Hintergrund
Fehlbildungssyndrome die ein kongenitales nephrotisches Syndrom einschließen, sind weltweit sehr selten beschrieben. Es gibt kaum Erfahrungen zu Therapien, die Prognose ist meist infaust- insbesondere wenn eine Nierentransplantation aufgrund eines zusätzlich komplexen Krankheitsbildes nicht vertretbar erscheint.
Fragestellung
Wie kann man die Ursache eines komplexen Fehlbildungssyndroms wie hier beschrieben eingrenzen, und wie können Irrwege bei der Diagnosefindung vermieden werden? Welche therapeutischen Möglichkeiten bleiben?
Anamnese
Erstes Kind einer 20jährigen 2. Gravida, Abstammung aus dem Libanon, Eltern nicht konsanguin. Sekundäre Sectio nach 38+2 SSW bei pathologischem CTG (Nabelschnurabriss unter Geburt), APGAR 3/6/9, NapH 7,19, respiratorische Anpassungsstörung, nCPAP bis zum zweiten Lebenstag, initiale Trinkschwäche. Weitere Auffälligkeiten im Verlauf:
• Fehlender Verschluss des Augenbechers mit Iris-Netzhaut-Aderhautkolobom
• Hexadaktylie
• Tintenlöscherfüße bds.
• Glanduläre Hypospadie
• Harntransportstörung II°
• Retrognathie
• ASD II, 2 muskuläre VSD
• beginnende hypertrophe Kardiomyopathie
• latente Hypothyreose
• Anämisierung
• kongenitales nephrotisches Syndrom
Verlaufsbeschreibung
1. Stationärer Aufenthalt postnatal mit Anpassungsstörung
2. Mit 3 Wochen Aufnahme Augenklinik zur operativen Pupillenerweiterung mit partieller Iridektomie, stationäres Monitoring bei Bradykardien und Hypopnoen, in der Abdomensonographie auffallend große Nieren mit teilweise hyperechogener Nierenpyramiden, erste Zeichen einer Kardiomyopathie, Entlassung gegen ärztlichen Rat bei fehlendem Diagnostik/Behandlungswillen der Eltern in der 7. Lebenswoche
3. In der 8. Lebenswoche Aufnahme mit inkarzerierter Leistenhernie, operative Versorgung, Erstdiagnose des nephrotischen Syndroms,
symptomatische Therapie (Albumin und Ig-Infusionen, EK Transfusion bei zunehmender Anämisierung, Heparinisierung). Nach initialer Ablehnung der Eltern schließlich Verlegung in pädiatrische Nephrologie in der 9. Lebenswoche.
Differentialdiagnosen:
• Pierson-Syndrom mit Mutationen im LAMB2-Gen (3p21)
• Turner-Kieser-Syndrom
• Galloway-Syndrom
• Renales-Kolobom-Syndrom
Schlußfolgerung
Komplexe angeborene Fehlbildungssyndrome können gelegentlich erst im Verlauf zur Verdachtsdiagnose einer bestimmten Genmutation führen. Eine übereilte Diagnostik kann somit ergebnislos bleiben.
In diesem Casus standen zunächst die Augenerkrankung und weitere äußere Stigmata des Patienten im Fokus, anschließend die beginnende Kardiomyopathie, gefolgt von der eigentlich Krankheitsverlauf-bestimmenden Nierenerkrankung. Durch dieses später aufgetretene Leitsymptom lässt sich die Liste möglicher syndromaler Erkrankungen deutlich reduzieren. Die Therapieentscheidungen werden jedoch wesentlich von den Begleitsymptomen beeinflusst.
Heterotaxie-Syndrome umfassen ein Spektrum von Erkrankungen mit sehr unterschiedlicher Auswirkung auf die Betroffenen. Der vollständige Situs inversus (totalis) verursacht in der Regel keine Probleme, der partielle Situs inversus kann dagegen mit einer hohen Morbidität und auch Mortalität einhergehen. Anhand von 2 kurz hintereinander geborenen Neugeborenen, eines mit einem Rechtsisomerismus, ein anderes mit einen Linksisomerismus soll dies verdeutlicht werden.
Beim ersten Fall (Rechtsisomerie) handelt es sich um ein reifes Neugeborenes, präpartal wurde ein AV-Kanal und eine Dextrokardie festgestellt. Postpartal konnte nie eine ausreichende Oxygenierung erreicht werden. Ursächlich war eine totale Lungenvenenfehlmündung ohne Konfluenz mit seitengetrennter Drainage der Lungenvenen in ein unterhalb des Zwerchfells liegendes Gefäßkonvulut. Da zusätzlich eine Obstruktion im Abfluss des Konvuluts bestand, gab es keine Möglichkeit einer interventionellen oder operativen Therapie. Zusätzlich fand sich eine Hypoplasie des Aortenbogens mit einer ISTA und eine links-persistierende obere Hohlvene. Das Kind verstarb noch am ersten Lebenstag. Die Milz war nicht angelegt gewesen (Asplenie; Ivemark-Syndrom).
