Einleitung
Die kurzzeitige Bewusstlosigkeit stellt in der Kindernotaufnahme einen herausfordernden Vorstellungsgrund mit vielen differentialdiagnostischen Überlegungen dar. Hierbei weist das Akronym „I watch death“ auch auf die Intoxikation als mögliche Ursache hin. Im folgenden Fallbeispiel wird verdeutlicht, wie wichtig die Eigen- bzw. Fremdanamnese im Kindes- und Jugendalter ist.
Kasuistik
Ein 17jähriger Patient wurde durch den Rettungsdienst nach einem circa dreiminütigen unklaren Bewusstseinsverlust in der Kindernotaufnahme vorgestellt. Begleitsymptome in der Häuslichkeit waren Schwindel und Übelkeit. Zum Zeitpunkt des Eintreffens in der Notaufnahme war der Patient bereits wieder beschwerdefrei. Dyspnoe, Schmerzen, Erbrechen, Sehbeschwerden, eine Amnesie oder Halluzinationen bestanden nicht. Vorerkrankungen, Allergien bzw. die Einnahme von Medikamenten lagen nicht vor. Auch Hinweise für ein Trauma konnten nicht eruiert werden. Anamnestisch ließ sich schließlich ermitteln, dass der Jugendliche kurz vor dem Bewusstseinsverlust für circa 30 Minuten eine Wasserpfeife geraucht hatte, wie er es in der Regel zwei bis drei Mal pro Woche mache. Hierbei hatte er im Vergleich zu seinem sonstigen Konsum eine größere Menge an Holzkohle verwendet und den Rauch besonders intensiv inhaliert.
Die klinisch-internistische sowie –neurologische Untersuchung zeigten unauffällige Befunde. Es konnten insbesondere keine kardiorespiratorischen Auffälligkeiten, Haut-/Schleimhautveränderungen bzw. Hinweise für ein akutes neurologisches Defizit erhoben werden. In der initialen Blutgasuntersuchung zeigte sich neben Normwerten für die Sauerstoff- und Kohlenstoffdioxidpartialdrücke ein Carboxyhämoglobinwert (CO-Hb) von 21,1%. Der pH-Wert, die Blutglukose sowie die Elektrolyte waren ausgeglichen. In der durchgeführten Blutentnahme fand sich eine Leukozytose von 20 GPt/l ohne Erhöhung der Entzündungswerte.
Es wurde sofort die normobare Sauerstofftherapie mit 4 l/min initiiert. Darunter konnte ein Abfall des COHb auf 9,4% nach zwei Stunden sowie 5,6% nach vier Stunden erzielt werden. Eine aufgrund der initialen Bewusstlosigkeit durchgeführte erweiterte Diagnostik zeigte keine Pathologien. Während des sich anschließenden zweitägigen stationären Aufenthaltes blieb der Patient kardiorespiratorisch stabil ohne neurologische Auffälligkeiten.
Schlussfolgerung
Die Kohlenmonoxidintoxikation zählt mit circa 4.000 Fällen pro Jahr zu den häufigsten Vergiftungen. Wie bereits in der Literatur vorbeschrieben kann es besonders im Kindes- und Jugendalter neben der Rauchgasintoxikation auch beim Konsum von Wasserpfeifen (Shishas) zu einer erhöhten Exposition mit Kohlenmonoxid (CO) kommen. Da mittlerweile drei von zehn der zwölf- bis 17jährigen Jugendlichen mindestens einmal in ihrem Leben Wasserpfeife geraucht haben, stellt eine damit im Zusammenhang stehende Kohlenmonoxidintoxikation eine relevante Differentialdiagnose einer unklaren Bewusstlosigkeit in der Kindernotaufnahme dar.
Hintergrund
Augenärztliche Notfälle sind in der Notfallambulanz in der Kinder- und Jugendheilkunde eher selten. Häufig sind allergische oder entzündliche Reaktionen. Selten sind Medikamenten-induzierte augenärztliche Notfälle, die zu akuten Schmerzen führen. Atropin wird in der Augenheilkunde gerne als Mydriatikum verwendet.
