Sprachliche Informationen werden im Gehirn ebenso komplex verarbeitet wie Schmerz. Dabei
spielen vor allem Lernprozesse eine große Rolle. Von besonderem klinischem Interesse ist dabei,
die therapeutische Kommunikation so zu gestalten, dass die Schmerzwahrnehmung und
schmerzbezogene Verhaltensweisen nicht zusätzlich verstärkt werden. Dafür ist es notwendig,
zunächst die Verarbeitungsmechanismen schmerzrelevanter Wörter besser zu
verstehen. fMRT-Untersuchungen zu diesem Thema werden überblicksartig dargestellt
(Vortrag 1). Aufbauend darauf wurde auch der Einfluss schmerzassoziierter Wörter auf die
Schmerzwahrnehmung und -verarbeitung mit EEG- und fMRT-Studien untersucht
(Vortrag 2). Das bessere Verständnis dieser neuronalen Mechanismen legt verschiedene
therapeutische Implikationen nahe, von Ideen einer „schmerzfreien“ Kommunikation bis hin zu
konkreten sprachlichen Interventionen mit schmerzimmanenten Informationen (positives
Priming), um einer erneuten ungünstigen Schmerz-Konditionierung entgegenzuwirken. In
diesem Zusammenhang wird abschließend die Erprobung einer konkreten sprachlichen
Intervention (therapeutische Kurznachrichten) im Anschluss an eine multimodale
Schmerztherapie vorgestellt.
Die Behandlung von Kindern mit akuten wie auch chronischen Schmerzen stellt eine spezifische Herausforderung dar, nicht zuletzt, da die Behandlung kindgerecht erfolgen muss und damit die spezifischen Bedürfnisse und Bedarfe des jeweiligen Entwicklungsstandes erfasst und in den Fokus genommen werden müssen.
In der Pflege wird dem Schmerzmanagement bei Kindern und Jugendlichen mit akuten Schmerzen häufig wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Pflegende tragen aber zur Verringerung akuter Schmerzen bei und benötigen daher spezifisches Wissen. Dieses kann in Mikroschulungen vermittelt werden. Inhalte sind sowohl die Vermittlung der Besonderheiten des Schmerzmanagements bei Kindern und Jugendlichen in unterschiedlichen Lebensphasen wie mögliche Auswirkungen des Schmerzes auf das Erleben und Verhalten der Kinder. Auch die Integration der Eltern in den Behandlungsprozess muss vermittelt werden.
Für Kinder und Jugendliche mit chronischen Schmerzen ist eine schmerzpsychotherapeutische Intervention ein wichtiger Behandlungsbaustein. Die Prävalenz von chronischen Schmerzen im Kindes- und Jugendhalter ist zwar vergleichsweise hoch, allerdings benötigen viele betroffene Kinder und Jugendlichen keine intensive ambulante oder stationäre multimodale Therapie, zumal diese ausschließlich in spezialisierten medizinischen Settings angeboten werden kann. Vielmehr gilt es, durch entsprechende psychotherapeutische Interventionen eine weitere Chronifizierung zu verhindern. Hierfür könnte eine niederschwellige Intervention wie z.B. eine ambulante Schmerzedukation Ziel führend sein, die idealerweise im Kontext einer multidisziplinären Zusammenarbeit erfolgt. Speziell in Deutschland gibt es bislang kaum Ansätze für ein solches Angebot.
Zur Vermeidung chronischer Schmerzen bedarf es eines guten Akutschmerzmanagements. Insbesondere in der perioperativen Versorgung von Kindern bedarf es systematischer Konzepte, die für alle beteiligten Berufsgruppen gelten und interprofessionell angewandt werden. Das Konzept „Schnobbel“ ist hierzu entwickelt worden und umfasst spezifische Umgangsstrategien mit dem Kind zur Schmerzvermeidung und –verringerung in der perioperativen Phase. Zudem wurden eigene Hilfsmittel entwickelt und getestet, die dem Kind und seinen Angehörigen in der Bewältigung der Situation postoperativ helfen und so gezielt die Bemühungen des interprofessionellen Teams zur Schmerzlinderung unterstützen.
In diesem Symposium sollen funktionelle in-vivo Methoden zur Bestimmung der Funktion von Nervenfasern und ihrer Ionenkanäle sowohl auf humaner als auch tierexperimenteller Ebene betrachtet werden. Es sollen Erkenntnisse aus tierexperimentellen Arbeiten sowie die aus der humanen Diagnostik resultierenden klinischen Konsequenzen diskutiert werden, sowie deren Bedeutungen auf unterschiedlicher Ebene betrachtet werden.
Frau Forstenpointner wird im ersten Teil des Symposiums über die klinische Bedeutung von Methoden zur Beurteilung der Funktionalität von Nervenfasern berichten, von der historisch gewachsene Methode des Histamin-induzierten Axonreflexes bis zu aktuellen Methoden, welche durch Prädiktionsmodelle das Ansprechen auf CGRP-Antagonisten vorhersagen. Es soll die klinische Bedeutung unterschiedlicher Verfahren dargestellt sowie eine neue Methode - die fLDF (funktionelle Laser-Doppler-Flowmetrie) - zur Differenzierung zwischen nervalen bzw. endothelialen Funktionsstörungen vorgestellt werden.
Patienten in Palliativsituationen leiden unter verschiedenen Schmerzsyndromen wie Kopf-, Tumor- oder neuropathischen Schmerzen. Das transnational angelegte Symposium beschreibt Ursachen, Prävalenzen und den klinischen Kontext dieser Schmerzentitäten auf der Palliativstation sowie komplementäre Therapieverfahren.
Vorsitz: Univ.-Prof. Dr. med. Roman Rolke, Palliativmedizin, Uniklinik RWTH Aachen
1. Vortrag: Symptom-basierte Diagnostik von Schmerzsyndromen in der Palliativmedizin
Vortragender: R. Rolke, Aachen
Dieser Beitrag geht auf Grundlagen der Schmerzentstehung und Assessment-Aspekte der genannten Schmerzsyndrome im Palliativen Setting ein.
2. Vortrag: Kopfschmerzen auf der Palliativstation - ein unterschätztes Symptom?
Vortragende: Inga Paschen, Klinik für Neurologie, Rostock
Bislang gibt es kaum publizierte Studien zu Prävalenz und Charakteristika von Kopfschmerzen bei palliativmedizinische Patienten. Die meisten Arbeiten befassen sich mit der Untersuchung von Schmerzsyndromen in der Allgemeinbevölkerung. Noch am besten untersucht sind Patienten mit Hirntumoren, bei denen Kopfschmerzen tumorbedingt entstehen oder als Therapiefolgen von Operation, Bestrahlung und Chemotherapie mit unterschiedlichem Charakter auftreten können.
