12:00 Uhr
DGSPJ-PO 10:
Inanspruchnahme von Standardimpfungen für Kinder und Jugendliche – Entwicklungen seit der KiGGS-Basiserhebung
C. Poethko-Müller (Berlin, DE)
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Autor:innen:
C. Poethko-Müller (Berlin, DE)
R. Kuhnert (Berlin0)
S. Gillesberg Lassen (Berlin0)
A. Siedler (Berlin0)
Die Rahmenbedingungen des Impfens haben sich in Deutschland seit der Basiserhebung der „Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS)“ 2003‒2006 verändert und zusätzliche Impfungen sind in den Impfkalender aufgenommen worden. Die aktuellen Daten der KiGGS Studie (KiGGS Welle 2) erlauben für die Geburtsjahrgänge von 1985 bis 2013 eine Beurteilung des Impfstatus und der zeitlichen Veränderung .
Von insgesamt 15.023 Teilnehmenden an KiGGS Welle 2 (Response 40,1%) nahmen 3.238 drei- bis 17-Jährige am Untersuchungsprogramm teil, legten ihren Impfausweis vor oder waren laut Elternangabe ungeimpft.
Im Vergleich zu Gleichaltrigen vor 10 Jahren sind die Impfquoten angestiegen. Das gilt insbesondere für Impfungen, für die in KiGGS-Basis noch starke Defizite bestanden, wie z.B. die Hepatitis B- und 2. Masernimpfung in allen Altersgruppen, die Pertussisimpfung- (11- bis 17-Jährige) sowie die Auffrischimpfung gegen Tetanus bei den 7- bis 10-Jährigen.
Trotz deutlicher Anstiege liegen jedoch auch bei den jüngsten Geburtskohorten die Impfquoten zum Ende des 2. Lebensjahres für alle Impfungen noch weit unter 95% (z. B. 1. Masern: 88,6%; 2. Masern: 64,4%).
Weiterhin zeigen sich Unterschiede beim Impfstatus in Abhängigkeit von soziodemografischen Faktoren und weniger als jedes zweite Kind ist gegen Hepatitis B geimpft (45,9%), wenn Eltern Angst vor Nebenwirkungen oder eine impfskeptische Haltung als Gründe gegen Impfungen nennen.
Nach Elternangaben wurden 3,2% der Kinder ärztlich von einer oder mehreren Impfungen abgeraten, am häufigsten wurde von Impfungen gegen Varizellen, FSME, Rotaviren, Meningokokken, HPV und Hepatitis B abgeraten. Die Gründe dafür unterscheiden sich zwischen den Impfungen.
Die Ergebnisse zeigen, wo noch weitere Bemühungen notwendig sind, um die Impfquoten um die verbleibenden letzten Prozentpunkte zu steigern und die zeitgerechte Gabe aller im Impfkalender aufgeführten Impfungen sowie die gesetzten Eliminationsziele zu erreichen.
12:05 Uhr
DGSPJ-PO 11:
Comparison of Vaccination Strategies against Respiratory Syncytial Virus: Impact on Disease Burden and Costs / VIPER
M. Treskova (Berlin, DE)
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Autor:innen:
M. Treskova (Berlin, DE)
S. Flasche (London, GB)
V. Schönfeld (Berlin, DE)
F. Pozo Martin (Berlin, DE)
S. Scholz (Berlin, DE)
K. Thöne (Hamburg, DE)
U. Schneider (Hamburg, DE)
T. Harder (Berlin, DE)
M. Jit (London, GB)
O. Wichmann (Berlin, DE)
Background
Respiratory syncytial virus (RSV) is one of the leading causes of lower respiratory tract infections in children which may lead to complications and death. Premature infants, children with cardiac or pulmonary conditions and immunosuppressed persons are at high risk for complications. For these individuals, palivizumab (monoclonal antibody) is recommended by the Association of the Scientific Medical Societies in Germany (AWMF) for prevention of RSV infections. There is no approved vaccine against RSV, however, a vaccine candidate for pregnant women is currently undergoing a phase III clinical trial.
Due to the absence of RSV-specific surveillance systems in Germany, there are no available estimates of RSV incidence and hospitalizations. Also the economic burden of RSV infections in Germany has not been estimated.
