Stimulanzien bei einem Kind mit ADHS eingeleitet werden, wenn keine Anzeichen einer Herzerkrankung nach umfassender kardiovaskulär-basiert konzentrierter Anamnese u. körperlicher Untersuchung vorliegen.
Allgemein:
- RR- u. HF-Messung.
- Bei Auffälligkeiten kinder-/kardiologische Untersuchung.
- Vor-EKG ärztliche Einzelfall-Entscheidung, aber Empfehlung IA für sportkardiologische Prävention PHT.
- Pharmakotherapie nicht vorenthalten ohne Vor-EKG.
- Bei AHF sollten HF u. RR sorgfältig kontrolliert werden.
- Bei AHF oder Prädisposition für PHT Absprache u. Überwachung durch (Kinder)-Kardiologen.
- Bei AHF u. ADHS bisher keine belastbaren Daten für erhöhtes Risiko für PHT.
Viele Ärzte befürworten dennoch sicherheitshalber generell ein Vor-EKG, z.T. auch ein EKG im Verlauf der ADHS-Erkrankung.
Hintergrund: Sprachbarrieren (SB) sind häufig und prägen den Alltag der Patientenversorgung. SB können einen negativen Einfluss auf die Behandlungsqualität haben und zu erhöhten Kosten führen (z.B. durch vermeidbare Diagnostik und verlängerte Liegezeiten). Gleichzeitig werden SB häufig nicht bzw. spät erkannt. Eine gute Möglichkeit zur Überwindung von SB ist der Einsatz von Dolmetschern. Oftmals ist die Zusammenarbeit mit Dolmetschern aber verbesserungswürdig. Im Seminar Interpret2Improve lernen PJ-Studierende und Auszubildende der Kranken- und Gesundheitspflege in einem gemeinsamen Seminar über die Bedeutung von SB und die effektive Zusammenarbeit mit Dolmetschern.
Methode: Das dreistündige Blockseminar besteht aus einem theoretischen Teil und praktischen Übungen. Im theoretischen Teil werden in einer interaktiven Diskussion der Zusammenhang von SB und Patientensicherheit sowie der Behandlungsqualität und das Erkennen von SB im Alltag erarbeitet. Zudem werden wesentliche Informationen in der Zusammenarbeit mit Dolmetschern vermittelt (z.B. Rollenneutralität, Schweigepflicht, verschiedene Arten des Dolmetschens). Anschließend folgen zwei Simulationen, in denen die Teilnehmenden (TN) ein Gespräch mit nicht deutsch sprechenden Schauspielpatienten und professionellen Dolmetschern üben. Darauf folgt ein Debriefing, in dem die Erfahrungen der TN aufgegriffen, besprochen und einzelne Aspekte vertieft werden. Die Evaluation erfolgt schriftlich in einem prä-post-Format mit dem Freiburg Questionnaire for Interprofessional Learning Evaluation. Das Seminar findet 2–3 Mal im Semester statt.
Ergebnisse: Im Zeitraum 11/2016–07/2017 fanden vier Seminare mit n=35 TN statt. Davon stammen 12 TN aus der Kranken- und Gesundheitspflege, 22 TN waren weiblich. Die Lehrveranstaltung im Gesamten wurde mit 1,4 nach Schulnoten bewertet (SD 0,4; Pflegende 1,7; PJ-Studierende 1,2). In der Prä-Befragung wurde die Wichtigkeit von interprofessionellen Lehrangeboten von den PJ-Studierenden mit 4,08 und von den Auszubildenden der Pflege mit 3,92 auf einer 5-stufigen Likertskala (1=gar nicht wichtig, 5=sehr wichtig) bewertet. Im Prä/Post Vergleich zeigten sich auf folgenden Skalen relevante Mittelwertunterschiede (n=22): Relevanz der Interprofessionalität (0,46; p < 0,01), Rollenverständnis (0,39; p < 0,05) und Teamfähigkeit (0,43; p < 0,01).
