Die Inzidenz von malignen Tumorerkrankungen nimmt in der Bundesrepublik Deutschland seit vielen Jahren zu. Gesundheitsämter werden zunehmend mit Meldungen über vermutete oder tatsächliche Häufungen von Krebserkrankungen konfrontiert.
Das Gesundheitsamt des Landkreises Rotenburg (Wümme) hat nach Hinweisen aus der Bevölkerung über eine potentielle Häufung von Krebserkrankungen in einer Gemeinde eine Anfrage an das Epidemiologische Krebsregister Niedersachsen gestellt (EKN). Diese Abfrage ist in einer Arbeitsgruppe mit Beteiligung von drei Bürgerinitiativen, einem von den Bürgerinitiativen benannten Experten, dem Niedersächsischen Landesgesundheitsamt (NLGA), dem EKN und dem Gesundheitsamt des Landkreises einvernehmlich erarbeitet worden.
Als Ergebnis wurde vom EKN für den Auswertungszeitraum 2003 – 2012 eine statistisch auffällige Häufung an hämatologischen Krebsneuerkrankungen bei Männern in der Samtgemeinde Bothel festgestellt. Da das EKN aus Datenschutzgründen keine Kontaktdaten der erkrankten Männer (Fälle) zur Verfügung stellen konnte, wurden für die Ursachenforschung 6978 Bewohnerinnen und Bewohner in der Samtgemeinde mit einem Fragebogen zu eigenen hämatologischen Krebserkrankungen sowie zu welchen bei Angehörigen schriftlich befragt. Auch dieses Vorgehen wurde wiederum in der Arbeitsgruppe intensiv beraten und konsensual beschlossen.
Zum Stichtag waren zunächst 3423 Rückläufe eingegangen so dass für eine möglichst hohe Rücklaufquote 3555 Erinnerungsschreiben versendet wurden, was schließlich zu insgesamt 4551 Antworten führte.
Für die weitere anonymisierte Bearbeitung wurden die Rückläufer mit einer ID-Nummer versehen und anschließend ausgewertet. Mit 360 Rücksendern wurden telefonische und persönliche strukturierte Interviews mit einem erweiterten Fragebogen durchgeführt, wenn eine entsprechende Krebsdiagnose durch Einsicht in medizinische Befundberichte gesichert war. Items waren z. B. Wohnort- sowie Berufshistorie, Freizeitverhalten etc.
Schließlich erfolgte noch eine Reihe von Fall-Kontroll-Analysen. Dabei wurden Wohnabstände von Fällen und je vier zugeordneten Kontrollen zu potentiellen Expositionsquellen (z. B. holz- sowie metallverarbeitende Betriebe, Erdgasförderanlagen, Bohrschlammgrube, Benzolemittenten, Pestizidausbringer) mittels bedingter logistischer Regression analysiert.
Die Ergebnisse der Auswertungen des EKN als auch der eigenen Daten wurden immer zunächst in der Arbeitsgruppe und zeitnah danach in Bürger- und Medieninformationsveranstaltungen präsentiert.
Dieses transparente und mit allen Beteiligten abgestimmte Vorgehen hat die Akzeptanz der Ergebnisse der Auswertungen wesentlich befördert.
Hintergrund
Klimawandelbedingte gesundheitliche Gefahren stellen die Gesundheitssysteme zunehmend vor eine neue Herausforderung. Bislang sind die Kenntnisse über diese neuen Gefahren noch auf zu wenige Experten beschränkt. Es erscheint dringend notwendig die wissenschaftlichen Kenntnisse auch den präventiv und kurativ Tätigen im Gesundheitssystem zu vermitteln, um durch besseres Wissen diesen Gefahren entgegenwirken zu können (Adaptation).
Zielgruppe: Pflegebedürftige Menschen
Auch bei erfolgreicher Temperaturbegrenzung werden für Deutschland im Zuge des Klimawandels eine Erhöhung der Jahresdurchschnittstemperatur und vermehrte Hitzeperioden erwartet. Die Risikogruppe der älteren, pflegebedürftigen und alleinstehenden Personen wird in Deutschland überwiegend von Pflegekräften der ambulanten Dienste sowie hausärztlich betreut. Wir haben Zugangswege zur Hausarztpraxis und zum ambulanter Dienst gesucht, und bieten medizinische Fachangestellten und Pflegekräften in Ausbildung Bildungsangebote zu den Themen Klimawandel und Hitze an. Dabei werden Gefahren und Risiken benannt und vermittelt, eine Bewusstseinsbildung bei den Akteuren gefördert, sowie Vernetzungsmöglichkeiten aller verantwortlichen Stellen und Akteure aufgezeigt (www.klimawandelundbildung.de).