Beim 2. Kind (Linksisomerie) handelt es sich um ein Zwillingsfrühgeborenes der 36+5. Schwangerschaftswoche, präpartal wurde der Verdacht auf einen Situs inversus abdominalis und eine V.azygos-Kontinuität gestellt. Postpartal blieb das Kind immer klinisch unauffällig, sonographisch konnte der Situs inversus abdominalis bestätigt werden. Sonographisch ließen sich im rechten Oberbauch mehrere kleine Milzen nachweisen (Polysplenie-Syndrom), die V.cava inf. war nicht vollständig angelegt, es zeigte sich eine Azygos-Kontinuität, die Gallenwege und Nieren waren regelrecht angelegt. Bis auf die funktionelle Asplenie traten keine Probleme auf. Es ergab sich kein Hinweis auf kardiale Probleme, inkl. normales EKG.
Die Verläufe beider Kinder zeigen das weite Spektrum der Heterotaxie-Syndrome auf. Bei präpartalem Verdacht auf ein Heterotaxie-Syndrom sollte der Fetus insbesondere auf assoziierte kardiale Strukturanomalien untersucht werden, da oft die kardiale Fehlbildung die Prognose entscheidend beeinflusst. Sonographische Auffälligkeiten der Milz (A-, bzw. Polysplenie) können daneben erste klinische Hinweis auf ein Heterotaxie-Syndrom sein und sollten weiterführende Untersuchungen nach sich ziehen.
Hintergrund
Das ARC – Syndrom ist eine seltene, autosomal-rezessiv vererbte Multisystem-Erkrankung. Die typische Symptomtrias besteht aus Arthrogryposis, Renaler Funktionsstörung und Cholestase. Weiterhin kommt es häufig zu Thrombozytenfunktionsstörungen, Ichthyosis, Gedeihstörung, Hirn – und Herzfehlbildungen sowie einer ausgeprägten Infektanfälligkeit. Ursächlich ist meist eine Mutation im VPS33B oder VIPAR Gen. Eine kausale Therapie besteht nicht, die meisten Patienten sterben im Laufe des ersten Lebensjahres.
Kasuistik
Männliches, eutrophes Neugeborenes (42+2 SSW, Geburtsgewicht 3750g) mit einer typischen Trias aus Arthrogryposis (Kontrakturen der unteren Extremitäten, Ulnardeviation), renalem Diabetes insipidus (Urinproduktion max. 10,5ml/kgKG/h; Harnstoff max. 15mmol/l, Kreatinin normwertig) und Cholestase. Weiterhin Ventrikelseptumdefekt, offener Ductus arteriosus, Balkenhypoplasie, Hörstörung, V.a. zentrale Temperaturregulationsstörung, Störung des Knochenstoffwechsels mit Tibiafraktur rechts und Kallusbildung, feinschuppige Haut.
Labor bei Aufnahme: Anämie (Hb 13,4g/dl), Gerinnungsstörung (aPTT 21 sec., TZ 21,4 sec., direkte Hyperbilirubinämie (Bilirubin dir. 7,7mg/dl), AP-Erhöhung (339 U/l), Transaminasen normwertig
Die Cholestase wurde symptomatisch durch Substitution fettlöslicher Vitamine sowie Ursodexocholsäure behandelt. Es bestand eine Dystrophie (Gewicht nach Geburt stets <3.Perz.). Bei rezidivierendem Erbrechen und renalem Diabetes insipidus resultierte eine zunehmende hypernatriämische Dehydratation (Na+ max. 155mmol/l). Die Anlage einer PEG- Sonde mit anschließender kontinuierlicher langsamer Nahrungszufuhr über eine Pumpe konnte das Erbrechen nicht reduzieren. Ein Therapieversuch mit Hydrochlorothiazid zeigte keine signifikante Änderung der Diurese. Unter Indomethacin waren Diurese (Diurese vorher 5ml/kgKG/h, nachher min. 2,7ml/kgKG/h) und Flüssigkeitsbedarf etwas rückläufig. Im Sinne eines palliativen Therapiekonzepts wurde auf eine kontinuierliche intravenöse Flüssigkeitszufuhr im Verlauf verzichtet sowie die Zeiten der Sondenernährung an die Bedürfnisse der Familie angepasst.
