Autor:innen:
S. Kunzmann (Frankfurt, DE)
J. Joseph (Frankfurt a.M., DE)
G. Seelemann (Frankfurt a.M., DE)
C. Scheicht (Frankfurt a.M., DE)
B. Bungert (Hanau, DE)
J. Jochim (Offenbach, DE)
C. Jackisch (Offenbach, DE)
J. Bauer (Wiesbaden, DE)
G. Frey (Darmstadt, DE)
B. Zimmer (Rüsselsheim, DE)
C. Jux (Giessen, DE)
M. Wilhelm (Gelnhausen, DE)
L. Schrod (Frankfurt a.M., DE)
V. Möbius (Frankfurt a.M., DE)
K. Latta (Frankfurt a.M., DE)
F. Bahlmann (Frankfurt a.M., DE)
Aufgrund einer Bombenentschärfung einer Fliegerbombe aus dem 2. Weltkrieg musste am 3.9.17 die größte Evakuierungsmaßnahme in der Nachkriegszeit in Frankfurt a.M. durchgeführt werden (ca. 65.000 Bürger). Betroffen davon war auch das Bürgerhospital (330 Betten) u.a. mit einem Perinatal-Zentrum Level I (ca. 3300 Geburten/Jahr, 90 Frühgeborene<1500g/Jahr) inkl. einer pränatalen Station (27 Betten), einer neonatologischen Intensivstation (NICU) (12 Betten) und einer Nachsorgestation (12 Betten).
Nach offizieller Meldung am 30.8.17 wurden in interdisziplinären Krisensitzungen der Ablauf der Evakuierung koordiniert. Hierzu wurden 4 Arbeitsgruppen (Medizin, Pflege, Gebäudesicherung, Kommunikation) gegründet. Bezüglich der Neonatologie entschloss man sich, anders als für die Erwachsenen-Intensivstation, gegen die Eröffnung einer einzigen „Ersatz“ NICU-Station in einer anderen Klinik und zog die individuelle, flächenmäßige Verteilung der Neu- und Frühgeborenen auf benachbarten PNZ im Rhein-Main Gebiet vor (Entzerrung). Bzgl. der Auswahl der Klinik wurden folgende Punkte u.a. berücksichtigt: Level-Status der Klinik, Wohnort der Eltern, freie Kapazitäten inkl. Isolierungsmöglichkeiten, Vorhandensein von Spezial-Abteilungen. Frühzeitig erfolgte dann die Kontaktaufnahme mit den anderen Kliniken bzgl. freier Betten-Kapazitäten und die enge Absprache bzgl. der Koordination der Übernahmen inkl. der Transporte. Eine wichtige Rolle nahm die Informationspolitik der Familien ein, die über die Medien bereits sehr frühzeitig informiert gewesen sind.
Insgesamt mussten 21 Kinder und 11 Schwangere verlegt werden. 9 Kinder konnten aufgrund ihres Gesundheitszustandes und ihres Alters bzw. Gewichts intern auf unsere Nachsorgestation, die sich in unserem zweiten Standort, dem Clementine Kinderhospital, außerhalb des Sperrbezirkes befand, verlegt werden. 13 Kinder mussten in andere Kliniken extern verlegt werden, davon 5 nach Höchst, 2 nach Wiesbaden, 2 nach Offenbach, 1 nach Darmstadt, 1 nach Rüsselsheim, 1 nach Gießen, 1 nach Hanau und 1 nach Gelnhausen. Die Rückübernahme der Kinder erfolgte, soweit dies die Eltern wünschten, sukzessive in den darauffolgenden 3 Tagen. Bei den schwangeren Frauen wurden 7 in die Frauenklinik des Klinikums Höchst und 4 in die Frauenklinik des Klinikums Offenbach verlegt.
Retrospektiv traten durch die Verlegungen keine größeren Probleme bei den Kindern und den Schwangeren auf. Die Familien hatten weitestgehend Verständnis für die Notwendigkeit der Verlegung.
Das Vorhandensein von relativ vielen PNZ im Rhein-Main Gebiet erwies sich sehr hilfreich bei der Notfall-Evakuierung eines Level-1 PNZ. Hierdurch war eine Entzerrung der Evakuierungsmaßnahmen möglich, die wesentlich zur Entschärfung der Gesamtsituation beitrug.