In diesem Vortrag wird zunächst ein Überblick zu möglichen Ursachen von symptomatischen Kopfschmerzen im palliativmedizinischen Setting gegeben, insbesondere Kopfschmerzen durch cerebrale Raumforderungen oder als Folge entsprechender Therapieverfahren wie Radio- und Chemotherapie. Im Anschluss daran werden eigene Daten aus einer deskriptiven epidemiologischen Studie präsentiert, die die Häufigkeit von Kopfschmerzen bei Patienten, die sich in palliativmedizinischer Behandlung befinden, untersucht. Dabei werden neben der Prävalenz auch die Einteilung der Kopfschmerzen in de-novo und bekannte sowie primäre und sekundäre Formen präsentiert. Als Kovariaten werden auch der Bezug zu psychosozialen Belastungsfaktoren sowie Beeinträchtigungen der Lebensqualität berichtet.
3. Vortrag: Wenn beim Tumor die Nerven nerven
Vortragende: PD Dr. med. Christian Geber
Dieser Vortrag beschreibt Häufigkeit, klinische Charakteristika und Pathophysiologie von Tumor-assoziierten neuropathischen Schmerzen. Neueste Daten zum Verständnis der Chemotherapie-induzierten Neuropathie wie auch neuropathischer Tumorschmerzen werden differenziert dargestellt und aktuelle Therapiekonzepte berichtet.
Zielgruppe: spiegeltherapieerfahrene Therapeuten, medizinisches Personal und sonstige Interessierte
Gesundheitstechnologien und digitale Versorgungskonzepte zur Verbesserung der Versorgungsleistungen nehmen im Bereich der Gesundheitsversorgung einen immer größer werdenden Stellenwert ein. Auch im Bereich der Schmerztherapie und Schmerzrehabilitation können adjuvante digitale Nachsorgekonzepte eine Möglichkeit darstellen, das steigende Versorgungsaufkommen und die Qualität der Gesundheitsversorgung ergänzend nachhaltig zu sichern.
Nach Amputation einer Extremität leiden bis zu 80 Prozent der Patienten unter chronischen Phantomschmerzen. Die klassische Spiegeltherapie ist ein nichtmedikamentöses Behandlungsverfahren zur Reduktion der Phantomschmerzen.
Das digitale Nachsorgekonzept Routine Phantomschmerz basiert auf dem Prinzip der Spiegeltherapie. Es ist speziell für Patienten mit Phantomschmerzen nach einer Amputation entwickelt worden. Unter Zuhilfenahme eines Tablets können die Nutzer die Spiegeltherapie mittels der Kamerafunktion mobil und ortsungebunden nach eigenem Bedarf durchführen. Bei dem Training mit der mobilen Spiegeltherapie werden Elemente der Augmented Reality genutzt. Das Konzept beinhaltet zusätzlich ein digitales Schmerztagebuch sowie weitere Therapiemodule zur Phantomschmerztherapie. Der Nutzer steht in Kontakt mit einem betreuenden Therapeuten, der Einblick in die Übungen und das Schmerztagebuch hat.
Um bereits erreichte Therapieerfolge nach Abschluss einer Rehabilitationsmaßnahme zu erhalten und weiter auszubauen, können digitale Nachsorgeprogramme eine neue Möglichkeit bieten, die Therapieadhärenz und das Selbstmanagement von chronisch erkrankten Menschen zu unterstützen.
Refenten sind Maren Wosnitzka, Vanessa Waggeling und Dr. Thomas Frey. Frau Wosnitzka ist als Ergotherapeutin in der Schmerzklinik des BG Klinikums Duisburg tätig und hat weitreichende Erfahrungen mit der Durchführung der Spiegeltherapie. Frau Waggeling ist Physiotherapeutin mit abgeschlossenem Studium der Therapiewissenschaften Sie ist seit 2015 in der therapeutischen und wissenschaftlichen Beratung des Unternehmens Kaasa health tätig. Dr. Thomas Frey hat Fit mit Handicap ins Leben gerufen, und entwickelt im Team mit Experten aus Sport und Therapie speziell an die Bedürfnisse von Menschen mit Handicap angepasste Workouts.
Ziel des Workshops ist es, einen Einblick in die Möglichkeiten nichtmedikamentöser, digitaler Gesundheitstechnologien und Nachsorgekonzepten zu geben. Die Vorstellung des Nachsorgekonzeptes Routine Phantomschmerz ist ein konkretes Beispiel der Nutzung digitaler Medien im Bereich chronische Schmerzen. Der geplante Ablauf des Workshops ist eine Einführung in das Thema Spiegeltherpie, Vorstellung des Nachsorgekonzeptes Routine Phantomschmerz und Demonstration durch Herrn Dr. Frey mit anschließender praktischer Erprobung für die Teilnehmer.
Benötigte Materialien sind ein Beamer.
Ein möglicher Interessenkonflikt besteht darin, dass der Hersteller sein Produkt vorstellt und dadurch wirtschaftliche Interessen vertreten kann.
Beschreibung: Es werden die wesentlichen Inhalte der aktuellen Heilmittelverordnung besprochen, der Umgang mit der sogenannten „Regelfall -und außerhalb der Regelfall-Verordnung„ erläutert. Anhand typischer Beschwerdebilder und den entsprechenden Diagnoseschlüsseln nach ICD wird die Rezeptierung geübt und diskutiert. Unter Nutzung der verschiedenen Indikationsschlüssel werden „Praxisbesonderheiten“ und „langfristiger Heilmittelbedarf“ als Richtwertneutrale Verordnungsmöglichkeiten erklärt. Ebenso sollen Möglichkeiten einer Therapiekontrolle und Optimierung laufender funktioneller Therapie in Zusammenarbeit mit dem Therapeuten aufgezeigt werden.
Ein Schwerpunkt wird auf die Funktion der Heilmittel innerhalb der multimodalen Schmerztherapie gesetzt, indem diese näher erläutert und in ihrem Einsatz exemplarisch dargestellt werden.