Schlussfolgerung: Der Umgang mit SB und der effektive Einsatz von Dolmetschern eignen sich sehr gut für eine interprofessionelle Lehrveranstaltung für Medizinstudierende und Auszubildende der Kranken- und Gesundheitspflege. Seit 2018 wird das Seminar in einer weiterentwickelten Form als Fortbildung für Behandler aus dem ärztlichen und nicht-ärztlichen Bereich angeboten (TeamInterpret http://www.bosch-stiftung.de/sites/default/files/documents/201801/Projektbeschreibung_Teaminterpret_RBS_deutsch.pdf). In welchem Umfang die Lehrveranstaltung zu einer Veränderung der Versorgungspraxis beiträgt, sollte weiter untersucht werden.
Fragestellung: Ziel dieser Untersuchung war es, die Prävalenz und den Schweregrad von Karies(erfahrung) und dentalen Erosionen von übergewichtigen und adipösen Kindern und Jugendlichen im Vergleich zu normalgewichtigen Kindern und Jugendlichen zu ermitteln.
Material und Methoden: An der Untersuchung nahmen 223 Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 4 und 17 Jahren teil. Die Einteilung in die Gewichtsgruppen Normalgewicht (Body-Mass-Index-Perzentilen (P) 10-90) und Übergewicht (P 90-97) sowie Adipositas (P 97-99,5) und extreme Adipositas (P > 99,5) erfolgte auf der Grundlage der Leitlinie der Arbeitsgemeinschaft Adipositas im Kindes- und Jugendalter. Dentale Befunde wurden anhand von standardisierten Indices (BEWE, ICDAS II, DMFT) klassifiziert. Mit Hilfe von Fragebögen wurden Ernährungsgewohnheiten, chronische Erkrankungen und Mundhygienemaßnahmen erfasst. Die statistische Auswertung erfolgte mit Chi2- und Kruskal-Wallis-Test, Spearman-Korrelationen und logistischen und linearen Regressionsanalysen (p < 0.05).
Ergebnisse: Adipöse und extrem adipöse Kinder und Jugendliche wiesen sowohl an den Milchzähnen als auch den bleibenden Zähnen signifikant häufiger dentale Erosionen und Karies auf als normalgewichtige Kinder. Als Risikofaktoren für Karies(erfahrung) konnten erhöhte BMI-Werte, zunehmendes Alter, sozioökonomische Faktoren, ungünstige Zahnputzgewohnheiten sowie der häufige Konsum kariogener Getränke ermittelt werden. Das Risiko für dentale Erosionen stieg mit stiegt mit zunehmenden BMI, steigendem Alter, männlichem Geschlecht und häufigerem Konsum erosiver Getränke/ Zwischenmahlzeiten an.
Schlussfolgerung: Die vorliegende Untersuchung zeigt, dass Kinder mit Übergewicht/Adipositas ein höheres Risiko für das Auftreten dentaler Erosionen und kariöser Läsionen haben als normalgewichtige Kinder.
Problemstellung:
Pipamperon (Dipiperon®), niederpotentes Neuroleptikum, in der Psychiatrie als Therapeutikum gegen aggressive psychotische Zustände u. Schlafstörungen angewendet, verfügt über stark sedierende Wirkung, die die antipsychotischen Effekte in der Intensität übersteigt, wird bei Tic-Störungen empfohlen.
Fallbericht:
Ein 17-j. Junge, stationär aufgenommen, litt an unwillkürlichen, plötzlichen, schnellen, wiederholten, arrhythmischen, stereotypen Bewegungen u. Lautäußerungen. Seit 2 Jahren, 2015, bestanden die Tics, zunächst nur multipel motorisch später aber auch vokal, insgesamt an Häufigkeit zunehmend. Unter Psychotherapie (Hypno- u. Gesprächstherapie) 2015/2016 u. Tiaprid-Pharmakotherapie 6/2016-6/2017 waren die Tics nicht suffizient gebessert, die ambulante Behandlung wurde abgebrochen.
