Einleitung
Schwere Verletzungen stellen weltweit die häufigste Todesursache im Kindes- und Jugendalter dar. Bei Erwachsenen mit schwerem Gewebetrauma konnte in Vorarbeiten eine prognostische Bedeutung der Bestimmung von herzspezifischem Troponin bei Schockraumaufnahme gezeigt werden. Ob Troponin bei polytraumatisierten Kindern eine ähnliche Bedeutung zukommt, und die Bestimmung von Troponin T bei Schockraumaufnahme das klinische Management verbessern kann, ist bisher nicht erforscht. Wir präsentieren Daten einer restrospektiven, monozentrischen Studie über Kinder und Jugendliche mit Polytrauma, die in einem Level-1 Traumazentrum behandelt worden sind.
Material und Methoden
Die klinischen und laborchemischen Daten von 88 pädiatrischen Patienten, die mit Polytrauma in unserer Klinik für Unfallchirurgie des Universitätsklinikums Ulm im Zeitraum von 2007 bis 2016 behandelt worden sind, wurden retrospektiv ausgewertet. Die Patienten wurden nach Werten des Injury Severity Scores in drei Gruppen für leichtes, mittelschweres und sehr schweres Trauma stratifiziert. Die laborchemisch bestimmten Parameter Troponin T (TnT), Interleukin-6 (IL-6) und die Creatinkinase-Aktivität (CK-Aktivität) sowie Laktat wurden unter den stratifizierten Gruppen verglichen, mit klinischen Parametern korreliert und prognostische und diagnostische Bedeutung von TnT und IL-6 statistisch ausgewertet.
Ergebnisse
Patienten in der Gruppe mit schwerem Polytrauma zeigten signifikant erhöhte Troponin-T Werte verglichen mit Patienten mit leichtem und mittelschwerem Trauma. TnT-Werte über einem Cut-off von 14 ng/ mL waren signifikant assoziiert mit radiologisch-diagnostizierten Lungenkontusionen, erhöhtem Sequential-Organ Failure Score (SOFA-Score) und tödlichem Verlauf nach Klinikaufnahme. Patienten mit Thorax-Trauma, Lungenkontusionen, Multi-Organversagen und Nicht-Überlebende hatten signifikant erhöhte absolute TnT-Plasmawerte. In unserer Studie war TnT bei Schockraumaufnahme in dieser Hinsicht IL-6 prognostisch überlegen.
Diskussion
TnT im Plasma korrelierte in unserem Patientenkollektiv bereits bei Schockraumaufnahme mit der Schwere des Traumas, unabhängig von einer klinisch messbaren Beeinträchtigung der Herzfunktion. Daten aus dem Tiermodell konnten eine frühe Schädigung von Herzmuskelzellen nach experimentellem Trauma auf molekularer Ebene zeigen, ohne dass eine direkte Organschädigung morphologisch nachweisbar war. Die Bedeutung dieser subzellulären Schädigung ist bisher noch unklar. Unsere Daten legen eine prognostische Bedeutung von herzspezifischem Troponin für den klinischen Verlauf nahe. Hinsichtlich des positiv prädiktiven Wertes war es in unserer Studie dem etablierten frühen Entzündungsmarker IL-6 überlegen.
Schlussfolgerung
Die Bestimmung von herzspezifischem Troponin kann bei Schockraumaufnahme dazu beitragen, die Schwere des Gewebetraumas und den klinischen Verlauf bei polytraumatisierten Kindern und Jugendlichen abzuschätzen.
Hintergrund: Dank der Weiterentwicklung der medizinischen Versorgung in den letzten Jahrzehnten sank die Letalität von Patienten mit angeborenem Herzfehler (AHF) deutlich, gleichzeitig nimmt die Zahl der jugendlichen und erwachsenen Patienten mit AHF stetig zu. Hiermit gewinnt die Prävention erworbener Erkrankungen und kardiovaskulärer Risikofaktoren durch körperlich-sportliche Aktivität (KSA) an Relevanz. Bisherige Daten über die KSA bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit AHF und der damit verbundenen Körperwahrnehmung sind limitiert.
Fragestellung: Ziel der vorliegenden Studie ist es, den Ist-Zustand der KSA von Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit AHF mit der Normalbevölkerung zu vergleichen. Es wird beantwortet, ob der Schweregrad des AHF einen Einfluss auf das Aktivitätsverhalten, die persönliche Einstellung zur KSA sowie die Eingliederung in sportbezogene Betreuungsstrukturen hat.