Objective and Research Questions
We aim to investigate the incidence of RSV infections and hospitalizations and estimate usage of healthcare resources attributed to RSV.
The main goal is to synthesise evidence for the German Standing Committee on Vaccination (STIKO) about the most effective and cost-effective RSV-vaccination strategy. The questions such as “how many vaccinations are needed to avoid a RSV-related hospitalization?” and “how many Euros are to be spent to generate an additional quality-adjusted life year (QALY)?” will be addressed and answered.
Data and Methods
Estimating RSV incidence and usage of healthcare resources will be performed using claims data of Techniker Krankenkasse (TK) for the period 2015-2018. Incidence will be estimated using ICD-10-GM code. RSV-attributable usage of resources will be assessed based on incremental differences between RSV cases and controls using multivariate analyses. The control sample will be identified using matching methods.
To project RSV infections and hospitalizations under no vaccination, immunization with palivizumab and different vaccination scenarios a compartmental age-structured model for RSV transmission will be developed. The model will be informed with the demographic structure and a contact matrix of the German population. The model will be parameterised using the RSV incidence data.
The economic efficiency will be estimated as costs per life year- and QALY gained and costs per avoided hospitalization.
Expected Results
Results are expected in 2021. These include the estimated disease burden in terms of age-specific incidence of RSV infections, number and duration of hospitalizations, usage of other healthcare services and loss of productivity. Economic evaluations will outline an optimal strategy, probable cost for implementation and its potential in reducing RSV infections and hospitalizations.
Conclusion
These outcomes are expected to inform recommendations of STIKO about the RSV- vaccination strategies and improve healthcare provision for the German population.
Funding
The Innovation Fund of the Joint Federal Committee (Grant number 01VSF18015)
12:10 Uhr
DGSPJ-PO 12:
Auffrischimpfung gegen Meningokokken der Serogruppe C: Abschätzung der Effekte auf Krankheitslast und Kosten im deutschen Gesundheitssystem / AMSeC
S. Scholz (Berlin, DE)
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Autor:innen:
V. Schönfeld (Berlin, DE)
F. Pozo Martin (Berlin, DE)
S. Scholz (Berlin, DE)
M. Treskova (Berlin, DE)
O. Wichmann (Berlin, DE)
T. Harder (Berlin, DE)
Hintergrund
Invasive Meningokokken-Erkrankungen sind selten, aber manifestieren sich häufig in Form einer Meningitis oder Sepsis. Sie werden durch Neisseria meningitidis ausgelöst und betreffen insbesondere das Kindes- und Jugendalter. Komplikationen, die hohe Letalität und potentielle Spätschäden haben große gesundheitsökonomische Auswirkungen. Trotz der seit 2006 von der Ständigen Impfkommission (STIKO) empfohlenen Standardimpfung aller Kinder im Alter von 12 bis 23 Monaten gegen Meningokokken der Gruppe C (MenC) reicht der Herdenschutz zur Verhinderung aller Erkrankungsfälle nicht aus. Die Wirksamkeit der MenC-Impfung lässt über die Zeit nach, sodass eine mögliche Auffrischimpfung im Jugendalter diskutiert wird.
Fragestellungen
Ist eine Auffrischimpfung gegen MenC im Jugendalter epidemiologisch sinnvoll und kosteneffektiv?
Welche Impfstrategie kann die meisten Fälle verhindern und ist am kosteneffektivsten?
Studienziele
Primäres Ziel ist es, die Effekte einer möglichen Auffrischimpfung gegen MenC bzw. gegen Meningokokken der Serogruppen ACWY (MenACWY) im Jugendalter auf die konkrete Versorgungssituation in Deutschland unter Berücksichtigung der Krankheitslastreduktion und der ökonomischen Folgen abzuschätzen. Sekundäres Ziel ist die Pilotierung der 2016 von der STIKO implementierten „Methoden zur Durchführung und Berücksichtigung von Modellierungen zur Vorhersage epidemiologischer und gesundheitsökonomischer Effekte von Impfungen für die Ständige Impfkommission“. Nachfolgend wird das Studiendesign vorgestellt.