Diskussion
Indomethacin stellt eine Therapieoption eines Teilaspekts der Erkrankung dar, jedoch ist fraglich, ob die reduzierte Diurese nur auf das Indomethacin oder auch auf den Untergang der Nierenfunktion im Rahmen der Grunderkrankung zurückzuführen ist. Bei einer lebenslimitierenden Erkrankung sollte ein interdisziplinäres Behandlungskonzept mit starker Einbeziehung der Eltern/Familie stattfinden. Auch im stationären Aufenthalt sollte der Familie Normalität ermöglicht werden.
Hintergrund: Das Adams-Oliver-Syndrom (AOS) ist eine seltene genetische Erkrankung, charakterisiert durch eine Aplasia cutis congenita und transversale Gliedmaßendefekte. In vielen Fällen zeigen sich weitere assoziierte Fehlbildungen.
Fallbericht: Wir berichten über ein männliches, eutrophes Frühgeborenes (Gestationsalter 31 Wochen) mit ausgedehnter Aplasia cutis congenita parietookzipital, transversalem Extremitätendefekt des rechten Arms mit Aplasie des Unterarms und rudimentäre Anlage der Finger, Cutis marmorata teleangiectatica, Fallot’scher Tetralogie, zerebralen Auffälligkeiten mit zystischen Veränderungen im Hirnparenchym und weiten Ventrikeln und einer Hypoplasie des Nervus opticus beidseits. Aufgrund der klinischen Befunde wurde die Diagnose AOS gestellt.
Der klinische Verlauf war durch die Grundkrankheit, insbesondere den Herzfehler, bestimmt. Der Junge verstarb nach Korrektur der Fallot’schen Tetralogie, die kompliziert war durch eine restriktive Ventrikelphysiologie und einen hochgradig pathologischen Gefäßstatus.
Bei den Eltern liegen keine offensichtlichen klinischen Zeichen eines AOS vor.
Adams-Oliver-Syndrom, Klinik: Charakteristisch für das AOS sind Aplasia cutis congenita und transversale Extremitätendefekte. Zu den typischen assoziierten Fehlbildungen gehören Cutis marmorata teleangiectatica, Herzfehler, Gefäßfehlbildungen, zerebrale Fehlbildungen und Mikrozephalie, Augen-, Nieren-, und Leberfehlbildungen. Im Verlauf können sich eine geistige Behinderung, Krampfanfälle oder eine Zerebralparese manifestieren.
Adams-Oliver-Syndrom, Genetik: Das AOS geht mit Mutationen in einer Reihe von Genen einher. Identifiziert wurden für die autosomal rezessive Form Mutationen in den Genen DOCK6 (AOS2) und EOGT (AOS4), für die autosomal dominante Form ARHGAP31 (AOS1), RBPJ (AOS3), NOTCH1 (AOS5) und DLL4 (AOS6). Die Ausprägung der Symptome kann innerhalb einer Familie stark variieren. In einigen Fällen ist eine Zuordnung eines klinisch diagnostizierten AOS zu bisher bekannten Genmutationen nicht möglich.
Bei unserem Patienten wurde eine heterozygote Mutation im DLL4-Gen nachgewiesen (c.1310G>C; p.Cys437Ser). Diese Mutation wurde bisher nicht als pathogene Mutation beschrieben, wird jedoch von mehreren Vorhersageprogrammen als pathogen eingestuft. Derzeit muss die Mutation aber als Variante mit unklarer Signifikanz eingestuft werden. Insgesamt lässt sich der Befund mit dem Vorliegen eines DLL4-assoziierten, autosomal-dominanten AOS vereinbaren. Eine genaue Untersuchung der Eltern auf Minimalsymptome bei unvollständiger Penetranz und eine genetische Untersuchung der Eltern zur Klärung der Frage, ob es sich um eine de novo Mutation handelt, stehen derzeit noch aus.
Ichthyosen bilden eine heterogene Erkrankungsgruppe genet. bedingter, generalisierter Verhornungsstörungen der Haut. Den Ichthyosen liegt eine Störung der epidermalen Differenzierung zugrunde. Der Phänotyp eines Kollodiumbabys gilt als eine der schwerwiegendsten Manifestationen der unterschiedl. Ichthyoseformen.
Wir berichten von einem weibl. FG 33+4 SSW, 33-jährige Mutter, 1.Gravida; 1 Para. Es erfolgte die Notsectio bei fetaler Bradykardie. Das Kind kam zyanotisch zur Welt, unter Stimulation zügige Adaptation und komplikationsloser Verlauf (APGAR 8/9/10): Noch im Kreißsaal fiel eine pergamentartige, straffe und gerötete Haut auf. Zudem Vorliegen eines Ektropiums, eines Eklabiums, die Ohrmuscheln erschienen deformiert, die Extremitäten waren kontrahiert und ein Faustschluss war nicht möglich (Bild 1, 2, 3). Der übrige Untersuchungsbefund war unauffällig, Echokardiographie unauffällig.