Ziele:
• Korrekte Ausstellung eines Heilmittelrezeptes aus allen Indikationsbereichen, zur Verordnung von Physikalischer Therapie, Ergotherapie, Podologie und Logopädie
• Darstellung der Therapeutischen Mittel im Rahmen der funktionellen Therapie
• Aufgabe der Heilmittel im Rahmen der multimodalen Schmerztherapie
• Vermeiden von Regressforderungen
• Entdecken einer „Schmerztherapie der WHO Stufe 0“
Zielgruppe: Ärzte, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten
In dem Workshop wird der aktuelle Stand der gemeinsamen KEDOQ-Schmerz-Datenbasis dargestellt.
Konzept KEDOQ-Schmerz: Über 12.000 Patienten in ambulanten, tagesklinischen und stationären Spezialisierten Schmerztherapeutischen Einrichtungen beschreiben sich durch den Deutschen Schmerzfragebogen (DSF). Für den KEDOQ-Schmerz-Kerndatensatz werden bei Behandlungsbeginn Behandlungsanlass, Schmerzlokalisation, Diagnosen, Chronifizierungsstadium und bisherige Medikation ergänzt. Im Verlauf werden die durchgeführten diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen in der Einrichtung und das Behandlungsergebnis durch die Patienten mit dem Verlaufsfragebogen erfasst.
Diese Dokumentationsinhalte und die jeweils vorgesehenen Zeitpunkte wurden für ambulante, teilstationäre und stationäre Einrichtungen definiert: in (teil-) stationären Einrichtungen wird der Abschluss des eigenen Therapieabschnitts festgehalten bevor die Nachbefragung nach 3-6 Monaten erfolgt. Die ambulanten Einrichtungen beschreiben ihre Versorgung in 3-6 Monatsschritten. Die –möglichst - zuverlässige Dokumentation bei –möglichst- allen Patienten verlangt die Gestaltung der Abläufe und Verantwortlichkeiten im Alltag. Und dann sollen die Daten noch vollständig sein und die Schmerztherapie in der eigenen Einrichtung –möglichst- gut beschreiben.
Grundkonzept KEDOQ-Schmerz: Zeitpunkte und Vollständigkeit
Programmeigenschaften: 5 Programmanbieter unterstützen ihre Nutzer bei der Vervollständigung und den Terminen. Diese Programme haben unterschiedliche eigentliche Aufgaben und damit Zusatznutzen für die KEDOQ-Schmerz-Interessierten.
Einrichtungsinterne Organisation ambulant / stationär: Anforderungen an die Programme
Gemeinsame Datengrundlage sektorenübergreifend: Nutzen von KEDOQ-Schmerz für die Teilnehmer mit eigenen Auswertungen, externer Qualitätssicherung und gemeinsamen Projekten
Stand und Perspektiven der schmerztherapeutischen Versorgung: Mit den Daten können wir den Erfolg der Schmerzmedizin in der aktuellen Versorgung beschreiben und zukünftig mit Struktur- und Behandlungsmerkmalen in Beziehung setzen.
Hype Cannabis - was wir von unseren niederländischen Kollegen lernen können
Das „Gesetz Cannabis als Medizin“ trat im März 2017 in Kraft. Immer wieder wird darauf hingewiesen, dass die Entwicklung in den USA der hauptsächliche Motor für das deutsche Gesetz zur Regelung des Einsatzes von Cannabis für medizinische Zwecke gewesen sei. Die Gesetze und Regelungen in den Vereinigten Staaten lassen sich allerdings nur sehr schlecht auf die deutschen Verhältnisse übertragen. Sehr viel besser geht das mit dem Cannabis-Gesetz unseres direkten Nachbarn und EU-Partners, den Niederlanden. Seit September 2003 gibt es in den Niederlanden ein Gesetz, das den Einsatz von Cannabis zu medizinischen Zwecken regelt.
Auffallend ist, wie viele Parallelen in den Gesetzestexten aus den Niederlanden und aus Deutschland zu finden sind. Da uns die Niederlande in Sachen Cannabis 15 Jahre voraus sind, stellt der Referent sich die Frage, in wie weit wir aus den Erfahrungen der Niederlande lernen können.
Metamizol - "forbidden drug" bei Tumorschmerz?
Metamizol ist seit über 95 Jahren in Deutschland auf dem Markt und wird häufig als Nichtopioidanalgetikum in der Tumorschmerztherapie verwendet. Wie auch in anderen Bereichen gibt es kaum Evidenz zum Einsatz von Metamizol, da qualitativ gute Untersuchungen fehlen. So liegen zu Metamizol nur 4 Studien bei Tumorpatienten vor. In Deutschland wird Nutzen-Risiko Profil im Vergleich zu anderen Nichtopiopidanalgetika meist vorteilhaft bewertet und darum Metamizol auch sehr häufig eingesetzt. Metamizol ist bei leichten Schmerzen als Monoanalgetikum und bei starken Schmerzen in Kombination mit Opioiden eine Alternative zu NSAID und Paracetamol. Seit Jahren bestehen allerdings Kontroversen über die Sicherheit. Das Risikos einer Agranulozytose wird in Deutschland Risiko kontrovers diskutiert. Die Inzidenz liegt bei 0.96 (0.95/0.97) Fällen / 1 Mill / Jahr. Eine Agranulozytose kann in einem sehr variablen Zeitintervall auftreten. Verdachtsfälle präsentieren sich zunächst relativ unspezifisch mit (hohem) Fieber, Abgeschlagenheit und Halsschmerzen. Typischer sind eine ausgeprägte Angina, Schleimhautulzerationen und systemische Infektionen bis zur Sepsis.
Methadon - falsche Versprechungen
Durch die Mediendarstellung über die angebliche tumorreduzierende Wirkung von D,L-Methadon ergab sich eine erhebliche Problematik hinsichtlich eines rationalen du wertungsfreien medizinischen Einsatzes. Seriöse Daten zeigen, dass ein tumorreduzierender Effekt von D,L-Methadon als Monosubstanz ohne gleichzeitigen Einsatz eines Chemotherapeutikums begrenzt ist. Patienten werden durch die nicht indizierte Gabe von D,L-Methadon einem Risiko ausgesetzt, ohne dass eine hinreichende Wirkung nachweisbar ist. Eine krebsreduzierende Wirkung kann nicht generell bei diversen Tumorentitäten angenommen werden. Viele Fragen sind offen, um einen Einsatz von D,L-Methadon als „Antikrebsmedikament“ zu rechtfertigen.
Im multimodalen Schmerzmanagement gelten Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten als Experten für Bewegungsprogramme. Körperliche Aktivität erweist sich bei unterschiedlichsten Schmerzerkrankungen als hocheffektiv. Doch schöpft die Physiotherapie das Potential in der Schmerztherapie optimal aus? Das Symposium zeigt auf, wie Physiotherapie sowohl in der Diagnostik als auch in der Edukation funktionieren kann.