Material und Methode: Das körperlich-sportliche Aktivitätsverhalten von Patienten mit einfachen (EAHF; n=66) und komplexen AHF (KAHF; n=35) wurde in einem prospektiven monozentrischen Studiendesign mittels zweier Fragebögen zum Aktivitätsverhalten und zur Betreuung mit einem für Deutschland repräsentativen Normkollektiv (NK; n=1409) verglichen.
Ergebnisse: Es zeigte sich ein signifikanter Unterschied in der Gesamtaktivität der Gruppen (p < ,001). Die Patienten mit EAHF waren mit 4,4 Aktivitätstagen á 60 Minuten pro Woche aktiver als die Patienten mit KAHF und auch aktiver als das NK (3,1 und 3,4 Aktivitätstage á 60 Minuten pro Woche). Die Patienten mit EAHF und das NK betrieben mit 53% mehrheitlich mindestens eine Vereins- oder Freizeitsportart, während die Patienten mit KAHF mit 45% zum Großteil keinen Sport betrieben.
Das NK erreichte in allen sechs Kategorien des physischen Selbstkonzeptes (Koordination, Ausdauer, allgemeine Sportlichkeit, Kraft, Beweglichkeit, Schnelligkeit) Werte eines positiven Selbstbildes, die Patienten mit EAHF zeigten ein überwiegend positives oder indifferentes Selbstbild, während die Patienten mit KAHF in vier Kategorien ein negatives physisches Selbstkonzept aufwiesen. Es ließ sich weiterhin ein signifikanter Zusammenhang zwischen dem physischen Selbstkonzept und der Aktivität bzw. der Teilhabe an Vereins- und Freizeitsport nachweisen (p < ,001). Hinsichtlich sportbezogener Betreuungsstrukturen zwischen den Gruppen konnte kein signifikanter Unterschied gezeigt werden.
Schlussfolgerung: Patienten mit EAHF sind ähnlich aktiv wie die Normalbevölkerung und scheinen gut integriert in Sportvereine. Dagegen zeigen Patienten mit KAHF ein deutlich geringeres Interesse an Sport, sind weniger körperlich aktiv und nur vereinzelt integriert in Sportvereine, was mit einem negativen Selbstbild bzgl. der eigenen Körperwahrnehmung korreliert. Da insbesondere Patienten mit KAHF von einer, auf ihre Leistungsfähigkeit abgestimmten, sportlichen Betätigung profitieren, gilt es zukünftig, die körperliche Aktivität speziell dieser Gruppe zu fördern.
Hintergrund: Der apparente Mineralkortikoidexzess (AME) ist eine seltene Ursache einer therapierefraktären arteriellen Hypertonie. Für die autosomal-rezessiv vererbte Erkrankung sind bisher weniger als 100 Fälle beschrieben. Durch Aktivitätsminderung der 11-ß-Hydroxysteroiddehydrogenase kommt es zur verminderten Umwandlung von Cortisol in Cortison und damit konsekutiv zur Überaktivierung des Mineralkortikoidrezeptors mit der Folge eines Pseudohyperaldosteronismus. Symptome sind Gedeihstörung, arterielle Hypertonie und eine Nephrokalzinose. Unbehandelt besteht durch die maligne Hypertonie sowie renale und kardiale Insuffizienzen eine schlechte Prognose. Schlaganfälle bereits vor dem 10. Lebensjahr sind häufig.
Fallbericht: Wir berichten von einem 15 Jahre alten Jungen aus Katar (Körperlänge und -größe < 1. Perzentile) mit genetisch gesicherten AME (homozygote Variante im Exon 2 HSD11B2), der sich mit therapierefraktärem Hypertonus sowie Nephrokalzinose zur Therapieoptimierung vorstellte. Laborchemisch zeigte sich bei Aufnahme eine metabolische Alkalose (pH 7,46, K+ 2,24mmol/l). Die 24-h-Blutdruckmessung ergab unter der bestehenden Medikation mit Amlodipin, Hydrochlorothiazid und Lisinopril eine arterielle Hypertonie II° bei einem mittleren Wert von 145mmHg systolisch, 90mmHg diastolisch (jeweils >99.Perzentile +5mmHg) und ein nächtliches Non-Dipping. Als Korrelat hierzu zeigte sich echokardiographisch eine mäßige linksventrikuläre Myokardhypertrophie. Trotz bekannter Diagnose des AME erfolgte die antihypertensive Therapie bisher ohne die Gabe eines Mineralkortikoidrezeptorantagonisten als Kausaltherapeutikum des Enzymdefektes.
