Autor:innen:
M. Gasser (Munich, DE)
P. Boonsimma (Bangok, TH)
W. Netbaramee (Bangok, TH)
T. Wechapinan (Bangok, TH)
C. Srichomthomg (Bangok, TH)
C. Ittiwut (Bangok, TH)
M. Krenn (Vienna, AT)
F. Zimprich (Vienna, AT)
I. Milenkovic (Vienna, AT)
A. Abicht (Munich, DE)
S. Biskup (Tübingen, DE)
T. Roser (Munich/Germany, DE)
K. Suphapeetiporn (Bangok, TH)
V. Shotelersuk (Bangok, TH)
M. Tacke (Munich/Germany, DE)
M. Kürsten (Munich/German, DE)
M. Wagner (Munich, DE)
I. Borggräfe (Munich/Germany, DE)
C. von Stülpnagel- Steinbeis (Brannenburg, DE)
Fragestellung: 2012 wurde zum ersten Mal eine Verbindung zwischen ATP1A3 Mutationen und neurologischen Erkrankungen wie der Alternierenden Hemiplegie des Kindheitsalters (AHC) und Dystonie-Parkinsonismus mit rapidem Beginn (RDP) gezogen, seither wurde zunehmend ersichtlich, dass ein bemerkenswerter Teil der Patienten unter epileptischen Anfällen leidet. Die Behandlung dieser Patienten gestaltet sich häufig problematisch. Das Ziel der aktuellen Studie war die Erhebung der Prävalenz und Effektivität der gängigen Antiepileptika in der Behandlung ATP1A3-positiver Patienten.
Material und Methode: Die Kohorte für unsere Fragestellung bestand aus eigenen Patienten kombiniert mit Fällen aus einer Literatur-Recherche in PubMed. Obligatorische Einschlusskriterien waren 1) eine bestätigte Mutation in ATP1A3, 2) epileptischer Phänotyp, 3) Informationen über die Effektivität angewandter Therapieversuche. Falls zugänglich wurden zusätzlich klinische Informationen gesammelt und analysiert. Die erhaltenen Daten wurden auf Plausibilität und Vollständigkeit geprüft und in eine Datenbank eingespeist.
Ergebnisse: Die Literaturrecherche lieferte ab 2012 188 epileptische ATP1A3-positive Patienten. In 14 Fällen (7,4%) gab es Informationen über anti-epileptische Therapiemaßnahmen. In Kombination mit sechs eigenen epileptischen Patienten, bei welchen durch Next-Generation-Sequencing eine pathogene ATP1A3-Mutation nachgewiesen wurde, wurde ein Kollektiv von 20 Individuen erreicht. Die am Häufigsten genutzten Antiepileptika (AED) waren Levetiracetam (n=8), Phenobarbital (n=8), Valproat (n=7) und Topiramat (n=5). Eine erfolgreiche Anfallsreduktion wurde in 55% der Fälle berichtet, jedoch spezifizierten die meisten Autoren nicht im Detail das Ausmaß des therapeutischen Erfolges. Für keines der individuellen AED war der Anteil erfolgreicher Therapieversuche größer als 50% und es konnte weiter kein spezielles AED identifiziert werden, dessen Wirksamkeit die der anderen bei weitem überstiegen hätte. Die Implementierung von Ketogener Diät führte zu Anfallsreduktion in 2/4 Fällen. 45% aller Patienten erfuhren überhaupt keine Besserung ihrer epileptischen Anfälle.
Diskussion: Die größte Überraschung war die Tatsache, dass obwohl Epilepsie ein signifikantes klinisches Problem in ATP1A3-positiven Patienten darstellt, nur eine Minderheit der Publikationen (7,4%) Informationen zur Epilepsiebehandlung bereitstellen. Ein zusätzliches Problem war in diesen die meistens fehlende genauere Spezifizierung der Behandlungseffekte. Hier könnte eine verbindliche Orientierung an einem einheitlichen Maßstab helfen, Fallstudien transparenter und Behandlungseffekte vergleichbar zu machen. Davon abgesehen verdeutlichen sowohl das Ergebnis eines berichteten Behandlungserfolges in lediglich 55% der Fälle (oder weniger), als auch die Tatsache, dass sich hierbei kein klar zu favorisierendes AED herausgestellt hat, die Notwendigkeit für weitere Forschung auf diesem Gebiet.