Nach RS mit unseren Dermatologen wurde der Verdacht auf eine kongenitale ichthyosiforme Erythrodermie unter dem Bild eines Kollodiumbabys gestellt:
Das Kind wurde umgehend intensivmedizinisch aufgenommen, um die Hautbarriere zu stärken und somit Flüssigkeitsverlust, Infektionen und Sepsis vorzubeugen: Es erfolgte tägliches Baden in klarem Wasser, mit anschließender lokaler Salbentherapie mit Bepanthensalbe alle 2-3h. Offene Hautstellen wurden zusätzlich mit Prontosan und Lavanidgel versorgt. Bei Ektropium und unzureichendem Augenschluss erfolgte die tägl. Augenpflege mit Vidisic-Augentropfen bzw. Bepanthen-Augensalbe im Wechsel. Zur schnelleren Ablösung der Kollodiummembran und zum Ausgleich des erhöhten Wasserverlustes verblieb das Mädchen in den ersten Wochen isoliert in keimarmer Umgebung im Inkubator: Dieser wurde auf hohe Luftfeuchtigkeit (75-90%) und wegen der reduzierten Schwitzfähigkeit und Überhitzungsgefahr auf eine nicht zu hohe Temperatur (ca. 35°C) eingestellt. Es erfolgten engmaschige Kontrollen von Körpertemperatur und Elektrolythaushalt. Das Mädchen zeigte bereits in den ersten Tagen - trotz Eklabium - ein gutes Trinkverhalten, sodass nur für wenige Tage eine Teilsondierung der Nahrung notwendig war. Es erfolgte regelmäßige Physiotherapie zur Mobilisierung der Gelenke, welche das Kind gut tolerierte und die Beweglichkeit der Gelenke verbesserte.
Unter der intensiven Hautpflege besserte sich der Hautbefund deutlich, ca. 3 Wochen nach Geburt war die Kollodiummembran verschwunden und es zeigte sich eine feinlamelläre Hautschuppung.
Eine genet. Diagnostik ist – auf Wunsch der Eltern – bisher nicht erfolgt.
Kongenitale Ichthyosen gehören nicht zum alltäglichen Spektrum eines Pädiaters. Der Phänotyp des Kollodiumbabys stellt eine neonatologisch-dermatologischen Notfall dar, der dringend einer intensivmedizinischen Betreuung bedarf. Entscheidend ist der klin. Verlauf. Eine molekulargenet. Diagnosensicherung erlaubt eine erste Verlaufsprognose und ist bedeutend für die weitere Familienplanung. Eine Heilung ist bislang nicht möglich.
CLOVES-Syndrom (Congenital Lipomatous Overgrowth, Vascular Malformations, Epidermal Nevi and Scoliosis/Skeletal/Spinal anomalies): Diagnostische und therapeutische Herausforderung auf der neonatologischen Intensivstation. Fallvorstellung und Literatur-Review.
Hintergrund:
Das CLOVES-Syndrom ist eine seltene Erkrankung, die zum PI3KCA-Großwuchs-Spektrum (engl. PROS) gehört. Es handelt sich um ein postzygotisches Mosaik (nicht erbliche Mutation, die nicht alle Körperzellen betrifft) mit Störungen im PIK3CA-Pathway, der für die Reifung und das Wachstum von verschiedenen Körpergeweben verantwortlich ist.
Ein neuer Behandlungsansatz von PROS basiert auf der Kenntnis, dass mTOR-Inhibitoren die Überaktivität des PIK3CA/AKT/mTOR-Pathway reduzieren. Seit 2007 sind Einzelfälle über die erfolgreiche Verwendung von Sirolimus bei Patienten mit PROS berichtet worden.
Seit 2008 hat sich die Behandlung mit Propranolol bei infantilen Hämangiomen als Goldstandard durchgesetzt. In der Literatur sind auch Fälle erfolgreicher Behandlung mit Propranolol bei anderen Gefäßfehlbildungen berichtet worden.
Fallbericht:
Wir berichten über ein Frühgeborenes mit CLOVES-Syndrom, bei dem wir einen individuellen Heilversuch mit Sirolimus und Propranolol durchführten.