Zielgruppe Kinder
Kinder gelten als eine spezielle Risikogruppe für die Auswirkungen des Klimawandels. Wir stellen deshalb die spezifischen Multiplikatoren für Kinder- und Jugendgesundheit, nämlich die Kinder- und Jugendärzte/innen in den Fokus dieses Antrages. Kinder werden in Deutschland überwiegend von Kinder- und Jugendärzten/innen medizinisch betreut, inkl. auch präventivmedizinischer Maßnahmen. Weder im Medizinstudium, noch in der Facharztausbildung ist das Thema „Klimawandel“ präsent, auch spielt es bislang eine eher untergeordnete Rolle in Fortbildungsveranstaltungen. Wir haben daher spezifisch auf Kinder- und Jugendärzte/innen ausgerichtete Fortbildungsangebote gemacht. Im Rahmen regulärer Fortbildungsveranstaltungen bieten wir Vorträge zu den Themen Klimawandel, neue Allergene, Hitze, Luftschadstoffe, neue Infektionskrankheiten u.a. an. Zusätzlich gibt es eine Online Lernplattform (www.klimawandelundbildung.de).
Diskussion
Die beiden vorgestellten Bildungsmodule erreichen unterschiedliche Zielgruppen. Die Erfahrungen mit den beiden Bildungsmodulen zeigen auf, dass die Akteure m Gesundheitswesen diese Angebote zu Klimawandel und Gesundheit annehmen, wenn auch in unterschiedlicher Art und Weise. Wichtig scheint uns, dass diese Bildungsangebote auch über die Projektlaufzeit hinaus angeboten werden sollten.
Gefördert durch: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages). Förderkennzeichen: 03DAS073 und 03DAS093,
Hintergrund: Angesichts des großen Bedarfs an neuen Schulen und Kindergärten werden zunehmend – auch in Frankfurt – Gebäude in Holzständerbauweise errichtet. Je nach eingesetzten Materialien kann es dabei zu fortgesetzten Emissionen kommen, teilweise mit Überschreitungen von publizierten Richtwerten des Ausschusses für Innenraumrichtwerte des Umweltbundesamtes (AIR).
Material und Methode: Es wurden drei neu errichtete Gebäude in unterschiedlichen Lüftungs¬zustän-den auf flüchtige organische Substanzen (VOC), incl. Aldehyde und Ameisen- sowie Essigsäure untersucht. VOC: Probenahme auf Aktivkohle in Anlehnung an VDI 2100, Bl 2. Desorption mit Schwefelkohlenstoff für unpolare VOC (nVOC), Desorption mit Dichlormethan / Methanol für polare VOC (pVOC). Analyse mittels Kapillargaschromatographie und Massenspektro¬metrie. Aldehyde und Ketone: Probenahme auf Dinitrophenylhydrazin (DNPH)-Kartusche. Desorption mit Acetonitril. Analyse mittels Hochdruckflüssigkeitschromato-graphie und UV-Detektion (HPLC/UV).
Ergebnisse: In einem Schulgebäudewurden wurden unmittelbar nach Fertigstellung – bei großer Sommerhitze - VOC-Konzentrationen im ungelüfteten Zustand bis 5461 µg/ m3 erhalten, im gelüfteten Zustand maximal 2535 µg/m3. Richtwertüberschreitungen wurden bei den C4-C11-Aldehyden (ungelüftet max. 1824 µg/m3, gelüftet max. 728 µg/m3), bei Acetaldehyd (ungelüftet max. 460 µg/m3, gelüftet max. 170 µg/m3) sowie bei den bicyclischen Terpenen (ungelüftet max. 1423 µg/m3, gelüftet max. 553 µg/m3) erhalten. Bei Nachkontrolle nach intensiver Lüftung und in den beiden anderen Schulen lagen die Werte deutlich darunter, allerdings wurden auch dort – im ungelüfteten Zustand –Überschreitungen des RW I festgestellt.