EXPOSS
Wie häufig kommt es vor, dass initial eine Extremitäten-Diagnose gestellt wird und Patienten davon ausgehen, dass ihre Beschwerden von der Extremität herrühren, sich aber schließlich die Wirbelsäule als ursächlich erweist? Die multizentrische EXPOSS Kohortenstudie hat zum Ziel, diese Frage zu beantworten. EXPOSS steht für 'Extremity Pain of Spinal Source'. Physiotherapeuten in Canada, den USA und Neuseeland rekrutieren insgesamt 369 Patienten. Die eingeschlossenen Patienten stellen sich alle mit Beschwerden im Bereich der oberen oder unteren Extremität vor. Weder der überweisende Arzt, noch der Patient selbst sieht die Wirbelsäule als mögliche Ursache für die Beschwerden. EXPOSS wird den Anteil der Patienten ermitteln, bei denen die untersuchenden Physiotherapeuten eine Wirbelsäulen-Ursache feststellen und die positiv auf die Wirbelsäulen-Intervention reagieren. Außerdem soll sie Faktoren identifizieren, die Klinker bei dieser Schlussfolgerung unterstützen können. Georg Supp ist Co-Autor der Studie, stellt die spannenden Ergebnisse vor und gibt einen Ausblick zur praktischen Umsetzung der Erkenntnisse in den klinischen Alltag.
SCHMERZEN VERSTEHEN - SCHMERZ EDUKATION
Konzept – Effekt – praktische Umsetzung bei muskuloskelettalen Beschwerden
Physiotherapeuten setzen in der Behandlung von Schmerzpatienten ein breites Spektrum ein. Dazu gehören Passive Techniken sowie aktive Übungs- und Belastungsprogramme. Seit einigen Jahren informieren beziehungsweise unterrichten Physiotherapeuten ihre Patienten auch. Basierend auf den ursprünglichen Gedanken von Louis Gifford hielt das Konzept „Explain pain“ oder „Schmerzen verstehen“ Einzug und ist nun integrativer Bestandteil in der Behandlung muskuloskelettaler Beschwerden. Der Referent erläutert zunächst Grundgedanken und Inhalte dieses Konzeptes. Danach folgt eine kritische Würdigung der Effekte in der klinischen Anwendung. Abschließend präsentiert Frank Diemer Daten aus einer eigenen Befragung von mehreren Hundert Physiotherapeuten. Er prüfte mit dem Survey das Wissen über neurophysiologische Zusammenhänge und fragte den Einsatz von Schmerz-Edukation in der Praxis ab.
REFLEXION / DISKUSSION
Die Referenten testen interaktiv, was die Zuhörer von den Beiträgen tatsächlich mitnehmen und diskutieren gemeinsam mit dem Publikum die Umsetzung im klinischen Alltag.
Zusammenfassung:
Micro-RNAs sind kleine nichtkodierenden RNAs (ncRNA), welche die Genexpression posttranskriptionell regu-lieren. Ihre Funktion bei Entzündungsvorgängen und beim Tumorwachstum ist schon so gut untersucht, dass erste experimentelle Therapien darauf basieren. Neben microRNAs gibt es weitere ncRNAs, die ebenfalls die Stabilität von mRNAs als auch deren Translation regulieren und somit eine wichtige Rolle in der Genexpression haben. In diesem Symposium sollen Ergebnisse aus den Arbeiten im EU-Netzwerk ncRNAPain dargestellt werden. Rohini Kuner wird Daten über neue microRNAs präsentieren, deren Expression bei chronischen Schmerzen nach Nervenläsionen, metabolischer Dysfunktion bei diabetischen Neuropathien sowie bei Krebs-assozierten Schmerzen dysreguliert ist. Hierbei ist der Fokus nicht nur auf die Funktion peripherer sensorischer Neuronen gelegt, sondern auch auf Schlüsselregionen im zerebralen Kortex, welche in der emotionalen Bearbeitung des Schmerzes eine wichtige Rolle spielen.
Die Epigenetik untersucht die Mechanismen der Genregulation, die nicht auf Mutation oder Rekombination der DNA beruhen und dennoch vererbt werden können. Michaela Kress wird die Arten der epigenetischen Genregulation vorstellen und die Studienlage im Schmerzfeld zusammenfassen. Die mögliche klinische Anwendbarkeit von microRNAs und anderen epigenetischen Modifikationen als Biomarker und als neue Strategien zur therapeutischen Intervention bei pathologischen Schmerzen wird diskutiert.
Claudia Sommer berichtet über microRNA-Profile bei Patienten mit neuropathischen Schmerzen und mit Fibromyalgiesyndrom und über mögliche pathophysiologische Wege, die durch diese microRNAs beeinflusst werden.
Forschungsunterstützung:
EU, ncRNAPain, (FP7/2007-2013) grant agreement 602133; DFG: Graduiertenkolleg „Emotions“
In der Behandlung der Migräne hat sich neben der Pharmakotherapie die Kognitive Verhaltenstherapie (KVT) in den letzten Jahrzehnten als evidenzbasierter Therapieansatz etabliert. Interessanterweise findet in der KVT aktuell ein entscheidendes Umdenken statt, welches den Umgang mit potentiellen Migräneauslösern (sog. Triggern) betrifft. Während Verhaltensempfehlungen bislang häufig auf eine komplette Vermeidung potentieller Migräneauslöser abzielten – was auch zahlreiche Print- und Onlinemedien propagieren – wird in neueren Ansätzen ein durchaus differenzierterer Umgang mit potentiellen Migräneauslösern angestrebt. Die alleinige Vermeidung kann nämlich durchaus kontraproduktiv sein. Basierend auf therapeutischen Konzepten bei Angsterkrankungen wird im Sinne einer systematischen Desensibilisierung versucht, einen deutlich Abbau der Angst vor Triggern zu erreichen. Dadurch lernt der Patient, besser mit der Migräne umzugehen und effektive verhaltenstherapeutische Techniken einzusetzen.
Im ersten Beitrag des Symposiums wird etwas genauer auf die Grundlagen von (vermeintlichen) Migräneauslösern eingegangen. Was wird von den Patienten als Auslöser wahrgenommen? Was ist dran an der Idee, dass bestimmte Nahrungsmittel wie z.B. Schokolade, Käse oder Rotwein Migräne auslösen? Hierbei werden relevante historische Entwicklungen in der Verhaltenstherapie in den Blick genommen, jedoch auch auf aktuelle Studien hingewiesen.