Bei einer 27jährigen 4.Grav., 3. Para, wurde in der 32. SSW in der Pränataldiagnostik der V.a. ein komplexes Fehlbildungssyndrom mit cerebralen Malformationen, V.a. Ösophagus- und Analatresie sowie Skelettdsyplasie gestellt. Familiäre Vorerkrankungen oder Konsanguinität bestanden nicht.
In der 33 6/7 SSW erfolgte die Sectio wegen unbeherrschbarer Wehentätigkeit und zunehmendem Polyhydramnion.
Klinisch imponierte eine generalisierte massive Weichteilschwellung und großflächige Gefäßmalformationen der Haut, verplumpte Hände und Füße mit Makrodaktylie sowie Pterygium colli. Das Kind musste unmittelbar postnatal intubiert werden und war im weiteren Verlauf nicht von der intensiven Beatmung zu entwöhnen.
Die Ganzkörper-MRT zeigte multiple Lymphangiome im Bereich der Extremitäten, des Halses und intrathorakal sowie slow-flow-Gefäßanomalien im BWS- und LWS-Bereich. Außerdem bestanden eine große occipital-supratentorielle Zyste und eine Hypoplasie des rechten oberen Kleinhirnschenkels. Die Bildgebung bestätigte die Diagnose eines CLOVES-Syndroms.
Bei fehlender klinischer Besserung wurde in der 5. Lebenswoche ein individueller Heilversuch mit Sirolimus begonnen. Da nach 46 Behandlungstagen kein Therapierfolg sichtbar war, wurde die Therapie um Propanolol ergänzt.
Schlussfolgerung:
Es existiert für die Behandlung von schweren vaskulären Malformationen mit Sirolimus ein vielversprechender Therapieansatz. Zukünftige Studien werden benötigt, um diese seltenen Erkrankungen und ihre Therapie besser zu verstehen.
Kasuistik
Wir berichten von einem weiblichen Neugeborenen einer 22-jährigen zweitgebärenden Mutter. Nikotinabusus in der Schwangerschaft, die übrige Eigen- und Familienanamnese unauffällig. Die Pränataldiagnostik ergab bei proportional verzögerter Fetalentwicklung keine Fehlbildungshinweise. Die Geburt des hypotrophen Neugeborenen (Geburtsgewicht 2310g; 2. Perz., BMI -2.13z) erfolgte bei pathologischem CTG per Sectio in der 38+2 SSW. Postnatal fiel ein massiv vorgewölbtes, stummes Abdomen auf. Sonografisch zeigten sich massiv dilatierte Darmschlingen, sodass bei Verdacht auf Darmatresie/Volvulus die Indikation zur Operation am 1. Lebenstag gestellt wurde. Intraoperativ stellte sich eine Apple-Peel-Malformation sowie das Bild eines Mekoniumileus dar. Es erfolgte eine Darmteilresektion sowie die Anlage eines Stoma mit Santulli End-zu-Seit-Anastomose. Der postoperative Verlauf gestaltete sich kompliziert. Zunächst verzeichneten wir unter teilparenteraler hyperkalorischer Ernährung eine mäßige Gewichtszunahme, jedoch keinen Stuhlabgang. Bereits im Neugeborenenscreening war das immunreaktive Trypsin erhöht. Mittels Genanalytik bestätigte sich eine CF mit dem Mutationstyp einer compound-Heterozygotie (Phe508del/GIn685Thrfs*4). Bei klinischem Bild eines Subileus wurde letztlich am 26. Lebenstag eine Stomarevision mit Anlage einer Bishop-Coop Fistel nötig. Seither hat die Patientin eine regelrechte Stuhlausscheidung sowie eine positive Gewichtsentwicklung unter hochkalorischer oraler Nahrungszufuhr sowie der üblichen Vitamin- und Pankreasenzymsubstitution.
Hintergrund
Bei der Apple-Peel-Malformation handelt sich um eine hohe Dünndarmatresie mit großem Defekt des Mesenteriums, wobei sich der distale atretische Dünndarm helikal um ein zentral versorgendes Gefäß windet. Man nimmt an, dass der Fehlbildung ein früher intrauteriner Gefäßverschluss zugrunde liegt, wobei ein Mekoniumileus als mögliche Ursache diskutiert wird. Es existieren klinische Daten, welche eine Vergesellschaftung von CF und Darmatresien zeigen, jedoch finden sich lediglich einzelne Fallberichte mit der Konstellation einer Apple-Peel-Atresie als klinische CF-Manifestation wie bei der hier vorgestellten Patientin. In unserem Fall wies bereits das Neugeborenenscreening auf die Grunderkrankung hin, sodass eine zeitnahe genetische Diagnosesicherung erfolgen konnte. Aufgrund des vorliegenden Mutationstyps wäre bei unserer Patientin eine „CFTR-Potentiator plus -Korrektor“ Kombinationstherapie zu erwägen. Diese Therapieform ist zum aktuellen Zeitpunkt in Deutschland für diese Altersgruppe nicht zugelassen.