Diskussion: Die Ergebnisse waren Anlass, die Lüftung in energetisch dichten Schulgebäuden mit Holzbauweise zu verstärken, teilweise auch durch zusätzlichen Einbau von Lüftungsanlagen. Die Daten werden in der neu gegründeten innerstädtischen Arbeitsgruppe Schule Bauen und Gesundheit diskutiert und bewertet, auch im Hinblick auf die verschiedenen konkret eingesetzten Materialien. Ziel ist, die Raumluftqualität in diesen Gebäuden durch geeignete Materialauswahl und gute Lüftung in einem auch unter Vorsorgeaspekten gesundheitlich förderlichen Bereich zu halten.
Hintergrund: Die klinische Umweltmedizin ist derzeit häufig Gegenstand von öffentlichen Diskussionen über mögliche gesundheitlicher Auswirkungen verschiedener Umweltfaktoren. Dabei werden gesundheitliche Beschwerden auf Umweltfaktoren zurückgeführt, obwohl ein kausaler Zusammenhang nicht bewiesen ist, was gleichzeitig zu Unsicherheiten in der Bevölkerung führen kann. Patienten, welche ihre Beschwerden auf Umweltfaktoren zurückführen nehmen umweltmedizinische Leistungen in Anspruch, um diesem Verdacht nachzugehen. Zu Beginn der vorliegenden Studie war nicht klar, in welchem Umfang dies geschieht bzw. wie sich die Versorgungssituation von umweltmedizinischen Patienten in Deutschland bzw. Bayern gestaltet. Ziel dieser Studie ist es daher, zu erfassen welche bzw. wie viele Akteure im Bereich Umweltmedizin tätig sind und welche Möglichkeiten der Aus-, Fort- und Weiterbildung es gibt.
Methoden: Verschiedene Akteure (niedergelassene Ärzte mit Zusatzbezeichnung Umweltmedizin, Umweltmedizinische Ambulanzen, psychosomatische Kliniken) wurden im gleichen Verfahren per Telefon kontaktiert. Mittels eines selbst entwickelten Fragebogens wurden im Telefoninterview Daten zu Patienten (Anzahl, Soziodemographie, genannte Ursachen für Beschwerden, Art der Beschwerden, etc.), Möglichkeiten der Versorgung sowie die Einschätzung der aktuellen Versorgung durch die Befragten erhoben. Hinsichtlich der Weiterbildung im Bereich der Umweltmedizin wurde ein Gespräch mit der Leitung der Bayerischen Akademie für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin in München geführt.
Ergebnisse: Insgesamt konnte unter allen Akteuren ein Rücklauf von 11% erzielt werden (niedergelassene Ärzte: 4,6%, Umweltmedizinische Ambulanzen: 34,1%, psychosomatische Kliniken: 49,2%). Die Befragten gaben an, umweltmedizinische Patienten seien vor allem weiblich und im Alter von 30 – 60 Jahre. Schimmel und Chemikalien im Innenraum werden zudem am häufigsten als Ursache für Beschwerden genannt. Am häufigsten wurden Beschwerden in folgenden Bereichen genannt: Haut, Nervensystem, Atemwege, Unverträglichkeiten und Allergien. Gemessen an der gesamten Patientenzahl pro Jahr, verzeichneten umweltmedizinischen Ambulanzen den größten Anteil an Patienten, welche als Ursache für ihre Beschwerden auf Umweltfaktoren vermuteten.
Seit 2004 ist die Möglichkeit die Zusatzbezeichnung Umweltmedizin zu erwerben in Bayern ausgesetzt.
Schlussfolgerung: Um eine adäquate umweltmedizinische Versorgung sicherzustellen, sollten umweltmedizinische Ambulanzen gestärkt werden. Diese sollten den Patienten auch als Anlaufstelle kommuniziert werden, weswegen es eine gute Zusammenarbeit der Ambulanzen mit den niedergelassenen Ärzten mit Zusatzbezeichnung Umweltmedizin bedarf. Zudem sollte über mögliche Veränderungen der momentanen Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten in diesem Bereich diskutiert werden.
Zielsetzung:
Ziel der Analyse ist, Erkenntnisse über das mit einer Lärmexposition verbundene Freizeitverhalten von Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu gewinnen sowie Veränderungen im Zeitverlauf aufzuzeigen. Weiterhin sollen besonders belastete Gruppen identifiziert werden.