Ziel
Schnelle Diagnose und Behandlung einer schwerwiegenden Nebenwirkung einer lokalen Atropinreaktion als seltene Ursache eines akuten Schmerzes im Kindesalter.
Material und Methoden
Bei dem Patienten (2 Jahre, 4 Monate) handelte es sich um ein ehemaliges Frühgeborenes (unklare SSW, GG ca. 1500 g, Sectio im Irak). Als Vorerkrankungen seien eine periventrikuläre Leukomalazie, eine linksbetonte Tetraspastik, eine globale Entwicklungsverzögerung und einen Strabismus bekannt. Ein augenärztlicher Vorbefund lag nicht vor.
Seit dem Vortag seien Atropin Augentropfen zur Vorbereitung eines Augenarzttermins verabreicht worden. Am Abend des Vortags seien bereits Unruhe und erhöhte Temperatur aufgefallen. Am Aufnahmetag sei der Patient sehr unruhig gewesen und habe sich sehr heiß angefühlt.
In der Notfallaufnahme zeigte sich der Patient in deutlich reduziertem Allgemeinzustand. Er war stark agitiert, zitterte am ganzen Körper. Es fiel eine Tachykardie (200-220/min) und einer Hyperthermie auf, die übrigen Vitalwerte waren unauffällig. Die Augen zeigten extrem weiten Pupillen, palpatorisch waren die beiden Bulbi sehr hart und der Patient war sehr lichtempfindlich. Zusätzlich zeigte sich ein intermittierender horizontaler Nystagmus. Bis auf ein feinfleckiges Exanthem am Thorax war der restliche körperliche Untersuchungsbefund unauffällig.
Das notfallmäßig durchgeführte Schädel-CT, die Lumbalpunktion, das Aufnahmelabor und die initiale BGA waren regelrecht. Eine Liquorpunktion mit Druckmessung ergab mit 17 cm Wassersäule einen regelrechten intrazerebralen Druck. Eine genaue Druckmessung war bei dem sehr stark agitierten Patienten in der Akutsituation durch die augenärztlichen Kollegen nicht möglich.
Unter der Verdachtsdiagnose einer Komplikation der lokalen Atropinreaktion mit der Befürchtung eines akuten Glaukomanfalls wurde Acetazolamid 120 mg i.v. 3 x täglich (Carboanydrasohemmer, 20-40 mg/kg pro Tag in 3-4 Einzeldosen, max. 1 g/d), Pilocarpin (Parasympathomimetika) und Brinzolamid (Carboanhydrasehemmer) Augentropfen (initial alle 10 Minuten) verabreicht. Darunter zeigte sich der Befund in den ersten 24 Stunden rückläufig. Bedarfsorientiert erfolgte eine Schmerztherapie mit Paracetamol und Novalgin. Nach 3 Tagen konnte der Patient mit regelrechten Augendrücken entlassen werden.
Schlussfolgerung
Die Diagnose konnte im interdisziplinären Team schnell gestellt und adäquat behandelt werden. Eine derartige lokale Nebenwirkung einer lokalen Atropinbehandlung ist selten, sollte aber vor allem bei Patienten mit Vorerkrankungen in Erwägung gezogen werden, um Folgeschäden zu vermeiden.
Statement of purpose:
Long QT syndrome (LQTS) is a heterogeneous group of inherited or acquired disorders of myocardial repolarization characterized by a prolongation of the QT interval potentially resulting in life-threatening “Torsades de Pointes” tachycardia. In patients with inherited LQTS the use of beta-blockers is common to prevent life threatening arrhythmias. For patients with LQTS, who develop allergic reactions including anaphylaxis, the pharmacological treatment with certain antiallergic drugs may prolong their QT interval and/or interact with beta-blockers. Unfortunately, there are no guidelines available how to treat these patients.
Description of methods and materials:
We performed a literature review to investigate which antihistamines can be used safely in patients with inherited LQTS (iLQTS). Moreover we investigated a safety analysis assessing treatment strategies and potential risks regarding the use of antiallergic drugs in patients with LQTS. We classified antiallergic drugs according to their potential for QT prolongation and developed a treatment algorithm for iLQTS patients in case of allergic reactions and anaphylaxis.