Nach Gabe von Spironolacton zusätzlich zur bestehenden Medikation sanken die Blutdruckwerte in altersentsprechende Bereiche. Die Hypokaliämie wurde zusätzlich mit einer oralen Kaliumsubstitution therapiert. Röntgenologisch stellte sich eine vollständige Verknöcherung der Epiphysenfugen und somit keine Option für eine Wachstumshormontherapie dar.
Nach Entlassung kam es im Verlauf zur erneuten Vorstellung in unserer Notfallambulanz bei hypertensiver Entgleisung mit Werten bis 160mmHg systolisch. Als Ursache stellte sich nun eine unregelmäßige Medikamenteneinnahme heraus. Zur Erhöhung des Compliance vereinfachten wir das Therapieschema mit Dosiserhöhung von Spironolacton (50mg p.o. 2xtägl.) als Kausaltherapie und konnten auch so altersentsprechende RR-Zielwerte erreichen.
Schlussfolgerung: Bei therapierefraktärer Hypertonie muss auch an seltene genetische Ursachen gedacht werden und diese bei Vorliegen gezielt behandelt werden. Aufgrund der schlechten Prognose durch die Folgen der malignen Hypertonie sollte bei der symptomatischen Therapie des AME die Senkung des Blutdrucks im Vordergrund stehen. Insbesondere bei Noncompliance sollte deshalb ein hoher Wert auf den Entwurf einfacher Therapieschemata und deren Einhaltung gelegt werden.
BEDEUTUNG
Basierend auf den neuen Blutdruckguidelines von 2017 ist die Prävalenz von Bluthochdruck bei Erwachsenen von 32% auf 46% gestiegen. Basierend auf neuen Normen u. diagnostischen Schwellenwerten, die sich besser an die Definitionen von Adulten anpassen, wurden neue Leitlinien für die klinische Praxis für Kinder veröffentlicht. Die Richtlinien für die klinische Praxis der AAP für das Management von erhöhtem RR bei Kindern ersetzen den 4th Report der Task Force des NHLBI von 2004.
ZIELE
Beurteilung der Konsequenzen der klinischen Praxisguidelines der AAP für das Management von erhöhtem RR bei Kindern auf die Prävalenz u. Schwere des erhöhten RR bei Kindern u. die Charakterisierung von Risikofaktoren für Kinder mit neu auftretender Hypertonie oder einer Verschlechterung im klinischen Stadium ( „Nach oben umklassifiziert“).
DESIGN, SETTING, PROBANDEN
Diese Studie wendete beide Richtlinien an, um RR in 15 647 allgemein gesunde Kinder mit niedrigem Risiko im Alter von 5 bis 18 Jahren aus nationalen Gesundheits- u. Ernährungsuntersuchungen (vom 1. Januar 1999 bis 31. Dezember 2014) einzustufen. Im Fall-Kontrollteil der Studie wurden Kinder, deren RR nach oben reklassifiziert wurde (Fälle), hinsichtlich Geschlecht, Alter u. KL mit Kontrollen mit normalem RR verglichen. Die anthropometrischen u. laboratorischen Risikofaktoren wurden verglichen u. die alters- u. geschlechtsspezifischen Z-Werte für KG, TU u. BMI berechnet. Der RR wurde durch Auskultation durch geschultes Personal gemessen. Nachdem sich das Kind 5 Minuten ruhig erholt hatte, wurden 3 bis 4 aufeinanderfolgende RRwerte aufgezeichnet.
WICHTIGE ERGEBNISSE
Perzentile des RR u. klinische Einstufung basierend auf den Guidelines der AAP 2017 u. dem National Institute of Heart, Lung und Blood Institute(NHLBI) von 2004.
