Autor:innen:
A. Meyer (Köln, DE)
I. Becker (Köln, DE)
P. Brinkkötter (Köln, DE)
A. Pilotto (Genova, IT)
T. Benzing (Köln, DE)
M. Polidori (Köln, DE)
Hintergrund und Ziel:
Die klinische Entscheidungsfindung ist bei älteren multimorbiden Patienten ein komplexer Prozess, bei dem die Prognose eine entscheidende Rolle spielt. Eine multidimensionale Prognoseberechnung, basierend auf einem umfassenden geriatrischen
Assessment (Comprehensive Geriatric Assessment, CGA), ist durch die Erhebung des Multidimensionalen Prognostischen Indexes (MPI) möglich. Ziel dieser prospektiven Beobachtungsstudie ist eine CGA-MPI-basierte Prognoseberechnung älterer multimorbider Patienten schon auf der Akutstation durchzuführen, um früh Faktoren zu erfassen, die die klinische Entscheidungsfindung auf Station und den Krankheitsverlauf nach der Entlassung beeinflussen.
Methoden:
Es wurden 200 multimorbide Patienten (70+Jahre) auf einer nephrologischen Akutstation rekrutiert.
Der MPI wird bei Aufnahme und Entlassung erhoben und berechnet, dabei werden medizinische, psychosoziale und funktionelle Aspekte, sowie Geriatrische Syndrome und Ressourcen systematisch erfasst. Der MPI beinhaltet Gesundheitszustand (CIRS), Alltagsfunktionen (ADL, IADL), Ernährungszustand (MNA), Kognition (SPMSQ), Dekubitusrisiko (ESS) sowie sozialen Status und Medikamentenanzahl.
Ergebnisse:
Das Durchschnittsalter der Patienten beträgt 78,3 Jahren, die mediane Verweildauer liegt bei 8 Tagen. Bei Aufnahme wurde für die Mehrzahl der Patienten (73,3%) ein mittlerer MPI errechnet, bei 17,8% der Patienten war der MPI hoch, bei 8,9% war der MPI niedrig. Der mediane MPI bei Aufnahme auf Station ist 0,52.
Bei der Verlaufsbeobachtung nach 3 Monaten beträgt die Mortalität 16%, mehr als die Hälfte der Patienten (54,5%) wurden rehospitalisiert.
Es konnte ein signifikanter Zusammenhang zwischen Hospitalisierungsdauer (Length Of Stay, LOS) und der Inanspruchnahme von ambulanter Pflege und Rehospitalisierung erkannt werden.
Ein signifikanter Zusammenhang konnte ebenfalls zwischen MPI bei Aufnahme und Mortalität, Pflegegrad, Inanspruchnahme von Pflegedienst, Rehospitalisierung und Medikamentenzahl gezeigt werden.
Signifikant mit einer steigenden Anzahl an Geriatrischen Syndromen sind die Medikamentenanzahl, Pflegegrad und die Inanspruchnahme ambulanter Pflege assoziiert.
Mit einer steigenden Anzahl an Geriatrischen Ressourcen sind signifikant negativ korreliert die Medikamentenanzahl, Pflegegrad, Inanspruchnahme ambulanter Pflege und Institutionalisierung.
Zusammenfassung:
Mit der Durchführung des CGA mit MPI auf Akutstation können einige Faktoren erhoben werden, die den Krankheitsverlauf nach 3 Monaten vorhersagen können. Besonders von Bedeutung für den Krankheitsverlauf scheinen der LOS, der MPI, die Anzahl Geriatrischer Syndrome & Ressourcen zu sein, die einen großen Einfluss auf Krankheit, Erholung und Mortalitätsrisiko haben und somit die klinische Entscheidungsfindung auf Station beeinflussen sollten. Weitere Forschung ist notwendig um das Feld der klinischen Entscheidungsfindung zu optimieren und um die Ressourcen der älteren Patienten aufzudecken und zu nutzen.