Data and results:
For the treatment of local allergic symptoms, fexofenadine, levocetirizine and cetirizine seem to be safe, because of no or only a very low risk of QT prolongation. Moreover, short courses of corticosteroids seem to be safe. In case of systemic signs of allergy or anaphylaxis, epinephrine should be used in patients with iLQTS during continuous cardiac monitoring because it can provoke ventricular arrhythmias which require cardiac defibrillation. Moreover, epinephrine may be less effective in patients taking beta-blocker and use of glucagon may become necessary.
In case of lower airway obstruction, ipratroprium bromid instead of beta-2-adrenergic-agonists should be used as first choice therapy. If not effective, inhaled beta-2-adrenergic agents may be used cautiously, provided that continuous cardiac monitoring is available and repetitive checks of serum potassium and magnesium levels are important to decrease risk for arrhythmias. There is only very limited information available on the use of first-generation H1R antihistamines like clemastine and dimetindene, therefore use in patients with iLQTS should be avoided. If absolutely needed, careful application during continuous cardiac monitoring and the possibility of defibrillation should be ensured.
Conclusion and significance:
Because of the underlying disease and the required beta blockade, patients with iLQTS have a higher risk for life-threatening complications in case of allergic reactions and anaphylaxis. Therefore, knowledge about possible side effects of standard drugs used for management of allergic reactions or anaphylaxis in this special risk group is important. Moreover, modified and more differentiated drug administration seems to be necessary in patients with LQTS.
Hintergrund
RSV Infektionen durchleben im ersten Lebensjahr 40-70% der Bevölkerung. Die Letalität hospitalisierter Kinder liegt bei etwa 1,7%. Extrapulmonale Komplikationen wie Herzrhythmusstörungen, myokardiale Beteiligung oder zentrale Störungen wie Apnoen und Krampfanfälle müssen berücksichtigt werden.
Kasuistik
6 Wochen alter Junge ohne Vorerkrankungen. Seit zwei Tagen Husten, Heiserkeit, reduzierte Trinkleistung. Kein Fieber, Erbrechen oder Durchfall. Nachweis einer RSV Infektion und Beginn einer symptomatischen Therapie mit hypotoner Infusionslösung und hypersalinen Kochsalzinhalationen.
Verschlechterung am 2. Behandlungstag: zunehmend Schlappheit, Blässe, reduzierte Trinkleistung, Tachydyspnoe. Entwicklung eines Krampfanfalles mit Kloni der Arme und Beine, starrem Blick, Schmatzen, Desaturationen bis 60% unter 6l/min Sauerstoffvorlage. Frustrane antikonvulsive Therapie mit Diazepam, Levetiracetam und Lorazepam. Nach Feststellung der Hyponatriämie von 119mmol/l Sistieren des Krampfanfalles nach 30 Minuten unter Natriumsubstitution. Natrium 22h zuvor bei Aufnahme 134mmol/l. Mittels einmolarer Kochsalz-Infusion Normalisierung der Natriumhomöostase binnen 23 Stunden. Im EEG postiktal Grundaktivität mit wechselnder Amplitude jedoch ohne fokale oder generalisierte Anfallsaktivität oder epilepsietypische Potentiale.
Im Verlauf respiratorische Verschlechterung und Notwendigkeit zur Atemunterstützung bei linksseitig betonten pneumonischen Infiltraten und Oberlappen-Atelektase, zunächst mittels High-Flow-Therapie (HFT) 8l/min, FiO2 50%. Ab dem 3. Behandlungstag CPAP Atemtherapie über 50h (Peep 8mbar, FiO2 max. 50%). Antibiotische Therapie mit Ampicillin/Sulbactam bei bakterieller Superinfektion. Supportiv Infusionstherapie mit Halb-Elektrolyt-Lösung, abschwellende Nasentropfen. Entlassung nach 11 Behandlungstagen in gutem Allgemeinzustand. Weitere Krampfanfälle oder andere neurologische Auffälligkeiten traten nicht auf.