Unter den 15 647 Kindern in der Studie (7799 Mädchen u. 7848 Jungen; Durchschnittsalter [SD], 13,4 [2,8] Jahre), basierend auf den Richtlinien der AAP, stieg die geschätzte (gewichtete) Bevölkerungsprävalenz von erhöhtem RR von 11,8 % (95% CI, 11,1% -13,0%) auf 14,2% (95% CI, 13,4% -15,0%). Insgesamt hatten 905 von 15 584 Kindern (5,8%) eine neu diagnostizierte Hypertonie (n = 381) oder eine Verschlechterung im klinischen Stadium (n = 524), was eine erhebliche Zunahme der Krankheitslast für das Gesundheitssystem bedeutet. Kinder, deren RR nach oben umklassifiziert worden war, waren mehr übergewichtig oder adipös, mit höheren z-Scores für KG, TU u. BMI. Die Prävalenz von abnormalen Laborergebnissen war ebenfalls erhöht, mit negativen Lipidprofilen u. erhöhten HBA1c-Spiegeln (Prädiabetes).
KONKLUSION, RELEVANZ
Die Clusterbildung kardiovaskulärer Risikofaktoren bei ansonsten gesunden US-Kindern legt nahe, dass diejenigen, deren RR neu klassifiziert wurde, eine Population mit hohem Risiko darstellen, deren kardiovaskuläres Risiko zuvor möglicherweise unterschätzt wurde.
Die ESC befürwortet für ihre Adulten keine Absenkung der RR-Bereiche (höhere Morbidität u. Mortalität).
Background
Currently used creatinine based parameters for monitoring of kidney function aren`t reliable for early detection of kidney injury (KI), particularly tubular dysfunction. They also don`t show the localization of KI. Several more recent KI biomarkers allow early detection of glomerular and tubular damage in adulthood. As optimized KI monitoring can prevent chronic kidney diseases in infancy, childhood and adolescence, the goal of this research project was to establish reference values for KI biomarkers in these age groups.
Material and Methods
A systematic literature search was performed in PubMed. After elimination of duplicates, literature was screened for inclusion criteria (healthy participants, age ≤ 20 years, clinical trial, report of absolute values for KI biomarkers, full text available, English language) and exclusion criteria (nephrotoxic therapy, artificial ventilation, co-morbidities, infections). Reported values of KI biomarkers were plotted by gestational age for preterm neonates and by age groups in infants, children and adolescents.
Results
A total of 12 out of screened 205 studies met predefined criteria and included 219 preterm neonates (gestational age < 36 weeks) and 2392 term neonates, infants, children and adolescents. KI biomarkers were analyzed in urine (6 studies), in serum/plasma (5 studies) and in serum and urine (1 study). In these studies, 6 KI biomarkers were investigated in serum/plasma and 26 in urine. Four studies (N= 555) measured the urinary KI biomarker Kidney Injury Marker-1 (uKIM-1) [1-4], five studies (N= 888) the urinary KI biomarker Neutrophil Gelatinase-Associated Lipocalin (uNGAL) [1-5], and two studies (N= 203) the serum KI biomarker Cystatin C (sCysC) [6, 7]. Exploratory graphical analysis indicated that values for uNGAL, uKIM-1 and sCysC had higher values in preterm neonates than in infants, children or adolescents. Furthermore, uNGAL and uKIM-1 values slightly increase around the age of 15 to18 years.
Discussion
This literature review of KI biomarkers in different pediatric age groups indicates that (i) the majority of KI biomarkers are measured in urine, (ii) the three most commonly analyzed KI biomarkers are uNGAL, uKIM-1 and sCysC, (iii) values of KI injury biomarkers seem to be age-dependent, (iv) and that there is a need to further enhance knowledge about age-dependent changes of KI biomarkers in pediatrics.
Conclusion
Values of the key KI biomarkers such as uNGAL, uKIM-1 and sCysC appear to decrease from prematurity to infancy. Additional studies are warranted to better characterize reference values for these key KI biomarkers across pediatric age groups and to evaluate the value of such markers in the early detection of drug related kidney injury in pediatric patients.
Hintergrund: Hauptindikationen für die therapeutische Apherese (TA) in der Pädiatrie sind nephrologische, neurologische und hämatologische Erkrankungen. Der klinische Einsatz der TA bei pädiatrischen Patienten ist bisher nicht systematisch dokumentiert. Ziel dieser Fallsammlung ist es, durch die Auswertung der Daten der TA weitere Erkenntnisse zur Wirksamkeit und Verträglichkeit der Therapie in der klinischen Routine bei Kindern und Jugendlichen zu erlangen und einen Beitrag zur Standardisierung des Einsatzes der TA in dieser Patientengruppe zu erstellen.