Der Jugendliche war im Kontakt freundlich u. zugewandt, er ging ganz offen mit seinen vokalen u. motorischen Tics um. Es war evident, dass die Symptomatik bei schwierigen Themen deutlich zunimmt, aber auch das konnte er reflektieren. Die Stimmungslage wirkte belastet, von suizidalen Gedanken konnte er sich klar u. glaubhaft distanzieren. Der formale u. inhaltliche Gedankengang war geordnet. Kein Anhalt für psychotisches Erleben oder Wahrnehmungsstörungen. Keine Schlafstörungen u. keine Antriebsstörung eruierbar.
Die MRT-Untersuchung von Neurokranium u. intrakranieller hirnversorgender Arterien unter Dotarem i.v. zeigte einen unauffälligen, altersentsprechenden intra- u. extrakraniellen Befund, kein Aneurysma oder signifikante Gefäßstenose.
Im Vor-EEG vor Tiapridtherapie keine Auffälligkeiten. Im Verlauf unter Tiaprid EEG mit artefaktreicher aber altersentsprechend unauffälliger Wachableitung einschließlich der Provokationsmethoden ohne Hinweis auf epilepsietypische Potenziale.
Aktueller Befund: HN o.B.. Motorik: keine latenten oder manifesten Paresen. Reflexe: MER normal seitengleich auslösbar, keine Pyramidenbahnzeichen. Koordination: ungestört. Sensibilität: intakt. Psychopathologie: unauffällig. EEG: Normales Beta-EEG.
Die Therapie der Tic-Störung beinhaltet:
- Diagnostik u. Intervention, auch komorbider Störungen
- Psychoedukation, Aufklärung, Beratung, Bewältigungsstrategien, Beobachtung, Begleitung
- Pharmakotherapie D2-Rezeptorantagonisten
(Responderrate 70%, Reduktion der Tics um 60-70%)
Nach erfolglosem Tiaprid begannen wir eine Pharmatherapie mit Pipamperon in niedriger Dosis (1mg/kg/KG), die aber nach paradoxer Reaktion mit starken Aggressionen nach 2 Tagen wieder beendet werden musste. Die unerwünschte Nebenwirkung wurde dem deutschen Bfarm gemeldet, deren große Datenbank bislang über keine Signale verfügte. Der FDA sind bisher 25 Fälle von Komplikation Aggression bei insgesamt 594 NW unter Dipiperon gemeldet, 4.2088% (FDA-Reports jeglicher NW Aggression: 22829, 0.1431%).
Konklusion:
Pipamperon – sonst auch bei aggressiven Zuständen eingesetzt, kann paradoxerweise selbst zu aggressivem Verhalten führen bzw. Aggressionen noch verstärken.
Unzureichende Kenntnisse in der deutschen Sprache führen bei Kindern oftmals zu geringem Schulerfolg. Durch eine früh einsetzende und gezielte Unterstützung beim Erwerb der deutschen Sprache können die Bildungschancen deutlich verbessert werden.
Für Kinder, die einen besonderen Unterstützungsbedarf beim Erlernen der deutschen Sprache haben, wird in Bayern der Vorkurs Deutsch angeboten. Erstmals eingeführt wurde er zum Schuljahr 2001/02 für Kinder die Deutsch als Zweitsprache erlernen, zunächst im Umfang von 40 Stunden. In den Folgejahren wurde der zeitliche Umfang auf 240 Stunden erweitert. Seit Oktober 2013 besteht das Angebot „Vorkurs Deutsch 240“ unabhängig davon, ob Kinder Deutsch als Erst- oder Zweitsprache erlernen. Bei der Durchführung wirken die Kindertageseinrichtung (Kita) und die Schule als Bildungspartner für das Kind kooperativ zusammen. Der erste Teil des Vorkurs Deutsch wird 1,5 Jahre vor der Einschulung vom Kindergarten angeboten und im Vorschuljahr gemeinsam von Schule und Kindergarten durchgeführt.
