Autor:innen:
Christina Schneider | Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg | Germany
Dr. Roman Liebe | Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg | Germany
Edith Vandieken | Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg | Germany
Dr. Markus Casper | Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg | Germany
Priv.-Doz. Dr. med. Beate Appenrodt | Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg | Germany
Dr. Robin Greinert | Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg | Germany
Prof. Dr. med. Alexander Zipprich | Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg | Germany
Dr. Cristina Ripoll | Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg | Germany
Prof. Dr. Frank Lammert | Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg | Germany
Dr. Matthias Reichert | Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg | Germany
Hintergrund:
Protonenpumpeninhibitoren (PPI) begünstigen infektiöse Komplikationen und erhöhen möglicherweise die Mortalität von Patienten mit Leberzirrhose. Häufige Risikovarianten in den Patatin-like Phospholipase Protein 3 (PNPLA3)- und Membrane-bound O-acyltransferase domain-containing protein 7 (MBOAT7) Genen tragen zur Progression chronischer Leberkrankheiten bei. Daher haben wir den Einfluss der PPI-Einnahme auf Überleben und Entstehung systemischer Komplikationen bei Leberzirrhose in Abhängigkeit vom Vorhandensein genetischer Risikovarianten untersucht.
Patienten und Methoden:
Insgesamt wurden 998 Patienten aus den Universitätskliniken in Homburg und Halle zwischen 2014 und 2017 eingeschlossen. Die PPI-Einnahme wurde als tägliche, dauerhaft eingenommene Dosis von ≥ 20 mg Pantoprazol (oder eine äquivalente Dosis eines anderen PPI) definiert. Nach der Genotypisierung für die Risikovarianten rs738409 (PNPLA3) und rs641738 (MBOAT7) wurden das transplantionsfreie Überleben sowie das Auftreten von Komplikationen prospektiv erfasst, und nach dem Vorhandensein der Risikovarianten stratifiziert.
Ergebnisse:
Insgesamt wurden 700 Patienten mit PPI Einnahme (70%) eingeschlossen. Das mediane Alter lag bei 61 (53 - 68) Jahren, der mediane MELD Score bei 11 (8 - 15). Die Zirrhose war bei 537 (54%) alkoholischer, bei 166 (17%) viraler und bei 295 (29%) anderer Genese.
Von diesen Patienten erhielten 94% Pantoprazol (63% 40 mg, 30% 80 mg und 7% 20 mg p.d.). In der Überlebenszeitanalyse nach Kaplan Meier war das Überleben bei PPI Einnahme bei Patienten ohne PNPLA3-Risikovariante verkürzt (Log rank p=0.005), wohingegen bei Patienten mit Nachweis einer Risikovariante in PNPLA3 keine signifikant verkürzte transplantatfreie Überlebenszeit vorlag (Log rank p=0.02). In der univariaten Cox-Regression waren weibliches Geschlecht, Bilirubin, Kreatinin, INR, PPI und alkoholische Lebererkrankung unabhängige Prädiktoren für das transplantatfreie Überleben. In der multivariaten Coxregression verblieben bei den Trägern der Wildtyp-Allele PPI (adjustierte Hazard Ratio [aHR] 0,48; 95% Konfidenzintervall [CI] 0,23 - 0,96; p=0,039) und MELD-Score (aHR 1,17; 95% CI 1,13 - 1,22; p < 0,001), bei den Trägern der PNPLA3-Risikovariante nur der MELD-Score (aHR 1,16; 95% CI 1,13 - 1,19; p < 0,001) als unabhängige Prädiktoren. Für alle Endpunkte wurden für MBOAT7-Varianten keine Unterschiede gefunden. Unter den PPI-assoziierten Komplikationen ergab sich nur für bakterielle Infektionen ein ähnliches Risiko bei Patienten mit (Odds ratio [OR] 2,20; 95% CI 1,23 - 3,93; p=0,007) und ohne (OR 2,23; 95% CI 1,23 - 4,05; p=0,007) PNPLA3-Risikoallel.
Schlussfolgerungen:
In dieser prospektiven Kohorte zeigte sich nur bei Patienten ohne PNPLA3- Risikovariante ein geringeres transplantatfreies Überleben, jedoch nicht bei Trägern der Mutation p.I148M. Mechanistische Untersuchungen dieser Gen-Umwelt-Interaktion sind nun erforderlich.