Methoden:
Die Analyse basiert auf Daten der OHRKAN Kohortenstudie, die durch das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege gefördert wird. Hierfür wurden in den Jahren 2009-2011 Schüler der Jahrgangsstufe neun an Schulen der Stadt Regensburg rekrutiert. Die Exposition von Jugendlichen gegenüber Freizeitlärm wurde zum Rekrutierungszeitpunkt (OI) sowie in zwei folgenden Erhebungswellen jeweils 2,5 Jahre später (OII und OIII) per Fragebogen erhoben. Die Freizeitlärmexposition wurde hierbei für insgesamt 19 Freizeitaktivitäten anhand von Schalldruckpegeln aus der Literatur und der von den Studienteilnehmern angegebenen Expositionsdauer ermittelt. Riskante Freizeitlärmexposition wird definiert als das Überschreiten von 85dB(A) gemittelt über eine 40-Stunden-Woche.
Prävalenz und Dauer einer riskanten Exposition gegenüber Freizeitlärm wird über die drei Erhebungszeitpunkte dargestellt. Die Longitudinalanalyse und die Bestimmung möglicher soziodemografischer Determinanten (Alter, Geschlecht, Schulart, Anzahl Geschwister, Migrationshintergrund, Alleinerziehenden Haushalt) riskanter Freizeitlärmexposition erfolgt mittels generalisierter Schätzgleichungen (GEEs). Neben der Gesamtfreizeitlärmexposition wird insbesondere die Exposition durch tragbare Musikabspielgeräte (PLDs) betrachtet.
Ergebnisse:
Insgesamt nahmen 2148 Schüler an der Studie teil (Alter bei Rekrutierung 15,4 Jahre, 53,9% weiblich). Auswertbare Informationen zur Freizeitlärmexposition lagen zum Zeitpunkt OI von 2143, in OII von 1707 und in OIII von 1307 vor. Der Anteil mit einem Lärmpegel von mehr als 85dB(A) an lag zu OI bei 42%, zu OII bei 73% und zu OIII bei 64%. Die Bedeutung von Diskothekenbesuchen für die Gesamtexposition gegenüber Freizeitlärm nahm mit steigendem Alter der Jugendlichen zu, während andere Aktivitäten wie das Musikhören über PLDs oder das Ballspielen in Turnhallen an Bedeutung verloren. Als Determinanten für riskante Exposition gegenüber dem Freizeitlärm insgesamt und im Speziellen durch PLDs konnten niedrigere Bildung, ein Alleinerziehenden-Haushalt sowie männliches Geschlecht zum Rekrutierungszeitpunkt ermittelt werden. Zusätzlich war eine hohe Lärmexposition durch PLDs mit einem Migrationshintergrund assoziiert.
Schlussfolgerungen:
Die gewonnenen Ergebnisse dienen der Anpassung und Erweiterung von Präventionsprogrammen. So sollten diese den identifizierten Risikogruppen angepasst und demnach vor allem in Mittel- und Realschulen durchgeführt werden und verstärkt männliche Jugendliche und solche mit Migrationshintergrund ansprechen.
Stillen gewährleistet neben der optimalen Ernährung für den Säugling einen Schutz vor bakteriellen und viralen Erkrankungen, Allergien und späterem Übergewicht durch die Immunglobuline der Mutter.
Ab 1999 wird am Niedersächsischen Landesgesundheitsamt (NLGA) das Muttermilch-Untersuchungsprogramm des Landes Niedersachsen durchgeführt. Seither wurden mehr als 9500 Frauenmilchproben mit dem Schwerpunkt persistente Organohalogenverbindungen untersucht. Auswertungen der Proben von 1999-2012 zeigten, dass die Fremdstoffkonzentrationen in den Muttermilchproben kontinuierlich abnahmen. Hier stellen wir die Auswertung der Jahre 2006-2016 vor, mit Fokus auf die seit 2006 erhobenen Konzentrationen ausgewählter polybromierter Diphenylether (PBDE; Kongenere BDE-47, BDE-99, BDE-100 und BDE-153). PBDE sind ehemals weitreichend in Flammschutzmitteln eingesetzt worden.
Die Proben wurden von den Teilnehmerinnen selbst genommen und zusammen mit einem standardisierten Fragebogen an das NLGA geschickt. Die Analytik der PBDE-Kongeneren erfolgte mittels GC-MS. Durch Multiplikation mit dem Faktor 1,24 wurde aus der Summe der 4 Kongeneren ein Gesamtwert für PBDE gebildet.