Wie sind die Voraussetzungen und Verfahren zur Teilnahme eines Kindes am Vorkurs Deutsch?
Kindertageseinrichtungen sind nach Art. 5 Abs. 2 des Bayerischen Integrationsgesetzes (BayIntG) verpflichtet bei allen Kindern in der ersten Hälfte des vorletzten Kindergartenjahres die sprachliche Kompetenz in der deutschen Sprache zu erheben. Als Grundlage zur Feststellung werden derzeit die Beobachtungsbögen Sismik (Sprachverhalten und Interesse an Sprache bei Migrantenkindern in Kindertageseinrichtungen) und Seldak (Sprachentwicklung und Literacy bei deutschsprachig aufwachsenden Kindern) verbindlich eingesetzt.
Besucht ein Kind vor der Einschulung keine Kita, soll die Sprachstandserhebung nach Art. 5 Abs. 2 BayIntG durch die zukünftige Grundschule durchgeführt werden. Betroffen sind ca. 1 % der zur Schuleingangsuntersuchung (SEU) vorgestellten Kinder, zwei Drittel mit Migrationshintergrund. Derzeit hat die Grundschule keine systematische Möglichkeit, diese Kinder zu identifizieren. Gleichzeitig wird in Bayern ein Pilotprojekt zur Neukonzeption der SEU (GESiK) erprobt. Dies sieht eine Untersuchung im vorletzten Kindergartenjahr, ein standardisiertes Sprachscreening (BESS) bei allen Kindern und eine ärztliche Beratung bei Auffälligkeiten vor. Eine flächendeckende und vollständige Umsetzung von Art. 5 BayIntG wäre im Rahmen dieser vorgezogenen SEU denkbar. Damit wäre es erstmals möglich, Kinder mit fehlenden Deutschkenntnissen, die nicht über die Kindertageseinrichtung erreicht werden, im Rahmen des Vorkurses Deutsch zu fördern. Zudem könnte durch Schulärzte und Schule den Eltern nahegebracht werden, ihr Kind vor der beginnenden Schulpflicht noch ein Jahr in den Kindergarten zu schicken. Über die flächendeckende Einführung der novellierten SEU in Bayern wird der Bayerische Ministerrat entscheiden.
Epilepsie ist in allen Kulturen eine Stigma behaftete Krankheit: Das für Laien unerklärliche Anfallsgeschehen mit unkontrollierten Bewegungen und Bewusstseinsveränderungen legt das Wirken übernatürlicher Kräfte nahe. In Kulturen, in denen diese Kräfte sehr alltagsbestimmend sind, spielen Heiler und tradierte Verhaltensregeln eine wesentliche Rolle neben der wissenschaftlichen „modernen“ Medizin. Die geringe Compliance in der Behandlung anfallskranker Kinder in einem modernen sozialpädiatrischen Kinderzentrum auf Java, Indonesien, machte dies deutlich.
Eine mehrjährige Studie mit Elternbefragungen dieser Kinder ergab – außer Erfassung von Anfallsbeschreibungen in 2 Laiensprachen - Hinweise auf ein weitgehend metaphysisch begründetes Gesundheits- und Krankheitskonzept: Wenn kosmische, einschließlich religiöser Kräfte vom Individuum durch bestimmte Verhaltensweisen in Balance gehalten werden, sind Körper und Seele gesund; kosmische Imbalance verursacht Krankheit einschließlich epileptischer Anfälle. Der Heilkraft westlicher Medikamente wird daher wenig vertraut. Diese Erkenntnisse verbesserten vor Ort die Arzt-Patienten-Kommunikation.
Für hiesige Epilepsie-Behandlung zeigen sie die Notwendigkeit auf, den jeweiligen soziokulturellen Hintergrund von Migranten-Familien kennen- und verstehen zu lernen.