Material und Methoden
Mit Hilfe eines dynamischen Transmissionsmodells (altersstrukturiertes Kompartmentmodell) für die deutsche Bevölkerung soll eine Prognose über die zukünftige Inzidenz von MenC- bzw. MenACWY-Erkrankungen sowie über die zusätzlichen Kosten pro gewonnenem qualitätsadjustierten Lebensjahr (QALY) unter verschiedenen Impfstrategien simuliert werden. Meldedaten und eine Kontaktmatrix für die deutsche Bevölkerung werden in das Modell einfließen. Zur Schätzung der Impfeffektivität und der Dauer des Impfschutzes werden systematische Reviews durchgeführt. QALYs werden in einer Substudie bei je 265 Fällen und Kontrollen mittels standardisierter und validierter Fragebögen zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität (EQ 5D/HUI3/PedsQL) erhoben. Zur Schätzung der durch die Meningokokken-Erkrankungen verursachten Kosten werden Auswertungen von Krankenkassen-Abrechnungsdaten, Interviews mit klinischen Experten, Literatur sowie eine Befragung von Erkrankten zu direkten und indirekten Kosten im Rahmen ihrer Erkrankung herangezogen.
Erwartete Ergebnisse
Ergebnisse sind Anfang 2022 zu erwarten und sollen die STIKO bei ihrer Entscheidungsfindung zu der Fragestellung unterstützen, ob zusätzlich zur Standard-MenC-Impfung von Kleinkindern eine Impfung im Jugendalter gegen MenC oder MenACWY empfohlen werden sollte.
Gefördert durch den Innovationsfond beim Gemeinsamen Bundesausschuss (Förderkennzeichen 01VSF18017)
12:15 Uhr
DGSPJ-PO 13:
INSIST: Impact des Neonatologie-Screenings auf Infektionsprävention / Senkung von Transmission
T. Artelt (Göttingen, DE)
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Autor:innen:
T. Artelt (Göttingen, DE)
M. Kaase (Göttingen0)
H. Küster (Göttingen0)
M. Lange (Göttingen0)
T. Paul (Göttingen0)
S. Unkel (Göttingen0)
H. Eiffert (Göttingen0)
D. Fenz (Göttingen0)
S. Poklekowski (Göttingen0)
T. Friede (Göttingen0)
S. Scheithauer (Göttingen0)
Fragestellung
Seit dem Jahr 2012 empfiehlt die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention am Robert Koch-Institut (KRINKO) ein generelles mikrobielles Kolonisationsscreening bei Früh- und Neugeborenen auf neonatologischen Intensivstationen. Die Empfehlung für dieses Vorgehen ist als Reaktion auf die (medial als solche bekannt gewordenen) Ausbrüche zu verstehen und bis dato nicht evidenzbasiert. INSIST untersucht, ob die Zielsetzungen des Screenings, i. Ausbrüche zu verhindern und ii. Infektionserreger vorherzusagen, erzielt werden. Darüber hinaus überprüft INSIST negative Effekte wie einen gesteigerten oder besonderen (Breitspektrum-)Antibiotikaeinsatz bei Nachweis resistenter kolonisierender Erreger.
Patienten und Methodik
Eingeschlossen werden alle Früh- und Reifgeborenen, die zwischen 2011 und 2019 geboren und in der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) innerhalb ihres ersten Lebensmonats stationär behandelt wurden. Screening-Ergebnisse gemäß KRINKO-Empfehlung bis maximal zum sechsten Lebensmonat wurden analysiert. Die Erregernachweise erfolgten mit klassischen kulturellen Methoden inklusive Resistenztestung, Resistenzgennachweisen und für Q4/2017-Q2/2020 zusätzlich mittels molekularer Feintypisierung (whole genome sequencing).
Für den Zeitraum Q4/2011-Q3/2017 wurden alle im Rahmen des neonatologischen Kolonisationsscreenings erhobenen Befunde hinsichtlich der folgenden drei Fragestellungen evaluiert: i) Positiv-prädiktiver Wert (PPV) einer Kolonisation für spätere Infektionen, ii) Kolonisationsdynamik und iii) PPV für Häufung klonaler Stämme.