Das untersuchte Kollektiv umfasst nach Ausschluss doppelter Teilnahmen 5901 Datensätze. Das Medianalter der Mütter ist 32 Jahre (15-51 Jahre). Der Median des BMI liegt bei 24,2 kg/m² und 57,8% sind Erststillende. Zum Zeitpunkt der Probennahme stillen 30,6% der Frauen seit maximal 8 Wochen und 52,2% bereits länger als 12 Wochen. Es haben 3,2% der Frauen angegeben, aktuell zu rauchen. Ein Hautpflegemittel wird von 45,8% der Frauen verwendet. Der Anteil der Frauen mit dem höchsten Schulabschluss Abitur liegt bei 66,4% und 11,8% der Mütter stammen gebürtig nicht aus Deutschland. Die wichtigsten Zugangswege zum Programm waren 2016 andere Mütter (30,7%), Hebammen (26,7%) und Kinderärzte (25,3%).
Im Zeitraum 2006-2016 hat sich die mittlere PBDE-Konzentration (Median des Gesamtwertes) von 1,46 ng/g Milchfett auf 0,77 ng/g Milchfett im Gesamtkollektiv fast halbiert. Eine Ausnahme bildet das Kongener BDE-153, hier hat sich die mittlere Konzentration im gleichen Zeitraum von 0,55 ng/g Milchfett im Jahr 2006 zu 0,43 ng/g Milchfett 2016 kaum verändert. Die vom NLGA abgeleiteten Referenzwerte für BDE-47 (1,5 ng/g Milchfett) und BDE-153 (1,3 ng/g Milchfett) wurden in 2,64% (max. 48,61 ng/g Milchfett) bzw. in 2,93% (max. 29,52 ng/g Milchfett) der Proben überschritten.
Die untersuchten Proben zeigen einen deutlichen Rückgang der PBDE-Gehalte in der Muttermilch und belegen die nachhaltige Wirkung von Verwendungsverboten/-beschränkungen für PBDE. Das Untersuchungsprogramm hat sich als etabliertes Instrument zur gesundheitsbezogenen Umweltbeobachtung (Human-Biomonitoring) bewährt und ermöglicht zugleich die Modifizierung/Ausweitung des Untersuchungsspektrums auf neue Stoffe. Zudem tragen unsere Daten neben der individuellen Beratung der Mütter zur allgemeinen Stillempfehlung bei und unterstützen generell die Stillmotivation.
Nach Trinkwasserverordnung (TrinkwV) gilt dem Vorsorgeprinzip bzw. Minimierungsgebot folgend für Pflanzen-schutzmittelwirkstoffe und ihre relevanten Metaboliten ein allgemeiner Grenzwert von 0,1 µg/l für den Einzelstoff bzw. ein Summenwert von 0,5 µg/l (als „Null-Surrogat“ der damaligen analytischen Nachweisgrenze entsprechend). Diese stoffunabhängigen Grenzwerte begründet in der Vorsorge sind zu unterscheiden von Werten der Risikobewertung, d.h. von gesundheitlich abgeleiteten, stoffspezifischen Grenz-/Leitwerten im Trinkwasser (LWTW). Ist aufgrund unzureichen-der toxikologischer Datenlage kein Leitwert ermittelbar, soll das Konzept der gesundheitlichen Orientierungswerte (GOW) zur „Bewertung von „teil- oder nicht bewertbaren Stoffen“ diese potentielle Lücke schließen.
Die GOW sollen als Vorsorgewerte regulatorisch Platzhalter für einen späteren, stoffspezifischen Leitwert sein. Somit stellen GOW einerseits den Wunsch nach Abwesenheit unerwünschter Stoffe im Trinkwasser als „trinkwasserhygieni-sche“ Vorsorgewerte dar, andererseits werden Stoffe basierend auf der Güte der toxikologischen Datenlage bewertet und einem numerisch vorgegebenen, konservativen GOW-Wert zuordnen. 2003 vom Umweltbundesamt (UBA) veröf-fentlicht, wird es seither zur Bewertung von Spurenstoffen im Trinkwasser (insbesondere auch für nicht relevanter Me-tabolite von Pflanzenschutzmitteln) herangezogen; ist dabei jedoch nicht gesetzlich verankert und entspricht juristisch einer Empfehlung. Das GOW-Konzept hat sich als wertvolles Instrument bewährt, allerdings haben sich seit der Erst-einführung regulatorische Rahmenbedingungen sowie das Wissen um verschiedenste Stoffe gewandelt und ist eine Fortschreibung wünschenswert, insbesondere in der Umsetzung des trinkwasserhygienischen GOW-Konzeptes in Abgrenzung zu toxikologischen Begründungen von Leitwerten.