Hintergrund und Zielsetzung:
Das Teddybärkrankenhaus (TBK) ist ein ehrenamtliches, weltweites, studentisches Projekt, welches Kindern im Kindergartenalter durch rollenspielähnliche, desensibilisierende Methoden die Angst vor dem Arzt-/ Krankenhausbesuch nehmen soll und ihnen gesundheitsbezogenes Wissen vermittelt. In Deutschland finden derzeit an 38 Fakultäten jährlich TBKs statt. Als organisatorischer Dachverband fungiert dabei die Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland e.V. In Freiburg findet das TBK in Form eines Zelt-Krankenhauses seit 2003 jährlich statt und betreut innerhalb von vier Tagen rund 1300 Kinder. Die Teilnahme an einem TBK fördert die Kommunikations- und Organisationsfähigkeiten der Studierenden und deren Interesse an der Pädiatrie. Durch interdisziplinäre Zusammenarbeit (z.B. in Freiburg von insgesamt über 100 Humanmedizin-, Zahnmedizin- und Pharmaziestudierenden) und der individuellen Ausgestaltung des TBKs in den einzelnen Städten werden diese positiven Aspekte noch ergänzt.
Material und Methoden:
Im TBK fungieren die Kinder als Surrogat-Eltern für ihre kranken Kuscheltiere und begleiten diese auf deren Diagnose- und Behandlungsweg. Hierbei versorgen speziell geschulte Medizinstudierende (die „Teddydocs“) die Kuscheltiere und ermöglichen den Kindern so einen Einblick in den Krankenhausalltag. Die Kinder durchlaufen dabei die typischen Stationen eines Krankenhauses von der Aufnahme über die Diagnostik mit Miniaturgeräten (Sonographie, Röntgen, MRT) bis zur teils operativen Behandlung und Entlassung. Je nach Stadt werden diese Stationen durch weitere wie zum Beispiel einer Apotheke, der Teddyschule (eine Kombination aus Wartebereich und Klassenzimmer) oder einem zahnmedizinischen Bereich ergänzt. Die Teddydocs vermitteln gleichzeitig die Arbeitsweise eines Arztes durch Anamnese-Erhebung, Erstellung von Untersuchungs-Befunden und der konservativen oder operativen Versorgung der Kuscheltiere. Durch eine mit einem „Riesenkuscheltier“ simulierte Notfallsituation, werden die Kinder in Freiburg an einen Notfall mit dem Einsatz eines Krankenwagens und entsprechendem Rettungspersonal herangeführt.
Ergebnisse:
Positive Aspekte, die durch eine Teilnahme am TBK entstehen, sind der Zuwachs an Wissenserwerb, die Reduktion der Angst vor Arzt- und Krankenbesuchen bei Kindern sowie der Lernerfolg der Studierenden in Bezug auf Kommunikationsfähigkeiten und den Umgang mit Kindern. Gleichzeitig trägt die studentische Initiative durch aktive Mitgestaltung und verstärkte Lernmotivation zur Verbesserung der akademischen Leistung bei.
Schlussfolgerung:
Das TBK stellt durch sein innovatives Setting ein ideales Modell zur Vermittlung von Lehrinhalten und Aspekten der Präventivmedizin dar, durch das alle Beteiligten profitieren können.
Hintergrund:
Psychische Auffälligkeiten im Kindes- und Jugendalter gewinnen in Gesundheits-und Bildungspolitik an Bedeutung. Die Prävalenz psychischer Auffälligkeiten liegt abhängig von Definition, Operationalisierung, Alter und Art der Stichprobe zwischen 10 und 20%. Die WHO empfahl 2003 die Implementierung multi-sektoraler Strategien zur frühzeitigen Identifikation und Prävention psychischer Störungen insbesondere im Setting Schule.