Ergebnisse
In den Jahren 2011 bis 2017 konnten insgesamt 3.134 Patienten mit 44.689 Screeninguntersuchungen eingeschlossen werden, davon 30.930 mit Erregernachweis (Tabelle 1). Bislang fanden sich 2.450 MSSA, 21 MRSA, 25 3MRGN E. coli, 63 3MRGN Klebsiella pneumoniae, 1.663 Vancomycin-sensible und 40 Vancomycin-resistente Enterokokken (Tabelle 2). In dieser Zeit gab es bei 1.727 Patienten insgesamt 2.171 Episoden mit Antibiotikagabe.
Zusammenfassung und Schlussfolgerung
Der Nachweis oder das Fehlen relevanter kolonisierender Erreger werden aktuell hinsichtlich Infektionsprädiktion untersucht. Es wird evaluiert, inwieweit über einen willkürlich gelegten Schwellenwert hinausgehende Kolonisationsnachweise eine beginnende Häufung/einen Ausbruch vorhersagen können (speziesspezifisch).
Durch die molekulare Feintypisierung kann eine Präzisierung der Hypothese der Stammidentität erreicht werden und die Rate der im Rahmen des neonatologischen Kolonisationsscreenings als falsch-positiv „identisch“ charakterisierten Isolate und folglich der falsch-positiven Alerts beziffert werden.
Des Weiteren wird der Antibiotikaverbrauch (auch einzelner Substanzen/Substanzklassen) mit der vorausgegangenen Dichte an resistenten Erregern assoziiert. Alle Auswertungen sind aktuell gestartet und befinden sich in Bearbeitung.
12:20 Uhr
DGSPJ-PO 14:
Neugeborenenscreening auf endokrine und metabolische Erkrankungen in der europäischen Region der WHO
P. Maier (Heidelberg, DE)
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Autor:innen:
P. Maier (Heidelberg, DE)
S. Carai (Witten, DE)
A. Kuttumuratova (Kopenhagen, DK)
M. Weber (Kopenhagen, DK)
Hintergrund und Fragestellung: Entscheidungen über die in Neugeborenen-Screening-Programmen (NBSP) flächendeckend getesteten endokrinen und metabolischen Erkrankungen werden von jedem Land separat getroffen. Ein Konsens in der europäischen Region über den Umfang existiert nicht. Ziel des Projektes war die Analyse der NBSP in der durch die WHO definierten europäischen Region und der Position Deutschlands im europäischen Vergleich.
Material und Methode: In einem zweistufigen Verfahren wurde zunächst eine Online-Recherche hinsichtlich der nationalen NBSP durchgeführt. Waren keine bzw. keine aktuellen Informationen des Gesundheitsministeriums, der Krankenhäuser o.Ä. verfügbar, wurden erfahrene Ärzte aus dem jeweiligen Land als repräsentative Informanten befragt.
Ergebnisse: Informationen zu dem NBSP waren für 49 der 53 Länder und für den Kosovo verfügbar. Die Anzahl der Erkrankungen der NBSP liegt sich zwischen 0 und 40. In Deutschland sind derzeit 16 Erkrankungen im NBSP enthalten. Die am häufigsten in den NBSP repräsentierten Erkrankungen sind die kongenitale Hypothyreose (46 von 50) und die Phenylketonurie (44 von 50). In Albanien, Kirgistan und im Kosovo wird kein reguläres Neugeborenenscreening auf endokrine oder metabolische Erkrankungen durchgeführt.
Diskussion: Angeborene endokrine und metabolische Erkrankungen können erhöhte Morbidität und Mortalität bedingen. Durch eine frühe Identifikation und Behandlung können Folgeschäden reduziert bzw. verhindert und die Lebensqualität der Kinder verbessert werden. Dennoch besitzen nicht alle Länder ein nationales NBSP. Wichtig für die Interpretation der NBSP ist: 1. Das offiziell vorgesehene NBSP lässt keinen Rückschluss auf den Prozentsatz der tatsächlich untersuchten Neugeborenen zu. Insbesondere in ländlichen Regionen oder Ländern mit geringer Anzahl an Krankenhäusern wird eine schlechte Screening-Abdeckung vermutet. 2. Bei der Interpretation der eingeschlossenen Erkrankungen müssen landesspezifische Krankheitsinzidenzen berücksichtigt werden. 3. Bei Ländern, in denen nur auf wenige oder keine Erkrankungen flächendeckend getest wird, sollte bei Forderung nach Aufbau oder Erweiterung des NBSP neben dem politischen Gefüge auch das Gesundheitssystem und die Finanzierung von Gesundheitsleistungen hinterfragt werden. Denn ein Screening wäre nur dann ethisch vertretbar, wenn ein mit Erkrankung diagnostiziertes Kind auch eine adäquate Therapie erhalten würde.
