Autor:innen:
Prof. Dr. med. Martin Raithel | Waldkrankenhaus St. Marien Erlangen | Germany
Dr. Tobias Rechenauer | Universitätsklinikum Erlangen | Germany
Dr. Thomas Götze | Universitätsklinikum Erlangen | Germany
Dr. Gregor Siebenlist | Universitätsklinikum Erlangen | Germany
Dr. Aline Rückel | Universitätsklinikum Erlangen | Germany
Prof. Dr. Hanns-Wolf Baenkler | Universitätsklinikum Erlangen | Germany
Prof. Dr. Arndt Hartmann | Universitätsklinikum Erlangen | Germany
Dr. Florian Haller | Universitätsklinikum Erlangen | Germany
Priv.-Doz André Hörning | Universitätsklinikum Erlangen | Germany
Hintergrund: Chronische Bauchschmerzen sind eine häufige Ursache für medizinische Konsultationen und können mit anderen unspezifischen Symptomen assoziiert sein. Auch wenn keine organische Ursache bei der Routineuntersuchung offensichtlich ist, kann sich manchmal eine gründlichere Untersuchung wegen der zunehmenden Anzahl von Mastzellaktivierungserkrankungen und/oder GI-Allergie lohnen.
Falldarstellung und Diagnostik: Ein 13-jähriger Jugendlicher wird mit einer Anamnese von krampfartigen Darmschmerzen, Übelkeit, Schwindel, Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit und Hitzewallungen seit >2 Jahren vorgestellt. Der Familie war nicht bewusst, dass die Symptome mit einer bestimmten Diät verbunden waren.
Viele Untersuchungen (Laboranalyse, Zöliakie, Stuhluntersuchung, BKS, CRP, fäkales Calprotectin, Allergie-Check, Abdominal-, Herz-Ultraschall, H2-Atemtest, EEG, kraniale MRT-Bildgebung etc) waren ohne pathologische Befunde.
Bei der früheren ÖGD wurde eine geringfügige unspezifische Gastritis gefunden und mit PPI ohne Verbesserung der Symptome behandelt.
Ein Symptomtagebuch zeigte einen Zusammenhang mit dem Verzehr von Käse und Schokolade, was möglicherweise auf eine Histaminintoleranz hindeutete. Eine Salicylat-Intoleranz wurde durch einen funktionellen Eicosanoid-Test diagnostiziert, der eine erhöhte Freisetzung der Leukotriene feststellte. Obwohl die Tryptase normal war, wurde ein erhöhter Serum-TNFα gefunden (27,7; normal < 8,1) sowie eine signifikant erhöhte Ausscheidung von Methylhistamin (17,8 normal < 6,5), was auf eine hohe endogene Histaminproduktion hindeutete. Eine neue problemorientierte Endoskopie mit Immunhistochemie und endoskopischer Lavage zeigte noduläre hyperplastische Lymphfollikel im terminalen Ileum. Immunhistochemisch wurden bis zu 60 Gewebemastzellen/HPF (n < 30/HPF) mit normaler Morphologie nachgewiesen. Eine endoskopische Darmlavage am unteren GI-Trakt konnte keine lokale IgE-Sekretion nachweisen, so dass eine lokale Typ I GI-Allergie ausgeschlossen werden konnte. Die Histaminabbaufähigkeit des Gewebes war jedoch ex vivo verringert.
Zusammenfassung: Da alle diagnostischen Kriterien für das idiopathische MCAS (erhöhte Mediatorensekretion bei erhöhter Mastzellzahl) erfüllt wurden, erhielt der Patient eine Ernährungsberatung, um histamin- und salicylatreiche Nahrungsmittel zu vermeiden. Zudem wurde oral mit Histaminrezeptorblockern, einem Leukotrienantagonisten und Vitamin C behandelt.
Unter diesem Regime erlebte der Patient eine langfristige deutliche Verbesserung der Beschwerden und gilt als erster Jugendlicher mit dokumentiertem MCAS.