Anschließend werden diagnostische Aspekte zu Triggern vorgestellt. Der Fragebogen Headache Triggers Sensitivity and Avoidance Questionnaire (HTSAQ) wurde entwickelt, um die Triggerempfindlichkeit und -vermeidung bei Kopfschmerzpatienten zu erfassen. Anhand einer Stichprobe von Patienten der Migräne- und Kopfschmerzklinik Königstein (N = 208) wurden die psychometrischen Eigenschaften der deutschen Version des Fragebogens ermittelt. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass der HTSAQ-G ein reliables (α = .96) und valides Messinstrument ist, so dass dieser sowohl zur Therapieevaluation als auch zur Therapieplanung eingesetzt werden kann.
Abschließend werden die Ergebnisse einer Pilotstudie, in welcher an Migränepatienten ein neuartiges, integratives Therapieprogramm zur Krankheitsbewältigung erprobt wurde, präsentiert. In dem kognitiv-verhaltenstherapeutischen Therapieprogramm werden störungsübergreifende Interventionen (z.B. Entspannungsverfahren) mit störungsspezifischen Interventionen wie dem Triggermanagement in sieben Modulen kombiniert. Es zeigte sich eine gute Compliance bei sehr guter Akzeptanz der Patienten. Die ermittelten Prä-Post-Effektstärken geben einen ersten Hinweis auf eine potentiell gute Wirksamkeit. Die Ergebnisse zeigen, dass sich das Triggermanagement sehr gut in ein störungsspezifisches, verhaltenstherapeutisches Therapieprogramm integrieren lassen.
Das Verständnis der der Entstehung und Chronifizierung von Schmerzen zugrundeliegenden Mechanismen stellt einen der wichtigsten Schwerpunkte innerhalb der aktuellen Schmerzforschung dar. Dabei steht auch die Frage im Vordergrund, warum bestimmte Menschen stärkere Schmerzen entwickeln als andere und warum die Schmerzen nach einem vergleichbaren traumatischen Ereignis bei einigen Pateinten chronifizieren und bei anderen nicht. Die hohe Prävalenz chronischer Schmerzen, der damit einhergehende persönliche und gesamtwirtschaftliche Schaden und die unzureichende pharmakologische Kontrolle legen die Suche nach anderen Mechanismen der Kontrolle und Früherkennung nahe.
Chronifizierung von Schmerzen beruht vor allem auf maladaptiven Modulationsmechanismen der Schmerzprozessierung. Diese finden auf verschiedenen Ebenen statt und können untersucht werden: Sensibilisierung oder Gewöhnung können nach repetitiver schmerzhafter Stimulation über einen Zeitraum von Stunden bis Tagen beobachtet werden. Konditionierte Schmerzmodulation (CPM) verändert das akute Schmerzempfinden unmittelbar. Beide Modulationsmechanismen spielen wahrscheinlich bei der Entstehung von chronischen Schmerzen eine Rolle. Auch Resting State Netzwerke verändern sich in Abhängigkeit von pathologischen Zuständen zentralnervöser Verarbeitung wie z.B. Demenz, Depression und auch Schmerzchronifizierung. Deshalb könnten sie zur Identifikation einer erfolgten Schmerzchronifizierung herangezogen werden, haben aber auch möglicherweise das Potential einer individuellen Prädiktion.
Dieses Symposium soll, auf Grundlage aktueller methodischer Arbeiten, einen Überblick zu veränderter peripherer und zentraler nozizeptiver Verarbeitung im Kontext der Entstehung chronischer Schmerzen geben. Die Vortragenden werden dabei neben den Mechanismen der Summation und Habituation, auch auf Untersuchungen des CPM oder des Resting States mit der funktionellen Magentresonaztomografie (fMRT) in einem translationalen Ansatz eingehen. Durch den breiten Ansatz richtet sich dieses Symposium sowohl an Grundlagenwissenschaftler als auch Kliniker, die sich über aktuelle Methoden und Fortschritte und zukunftsorientierte Therapie- und Diagnosemöglichkeiten innerhalb der Schmerzforschung informieren wollen.
Risiken sind in der medizinischen Versorgung allgegenwärtig. Gerade
schnittstellenreiche Versorgungsgebiete, wie die Akutschmerztherapie sind davon
besonders betroffen. Risikomanagement ist ein Ansatz Risiken zu steuern und damit das
Risiko für die Patienten zu reduzieren. Anhand von realen Zwischenfällen im Kontext
der Akutschmerztherapie wird nach einer allgemeinen Einführung zum Thema in diesem
Workshop gemeinsam mit den Teilnehmern eine systematische Risikoanalyse der
einzelnen vorgestellten Fälle durchgeführt und entsprechende Ansätze erarbeitet, um
das jeweilige Handlungsoutcome zukünftig zu verbessern. Dabei werden im Rahmen der
praktischen Bespiele den Teilnehmern Grundlagen und Methoden zum Risikomanagement
und entsprechend übertragbare Konzepte zur Risikosteuerung für die jeweils eigene
Klinik vermittelt.
Ziele: Vermittlung von Grundlagenkompetenz zur Risikoidentifikation und Risikosteuerung in der innerklinischen schmerzmedizinischen Versorgung
Zielgruppe: Alle berufsgruppen, die im Rahmen der innerklinischen schmerzmedizinischen Versorgung tätig sind.
Risiken sind in der medizinischen Versorgung allgegenwärtig. Gerade schnittstellenreiche Versorgungsgebiete, wie die Akutschmerztherapie sind davon besonders betroffen. Risikomanagement ist ein Ansatz Risiken zu steuern und damit das Risiko für die Patienten zu reduzieren. Anhand von realen Zwischenfällen im Kontext der Akutschmerztherapie wird nach einer allgemeinen Einführung zum Thema in diesem Workshop gemeinsam mit den Teilnehmern eine systematische Risikoanalyse der einzelnen vorgestellten Fälle durchgeführt und entsprechende Ansätze erarbeitet, um das jeweilige Handlungsoutcome zukünftig zu verbessern. Dabei werden im Rahmen der praktischen Bespiele den Teilnehmern Grundlagen und Methoden zum Risikomanagement und entsprechend übertragbare Konzepte zur Risikosteuerung für die jeweils eigene Klinik vermittelt.
Beschreibung: Multimedikation ist bei chronischen Schmerzpatienten fast immer ein problematisches Thema. Die Ursachen und Konsequenzen einer Polymedikation werden dargestellt und im Kontext einer guten (Schmerz-) Arzneimitteltherapie diskutiert. Zudem werden praktische Maßnahmen zur Förderung der Adhärenz der Arzneimitteleinnahme aufgezeigt.