Schlussfolgerung: Es bestehen große Unterschiede in den nationalen NBSP in der europäischen Region. Zielführend sind flächendeckende, evidenzbasierte Screening-Programme, die den positiven Nutzen für die Gesundheit der Neugeborenen im Fokus haben. Essentiell ist hierfür auch eine höhere Transparenz hinsichtlich der Screening-Abdeckung, nicht jedoch unweigerlich die Maximierung der Anzahl eingeschlossener Erkrankungen.
Empfehlungen für die europäische Region könnten helfen, Veränderungen in nationalen Leitlinien und Gesundheitssystemen zu initiieren.
12:25 Uhr
DGSPJ-PO 15:
EINSATZ VON WEBCAMS AUF NEONATOLOGISCHEN INTENSIVSTATIONEN – Implementierung und Evaluation (Neo-CamCare)
N. Scholten (Köln, DE)
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Autor:innen:
N. Scholten (Köln, DE)
S. Bretthauer (Frankfurt0)
M. Hellmich (Köln0)
H. Hillen (Köln0)
D. Horenkamp-Sonntag (Hamburg0)
C. Jannes (Köln0)
L. Kuntz (Köln0)
A. Müller (Bonn0)
C. Samel (Köln0)
I. Spiecker (Frankfurt0)
S. Wobbe-Ribinski (Hamburg0)
C. Woopen (Köln0)
T. Dresbach (Bonn0)
Hintergrund: Für Eltern frühgeborener Kinder besteht nicht immer die Möglichkeit, dauerhaft auf der neonatologischen Intensivstation (NICU) bei ihrem Frühgeborenen anwesend zu sein. Diese Trennung kann weitreichende Folgen für die Mütter und die Bindung zwischen den Eltern und dem Kind haben. Die Trennung von Mutter und Kind kann zu Schwierigkeiten in der Entwicklung von Muttergefühlen, zu weniger Verantwortungsgefühl, Sensibilität und zu Schwierigkeiten bei der Versorgung mit Muttermilch führen [1]. Eine Möglichkeit, den Folgen der räumlichen Trennung von Neugeborenen und ihren Eltern zu begegnen, ist die Einführung von Webcams auf NICUs. Diese, über dem Bett des Kindes installierte Kamera, soll es den Eltern ermöglichen, auch über die Distanz Sichtkontakt zu ihrem Kind zu halten und eine aus der Perspektive der Eltern bessere Beziehung aufzubauen. Positive Effekte auf das medizinische Outcome der Neugeborenen werden indirekt z.B. über das gesteigerte Wohlbefinden der Eltern erwartet. Durch die gesteigerte Empfindung von Nähe zum Kind soll die Laktation und somit die Ernährung der Neugeborenen mit Muttermilch gefördert werden. Neben den positiven Auswirkungen der Webcams berichten Eltern aber auch von gesteigerten Ängsten, ausgelöst durch das Beobachten kritischer Situationen.