Fragestellung: Wir untersuchten den Zusammenhang zwischen psychischen Problemen bei Schulanfängern und den schulischen Fähigkeiten am Ende der ersten Klasse unter weitreichender Berücksichtigung möglicher Confounder wie Geschlecht, Alter bei Einschulung, sozioökonomischem Status, Migrationshintergrund, chronischer somatischer Erkrankung, alleinerziehendem Elternteil, Freizeitverhalten und weiteren.
Methoden: Im Rahmen einer populationsbasierten Kohortenstudie im Raum Mainz-Bingen wurden Schulanfänger des Jahres 2015 rekrutiert und psychische Auffälligkeiten wie auch chronische somatische Erkrankungen bei der Einschulungsuntersuchung sowie über studienspezifische Elternfragebögen erfasst. Am Ende der ersten Klasse beurteilten die Klassenlehrkräfte die sprachlichen, schriftsprachlichen, mathematischen und naturwissenschaftlichen Fähigkeiten jeweils auf einer 5-stufigen Skala von -2 (unterdurchschnittlich) bis +2 (überdurchschnittlich). Für die Auswertung wurden die Ergebnisse zu einem Summenscore addiert (-8 bis +8).
Ergebnisse: Von 3683 Schulanfängern wurden 2003 (54%) rekrutiert. Für 1462 Kinder (51% Jungen, Altersdurchschnitt 7,3 Jahre) lagen vollständige Daten zu den schulischen Fähigkeiten vor. Von diesen zeigten 41% mindestens eine psychische Auffälligkeit. Verglichen mit Kindern ohne psychische oder somatische Gesundheitsprobleme hatten Kinder mit zumindest einer psychischen Auffälligkeit niedrigere Werte für die schulischen Fähigkeiten (adjustierte mittlere Differenz: -0,98, 95% CI: [-1,35; -0,61], P < 0,001). Bei Betrachtung nur externalisierender Probleme zeigte sich ein deutlicher negativer Zusammenhang mit den schulischen Fähigkeiten (adjustierte mittlere Differenz: -1,44, 95% CI: [-1,83; -1,05] P < 0,001), während dieser bei internalisierenden Problemen nicht beobachtet wurde. Kinder mit Symptomen von Hyperaktivität/Unaufmerksamkeit waren am stärksten betroffen (adjustierte mittlere Differenz: -1,96, 95% CI: [-2,36; -1,56], P < 0,001).
Schlussfolgerung: Externalisierende Verhaltensprobleme und insbesondere mit Hyperaktivität und Unaufmerksamkeit einhergehende psychische Auffälligkeiten scheinen bereits zu Beginn der Schullaufbahn den Bildungserfolg zu beeinträchtigen. Eine frühe Identifikation und effektive Versorgung von Kindern mit externalisierenden Verhaltensproblemen möglichst noch vor der Einschulung könnten den frühen Schulerfolg dieser Kinder verbessern.
Hintergrund und Fragestellung:
Die Teilnahmerate der J1-Untersuchung fällt in Bayern mit knapp 40% deutlich niedriger aus als bei den im früheren Lebensalter angebotenen U-Untersuchungen (≥90%). Als häufigster Grund für eine nicht wahrgenommene J1 wurde in einer Studie des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit von Jugendlichen und Eltern angegeben, dass die J1 nicht bekannt sei. Vor diesem Hintergrund finanzierte die bayerische Staatsregierung eine Informationskampagne zur J1. Hierbei wurden unter Einbindung von Medizinstudenten und Absolventen der Hochschule für Film und Fernsehen München speziell für die Altersgruppe der 12-14-Jährigen zugeschnittene Informationsmaterialen (Flyer „Dein Ticket zur J1“, Animationsspot) entwickelt. Auf Basis von J1-Abrechnungsdaten der KVB und den Teilnahmeraten an Impfbuchkontrollen durch die Gesundheitsämter wurden zwei Interventionslandkreise randomisiert ausgewählt. Im Herbst 2016 wurden alle 12-14-Jährigen in den beiden Interventionslandkreisen A und B mit einem Brief, dem der Flyer „Dein Ticket zur J1“ beigelegt war, an die J1 erinnert. Im Interventionslandkreis B wurden zusätzlich die Jugendlichen der 6. Klassen im Rahmen der Impfbuchdurchsicht durch das Gesundheitsamt mit dem Flyer über die J1 informiert. Lassen sich durch diese Interventionen die J1-Teilnahmeraten steigern?