Antidepressiva und Neuroleptika sind häufige Psychopharmaka, die in der Schmerztherapie und Altersmedizin verwendet werden. Was aus Sicht des Gerontopsychiaters bei Indikation und im Verlauf zu beachten ist, wird Schwerpunkt des zweiten Vortrags sein.
In der Altersmedizin empfohlene Analgetika stehen in dem Ruf, entweder die Schmerzintensität kaum zu beeinflussen oder zu häufig und zu ausgeprägte unerwünschte Wirkungen zu haben. Um eine pragmatische Herangehensweise an die Analgetika bei Betagten bemüht sich der letzte Beitrag des workshops.
Ziele: 1. Relevante Interaktionen von Analgetika und Coanalgetika mit Comedikation kennen und erkennen.
2. Möglichkeiten zur Verbesserung der Adhärenz medikamentöser Therapien kennen und in die Praxis umsetzen können.
3. Indikation und notwendige Überwachung von Psychopharmaka als Coanalgetikum oder Comedikation sicher umsetzen können.
4. Die Entscheidung, wann der Schmerztherapeut den Psychiater braucht, sicher treffen können.
5. Unterschiede der Analgetika Therapie zwischen Jüngeren und Älteren kennen.
6. Überwachung der Analgetika bei Multimorbiden und Menschen mit Demenz sicher durchführen können.
Zielgruppe sind Ärzte und Pflege
Multimedikation ist bei chronischen Schmerzpatienten fast immer ein problematisches Thema. Die Ursachen und Konsequenzen einer Polymedikation werden dargestellt und im Kontext einer guten (Schmerz-) Arzneimitteltherapie diskutiert. Zudem werden praktische Maßnahmen zur Förderung der Adhärenz der Arzneimitteleinnahme aufgezeigt.
Antidepressiva und Neuroleptika sind häufige Psychopharmaka, die in der Schmerztherapie und Altersmedizin verwendet werden. Was aus Sicht des Gerontopsychiaters bei Indikation und im Verlauf zu beachten ist, wird Schwerpunkt des zweiten Vortrags sein.
In der Altersmedizin empfohlene Analgetika stehen in dem Ruf, entweder die Schmerzintensität kaum zu beeinflussen oder zu häufig und zu ausgeprägte unerwünschte Wirkungen zu haben. Um eine pragmatische Herangehensweise an die Analgetika bei Betagten bemüht sich der letzte Beitrag des workshops.
Ziele: 1. Relevante Interaktionen von Analgetika und Coanalgetika mit Comedikation kennen und erkennen.
2. Möglichkeiten zur Verbesserung der Adhärenz medikamentöser Therapien kennen und in die Praxis umsetzen können.
3. Indikation und notwendige Überwachung von Psychopharmaka als Coanalgetikum oder Comedikation sicher umsetzen können.
4. Die Entscheidung, wann der Schmerztherapeut den Psychiater braucht, sicher treffen können.
5. Unterschiede der Analgetika Therapie zwischen Jüngeren und Älteren kennen.
6. Überwachung der Analgetika bei Multimorbiden und Menschen mit Demenz sicher durchführen können
Matthias Schuler (Hrsg.): Schmerztherapie beim älteren Patienten.
De Gruyter: Berlin/Boston 2016
Dirk K. Wolter: Schmerzen und Schmerzmittelabhängigkeit im Alter. Die gerontopsychiatrische Perspektive.
Stuttgart: Kohlhammer. 2017
Der enge Zusammenhang zwischen Riechen und Schmerz ist seit vielen Jahren bekannt. Es existieren zahlreiche wissenschaftliche Daten, die den engen Zusammenhang der Prozessierung und Assoziation olfaktorischer und nozizeptiver Stimuli belegen. Die Schnittstellen zwischen Nozizeption und Riechen existieren auf molekularer, Verhaltens- und psychophysischer Ebene. Verschiedene zentralnervöse Areale sind in die Prozessierung sowohl nozizeptiver als auch olfaktorischer Informationen involviert. In der Peripherie des menschlichen Körpers werden nozizeptive und olfaktorische Reize teilweise über identische Rezeptoren wahrgenommen. Studienergebnisse weisen auf positive Effekte von Düften in der klinischen Schmerztherapie und auf die Beeinflussung der Schmerzwahrnehmung durch Düfte hin.
In der Komplementärmedizin wird Aromatherapie weit verbreitet in Form von Inhalation oder dermaler Applikation neben konventionellen Therapien eingesetzt, um das physische und psychische Wohlbefinden zu verbessern. Die Wirkung ätherischer Öle auf nozizeptiven und neuropathischen Schmerz, sowie Interaktionen mit konventionellen Analgetika aus Studien an Tieren und Menschen werden aufgezeigt.
Das Symposium bietet eine Übersicht zu schmerzrelevanten Schnittstellen der Riech- und Aromatherapie.
Beschreibung:
Die Bedeutung der körperlich-klinischen Untersuchung bei muskuloskelettalen Schmerzen steht außer Frage. Gemeinsam mit einer ausführlichen Schmerzanamnese gelingt es bereits in nahezu allen Fällen, einen spezifischen von einem nicht-spezifischen Kreuzschmerz zu differenzieren. Dies setzt allerdings einen bewährten orthopädischen und neurologischen Standard beim Untersuchungsgang und auch dessen Interpretation voraus.
Erst- und Verlaufsuntersuchung beinhalten grob Inspektion, Palpation und Beweglichkeitsprüfung. Im neurologischen Bereich sind radikuläre Symptome, sensible oder motorische Defizite, der Reflexstatus und Koordinationstest von Relevanz. Ebenfalls sind schmerzdiagnostisch Zeichen der Sensibilisierung – peripher und oder zentral – zu berücksichtigen, z. B. Allodynie. Die Reliabilität der Einzeltests ist begrenzt, wobei Provokationstests deutlich sicherer sind als Motilitätstests. Für den klinischen Alltag hat sich die gleichzeitige Anwendung mehrerer Schmerzprovokationstests („Untersuchungsbatterie“) bewährt, wodurch eine gute Reliabilität und Qualität erreicht werden kann. Die diagnostische Aussagefähigkeit der klinischen Einzeltests ist begrenzt. Oftmals ist die Eingrenzung des genauen Bestimmungsortes des Schmerzes nicht möglich, Kommunikation und Kooperation der Betroffenen sind bei der Untersuchung eingeschränkt und die Trennschärfe der Tests ist relativ gering.