Fragestellung: Ziel der Neo-CamCare Studie ist es, die Implementierung und den Einsatz von Webcams auf neonatologischen Intensivstationen in Deutschland wissenschaftlich zu begleiten und die Effekte auf die Eltern, Pflegekräfte und ÄrztInnen systematisch zu erheben. Förderer: Innovationsfonds des G-Ba (FKZ: 01VSF18037)
Methode: Die Implementierung und der Einsatz von Webcams auf den NICUs von drei deutschen Universitätsklinika und einem weiteren Krankenhaus mit Level I NICU evaluiert. Die Effekte auf die Eltern werden im Rahmen einer randomisiert-kontrollierten Studie im Wartegruppen-Kontrolldesign erfasst werden. Mit einbezogen wird dabei eine noch zu entwickelnde Handlungshilfe für die Eltern, die ihnen den Umgang mit der Kamera erleichtern soll. Zeitgleich wird der Effekt (Mehraufwand, Disruptionen) für die Pflegenden erhoben, der mit dem Einsatz der Webcams verbunden sein kann. Flankierend findet die Erstellung eines Rechtsgutachtens zur Aufarbeitung datenschutzrechtlicher und arbeitsdatenschutzrechtlicher Fragen, wie auch die Erfassung von Implementierungshürden durch eine Befragung aller NICU Leitungen in Deutschland statt. Eltern von Frühgeborenen, die bei einer der kooperierenden Krankenkasse versichert sind werden in Bezug auf ihre Einstellung, wie auch zur Situation von -Eltern Frühgeborener allgemein befragt.
12:30 Uhr
DGSPJ-PO 16:
Deskriptive Analyse von Spontanberichten über Arzneimittelnebenwirkungen bei Kindern
S. Leitzen (Bonn, DE)
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Autor:innen:
S. Leitzen (Bonn, DE)
D. Dubrall (Bonn0)
I. Toni (Erlangen, DE)
A. Neubert (Erlangen, DE)
J. Stingl (Bonn, DE)
B. Sachs (Bonn0)
Deskriptive Analyse von Spontanberichten über Arzneimittelnebenwirkungen bei Kindern
Leitzen S. 1, Dubrall D. 1, Toni I. 2, Neubert A. 2, Stingl J. 1, Sachs B. 1
1Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, Abteilung Forschung, Bonn
2Universitätsklinikum Erlangen, Kinder- und Jugendklinik, Erlangen
Hintergrund:
Wirksamkeit und Sicherheit von Arzneimitteln werden vor ihrer Zulassung oft nur an Erwachsenen getestet. Daher werden viele Arzneimittel bei Kindern „off-label“ eingesetzt. Dies kann mit einem erhöhten Risiko für unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW; „Nebenwirkungen“) verbunden sein. UAW-Datenbanken enthalten eine Vielzahl von UAW-Berichten zu Kindern. Analysen dieser Berichte können relevante Informationen zur Erhöhung der Arzneimitteltherapiesicherheit bei Kindern liefern.
Fragestellung/Ziel:
Das Ziel dieser Untersuchung im Rahmen des KiDSafe-Projektes war es, UAW-Berichte zu Kindern aus Deutschland deskriptiv zu analysieren.
Material und Methoden:
Für den Zeitraum von 01.01.00-28.2.19 wurden 20.854 UAW-Spontanberichte, die für die Altersklassen 0 bis < 18 Jahre für Deutschland in der Europäischen UAW-Datenbank EudraVigilance vorlagen, in Bezug auf die Zahl der Meldungen pro Jahr, Meldequellen, demografische Parameter, am häufigsten gemeldete UAW und als verdächtigt gemeldete Wirkstoffe analysiert.
Ergebnisse:
Die Anzahl der gemeldeten Spontanberichte pro Jahr hat seit 2000 kontinuierlich zugenommen. Im Jahr 2018 hatte sich die Anzahl der Spontanberichte im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt (1354 vs. 2633 Fälle).
12,2% der Berichte wurden ausschließlich von Patienten und sogenannten Non-Health Care Professionals gemeldet. 86,5% der Spontanberichte stammten ausschließlich von Health Care Professionals.
33,7% der Spontanberichte entfielen auf die Altersgruppe 3 bis 11 Jahre und 39,7% auf die Altersgruppe 12 bis < 18 Jahre (vgl. Altersgruppe 0-1 Monat 11,8% und 2 Monate-2 Jahre 14,9%).
Die am häufigsten berichteten UAW waren Erbrechen, Nesselsucht, Atemnot, Übelkeit und Ausschlag.
Die am häufigsten als verdächtigt gemeldeten Arzneistoffe waren Methylphenidat und Ibuprofen (+Kombi).