Fazit
Bei kongenitalen Darmatresien sollte immer eine CF ausgeschlossen werden. Die Konstellation einer Mekoniumileus-assozierten Apple-Peel-Malformation als klinische Manifestation einer CF stellt eine Rariät dar.
Hintergrund: Die neonatale Hämochromatose ist ein seltenes klinisches Krankheitsbild mit schwerer Hepatopathie des Neugeborenen vergesellschaftet mit extrahepatischen Eisenablagerungen, die an eine hereditäre Hämatochromatose erinnern. Vermutet wird eine alloimmune Gestationserkrankung als Ursache der fetalen Lebererkrankung. Aufgrund einer Exposition mit fetalen Antigenen kommt es bei der betroffenen Schwangeren zu einer Produktion von IgG-Antikörper. Diese binden an fetale Hepatozyten und aktivieren eine terminale Komplement-Kaskade die zum Untergang der Hepatozyten führt. Aufgrund eines Wiederholungsrisikos von 60-80% bei folgenden Schwangerschaften ist es wesentlich die Diagnose dieses Krankheitsbildes trotz des meist letalen Verlaufs zu stellen.
Fallpräsentation: Im referierten Fall handelt es sich um ein Neugeborenes mit bereits intrauterin bekanntem Hydrops fetalis mit Z.n. 4 perkutanen ultraschallgesteuerten Amniondrainagen, Z.n. bilateraler thorakoamnialer Shuntanlage sowie mit Z.n. materno-fetaler Hyperoxygenierung. Postpartal erfolgte aufgrund des zusätzlichen Verdachts auf eine Lungenhypoplasie die Versorgung mittels primärer Intubation. Eine kreislaufunterstützende Therapie wurde neben einer Analgosedierung sowie einer antibiotischen Behandlung etabliert. Initial zeigten sich beidseitige Pleuraergüsse von nicht therapiebedürftigem Ausmaß, kein Perikarderguss und kein Ascites. Bereits direkt postpartal bestand eine Koagulopathie mit anhaltend niedrigen Quick-Werten. Rasch entwickelte das Neugeborene eine ausgeprägte Hämolyse mit einem Hb-Abfall bis 6mg/dl sowie einen deutlichen Anstieg der Transaminasen. Sonographisch ließen sich neu aufgetretene Nekrosen der Leber darstellen. Bei massiv erhöhtem Ferritin und AFP sowie dem pränatal bekannten Hydrops fetalis stellten wir die Verdachtsdiagnose einer neonatalen Hämochromatose. Differentialdiagnostisch wurde eine umfangreiche Stoffwechseldiagnostik erhoben. Zur Therapie der Verdachtsdiagnose wurde eine Austauschtransfusion durchgeführt. Trotz dieser Maßnahme kam es im Anschluss zu einer progredienten Verschlechterung der respiratorischen und kardialen Situation, so dass eine ECMO-Therapie notwendig wurde. Aufgrund der mangelnden Stabilisierung trotz maximaler Therapie sowie fehlender Therapieoptionen musste die Behandlung letztlich beendet werden. In der post mortem durchgeführten Leberbiopsie fand sich eine deutliche Hämosiderinablagerung, die hinweisend für die Hämochromatose ist. Einer weiterführenden Obduktion stimmten die Eltern nicht zu, so dass der endgültige Beweis nicht erhoben werden konnte.
Schlussfolgerung: In der Zusammenschau der klinischen und histomorphologischen Befunde ist das Vorliegen einer neonatalen Hämochromatose sehr wahrscheinlich. Eine mitochondriale Hepatopathie ist nicht vollständig ausgeschlossen. Dennoch sollte aufgrund des erheblichen Wiederholungsrisikos bei erneuter Schwangerschaft die Gabe von Immunglobulinen ab der 16. SSW empfohlen werden.
Background: Intrathoracic masses rarely occur in the fetus, however, the diagnosis is often difficult and the prognosis does not depend only on the etiology but also on tumor localization and size.
Aim: Based on this case, the current literature on thoracic and mediastinal tumors in the newborn will be thoroughly reviewed aiming to optimize the approach for fetuses with intrathoracic masses.