Im Rahmen des Assessments vor multimodaler Behandlung von chronischen Kreuzschmerzen (NVL 2017) sollte ein strukturiertes Assessment mit anschließender Teambesprechung und anschließender Therapieplanung durchgeführt werden. Spätestens nach 6 Wochen Schmerzdauer und alltagsrelevanten Aktivitätseinschränkungen trotz leitliniengerechter Versorgung soll bei positivem Nachweis von Risikofaktoren zur Chronifizierung (Yellow flags) die Indikation zu einer multimodalen Therapie möglichst durch ein interdisziplinäres Assessment geprüft werden, d. h. die körperliche Untersuchung und Fuktionsdiagnostik – orthopädisch, manualmedizinisch, neurologisch – ist fester Bestandteil des Assessments.
Gerade für nicht-spezifische Kreuzschmerzen, wo apparative Diagnostik wenig hilfreich bzw. sogar kontraproduktiv ist, ist die klinische Untersuchung neben der Schmerzanamnese der entscheidende Faktor zur Festlegung des weiteren Procedere.
Der Workshop vermittelt anhand praktischer Demonstration und Übungen die orthopädische Basisuntersuchung bei Rücken- und Gelenkbeschwerden sowie den Standard der neurologischen Untersuchung bei muskuloskelettalen Beschwerden. Gerade die Verbindung zwischen orthopädischer, manualmedizinischer und neurologischer Untersuchung ist bei den chronischen muskuloskelettalen Beschwerden das entscheidende diagnostische Instrument, zumal 80 % der Rückenschmerzen funktioneller Natur sind, die durch bildgebende Verfahren nicht verifiziert werden können bzw. sogar verkannt werden.
Zielgruppe:
Schmerzmediziner, Anästhesisten, Rheumatologen, Orthopäden, Allgemeinmediziner sowie Physiotherapeuten.
Ziele:
Vermittlung, Basiswissen, orthopädische und neurologische UntersuchungZielgruppe: Schmerzmediziner, Anästhesisten, Rheumatologen, Orthopäden, Allgemeinmediziner sowie Physiotherapeuten.
Im Rahmen der Projektförderung des GKV-Innovationsfonds hat die Deutsche Schmerzgesellschaft den Zuschlag bekommen zur Durchführung des Projekts „PAIN 2020 Schmerz: Patientenorientiert. Abgestuft. Interdisziplinär. Netzwerk – das Innovationsfondsprojekt der Deutschen Schmerzgesellschaft“.
Das Projekt untersucht, ob eine neue Versorgungsform die Versorgungsqualität und -effizienz von Menschen mit Risikofaktoren für chronischen Schmerzen verbessern kann. Ein Element dieser neuen Versorgungsform ist die umfassende Untersuchung der Betroffenen in Form eines interdisziplinären multimodalen Assessments durch ein Team aus ärztlichen, psychologischen und physiotherapeutischen Disziplinen. Sie sollen Diagnosen gemeinsam stellen und Therapien gemeinsam empfehlen. Zudem bietet die neue Versorgungsform – ergänzend zur Regelversorgung – zwei ambulante Therapien an: (1) Eine begleitende, interdisziplinäre und multimodale Schmerz- Behandlung in Form von Gruppentherapien und (2) eine Gruppenschulung mit Informationen zur Erkrankung und zu Methoden der Schmerzbewältigung. Die Behandlungsverläufe und -ergebnisse der neuen Versorgungsform werden mit denen der Regelversorgung verglichen.
Das Projekt wird für drei Jahre (also nach derzeitiger Planung bis Ende März 2021) mit insgesamt ca. 7 Millionen Euro gefördert.
Im Erfolgsfall entsteht das Modell einer ressourcenorientierten und interdisziplinären Diagnostik sowie eine patientenorientierte und bedarfsgerechte Therapie für Menschen mit Risikofaktoren für eine chronische Schmerzentwicklung generell.
Ziel des Symposiums ist es, den Status Quo, inhaltlichen und methodischen Konzepte, das Evaluationskonzept sowie die nächsten Arbeitsschritte detailliert darzustellen und Projektpartner sowie der interessierten Fachöffentlichkeit einen Raum zur fachlichen Diskussion, aber auch kritischen Reflexion, zu bieten.
Mitwirkende:
Eröffnung des Symposiums, Einordnung in Gesamtaktivitäten,Prof. Martin Schmelz
Grunddesign/Status/Konzept/Meilensteine, Dr. Ulrike Kaiser, Dr. Gabi Lindena
Zuweisung zu und Steuerung aus Assessment, Prof. Petzke
Therapiepfade, Dr. Ulrike Kaiser
Qualitätssicherung/KEDOQ-Schmerz, Dr. Nagel
Evaluation, Prof Kohlmann
Nächste Schritte: alle
Moderation: Thomas Isenberg, Gechäftsführer der Deutschen Schmerzgesellschaft e.V
CGRP (Calcitonin gene-relatedpeptide) ist ein Neuropeptid, das eine wichtige Rolle im peripheren Nervensystem spielt, aber auch einen großen Einfluss bei entzündlichen Schmerzerkrankungen und bei rheumatischen Erkrankungen ausübt.
In diesem Symposium wird Fr. PD Dr. Barbara Namer, Institut für Physiologie Erlangen, über grundlegende physiologische und pathophysiologische Effekte von CGRP im peripheren Nervensystem referieren. Insbesondere dessen Herkunft und Freisetzung, die am Menschen indirekt über desAxonreflex-Erythemsbeobachtet werden kann, wird beleuchtet werden.
Fr. PD Dr. Tanja Schlereth wird aus neurologischer Sicht die wichtige Rolle von CGRP bei dem komplexen regionalen Schmerzsyndrom (CRPS) erläutern. Dabei handelt es sich um ein neuropathisches Schmerzsyndrom das nach Traumata entsteht und mit entzündlichen Veränderungen einhergeht. Sowohl bei CRPS Patienten als auch in einem Tiermodell ist CGRP peripher und spinal vermehrt nachweisbar.
Abschließend wird Fr. Dr. Kaluza-Schilling von rheumatologischer Seite aus die Bedeutung von CGRP für entzündlich-rheumatische Erkrankungen darstellen, insbesondere in Hinblick auf daraus resultierende potentielle therapeutische Optionen.
1. CGRP – Physiologie und Pathophysiologie im peripheren Nervensystem
CGRP ist als potentesterVasodilatorbeteiligt an der neurogenen Entzündung, hat aber auch physiologische und trophische Funktionen. Eine Beeinflussung dieser Funktionen könnte bei einem längerfristigen Einsatz von CGRP-Antikörpern relevant werden.