Methoden: Primärer Zielparameter der online-basierten, multizentrischen Registerstudie ist die Wirksamkeit der TA auf die jeweilige klinische Symptomatik der zugrundeliegenden Erkrankung. Dazu werden die Symptome vor und nach der TA, wenn möglich mit einem krankheitsspezifischen Score erfasst. Sekundäre Zielparameter sind die Sicherheit und Verträglichkeit der Behandlungen. 6-monatlich erfolgt eine follow-up Visite. Dokumentiert werden Patienten im Alter von 0-18 Jahren, die in den beteiligten Kliniken mit TA behandelt wurden (retrospektiver Teil), bzw. werden (prospektiver Teil). Die Auswertung der Daten soll die Erstellung von Standards zur Behandlung mit TA möglich machen. Zudem erfolgt damit eine zentrale Dokumentation der Wirksamkeit und Verträglichkeit der TA bei Kindern und Jugendlichen.
Ergebnisse: Das Register ist seit März 2018 online. Bis heute wurden an 9 Zentren ca. 280 Behandlungen für 16 Patienten eingegeben. Es zeigt sich eine sehr gute Verträglichkeit der TA (1 berichtete Komplikation „Erbrechen“). 43% der TA wurden aufgrund einer nephrologischen Grunderkrankung durchgeführt, 31% aufgrund neurologischer Grunderkrankungen, 6% wegen einer Autoimmunerkrankung. Bei 19% sind andere zugrunde liegende Erkrankungen dokumentiert. 52% der dokumentierten Behandlungen sind Immunadsorptionen, 48% Plasmaspheresen. 52% der Patienten wurden über eine AV-Fistel behandelt, nur 48% über einen zentralen Katheter. Die Anzahl, Frequenz und Dauer der Behandlungen sind trotz gleicher Indikation heterogen. Die Auswertung der ersten follow-up Visiten zeigt keine dokumentierte Verschlechterung der Symptome der Patienten, 2 Patienten mit akuter Behandlung erfuhren eine Restitutio ad integrum, 3 Patienten eine Verbesserung, 6 Patienten mit chronischer Behandlung zeigen eine gute Krankheitskontrolle unter laufender TA und für 5 Patienten liegt noch keine Nachuntersuchung vor.
Schlussfolgerung: TA ist ein sicher einzusetzendes, gut verträgliches Therapieverfahren, das in pädiatrischen Dialysezentren regelmäßig durchgeführt wird. Die Indikationen sind vielfältig, es fehlen Evidenz basierte Standards in der Diagnostik und der Behandlung, deren Entwicklung durch die Auswertung der Registerdaten ermöglicht werden kann. Weiterhin soll das Aphereseregister beim Aufbau eines bisher fehlenden Netzwerks zwischen der pädiatrischen Nephrologie und anderen Fachgesellschaften, die TA durchführen, helfen.
Einleitung
Die Primäre Hyperoxalurie Typ I ist eine sehr seltene, autosomal rezessiv vererbte, Stoffwechselstörung mit einer Prävalenz von 1 : 333.000-1.000.000. Sie beruht auf einem Defekt des peroxisomalen Leberenzyms L-Alanin-Glyoxylat-Aminotransferase, in dessen Folge Oxalat im Körper akkumuliert. Sie besitzt eine phänotypische Heterogenität, die von einer schweren infantilen Form mit raschem Eintritt einer terminalen Niereninsuffizienz über einen variablen und langsameren Verlauf im Kindes- und Jugendalter bis zu einer milden Spätform des Erwachsenen mit Nephrolithiasis und möglichem akuten Nierenversagen durch Steinobstruktion reicht.
Material/Methode
Falldarstellung eines 13-jährigen Patienten (Fußballspieler, 170 cm, 70 kg), der wegen seit mehreren Wochen anhaltenden Erbrechens und Oberbauchschmerzen in eine auswärtige Kinderklinik akut aufgenommen wurde. Es zeigte sich eine schwerstgradige Urämie mit körperlicher Adaptation an ein Kreatinin von 4353 µmol/l, Harnstoff von 85,3 mmol/l, pH von 7,17, Bicarbonat von 12 mmol/l, BE von -15,3 mmol/l, Kalium von 6,9 mmol/l, Hb von 3,5 mmol/l, Hk von 16 % und einer Serumosmolarität von 364 mosmol/kg. Weiterhin waren Lipase und Herzenzyme erhöht.