Case report: In a routine ultrasound evaluation, a 28-week old female fetus was diagnosed with intrathoracic mass and bilateral pleural effusions after an uneventful pregnancy. With detectable large and smaller cysts on ultrasound, a pulmonary airway malformation (CPAM) was suspected and further MRI evaluation scheduled at 30 weeks of gestational age. The amniotic puncture did not show any genetic abnormalities, and serologic markers for TORCH were unremarkable. However, at 28 4/7 weeks, reduced fetal movements and a pathological CTG were noted and therefore, the fetus was delivered by caesarian section. At minutes of life, the preterm was intubated due to bradycardia despite assisted ventilation. In order to treat the acute respiratory distress syndrome, surfactant was administered and to improve blood pressure levels, the newborn was hydrated. However, the oxygenation measured transcutaneously reached only 87% on 100% O2. Thus a chest tube was inserted to drain the pleural effusions yielding only few milliliters of serous liquid. Radiologically, a mediastinal tumor was found aside the right atrium measuring 3.5x4x2.2 cm. Initially, the newborn was not compromised in cardiac function, but pleural and abdominal effusions worsened over time. On day 3, the clinical course was complicated by sepsis with Klebsiella oxytoca in blood cultures. On her 14th day of life, a tumor biopsy was scheduled, however, the preterm deceased from multi-organ failure before. The tumor progressed with consecutive impression of the right atrium and ventricle with venous congestion, leading to insufficient perfusion of all vital organs. The differential diagnoses included lymphangioblastoma, teratoma, neuroblastoma and pleural blastoma. Post-mortem, the tumor was histologically determined to be a teratoma.
Conclusions: For newborns with intrathoracic masses and thoracic as well as mediastinal lesions, their etiology may be epithelial, endothelial or mesenchymal and affect pulmonary, cardiac, or lymphatic vessels. After ruling out pulmonary, esophageal or diaphragmatic malformations, differential diagnoses include tumors such as lymphangio(blasto)ma, teratoma, neuroblastoma and pleural blastoma. When the diagnosis of a teratoma is confirmed, complete surgical resection is the treatment of choice. Interventions have to be devised interdisciplinarily. The prognosis is usually determined by both localization and tumor progression.
1. Einleitung
Angeborene Obstruktionen des unteren Harntraktes (LUTO) sind seltene Fehlbildungen, die mit einer hohen klinischen Variabilität verbunden sind. Ein pränataler Therapieansatz besteht in einer Entlastung durch Anlage eines vesiko-amniotischen Shunts (VAS). Ob eine Shuntanlage mit einer Verbesserung von Mortalität oder Nierenfunktion assoziiert ist, ist bislang nicht ausreichend untersucht. Wir evaluierten daher die klinischen Daten aller Kinder mit LUTO, die in unserer Klinik in den Jahren 2012 bis 2017 geboren wurden.
2. Material und Methoden
Retrospektive Auswertung aller Kinder mit pränatal diagnostizierter LUTO, die an unserem Zentrum zwischen 01/2012 und 11/2017 geboren wurden. Das Patientenkollektiv (n = 29) wurde in 2 Gruppen unterteilt. Gruppe 1 (n = 12) wurde präpartal mit mindestens einem VAS versorgt, Gruppe 2 (n = 17) erhielt keine Intervention. Das postnatale Outcome wurde in Hinblick auf Mortalität, kardiopulmonaler Komorbidität und langfristige Nierenfunktion (Dialysepflichtigkeit/ Retentionsparameter) untersucht.
3. Ergebnisse
Die unmittelbar postnatale Überlebensrate betrug 92% in Gruppe 1 und 88% in Gruppe 2 (p=0.693). Kinder in Gruppe 2 hatten einen signifikant höherer Katecholamin-Bedarf und ein höheren Vasoinotropic-Score nach 24 Lebensstunden (p=0.045). Bei zwei Kindern dieser Gruppe war postnatal eine Therapie mit extrakorporaler Membranoxygenierung (ECMO) und einer kontinuierlichen veno-venösen Hämodialyse (CVVH) notwendig. Beides war bei keinem Kind in Gruppe 1 notwendig. Das Auftreten einer pulmonalen Hypertonie (Gruppe 1: 29%; Gruppe 2: 17%) oder einer Beatmungspflichtigkeit (Gruppe 1: 25%; Gruppe 2: 29%) war in beiden Gruppen vergleichbar (p=0.369 bzw. p= 0.568). In Bezug auf die Nierenfunktion zeigte sich im postnatalen Aufenthalt ebenfalls kein signifikanter Unterschied (p=0.925). Dialysepflichtigkeit im 1. Lebensjahr bestand/ entwickelte sich bei 4 Kindern in Gruppe 2 (2 CVVH; 2 Peritonealdialyse (PD)), und 2 Kindern in Gruppe 1 (beide PD) (p=0.335 bzw. p=0.671). Auch innerhalb des ersten Lebensjahres zeigten sich keine Unterschiede der Retentionsparameter.