74,4% der 20.854 UAW Meldungen wurden gemäß rechtlicher Definition als schwerwiegend klassifiziert.
Diskussion:
Die kontinuierliche Zunahme der gemeldeten Spontanberichte seit dem Jahr 2000 könnte, neben anderen Ursachen, auch auf Verschärfungen der gesetzlichen Meldeverpflichtungen zurückzuführen sein. Bei der Interpretation der Ergebnisse müssen die bekannten Limitierungen des Spontanberichtsystems berücksichtigt werden.
Schlussfolgerung:
Der hohe Anteil der als schwerwiegend klassifizierten Spontanberichte sowie die konstante Zunahme der gemeldeten Spontanberichte unterstreichen die Bedeutung der Arzneimitteltherapiesicherheit bei Kindern. Die Meldung von UAW und die Analyse dieser Meldungen kann die Kenntnisse über UAW bei Kindern erhöhen und Anlass zu gezielteren Untersuchungen sein.
Innovationsausschuss G-BA; Förderkennzeichen: 01NVF16021
12:35 Uhr
DGSPJ-PO 17:
Comprehensive Assessments and Related interventions to Enhance long-term outcome in Children, Adolescents and Young Adults cancer survivor – Presentation of the CARE for CAYA program
T. Boesten (Hamburg, DE)
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Autor:innen:
T. Boesten (Hamburg, DE)
B. Koch (Hamburg0)
G. Eschrich (Hamburg0)
S. Bielack (Stuttgart0)
G. Calaminus (Bonn0)
T. Langer (Lübeck0)
C. Niemeyer (Freiburg0)
D. Reinhardt (Essen0)
A. Stein (Hamburg0)
C. Bokemeyer (Hamburg0)
Background: Improved, multimodal treatment strategies increase cure rates in cancer patients. Those who survive cancer as a child, adolescent or young adult (CAYA) are at high risk for therapy- or disease-related late or long-term effects. The CARE for CAYA-Program (CFC-P) has been developed to comprehensively assess potential future problems, to offer need-based preventive interventions and thus to improve long-term outcomes in this particularly vulnerable population.
Methods: The CFC-P is designed as an adaptive trial with an annual comprehensive assessment followed by need-stratified, modular interventions, currently including physical activity, nutrition and psychooncology, aimed to improve lifestyle and/or the psychosocial situation. Patients between 15 and 39 years with a prior cancer diagnosis, who have completed tumour therapy, are in follow-up care and are tumour free will be included. At baseline (and afterwards yearly) the current medical and psychosocial situation and lifestyle will be assessed by a survey compiled of validated questionnaires (e.g. EORTC QLQ C30, NCCN distress thermometer, PHQ-4, BSA, nutrition protocol) and objective parameters (e.g. BMI, WHR, co-morbidities like hyperlipidaemia, hypertension or diabetes), followed by basic care (psychological and lifestyle consultation). Depending on their needs, CAYAs will be allocated to preventive interventions in the above-mentioned modules (physical activity, nutrition and psychooncology) over a 12-month period. After one year, the assessment will be repeated and further interventions may be applied as needed. During the initial trial phase, the efficacy of this approach will be compared to standard care (waiting list with intervention in the following year) in a randomized study. During this phase, 530 CAYAs will be included and 320 randomized. Overall, 1500 CAYAs will be included and assessed. The CFC-P is financed by the innovation fund of the German Federal Joint Committee and will be conducted at 14 German sites.
Results
In January 2018 recruitment started at 14 german sites. As per February 2019 340 patients were enrolled, 246 of which fulfilled the criteria’s to be randomised. 76 patients did not show any specific needs in either of the three modules at baseline assessment and therefor did not qualify for randomisation.
Of the 119 Patients recruited in Hamburg, 85 showed a specific need for at least one module: 41 were randomised into interventional group and were distributed as follows: 32 patients within the psychooncological module, 21 patients in nutrition and 19 for the sport module
Discussion: CAYAs are at high risk for long-term sequelae, e.g. cardiac diseases or psychosocial problems. Providing structured interventions to improve lifestyle and the psychological situation may compensate these risk factors. The CFC-P serves to establish uniform regular comprehensive assessments and need-based interventions to improve long-term outcome in CAYA survivors.