Anhand der nicht relevanten Metabolite Aminomethylphosphonsäure (AMPA) und Trifluoressigsäure (TFA) wird die notwendige Trennung von trinkwasserhygienischem Anspruch und gesundheitlicher Bewertung anhand toxikologischer Daten dargestellt. Die unterschiedlichen Kriterien zur Ableitung sowie abweichende Verwendung von Extrapolations-faktoren im Vergleich zu anderen regulatorischen Bereichen bzw. Behörden und folglich resultierende Trinkwasserleit-werte werden gegenübergestellt.
Einleitung
Der Eintrag von humanpathogenen Viren in Oberflächengewässer erfolgt neben den Abschwemmungen von Feldern und Wiesen vor allem durch die Einleitung geklärten Abwassers oder Mischwasserentlastungen. Infektiologisch relevant sind nach jetzigem Wissenstand Rota- und Noroviren. Es handelt sich hierbei um unbehüllte Viren, die bei geeigneten Wassertemperaturen von < 10°C mehrere Wochen bis Monate im Wasser infektiös bleiben können. Mit der Nutzung des viral belasteten Wassers zur Freizeitgestaltung (z.B. Schwimmen) stellt sich die Frage des Erkrankungsrisikos. Mit Hilfe der quantitativen mikrobiologischen Risikobewertung (QMRA) lässt sich diesesas Risiko berechnen.
Methode
Die Konzentration humanpathogener Viren wurde von 2012-2013 in einem Oberflächengewässer südlich von Essen bestimmt. Dazu wurden in einem zweiwöchigen Rhythmus Proben genommen und die Viren mittels molekularbiologischer Methoden quantifiziert.
Das Risiko errechnet sich mit Hilfe von Dosis-Wirkungskurven durch eine Monte-Carlo Simulation, bei der pro Pathogen jeweils 10.000 Einzelwerte errechnet werden., um das Erkrankungsrisiko durch z. B. Baden zu simulieren. Einen entscheidenden Einfluss auf das Ergebnis der QMRA hat die beim Baden aufgenommene Wassermenge in Abhängigkeit von Geschlecht und Alter. Daher wurde die Rahmen der Monte-Carlo Simulation zu Grund liegende Badedauer (0,25-2 Stunden) und die aufgenommene Wassermenge in definierten Grenzen (Kinder und Jugendliche: 0-154 ml/45 min; erwachsene Personen: 0-53 ml/45 min) variiert.
Ergebnis
Die berechneten Ergebnisse der QMRA zeigen, dass die Erkrankungswahrscheinlichkeit durch das Baden im Oberflächengewässer bei den unter 18-jährigen größer als bei den über 18-jährigen ist. Statistisch erkranken 2,6% der unter 18-jähringen durch Badeaktivität im Gewässer an einer Rotaviren- und 2,4% an einer Noroviren-Gastroenteritis. Dahingegen ist die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung bei den unter 18-jähren mit 0,9% und 1,5% deutlich geringer.
Diskussion
Zur Bewertung der errechneten Risiken kann eine Forschungsarbeit von Wiedenmann et al. herangezogen werden (Wiedenmann et al., 2006). Dort wird ein akzeptiertes Risiko für eine Erkrankung durch baden in Oberflächengewässern von 3-5% errechnet. Dieses akzeptierte Risiko ist zudem die Grundlage für die Leit- und Zielwerte der EU Badegewässerrichtlinie. Die U.S. Umweltbehörde EPA geht hingegen von einem akzeptierten Risiko von 3,6% aus. Bei der Berechnung der Risiken mittels QMRA gibt es jedoch auch Limitierungen, die die Genauigkeit der Bewertung reduzieren:
1. Die Dosis- Wirkungsbeziehungen werden fast ausschließlich bei jungen, gesunden Männern und Frauen gewonnen. Unberücksichtigt bleiben jedoch Kinder, ältere oder kranke Menschen, die per se ein erhöhtes Infektionsrisiko haben.
2. Für Noroviren gibt es keine Möglichkeit die Anzahl der infektiösen Viren zu bestimmen, so dass die Umrechnung der molekularbiologischen Ergebnisse vermutlich nur eine Anlehnung an die Realität ist.