Ergebnisse
Anamnestisch war bei dem Jungen ein Nierensteinleiden seit dem Alter von 9 Jahren bekannt (2014 operative Steinentfernung in einer urologischen Klinik). Rezidivierend hatte er Steinabgänge und "Grieß" im Urin. Die ambulante Betreuung erfolgte bei einem Urologen. Nie wurden eine Stoffwechseldiagnostik oder eine kindernephrologische Vorstellung initiiert. Zuletzt zeigten sich 1 Monat vor der Krankenhausaufnahme ein Ureterstein (der spontan abging) und eine Nephrokalzinose. Es wurden, auch hinsichtlich der anhaltenden Oberbauchbeschwerden, keine Blutuntersuchungen veranlaßt.
Wir begannen die Hämodialysebehandlung und medikamentöse Einstellung der Sekundärfolgen des terminalen Nierenversagens. Weitere Befunde: sonografisch schwere Nephrokalzinose, Plasmaoxalat initial 165 µmol/l und Plasmaglykolat 543 µmol/l, im Verlauf Plasmaoxalat vor Dialyse 109 µmol/l und nach 5 h Dialyse 39 µmol/l.
Diskussion
Eine frühe intensive Behandlung oder präemptive Leber/Nieren-Transplantation zur Verhinderung der Dialysepflichtigkeit waren nicht mehr möglich. Aktuell erhält der Patient den Versuch einer Pyridoxin-Therapie und intensive Hämodialysen 6x pro Woche jeweils 5 Stunden. Die Verdachtsdiagnose wurde in der genetischen Untersuchung bestätigt.
Fazit: Bei Nierensteinleiden im Kindesalter muß immer eine Stoffwechseldiagnostik erfolgen, um die Ursache zu erkennen und eine entsprechende Therapie einzuleiten. Hierfür ist die Vorstellung in einer kindernephrologischen Sprechstunde immer anzuraten.
Einleitung:
Harnwegsinfektionen (HWI) gehören zu den häufigsten Infektionskrankheiten (1). Abszedierungen (A) oder Sepsis/SIRS (S) (4) sind akute Komplikationen (2). Ein Ziel der berichtenden Klinik in Bad Hersfeld ist es, universitäre Kompetenz durch Vernetzungen in der Regelversorgung (RV) zu verankern. Es erfolgte eine Auswertung von komplizierten HWI vom 01.02.2018 – 31.01.2019 zur Evaluation der Kooperation.
Material und Methoden: Retrospektive Analyse der stat. Fälle nach § 21 KHEntgG(3). Alle Fälle mit HWI als HD wurden bzgl. akuter Komplikationen (A/S) analysiert. Bei Vorliegen einer Komplikation erfolgte die Auswertung der Krankenakte.
Ergebnisse: 2329 Kinder, 29 davon (1,2%) wurden stationär wegen HWI behandelt. 5 Kinder (4 w, 1 m, Alter: 3 M. – 16 J.) zeigten Komplikationen. 3 Kinder hatten ein A und S, 1 Kind A und ein Kind ein S. Von 8 Urin-Parametern waren mind. 2 bis max. 4 pathologisch. CRP und Procalcitonin-Werte betrugen 38 – 345 mg/l, bzw. 0,5 – 57,3 µg/l. In allen Fällen erfolgte eine Ultraschalluntersuchung zuzüglich CT bei V.a. Ileus (n=2), MRT bei V.a. A (n=2) und MCU z.A. eines VUR (n=3). Pos. Keimnachweis in 4/5 der Fälle (E. coli, n=3; 1 x Citrobacter koseri, n=1). Diagnosestellung innerhalb von 12 Stunden in allen Fällen. Initiale Behandlung erfolgte empirisch in 4/5 Fällen mit Ampicillin/Cefotaxim, bzw. 1/5 mit Ampicillin/Imipenem. Die i.v. Behandlungsdauer betrug zwischen 10 und 21 Tagen (d), die orale Erhaltungstherapie (4/5 Cotrimoxazol,1/5 Ciprofloxacin) 7-21 d. Es kam in keinem Fall zum septischem Schock oder Tod. Operative Maßnahmen waren nicht erforderlich. In allen Fällen erfolgte eine Beratung durch die Nephrologie Marburg (4/5 Fallkonferenz mit Bilddemonstration, 1/5 tel. Konsil), in 4/5 Fällen eine Verlegung und in 2/4 Fällen eine Rückverlegung zur Therapiefortführung.