12:40 Uhr
DGSPJ-PO 19:
Verbesserung der Versorgung von Kindern- und Jugendlichen mit Arzneimitteln durch Erhöhung der Arzneimitteltherapiesicherheit - Das KiDSafe Projekt
I. Toni (Erlangen, DE)
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Autor:innen:
I. Toni (Erlangen, DE)
D. Malonga Makosi (Mainz, DE)
C. Gräf (Mainz, DE)
P. Mildenberger (Mainz, DE)
J. König (Mainz, DE)
W. Rascher (Erlangen, DE)
M. Urschitz (Mainz, DE)
A. Neubert (Erlangen, DE)
Hintergrund
Kinder und Jugendliche sind bei der Arzneimittelversorgung benachteiligt. Durch off-label Anwendungen, fehlende pädiatrische Darreichungsformen und komplexe Dosisberechnungen treten Medikationsfehler (MF) im Vergleich zu Erwachsenen bis zu dreimal häufiger auf [1]. Internationale Studien zeigen, dass 3-5% aller stationären Aufnahmen aufgrund einer unerwünschten Arzneimittelwirkung (UAW) erfolgen [2-5]. Das bestehende Versorgungsdefizit in der päd. Arzneimitteltherapie soll durch die Einführung der neuen Versorgungsform PaedPharm verbessert und die Rate an MF und UAW gesenkt werden.
Methode
PaedPharm ist eine Qualitätssicherungsmaßnahme, die evidenzbasierte Informationen sowie spezifische Handlungsempfehlungen zur Anwendung von Arzneimitteln bei Kindern für ambulant tätige Ärzte zur Verfügung stellt. Es besteht aus drei Modulen: ein digitales Kinderarzneimittelinformationssystem, päd.-pharm. Qualitätszirkel und ein päd. UAW-Meldesystem. Es wird in 12 geographischen Clustern randomisiert-kontrolliert und schrittweise in einem Stepped-Wedge-Design implementiert. Ein Cluster besteht aus einer Klinik für Kinder- und Jugendmedizin sowie ca. 20 pädiatrischen Praxen im Einzugsbereich. Der Anteil von UAW-bedingten stationären Aufnahmen unter allen nicht-elektiven Aufnahmen wird kontinuierlich vor und nach Einführung von PaedPharm ermittelt. Unter Berücksichtigung von Datenschutzvorgaben werden die UAW/MF-Verdachtsfälle aus den Kliniken an ein Referenzzentrum oder an die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) zur Validierung und Beurteilung übermittelt. Sekundäre Endpunkte umfassen die Zufriedenheit mit der Intervention, das Nutzungsverhalten und das Verordnungsverhalten der teilnehmenden Ärzte.
Ergebnisse
Die Erfassung des primären Endpunktes startete am 1. Juli 2018. Bis 30. April 2019 konnten 134 Ärzte für die Teilnahme gewonnen und PaedPharm in 6 von 12 Clustern eingeführt werden. In den 12 erhebenden Kliniken wurden bisher 17.000 nicht-elektive Fälle erfasst. Davon wurden 835 UAW-Verdachtsfälle an die zuständigen Bewertungsstellen übermittelt. Die Ergebnisse der Bewertungen stehen noch aus. Die Rückmeldung aus den Qualitätszirkeln ist durchweg positiv.
Diskussion
Bei der Implementierung von PaedPharm zeigte sich eine schleppende spontane Rekrutierung von niedergelassenen Ärzten. Diese wurde einer Ursachenanalyse zugeführt und entsprechende Gegenmaßnahmen eingeleitet. Die Inzidenz von UAW/MF bei stationärer Aufnahme kann anhand der vorliegenden Daten noch nicht geschätzt werden. Es ist zu erwarten, dass durch die Bündelung aller Aspekte der päd. Arzneimittelverordnung und -anwendung in praxisrelevanter und dennoch wissenschaftlich fundierter Form, eine nachhaltige Verbesserung aller patienten- und qualitätsrelevanten Parameter erreicht wird. Eine flächendeckende bundesweite Implementierung von PaedPharm und Aufnahme in die Regelversorgung ist angestrebt.