Schlussfolgerung und Diskussion
Insbesondere im Zusammenhang mit schweren Verläufen einer RSV Infektion kommt es gehäuft zu Hyponatriämien (in 11% der Fälle mit einem Serum-Natriumlevel < 130mmol/l), die durch hohe Plasmaspiegel des Antidiuretischen Hormons und hypotone Rehydratationstherapien begünstigt werden. Als Komplikation können epileptische Krampfanfälle auftreten, deren Durchbrechung sich der regulären antikonvulsiven Therapie entzieht. Konsequente Umsetzung der Empfehlung zur unmittelbaren Bestimmung der Serum-Elektrolyt- und Zuckerwerte lassen rasch therapierbare Ursachen erkennen und sollten zumindestens bei jedem unklaren Krampfanfall erfolgen. In der Betreuung hospitalisierter Kinder mit RSV Infektionen sind neben dem kardiorespiratorischen Monitoring tägliche Elektrolytkontrollen unabdingbar.
Hintergrund:
Die Hirnentwicklung des Fetus kann während der Schwangerschaft durch verschiedene plazentagängige psychotrope Substanzen beeinflusst werden. Nach mütterlicher Einnahme von Drogen während der Schwangerschaft kommt es beim Neugeborenen zur Ausprägung eines neonatalen Abstinenzsyndroms. Zunehmend beobachtet man, dass auch Psychopharmaka, wie beispielsweise Antidepressiva, zum Auftreten von Entzugssymptomen beim Neugeborenen führen können.
Am Uniklinikum Dresden wurden von 2015 bis 2017 46 Kinder nach mütterlicher Antidepressiva-Einnahme während der Schwangerschaft geboren. 23 der Mütter wurden mit dem Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer Venlafaxin behandelt.
Fragestellung:
Gibt es ein spezifisches neonatales Abstinenzsyndrom nach mütterlicher Venlafaxin-Einnahme?
Methoden:
Es erfolgte die retrospektive Analyse der Krankenakten der 23 Neugeborenen (9 Früh- und 14 Reifgeborene) nach intrauteriner Venlafaxin-Exposition. Es wurde insbesondere auf Entzugssymptome wie Trinkschwäche, Hyperexzitabilität, Myoklonien und Krampfanfälle geachtet. Ebenfalls wurde die postnatale Anpassung analysiert.
Ergebnisse:
Die Neugeborenen zeigten nach intrauteriner Venlafaxin-Exposition vermehrt Entzugssymptome wie muskuläre Hypotonie, Zittrigkeit, Hyperexzitabilität, Trinkschwäche sowie in drei Fällen auch klinische Krampfäquivalente. Dabei deutet sich ein Zusammenhang mit dem Gestationsalter und der Medikamentendosis an, kann jedoch nicht statistisch bewiesen werden. Auch bei sehr kleinen Venlafaxin-Dosen traten Entzugssymptome gehäuft auf.
Des Weiteren wurden vermehrt postnatale Anpassungsstörungen mit CPAP-Bedarf im Kreißsaal beobachtet, bei einigen Frühgeborenen auch für mehrere weitere Tage bis zur vollständigen kardiorespiratorischen Stabilisierung auf der Intensivstation.
Geringe Venlafaxin-Spiegel ließen sich im kindlichen Blut sowie in der Muttermilch nachweisen.
Diskussion:
Wir empfehlen für alle Kinder nach Venlafaxin-Einnahme der Mutter in der Schwangerschaft die stationäre Aufnahme und Überwachung in einer Kinderklinik, um Entzugssymptome frühzeitig erkennen und behandeln zu können. Stillen zur Aufrechterhaltung minimaler Venlafaxin-Spiegel im kindlichen Blut führt zu einer Minderung der Entzugssymptome und stärkt die Mutter-Kind-Bindung, so dass dies ausdrücklich empfohlen werden kann.