Diskussion: Bei 29 Kindern mit HWI traten in 15% Komplikationen auf. Die Kooperation einer Kinderklinik der RV mit einem universitären Zentrum führte zu Fallkonferenzen, Verlegungen ohne Zwischenfälle. Alle Patienten zeigten eine Restitutio ad integrum. Geplant sind weitere Fortbildungen und ein Personalaustausch. Ein standardisiertes Vorgehen nach der geplanten AWMF Leitlinie (5) wäre sehr zu begrüßen.
Literatur:
1. Zappel, HF: Harnwegsinfektionen, in: Pädiatrie (Speer, Gahr Hrsg.), 1. Auflage, 2000, Springer Verlag, Seiten 772 – 776
2. Elder, JS: Urinary Tract Infections, in Nelson Textbook of Pediatrics, 20. Auflage, 2016, Elesevier, Seiten 2556 – 2562
3. Gesetz über die Entgelte für voll- und teilstationäre Krankenhausleistungen (Krankenhausentgeltgesetz - KHEntgG) §
21 Übermittlung und Nutzung von Daten, in: https://www.gesetze-im-internet.de/khentgg/__21.html
4. Goldstein, B: Pediatr Crit Care Med. 2005 Jan;6(1):2-8
5. Beetz, R et al.: Harnwegsinfektionen im Kindesalter – Diagnostik, Therapie und Prophylaxe (Angemeldetes
Leitlinienvorhaben) Registernummer 166 – 004, in: https://www.awmf.org/leitlinien/detail/anmeldung
AKUTES NIERENVERSAGEN IM KINDESALTER – EIN FALLBESPIEL
J.Schäuble (1), M.C. Liebau (1,2), K.-D.Nüsken (1), G.Cernaianu (3), J.Salem (4)
(1) Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Köln
(2) Zentrum für Molekulare Medizin, Universität zu Köln
(3) Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin, Schwerpunkt Kinderchirurgie, Universitätsklinikum Köln
(4) Klinik für Urologie, Uro-Onkologie, spezielle urologische und roboter-assistierte Chirurgie, Universitätsklinikum Köln
Hintergrund: Das akute Nierenversagen (ANV) ist mit einer Inzidenz von 4/1.000.000 ein seltenes Krankheitsbild im Kindes- und Jugendalter. Man unterscheidet zwischen prärenalem, renalem und postrenalem Nierenversagen. Dabei stellt das akute postrenale Nierenversagen im Kindesalter eine Rarität dar.
Kasuistik: Wir präsentieren den Fall eines 6-jährigen männlichen Patienten aus Angola, der vor 1,5 Jahren zur Behandlung einer chronischen Osteomyelitis des rechten Femurs nach Deutschland kam. Die Verlegung aus einer externen Klinik erfolgt bei oligurischem ANV und V.a. Sepsis. Die Sonographie der Nieren zeigte eine mäßige Erweiterung des Nierenbeckenkelchsystems beidseits ohne Nachweis von Megaureteren. Die weitere Bildgebung mittels MRT und CT zeigt eine beidseitige Pyonephrose mit beidseitiger Nephrolithiasis. Neben einer breiten antibiotischen Therapie erfolgte die Anlage von Doppel-J-Kathetern beidseits. Dies führte zu einer prompten Normalisierung der Retentionsparameter bei gutem Harnabfluss. Zwei Tage später entwickelt der Patient erneut ein ANV mit Anurie bei Obstruktion beider Doppel-J-Katheter. Es erfolgt der zystoskopische Wechsel auf Mono-J-Katheter beidseits mit erneuter Regredienz des ANV. Im Verlauf konnte ein Carbonatapatitstein geborgen werden.
Fazit: Dieser Fall zeigt exemplarisch, dass es trotz eines sonographisch relativ geringen Harnstaus sehr schwierig sein kann, ein akutes postrenales Nierenversagen auszuschließen.