Hintergrund:
Die Anzahl der durch die Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst (PID) betriebenen Pollenmessstationen in Bayern ist in den letzten Jahren von fünf Fallen im Jahr 2010 auf mittlerweile drei Pollenfallen zurückgegangen. Dies, in Verbindung mit dem Aufkommen neuer Technik, war der Anlass für die Planungen, die Infrastruktur der Pollenmessungen in Bayern dauerhaft durch die Öffentliche Hand zu betreiben.
Das Vorhaben ePIN ist Teil der bayerischen Klimaanpassungsstrategie und wird im Auftrag des Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege (StMGP) sowie des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV) federführend durch das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) mit Unterstützung des Bayerischen Landesamtes für Umwelt (LfU) umgesetzt.
Methodik:
Seit kurzem sind neue Techniken mit automatisierter Pollenzählung und - charakterisierung verfügbar. Statt manuell Daten aus der Vergangenheit einzuspeisen, können diese den Wetterdiensten elektronisch in kurzen zeitlichen Intervallen zur Verfügung gestellt werden. In Bayern werden derzeit acht elektronische Pollenmonitore in den folgenden Landkreisen in Bayern aufgestellt: Altötting, Feucht, Garmisch-Partenkirchen, Hof, Marktheidenfeld, Mindelheim, München und Viechtach. ePIN wird unterstützt von den ansässigen Gesundheitsämtern.
Ergebnisse:
Im ePIN Projekt werden die folgenden Ergebnisse erwartet:
• eine grundlegende Verbesserung der Qualität der Pollenflugvorhersage in Bayern
• eine substantielle Verbesserung der Datenlage für die allergie- und gesundheitsbezogene Klimaforschung sowie
• eine langfristige Verbesserung der bayernweiten Datengrundlage zum Klimamonitoring
In Zusammenarbeit mit dem Leibniz-Rechen-Zentrum werden die Pollendaten aus ePIN der Bevölkerung auf der LGL Website kostenlos zur Verfügung gestellt. Auch die an ePIN beteiligten Institutionen (unter anderem Kliniken und Gesundheitsämter) haben die Möglichkeit, die Pollendaten in Ihre Website zu integrieren.
Ausblick:
Derzeit werden vom LGL bereits erste Befragungen zur Nutzung von Umweltinformationsdiensten inklusive Pollenflugvorhersage durchgeführt. Mit Hilfe von ePIN soll darüber hinaus erforscht werden, inwiefern die Pollenflugvorhersagen in Bezug auf Therapien von Allergien genutzt werden. Auch die Machbarkeit einer Studie zu den Auswirkungen eines durch den Klimawandel veränderten Pollenflugs auf Sensibilisierungen wird vom LGL bereits in einem Pilotprojekt (SEAL) erforscht.
Hitzewellen gewinnen durch den Klimawandel an Bedeutung. Sie verursachen gesundheitliche Beeinträchtigungen und führen zu einer Zunahme der Sterblichkeit. 2003 kam es zu einer „Hitzewelle“ ungewöhnlich intensiven Ausmaßes in Zentraleuropa. In der Folge wurden in Deutschland in vielen Regionen sogenannte Hitzeaktionspläne ins Leben gerufen. Die Sensibilität gegenüber intensiven Hitzeperioden stieg allgemein. Das Gesundheitsamt Frankfurt am Main analysierte in den folgenden Jahren die Mortalitätsdaten der Stadt Frankfurt am Main, um den Einfluss des Hessischen Hitzeaktionsplanes beurteilen zu können. Dabei wurde die Excess-Mortalität während verschiedener Hitzewellen analysiert. Es zeigte sich, dass die Excess-Mortalität der Hitzewelle 2003 ungewöhnlich stark in ihrer Ausprägung war (2003 +77,8% gegenüber 2015 +38,1%). Es werden Erklärungsansätze diskutiert u.a. die ungewöhnlich lange Dauer der Hitzewelle 2003.