Schlussfolgerung:
Bei Neugeborenen nach intrauteriner Venlafaxin-Exposition können Entzugssymptome gehäuft auftreten. Die Prognose dieser Kinder scheint nach unseren bisherigen Erkenntnissen gut. Aufgrund der geringen Datenlage sind weitere Beobachtungsstudien zu einem spezifischen neonatalen Venlafaxin-Abstinenzsyndrom notwendig.
Hintergrund: Streptokokkeninfektionen gelten im Kindesalter als Hauptursache postinfektiöser Glomerulonephritiden und treten in ca. 10-20% der Fälle nach einer Streptokokkeninfektion auf. Pathophysiologisch liegt der Poststreptokokken-Glomerulonephritis eine Immunkomplexreaktion zu Grunde. Die Klinik ist geprägt durch eine Hämat- und Proteinurie, Ödemneigung sowie einen arteriellen Hypertonus. Eine seltene neurologische Komplikation der hypertensiven Entgleisung stellt das posteriore reversible Enzephalopathiesyndrom (PRES) mit Kopfschmerzen, Bewusstseins- und Sehstörungen sowie zerebralen Krampfanfällen dar. Wir beschreiben den Fall eines 8 Jahre alten Jungen, der im Rahmen einer Poststreptokokken-Glomerulonephritis ein PRES entwickelte und aus diesem Grund in unsere Klinik verlegt wurde.
Fallbericht: Der 8 Jahre alte Junge war 7 Tage zuvor in einer auswärtigen Klinik unter dem Verdacht einer Pyelonephritis aufgenommen und antibiotisch behandelt worden. Klinisch imponierten Flankenschmerzen, eine arterielle Hypertonie sowie Pleuraergüsse und Aszites, paraklinisch zeigte sich ein Laborkonstellation von Inflammation, Eiweiß- und Komplementfaktor-3-Verlust sowie eine große Proteinurie und ein erhöhter Antistreptolysin-Titer. Unter der Arbeitsdiagnose einer Poststreptokokken-Glomerulonephritis wurde mit Penicillin und diuretischer Medikation begonnen. Ein direkter Keimnachweis gelang nicht. Am 7. Behandlungstag manifestierten sich Kopfschmerzen mit rezidivierendem Erbrechen und schließlich ein fokaler rechtsseitenbetonter Krampfanfall. In einer Notfall-CT vor Ort wurde der Verdacht auf eine Ischämie gestellt. Nach Zuverlegung ergänzten wir die Diagnostik um eine cMRT, welche die charakteristischen bildmorphologischen Veränderungen eines PRES zeigte. Der nachfolgende intensivmedizinische Verlauf war geprägt von einer arteriellen Hypertonie, die nur unter pharmakologischer Polytherapie mit Enalapril, Urapidil, Nifedipin, Nitroglycerin, Clonidin sowie diuretischer Therapie zu beherrschen war. Zur Entlassung besteht eine antihypertensive Medikation mit Enalapril, Nifedipin, Metoprolol und Dihydralazin. Die neurologischen Auffälligkeiten waren bis zur Entlassung 14 Tage nach Aufnahme vollständig rückläufig, eine MRT-Verlaufskontrolle ist 4 Wochen nach PRES-Manifestation geplant.
Diskussion: Das posteriore reversible Enzephalopathiesyndrom (PRES) ist eine seltene Komplikation einer schweren arteriellen Hypertonie. Wir beschreiben den Fall eines PRES im Rahmen einer Poststreptokokken-Glomerulonephritis mit hypertensiver Entgleisung. Das PRES sollte in der Differentialdiagnostik bei unklarer Bewusstseinsstörung mit berücksichtigt werden.
Hintergrund: Achtsamkeitstechniken (AKT) nach Kabat-Zinn richten die Aufmerksamkeit auf den Augenblick, wobei man Gefühle, Gedanken, Sinneseindrücke wahrnimmt. Meditation, tiefes Gebet, geführte Visualisierungstechniken schaffen einen innerlichen Bereich, wodurch man Weisheit erlangen kann. AKT verursachen oft eine ruhige, friedliche Geistesverfassung, wobei neue persönliche Einsicht für den Kranken, die Eltern oder die Pfleger gewonnen werden kann. Ein Priester, Seelsorger, indigener Heiler, Schamane oder Heilpraktiker kann die Eltern oder den Patienten zu einer achtsamen Verfassung leiten. Dabei können Patienten und Eltern eine Hilfe finden, wenn sie schwere Entschediungen bezüglich ihres Kindes treffen müssen, insbesondere in Weltkulturen, die sich nicht leicht auf eine kognitive Lösung von Problemen verlassen wie in unseren westlichen Kulturen.
