Autor:innen:
Hannah Reschke | Universitätsmedizin Mannheim | Germany
Florian Henrich | Universitätsmedizin Mannheim | Germany
Isabella Wolf | Zentralinstitut für Seelische Gesundheit
Yuri Shevchenko | Universität Mannheim | Germany
Prof. Dr. Dr. Heike Tost | Zentralinstitut für Seelische Gesundheit
Prof. Dr. med. Andreas Meyer-Lindenberg | Zentralinstitut für Seelische Gesundheit | Germany
PD Dr. Walter Magerl | Universitätsmedizin Mannheim
Patienten mit primären Diagnosen F33.2,F33.1,F33.4,F32.1,F33.2,F34.1 (Major Depressive Disorder MDD; n=39, 34,3±10,5 Jahre, MW ± SD), sowie gesunde Kontrollen (HC; n=39; 33,2±10,2 Jahre) wurden in die Studie eingeschlossen. 62% der Probanden waren weiblich und gleichermaßen auf beide Gruppen verteilt. Mittels hochfrequenter elektrischer Reizung (HFS; 5x1s 100Hz und 10x Detektionsreizstärke) wurde an zwei Arealen auf dem Unterarm Hyperalgesie induziert und Pinprick (MRC-System Heidelberg,MPS) bzw. leichte Berührungsreize (Dynamisch mechanische Allodynie DMA) getestet. Für alle Reize wurde die Schmerzhaftigkeit mit einer Numerical Rating Scale (NRS 0-100) quantifiziert.Aus den 2 x 2 Hyperalgesie- bzw. Allodynie-Parametern wurde faktoranalytisch ein Generalfaktor als globaler Schätzer der Schmerzplastizität bestimmt. Außerdem wurde Stress (NRS 0-100) sowie die Schmerzkatastrophisierung nach HFS erhoben (Pain Catastrophizing Scale,PCS). Die Schmerzhemmung (Conditioned pain modulation,CPM) wurde als Veränderung der Druckschmerzschwelle am Handballen (PPT aus QST) nach Cold Pressor (Füße für max. 180s in 4°C Eiswasser) im unmittelbaren post/prä-Vergleich quantifiziert.
Das Schmerzrating für HFS betrug 66±29 NRS bei MDD Patienten im Vergleich zu 42±24 bei Kontrollprobanden (p < 0,001, gepaarter t-Test) und korrelierte nicht mit dem globalen Schätzer Schmerzplastizität.Bei MDD Patienten stieg die Schmerzhaftigkeit in der Umgebung von HFS (sekundäre Hyperalgesie) auf 180% vs. 155% bei Kontrollprobanden (p < 0,001). Ebenso zeigten MDD Patienten eine signifikant stärkere Allodynie (p < 0,05).
Der Grad der Depressivität der Patienten betrug 15,9±13,0 vs. 2,0±2,6 bei Kontrollprobanden (p < 0.001, Becks Depression Inventar BDI2) und korrelierte signifikant mit dem globalen Schätzer Schmerzplastizität (r=0,32, p < 0,005).Das Niveau des subjektiven Stresses unmittelbar vor Versuchsbeginn war deutlich höher als das der Kontrollprobanden (25,4±18,9 vs. 7,6±12,4 NRS, p < 0,001) und korrelierte mit der Schmerzplastizität (r=0,215 p=0,057).Die Scores der PCS-Subskalen Grübeln (6,2±4,9 vs. 3,8±4,3, p < 0,01) und Hilflosigkeit (7,9±6,3 vs. 3,2±4,2, p < 0,001) waren signifikant höher und korrelierten ebenfalls signifikant mit dem globalen Schätzer Schmerzplastizität (beide r=0,23, p < 0,05). Der Schwellenanstieg nach Cold Pressor als Maß der Schmerzhemmung (CPM) war bei den MDD Patienten schwächer ausgeprägt (4,7%, n.s.), dagegen bei den Kontrollprobanden 12.0% (p < 0,001) und korreliert negativ mit dem globalen Schätzer Schmerzplastizität (r= 0,24 p < 0,05). Die Vorhersage mit einer linearen Regression des Ausmaßes der globalen Schmerzplastizität durch die genannten Faktoren betrug insgesamt r=0.49 (p < 0,001).
Die Ergebnisse zeigen, dass das Ausmaß der Depressivität, des Stresses, der Schmerzkatastrophisierung (Grübeln und Hilflosigkeit) und eine reduzierte endogene Schmerzhemmung mit einer erhöhten Hyperalgesie bzw. Allodynie einhergehen und deren Ausmaß vorhersagen.