Material und Methoden:
Die regionalen J1-Teilnahmeraten wurden ermittelt als Quotient der Teilnahmezahlen an der J1 gemäß den KVB-Abrechnungsdaten und den mit dem regionalen GKV-Versichertenanteil multiplizierten Bevölkerungszahlen der 12-14-Jährigen. Anschließend wurden die Raten vor und nach Durchführung der Informationskampagne zwischen den Interventions- und Kontrolllandkreisen verglichen. Die Signifikanz der Zu- bzw. Abnahme wurde anhand von 95%-Konfidenzintervallen bestimmt.
Ergebnisse:
Die bayernweite J1-Teilnahmerate liegt mit Werten unter 40% weiterhin auf einem niedrigen Niveau und ist im Untersuchungszeitraum leicht gesunken. In 20 der insgesamt 96 Landkreise und kreisfreien Städte hat die J1-Teilnahmerate signifikant ab- und in 8 Landkreisen/kreisfreien Städten signifikant zugenommen. Die stärksten Zunahmen wurden in den Interventionslandkreisen erzielt. Im Interventionslandkreis A ist die J1-Teilnahmerate um 9,1 und im Interventionslandkreis B um 16 Prozentpunkte gestiegen. Im jeweils benachbarten Kontrolllandkreis mit ähnlicher Ausgangslage stagnierte die J1-Teilnahmerate hingegen.
Schlussfolgerung und Ausblick:
Eine Steigerung der J1-Teilnahmeraten durch Erinnerungsschreiben an die Jugendlichen ist möglich. Die zusätzliche Verteilung des Flyers durch die Gesundheitsämter im Rahmen der Impfbuchdurchsicht in den 6. Klassen kann den positiven Effekt verstärken. Seit Sommer 2017 wird der Flyer „Dein Ticket zur J1“ bayernweit im Rahmen der Impfbuchdurchsicht durch die Gesundheitsämter verteilt. Möglichkeiten einer breiten Implementierung einer brieflichen Information der Jugendlichen werden geprüft.
Introduction
Previous studies have shown that yoga can be used effectively to prevent and alleviate symptoms in patients with chronic headaches. However, none of these studies examined the effects of yoga on children and adolescents. For this reason, our study aimed to investigate the safety and effectiveness of a yoga program in the treatment of adolescents with chronic headaches.
Methods
Patients aged between 12 and 16 years with tension-type headache and/or migraine (with or without aura) were randomized to a) yoga (12 weekly 1.5 hour sessions) or b) a wait-list control group. Headache frequency was determined to be primary outcome, while headache duration, pain intensity, medication use, pain-related disability, quality of life and depression were secondary outcomes in this study. Outcomes were assessed before treatment, after the 12-week yoga program and after 3-month follow-up period by a 4-week headache diary and standardized questionnaires. In order to investigate whether the parents have an influence on the therapeutic effect, we additionally randomized one parent to a) receive yoga or b) to serve as untreated control.
Results
A total of 45 adolescents (81.8% female; 14.6±1.3 years) were randomized to yoga (n= 22) or wait-list control group (n=23). No significant group difference in headache frequency between yoga and control group was found after 12 weeks of intervention (difference [Δ]=-1.0 days; 95% confidence interval [CI] -4.4 to 2.4 days; p=0.545), whereas the group difference after the 3-month follow-up period was statistically significant (Δ=-4.1 days; 95%CI -7.7 to -0.5 days; p=0.027). None of the secondary outcomes were statistically significant, neither in short-term nor in long-term. Surprisingly, it turned out that parent´s participating in the yoga program even significantly reduced the therapeutic effect (β= 4.03, p= 0.029).