Methoden: Die geistige Reise in sich selbst wird bei vielen indigenen Völkern durch einen akustischen Trieb, z.B. eine Trommel oder Rassel initiiert, um die Aufmerksamkeit zu fokussieren und eine ruhige innere Verfassung zu gewinnen. Unter diesen Umständen öffnet man sich neuen Einsichten, Verständnissen, Erleuchtungen und Informationen, die oft in einem normalen Zustand des Bewusstseins nicht zugänglich sind.
Ergebnisse: Wir haben in den letzten 3 Jahren 17 achtsamkeitsbasierte Reisen mit Trommel oder Rassel bei schwerkranken Kindern und/oder deren Eltern an der Intensivstation an der UC Davis Medical Center in Sacramento, Kalifornien, durchgeführt. Familien/Patienten teilen uns mit, sie hätten dadurch neue Klarheit wegen Entscheidungen ihre Kinder betreffend gewonnen. Es gab keine negativen psychologischen Reaktionen. Mehrere Kinder waren schwerkrank, moribund oder erfüllten die diagnostischen Kriterien für “hirntot”. Die Familien haben die Erlebnisse als ‘nützlich’, ‘beruhigend’ und ‘tröstlich’ gefunden. Sie hätten neue Einsichten und Verständnisse erreicht, die sie früher mit kognitiver Verhaltenstherapie, d.h. ohne die durch Trommel erzeugte Reise, nicht hätten erhalten können. Wir haben diese Methode mit der Genehmigung der Familien aus verschiedenen Glauben verwendet.
Schlussfolgerungen, Implikationen: Das geistige Reisen ins Innere hilft manchen Eltern zu Erkenntnisgewinnen, die sie verwenden können, um schwere aber notwendige Entscheidgungen bezüglich ihrer Kinder zu fällen. Diese Methode lässt sich bei bewussten und unbewussten Kindern leicht anwenden (Bewusste Kinder und Erwachsene machen es gerne). Manche Eltern insbesondere aus nicht-westlichen Kulturen verstehen diese Methode als eine Stütze für den menschlichen Geist.
Hintergrund: Die akute Sinusitis ist mit ca. 10% aller Infekte der oberen Atemwege eine der häufigsten Infektionserkrankungen im Kindesalter. Bei Kindern mit Allergien der Atemwege oder Asthma bronchiale muss bis zu 70% mit einer Sinusitis gerechnet werden. Im jungen Alter sind zumeist die Siebbeinzellen betroffen , ab dem 10. Lebensjahr zunehmend auch die Stirnhöhlen. Intrakranielle Komplikationen wie ein subdurales Empyem oder auch ein Hirnabszess sind dabei mit weniger als 1% selten und erfordern höchste Aufmerksamkeit und ein multiprofessionelles Team zur Therapie.
Kasuistik: Wir berichten von zwei bislang gesunden Jungen, 9 Jahre und 12 Jahre alt, welche sich zunächst mit dem Bild einer akuten Sinusitis vorstellten. Beide klagten über erhebliche Kopfschmerzen, Fieber, der ältere zeigte zur Aufnahme eine Schwellung periorbital links. Die Entzündungsparameter waren bereits initial deutlich erhöht. Bei dem jüngeren kam es innerhalb von 24 Stunden zu einem Status epilepticus, bei dem älteren rasch im Verlauf zu einer Bewußtseinstrübung und vollständigen Parese des linken Beines, sodass eine unverzügliche Bildgebung mittels MRT erfolgte. Dabei wurde jeweils ein subdurales Empyem nachgewiesen und es erfolgte die sofortige operative Sanierung durch die Neurochirurgen und HNO-Ärzte. Zusätzlich erfolgte eine langfristige antibiotische Therapie über mehrere Wochen. Bei dem Jüngeren waren noch insgesamt drei weitere intracerebrale Eingriffe erforderlich, bei dem älteren musste nur ein Folgeeingriff erfolgen. Bei beiden Jungen konnte eine vollständige Sanierung der cerebralen Herde erreicht werden. Bei dem Jüngeren bestehen weiterhin Einschränkungen in der Konzentrationsfähigkeit und Belastbarkeit, der ältere zeigt persistierend eine Schwäche des linken Beines.