Mit dem Ziel, die Wirkung einer Hitzewelle auf die menschliche Gesundheit zu untersuchen, analysierte das Gesundheitsamt Frankfurt/Main auch Daten des web-basierten IVENA Systems (Interdisziplinärer Versorgungsnachweis). Dieses registriert Krankenhausein¬weisungen mit Angabe der Einweisungsdiagnose per Rettungsdiensteinsatz. Analysiert wurden die Einweisungen im Stadtgebiet Frankfurt am Main in den Monaten Juni-August 2014-2016. Dieser Zeitraum beinhaltet eine Hitzewelle im Juli 2015 (>32°C für wenigstens 5 Tage in Folge). Es zeigte sich an den Hitzewelle-Tagen eine Zunahme der Krankenhauseinweisungen (sog. Exzess Morbidität) von 22%. Bei Betrachtung der „Hitze-assoziierten Erkrankungen“ (Exsikkose, Synkope, unklares Fieber, Hitzeerschöpfung) zeigte sich eine Zunahme von über 300%. Auch außerhalb der Hitzewelle war eine Korrelation zwischen Einweisungen und Temperatur nachweisbar. Die Akuteinweisungen per Rettungsdiensteinsatz scheinen ein valider Parameter zur Darstellung der Morbiditätssteigerung an Hitzetagen zu sein.
Allgemein ist der internationale Vergleich von Hitzedaten schwierig, da es erhebliche Unterschiede gibt z.B. in der Definition einer Hitzewelle oder zwischen den untersuchten Bevölkerungsgruppen. Ziel des Beitrags soll sein, einen internationalen Vergleich zu den Frankfurter Daten zu geben. Des Weiteren sollen Lösungsansätze zum Umgang mit Hitzeepisoden in der Großstadt diskutiert werden.
Hintergrund:
Durch den Klimawandel kommt es zu einem Anstieg der durchschnittlichen Temperaturen. In der Folge treten über das gesamte Jahr gesehen insgesamt zwar weniger Frosttage aber vermehrt extreme Hitzetage/Hitzewellen auf. In Sommermonaten kann ein Anstieg der Mortalität beobachtet werden. Das Umweltbundesamt hat daher mit den Mitgliedern der vom Bundesumweltministerium (BMUB) geleiteten ehemaligen Bund/Länder-Ad-hoc Arbeitsgruppe ‚Gesundheitliche Anpassung an die Folgen des Klimawandels (GAK)‘ Handlungsempfehlungen für die Erstellung von Hitzeaktionsplänen zum Schutz der menschlichen Gesundheit erarbeitet.
Methodik:
Zur dauerhaften Umsetzung eines Hitzeaktionsplans zum Schutze der menschlichen Gesundheit in Bayern ist geplant, ein zentrales Netzwerk mit Vertretern der von der Thematik betroffenen Behörden, Verbände und Organisationen einzurichten. Dabei sollen Synergien genutzt und durch den direkten Kontakt der Netzwerkteilnehmer praktikable Maßnahmen erarbeitet werden. Ein weiteres Ziel des Projektes ist die Bereitstellung von Informationen zum Umgang mit Hitze auf verschiedenen Ebenen (z.B. durch das Erstellung einer Homepage, Identifikation von Kommunikationsstrukturen zur Weiterleitung der Hitzewarnungen des Deutschen Wetterdienstes, Erstellung von Pressemitteilungen, zielgruppenspezifischen Maßnahmenkataloge und FAQs, Entwicklung von Schulungsmaterialien für Personen, die im Rahmen ihrer Berufstätigkeit Verantwortung für besonders vulnerable Personen tragen). Um die Umsetzung des Hitzeaktionsplans in Bayern zu evaluieren, sowie Defizite der Informationsstrategien zu erkennen, ist geplant, eine Erhebung zum Umgang mit Hitzeereignissen durchzuführen.
Ergebnisse:
Durch die Umsetzung des Hitzeaktionsplans soll die Bevölkerung in Bayern besser auf Hitzeereignisse vorbereitet werden. Es sollen sowohl die Hitzeereignisse selbst als auch die möglichen gesundheitlichen Folgen von Hitze besser kommuniziert werden. Zudem soll für das Thema sensibilisiert werden. Darüber hinaus soll die Bevölkerung zu Verhaltensanpassungen im Falle von Hitzeereignissen angeregt und präventive Maßnahmen bekannt gemacht werden. Hierdurch wird versucht, die negativen gesundheitlichen Folgen von Hitzeereignissen zu reduzieren.
Ausblick:
Ziel des Projektes ist darüber hinaus, weitere, assoziierte und praxisorientierte Projekte für vulnerable Zielgruppen und unter Berücksichtigung spezieller Teilaspekte zu initiieren.