2. CGRP bei CRPS (komplexem regionalem Schmerzsyndrom)
Bei CRPS ist die CGRP-Freisetzung verstärkt in der Peripherie. In diesem Vortrag wird der Einfluss von CGRP auf die Entstehung und Chronifizierung des CRPS und damit potentielle Therapieoptionen beschrieben.
3. CGRP im Rahmen rheumatologischer Erkrankungen
CGRP ist vermehrt nachweisbar bei chronisch-entzündlichen Erkrankungen. Die Pathophysiologie der Entzündung bei rheumatischen Erkrankungen und der Einfluss von CGRP werdendiskutiert.
Für die Diagnose und das Therapiemonitoring von Rückenschmerzen werden in der Literatur viele klinische Funktionstests empfohlen, die sich jedoch durch oftmals geringe Spezifität und unzureichende Reliabilität auszeichnen. Ähnliches gilt auch für die bildgebende Diagnostik, deren pathologischen Befunde mit der subjektiven Beschwerdesymptomatik kaum korrelieren. Nicht-invasive Messsysteme gewinnen daher zunehmend an Bedeutung. Die meisten Systeme sind jedoch teilweise in ihrer Handhabbarkeit und ihren Ergebnissen stark limitiert, da sie beispielsweise nur Kurzzeitmessungen unter Laborbedingung zulassen. Demgegenüber erlaubt das Epionics SPINE System die Messung der Lendenlordose und der Orientierung des Beckens und deren Bewegungen und Geschwindigkeiten unter natürlichen Umständen ohne wesentliche Einschränkungen für den Patienten. Diese Art der Auswertung stellt ein neuen Ansatz dar, der sowohl für die Differentialdiagnostik funktioneller/struktureller Schäden Verwendung finden kann als auch zum Therapiemonitoring. In einem einleitenden Grundsatzreferat wird von Hendrik Schmidt dargestellt, inwieweit physiotherapeutische und ärztliche Funktionsmessungen von diagnostischem Wert sind, wieviel Bewegung und Belastung in der Wirbelsäule/ im Rücken im Alltag auftritt und welche Belastung für die Wirbelsäule/ den Rücken schädlich ist. Zudem zeigt er eine klare Abhängigkeit von Alter und Geschlecht auf diese funktionellen Parameter. Christoph Maier wird die Funktionsweise des Epionics-Systems erläutern, statistische Gütekriterien, wie Sensitivität, Spezifität und Reliabilität, diskutieren und aufzeigen, bei welchen unterschiedlichen mediznischen Störungsbildern mit diesem System therapeutisch relevante Informationen gewonnen werden können. Ein weiterer Schwerpunkt wird die Frage sein ob bewusst vorgespielte Bewegungsstörungen mit diesem Assessment messbar sind. Im abschließenden Vortrag von Jörn Altenscheidt steht die Veränderungssensitivität dieses Verfahrens im Vordergrund. Dargestellt werden funktionell auftretende Veränderungen nach Physiotherapie. Er wird beispielsweise veranschaulichen, dass sich beim Opioidentzug zunächst die Bewegungsgeschwindigkeit verbessert, während mit einer Verbesserung des Beweglichkeitsausmaßes erst durch eine forcierte Physiotherapie mit einem längeren Therapieansatz oder mittels Quotentraining möglich ist.
Literatur
Schmidt H et al. How do we stand? Variations during repeated standing phases of asymptomatic subjects and low back pain patients. JBiomech. 2017.
Schmidt H, et a. What does the shape of our back tell us? Correlation between sacrum orientation and lumbar lordosis. Spine J. 2017.
Dreischarf et al. Age-related loss of lumbar spinal lordosis and mobility-a study of 323 asymptomatic volunteers. PLoS One. 2014 30;9:e116186.
Maier C et al.. Messung der lumbalen Rückenbeweglichkeit unter Alltagsbedingungen – Epionics SPINE Messsystem. OUP 2015;4:418-425
Hintergrund
Es ist bekannt, dass Schmerz für viele ältere Menschen ein relevantes Problem ist. Gleichzeitig gibt es nach wie vor Defizite in der adäquaten Schmerzversorgung, die nicht zuletzt auf eine nur unzureichend auf die Lebensphase Alter angepasstes Schmerzassessment zurückzuführen sind. Um das aktuelle Wissen für die Praxis nutzbar zu machen, wurde zu Beginn des Jahres die multiprofessionelle S3-Leitlinie „Schmerzerfassung bei älteren Menschen in der vollstationären Altenhilfe“ veröffentlicht. Zentral in dieser Leitlinie sind nicht nur Empfehlungen zur direkten Schmerzerfassung und die Ausweisung von Instrumenten. Darüber hinaus werden Empfehlungen für das multiprofessionelle Team zum Deutungskontext und der subjektiven Bedeutung des Schmerzes für die betroffenen älteren Menschen gegeben. Zudem, und das unterscheidet diese Leitlinie von internationalen Leitlinien, werden Hinweise für die multiprofessionelle Zusammenarbeit und die Dokumentation gegeben, die in der Versorgungspraxis von hoher Relevanz sind. Die Leitlinie weist Begriffsbestimmungen für Screening und Assessment aus und es werden z. B. Empfehlungen zur Informationsgewinnung, zur Schmerzhistorie und der Berücksichtigung unterschiedlicher Schmerzdimensionen in der Schmerzerfassung gegeben. Neben der Bedeutung von Angehörigen im Schmerzassessment werden Kommunikationswege des multiprofessionellen Assessments adressiert.
Beitrag 1.
Die Relevanz des Deutungskontexts, die Bedeutung der Prägungen und Überzeugungen der Betroffenen, der älteren Menschen als auch einschätzenden Personen, auf das Schmerzassessment werden vorgestellt, zudem wird die Rolle der Kognition diskutiert.
Beitrag 2.
Screening und Assessment nehmen im Behandlungsablauf eine zentrale Rolle ein. Diese Differenzierung wird vorgestellt und welche multidisziplinären Aspekte dabei zu berücksichtigen sind. Ein Algorithmus zur Schmerzerfassung wird vorgestellt.
Beitrag 3.
Verlaufserfassung von Schmerz ist zentral für das Schmerzassessment; vorgestellt werden dazu die Kommunikationswege in der multiprofessionellen Zusammenarbeit. Abschließend erfolgt die Einordnung der Empfehlungen in den deutschen Versorgungskontext.