Autor:innen:
T. Auerswald (Chemnitz, DE)
A. Franke (Nürnberg, DE)
S. Gotthardt (Nürnberg, DE)
A. Hofmann (Nürnberg, DE)
C. Kraska (Nürnberg, DE)
M. Mellou (Nürnberg, DE)
E. Freiberger (Nürnberg, DE)
C. Sieber (Nürnberg/Regensburg, DE)
D. Schöne (Nürnberg, DE)
Einleitung
Der alternsbedingte Verlust von Muskelmasse („Sarkopenie“) gilt als eine wichtige Ursache des Gebrechlichkeitssyndroms und geht mit erhöhten Risiken für Funktionsverlust, Stürzen, Frakturen und Mortalität einher. Aufgrund der Relevanz dieses geriatrischen Syndroms existiert seit Oktober 2016 ein eigener ICD-10 Code (M62.84). Eine standardisierte Diagnostik und Therapie gibt es hingegen nicht. Der Bedarf an validierten, kostengünstigen und kurzen Screening-Instrumenten ist hoch. Als solches ist der SARC-F, ein Kurzfragebogen zur Identifizierung von Personen mit Sarkopenie entwickelt worden. Ziel dieser Studie war es, dessen Validität in einer Population funktionell eingeschränkter Senioren zu untersuchen.
Methodik
Selbständig lebende Personen wurden im Rahmen des Screenings einer randomisierten Kontrollstudie (SPRINTT-Studie, www.mysprintt.eu) untersucht und N=232 in diese Sub-Studie eingeschlossen. Teilnehmer waren i) über 70 Jahre (Ø 80,0 ± 5,6; 70-92; 71% weiblich), hatten ii) funktionelle Einschränkungen (Short Physical Performance Battery (SPPB) 3-9 (12=beste Funktionalität); Ø 7,0 ± 1,6) und iii) keine starken kognitiven Einschränkungen (MMST>23). Der SARC-F hat 5 Items (pro Item 0-2 Punkte; 0= keine Probleme); es werden subjektiv wahrgenommene Schwierigkeiten bei funktionell-körperlichen Alltagsaktivitäten und die Anzahl der Stürze im vergangenen Jahr erfasst. Der in der Literatur vorgeschlagene Schwellenwert für eine Sarkopenie liegt bei 4 Punkten und wurde auch hier appliziert. Der diagnostische Algorithmus der „European Working Group on Sarcopenia in Older People“ (EWGSOP) wurde zur Bestimmung einer Sarkopenie angewandt (appendikuläre Muskelmasse - Dual-Röntgen-Absorptiometrie (♂<7,25 kg/m²; ♀<5,67 kg/m²), Handkraftmessung (♂<26 kg; ♀<16 kg), Ganggeschwindigkeit (<0,8m/s)). Personen mit geringer Muskelmasse und mindestens einem der anderen Kriterien gelten als sarkopen.
Ergebnisse
Die Prävalenz der Sarkopenie nach EWGSOP lag bei 10,8% (♂=20,9%, ♀=6,7%). Durch das SARC-F Screening wurden 33,2% (♂=19,4%, ♀=38,8%) als sarkopen klassifiziert. Ein Unterschied in den SARC-F Werten zwischen sarkopenen und nicht-sarkopenen Probanden konnte lediglich bei den Männern beobachtet werden (sarkopen: Ø 2,9 ± 2,0, nicht sarkopen: Ø 2,2 ± 1,2, p=,005). Eine Assoziation mit der appendikulären Muskelmasse war in beiden Geschlechtern nicht gegeben. Der Schwellenwert von 4 war in der hier untersuchten Population nicht geeignet, eine Sarkopenie mit einiger Sicherheit zu bestimmen (Sensitivität: ♂=43%, ♀=55%). Bei Männern lag aber eine gute Spezifität vor (87% vs. ♀=62%).
Schlussfolgerung
Bei alten Menschen mit funktionellen Einschränkungen ist der SARC-F kein geeignetes Screening-Instrument zur Diagnose einer Sarkopenie. Bei Männern erscheint der SARC-F geeignet, ein Sarkopenierisiko auszuschließen. Eine Modifizierung des SARC-F bzw. andere Screeningtests mit einer besseren Fähigkeit zur Detektion von Personen mit niedriger Muskelmasse werden benötigt.