Schlussfolgerung: Aufgrund der Seltenheit der Komplikationen bei einer großen Zahl an Patienten mit einer akuten Sinusitis muss man bei jeder ärztlichen Vorstellung den ungewöhnlichen oder unpassenden Symptomen besondere Aufmerksamkeit entgegenbringen. Eine frühzeitige bildgebende Diagnostik ist der einzige Weg eine schnelle chirurgische Entlastung zu ermöglichen. Zusätzlich ist eine mehrgleisige, langdauernde antibiotische Therapie unerlässlich. Eine Herdsanierung kann wiederholte HNO-ärztliche und auch neurochirurgische Eingriffe nötig machen. Eine adäquate Behandlung ist nur in einem multiprofessionellen Team möglich.
Eine Methämoglobinämie tritt auf, wenn ein Ungleichgewicht zwischen Methämoglobinproduktion und Methämoglobinreduktion vorliegt. Neben hereditären Formen ist unter anderem die externe Zufuhr von Methämoglobin-Bildnern ursächlich. Bekannte Methämoglobinämiebildner sind z.B. bestimmte Lokalanästhetika.
Klinische Symptome finden sich bereits ab einem Met-Hb-Anteil von 15% mit Zyanose, Benommenheit und Kopfschmerzen. Die Beschwerden sind dosisabhängig und können zu respiratorischen, kardiovaskulären und neurologischen Problemen, bei sehr hohen Konzentrationen sogar zum Tod führen.
Fallbericht:
Wir berichten über ein reifes, männliches Neugeborenes nach vaginaler Entbindung, welches im Alter von 6 Stunden mit einer generalisierten Zyanose ohne Dyspnoezeichen auffiel. Die Erstversorgung erfolgte problemlos durch eine Hebamme mit APGAR-Werten von 9/10/10 sowie einem Nabelschnur-pH von 7,24. In der Schwangerschaftsanamnese gab es keine Besonderheiten.
Pulsoxymetrisch wurden präduktale Sauerstoffsättigungswerte von 91% gemessen. Die klinische Untersuchung war sonst unauffällig. Echokardiografisch wurde ein relevantes Vitium ausgeschlossen. Laborchemisch ergab sich kein Anhalt für eine Neugeboreneninfektion.
Eine sehr dunkle, fast bräunliche Blutfarbe gab den Hinweis auf eine Methämoglobinämie, die sich in der Blutgasanalyse bestätigen ließ und die Zyanose begründete. Die Methämoglobinwerte waren bis maximal 32,1% erhöht.
Geburtsanamnestisch wurde ein Pudendusblock mit Xylonest (Prilocain 1%) bei der Mutter eruiert. Hinweise für eine hereditäre Methämoglobinämie fanden sich nicht, sodass wir von einer iatrogenen Methämoglobinämie des Neugeborenen ausgingen. Die Mutter war nicht betroffen.
Unter einer Sauerstoffvorlage konnte nach 28 Stunden eine Normalisierung des Methämoglobinanteils erreicht werden. Eine medikamentöse Therapie war nicht notwendig.
Zusammenfassung:
Die passageren Symptome des Neugeborenen sind im Zusammenhang mit dem Nachweis von Methämoglobin sowie der maternalen Prilocaingabe auf eine Prilocain-induzierte Methämoglobinämie zurückzuführen.