4. Diskussion
Unsere Auswertung zeigt, dass der Benefit einer VAS Anlage als moderat zu betrachten ist und anhand eines größeren Kollektivs ausgewertet werden sollte. Positiv zu bewerten ist, dass Kinder mit VAS-Anlage ein geringeres Risiko einer Kreislaufinstabilität hatten. Ein Unterschied in Bezug auf Morbidität oder Mortalität konnten wir an unserer Kohorte nicht zeigen. In der VAS-Gruppe zeigte sich ein Trend zu einer besseren Nierenfunktion mit niedrigerer Wahrscheinlichkeit dialysepflichtig zu werden, allerdings blieb dies ohne statistische Signifikanz. Ein längerfristiger Verlauf in Bezug auf Nierenfunktion und damit auch auf Morbidität und Mortalität bleibt abzuwarten. Eine wichtige Herausforderung für die Zukunft besteht in einer optimierten Risikostratifizierung zur Beurteilung welche Kinder mit LUTO von einer pränatalen Therapie profitieren.
Hintergrund
Einer der häufigsten kongenitalen Tumoren ist das Steißbein-Teratom (SCT). Das Risiko einer unkontrollierbaren prä- und intraoperativen Blutung, wozu vor allem große, hoch-vaskularisierte Teratome neigen, ist oft lebensbedrohlich. In den letzten Jahren ist die präoperative Embolisation der Hauptarterien des SCT als Alternative zur Gefäßabklemmung nach Laparotomie beschrieben worden. Blutungen werden dadurch verringert, was die Resektion erleichtert. Verschiedene Techniken für die präoperative Embolisation sind beschrieben, darunter mittels Radiofrequenzablation, Gelatineschwämmen oder Platinspulen.
Fallbericht
Wir berichten über ein eutrophes NG mit pränatal bekanntem SCT. Das stark vaskularisierte und stetig wachsende Teratom wurde in der 30. SSW diagnostiziert. Trotz Volumenüberlastung bestand postnatal keine Herzinsuffizienz. Die Oberfläche des SCT zeigte Ulzerationen und Sicker-Blutungen. Das MRT zeigte ein externes SCT mit zystischen und soliden Kompartimenten und einer signifikanten intrapelvinen Ausdehnung bis zur Aortenbifurkation. Im multidisziplinären Konsil entschieden wir uns für die primäre selektive Embolisation. Am 2. LT wurde eine interventionelle Katheterisierung über einen linksseitigen A. carotis-Zugang durchgeführt. Drei hauptversorgende Arterien wurden durch selektive Angiographie identifiziert: die 1. entsprang aus der A. sacralis mediana, die 2. und 3. aus der A. iliaca interna sinistra bzw. dextra. Diese Zweige wurden erfolgreich mit acht Mikrocoils verschlossen. Die abschließende Angiographie zeigte eine erfolgreiche, weitgehende Unterbrechung der Perfusion des SCT. Die iliakale und femorale Arterienströmung auf beiden Seiten wurde nicht kompromittiert. Am folgenden Tag erfolgte die chirurgische Resektion des SCTs ohne hämorrhagische Komplikationen. Wir beobachteten weder eine Dislokation der Coils noch eine akute Blutung. Makroskopisch war kein Resttumor vorhanden, eine R0-Situation wurde erreicht. Der 18x15x10 cm große Tumor wog nach Exzision 1 kg. Eine Rekonstruktion der hypotrophen und atonischen Beckenmuskeln war notwendig. Nach der OP gab es weder eine akute Blutung, noch Wundheilungsstörungen. Die Histologie zeigte ein unreifes Teratom mit Dottersacktumor-Komponente. Keine adjuvante Chemotherapie. Entlassung am 11. post-op. Tag. In der Nachuntersuchung gab es keinen Hinweis auf Blasenfunktionsstörung, Stuhlinkontinenz oder ein Rezidiv.
Diskussion
Trotz relevanter Blutungsrisiken war eine komplette Resektion unter guter Sicht möglich, nach der Embolisation waren während der OP nur geringe Blutungen aufgetreten, und die Anpassungsfähigkeit der Mikrocoils gewährte zusätzliche Operationsfreiheit. Darüber hinaus sind die Mikrocoils leicht zu detektieren und können durchtrennt werden, wenn dies notwendig ist. Aufgrund der Unterbrechung der Perfusion von kleineren Äste der hauptversorgenden Gefäße des SCT wurden sekundäre Schäden am Beckenboden vermieden, dieser wurde erfolgreich wiederhergestellt.