Conclusions
In line with prior research on adults, it was shown that yoga can also reduce the frequency of headache in adolescents. However, this effect did not become apparent immediately after the intervention, but only after a three-month follow-up period. Moreover, neither headache duration nor pain intensity were significantly influenced by yoga in comparison to control. Due to the small number of participants, further studies are needed to underpin these results.
Hintergrund
Stillen ist mit vielen kurz- und langfristigen gesundheitlichen Vorteilen für Mutter und Kind verbunden und leistet einen wichtigen Beitrag zur Prävention von Erkrankungen. Jedoch beginnen nur zwei Drittel aller Mütter nach Geburt eines Kindes in Deutschland ausschließlich zu stillen. Nach 4 Monaten – dem empfohlenen Mindestzeitraum – werden nur noch 38% der Kinder ausschließlich mit Muttermilch ernährt, nach 6 Monaten 12%. Einer der wichtigsten Einflussfaktoren auf das Stillverhalten ist der Bildungsstand: Mütter mit hohem Bildungsstatus stillen signifikant häufiger (von der Lippe et al 2014) und länger (Brettschneider et al 2016) als Mütter mit einfachem Bildungsstatus.
Ziel
Ziel des Projekts ist zu ermitteln, an welchen Einflussfaktoren eine wirksame und nachhaltige Stillförderung ansetzen sollte. Das Projekt wird auf Initiative des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vom Netzwerk Gesund ins Leben und der Nationalen Stillkommission gemeinsam mit der Universität Yale durchgeführt.
Methodik
Die Grundlage für das Forschungsvorhaben bildet das an der Universität Yale entwickelte Breastfeeding Gear Model (Perez-Escamilla et al 2012). Es integriert alle relevanten Handlungsfelder rund ums Stillen, die wie Zahnräder ineinandergreifen müssen.
Vorgehen
In Deutschland recherchiert und bewertet eine Expertenkommission relevante Informationen. Die Mitglieder vertreten die
- Fachgesellschaften der mit jungen Müttern und Säuglingen befassten Gesundheitsberufe (u.a. DGKJ, BeKD),
- Bundesministerien (Ernährung, Familie, Gesundheit),
- Kommunen, Öffentlichen Gesundheitsdienst, Frühe Hilfen,
- Medien, Gesundheitskommunikationsforschung, Stillmonitoring.
Relevanz
Das Projekt zielt auf eine umfassende, systematische Beschreibung der Ist-Situation in Deutschland. Stärken und Handlungsbedarfe werden identifiziert, konkrete Handlungsempfehlungen abgeleitet und damit wichtige Impulse zur Stillförderung gesetzt. Es erfolgt eine strukturierte wissenschaftliche Begleitung mit interdisziplinärem Austausch aller relevanten Akteure. Damit liefert es einen wertvollen Beitrag zur Gesundheitsförderung von Mutter und Kind und zum Stillschutz in Deutschland.
Literatur
Brettschneider AK et al. (2016) Stillmonitoring in Deutschland – Welchen Beitrag können die KiGGS-Daten leisten? Journal of Health Monitoring 1(2):): 16 –25 DOI 10.17886/RKI-GBE-2016-038
Koletzko B et al. (2016) Ernährung und Bewegung von Säuglingen und stillenden Frauen. Aktualisierte Handlungsempfehlungen von „Gesund ins Leben – Netzwerk Junge Familie“, eine Initiative von IN FORM. Monatsschr Kinderheilkd 164(9): 765-789
von der Lippe E et al (2014) Einflussfaktoren auf Verbreitung und Dauer des Stillens in Deutschland – Ergebnisse der KiGGS-Studie – Erste Folgebefragung (KiGGS Welle 1). Bundesgesundheitsbl 2014; 57 (7): 849-859
Perez-Escamilla R et al (2012) Scaling up of breastfeeding promotion programs in low- and middle-income countries. Adv Nutr. 2012; 3:790–800.