Autor:innen:
R. Posset (Heidelberg, DE)
A. Gropman (Washington, District of Columbia, US)
S. Nagamani (Houston, Texas, US)
L. Burrage (Houston, Texas0)
J. Bedoyan (Cleveland, Ohio, US)
D. Wong (Los Angeles, California, US)
G. Berry (Boston, Massachusetts, US)
M. Baumgartner (Zurich, CH)
M. Yudkoff (Philadelphia, Pennsylvania, US)
M. Zielonka (Heidelberg, DE)
G. Hoffmann (Heidelberg, DE)
P. Burgard (Heidelberg, DE)
M. Kowoll (Heidelberg, DE)
F. Gleich (Heidelberg, DE)
A. Schulze (Toronto, Ontario, CA)
S. McCandless (Aurora, Colorado0)
A. Garcia-Cazorla (Barcelona, ES)
J. Seminara (Washington, District of Columbia, US)
S. Garbade (Heidelberg, DE)
S. Kölker (Heidelberg, DE)
Hintergrund: Harnstoffzyklusstörungen (UCDs) sind seltene angeborene Erkrankungen des Intermediärmetabolismus mit einer geschätzten kumulativen Prävalenz von 1 zu 35.000 bis 52.000 Neugeborenen. Lebensbedrohliche Symptome manifestieren sich innerhalb der ersten 28 Lebenstage oder alternativ als heterogener Symptomkomplex (z. B. entwicklungsneurologische und intellektuelle Auffälligkeiten) nach der Neugeborenenperiode. Zunehmende klinische Kenntnis über die Manifestation von UCDs, die Entwicklung diagnostischer und therapeutischer Leitlinien und die Implementierung nationaler Neugeborenenscreening Programme bieten das Potenzial für ein verbessertes klinisches Outcome der Patienten. Fragestellung: Die Bewertung der Auswirkungen von aktuellen diagnostischen und therapeutischen Strategien auf das neurokognitive Outcome von Patienten mit UCDs. Material und Methoden: Diese prospektive, transatlantische, multizentrische Beobachtungsstudie umfasst Daten von 1.095 Patienten aus den beiden größten Patientenregistern für UCDs, d.h. das Nord Amerikanische Urea Cycle Disorders Consortium (UCDC) und das European Registry and Network for Intoxication Type Metabolic Diseases (E-IMD). 503 Patienten mit einem kumulativen Follow-up von 702 Patientenjahren erhielten umfassende kognitive Testungen. Die entsprechenden z-Werte wurden unter Verwendung der normativen Daten der jeweiligen psychologischen Tests berechnet. Ergebnisse: Nicht-interventionelle Variablen wie der UCD Subtyp, ein früher Krankheitsbeginn und die Höhe der initialen Plasma Ammoniumkonzentration sind Prädiktoren für eine geistige Behinderung (z < -2,0). Der Schutz der kognitiven Fähigkeiten hängt von der Früherkennung durch das Neugeborenenscreening sowie bei lebertransplantierten Patienten von einer frühzeitigen Intervention ab. Interessanter Weise zeigte sich, dass keiner der derzeit verwendeten Stickstofffänger (Natrium-/Glycerolphenylbutyrat oder Natriumbenzoat) in Bezug auf das neurokognitive Langzeitoutcome von Patienten mit spezifischen UCDs überlegen zu sein scheint. Diskussion: Die kombinierte Analyse von Daten aus Registerstudien (UCDC und E-IMD) ist eine wichtige Grundlage, um evidenzbasierte Informationen im Bereich seltener neurometabolischer Erkrankungen zu erhalten. Darüber hinaus lassen sich wichtige Indikatoren für die Neuroprotektion identifizieren und damit die Auswirkungen der aktuellen Behandlungsprinzipien analysieren. Eine prospektive kritische Reevaluation dieser Daten kann die Grundlage von evidenzbasierten Empfehlung für die Patientenversorgung werden. Zukünftige klinische Studien im Bereich seltener neurometabolischer Erkrankungen müssen anstelle von biochemischen Surrogatparametern anhand von klinischen Endpunkten bewertet werden und sorgfältig anhand von Variablen stratifiziert werden, die einen bekannten Einfluss auf das klinische Outcome der Patienten besitzen.