Die Anwendung eines Pudendusblocks ist in vielen Geburtskliniken üblich und wird von Anästhesisten und Gynäkologen seit Jahrzehnten angewandt. Der Einsatz der Substanzen Prilocain und Lidocain ist jedoch kontraindiziert wegen des bekannten Risikos einer Methämoglobinämie des Neugeborenen. Unser Fall macht diese Gefahr deutlich. Der Einsatz dieser Substanzen in der Geburtshilfe sollte unbedingt vermieden werden. Pädiater sollten bei einer Zyanose auch an eine neonatale Methämoglobinämie denken.
15 Mio. Kinder kommen jährlich weltweit zu früh zur Welt. Frühgeburt ist trotz großer Behandlungserfolge eine der größten Herausforderungen der pädiatrischen Intensivmedizin und vor allem eine Geburt unter 1500 g Geburtsgewicht trägt wesentlich zu neonataler Mortalität und Morbidität später im Leben bei. Vor allem neurokognitive Defizite, Aufmerksamkeitsstörungen und Verhaltensveränderungen stellen im Laufe der weiteren Entwicklung ein Problem dar, zudem treten psychiatrische Krankheitsbilder wie Autismus, Schizophrenie und ADHD gehäuft auf. Hierfür könnten hypothetisch Veränderungen in der Entwicklung des GABAergen Systems im zerebralen Kortex eine wesentliche Rolle spielen.
Die dynamischen Entwicklungsschritte von GABAergen Interneuronen gegen Ende der Schwangerschaft und unmittelbar postnatal machen das GABAerge System besonders vulnerabel gegenüber peri- und postnatalen Einflüssen. Im Tiermodell der neugeborenen Maus bietet sich die Möglichkeit, die Entwicklung des GABAergen Systems unter veränderten Umweltbedingungen zu untersuchen. Um den postnatal eintretenden Anstieg des Sauerstoffpartialdrucks zu simulieren, erhielten 5 Tage alte WT- bzw. GAD67-GFP-Knock-In-Mäuse über 48 Std. 80 % O2 (Hyperoxie) und wurden anschließend bei Raumluft (21 % O2, Normoxie) bis zum postnatalen Tag (P) 7, 9, 11, 14 oder 30 gehalten. Die Differenzierung der kortikalen Interneurone in Subtypen wurde anhand der Marker LIM-homeobox protein 6 (Lhx6), Reelin (Reln), Somatostatin (Sst), vasoactive intestinal polypeptide (Vip) und Parvalbumin (PVALB) untersucht. Die mRNA-Expression der Migrationsfaktoren stromal-derived factor 1 (Sdf1) und seines Rezeptors CXC-Motiv-Chemokinrezeptor 4 (Cxcr4) und glia cell line-derived neurotrohpic factor (Gdnf) dienten zur Analyse der Migration. Zur weiteren Charakterisierung der Schädigung GABAerger Interneurone wurden die Aktivitäten von Apoptose (Caspase 3a) und Proliferation (Ki67) immunhistochemisch bestimmt. Die Lhx6-Genexpression zeigte sich signifikant reduziert zum Zeitpunkt P9, ebenso Reln (P9), Sst (P9 und P11) und Vip (P11). Die Anzahl PVALB+ Interneurone war signifikant vermindert zu den Zeitpunkten P14 und P30. Sdf1 und sein Rezeptor Cxcr4 waren signifikant vermindert (P7-P11). Es zeigten sich keine Veränderungen in Zelltod (P7-P14) und Proliferation (P7, P9) GABAerger Interneurone. Wir konnten zeigen, dass die Exposition des unreifen Gehirns gegenüber hohen Sauerstoffkonzentrationen die Entwicklung der kortikalen GABAergen Interneurone maßgeblich schädigt. Eine erhöhte Sauerstoffexposition könnte demnach ursächlich für die Reduktion von GABAergen Interneuronen bei Frühgeborenen sein. Sauerstoff kann nach unseren Daten die Funktionalität von Interneuronen nachhaltig beeinträchtigen. Ein präziseres Verständnis der zugrundeliegenden Mechanismen könnte dazu beitragen, spezifische Strategien neonataler Neuroprotektion zu definieren.