Autor:innen:
Dunya Bentama | Niedersächsisches Landesgesundheitsamt (NLGA) | Germany
Anne Mazick | Gesundheitsamt Cuxhaven
Dr. med. Roland Suchenwirth | Niedersächsisches Landesgesundheitsamt (NLGA)
Die Aufnahme von Blei über Trinkwasser, Nahrung oder kontaminierte Böden sollte bei Kindern so gering wie möglich gehalten werden. Die gesundheitlichen Auswirkungen sind bei Kindern stärker als bei Erwachsenen und können irreversible sein. Sie betreffen insbesondere das zentrale Nerven- und blutbildende System. Blei hat keine Wirkschwelle, daher wurde 2009 der HBM-I und HBM-II-Wert ausgesetzt. Der Referenzwert für Kinder liegt bei 35 µg/l (2009). Das Ziel der Untersuchung ist die Abschätzung der aktuellen Blutbleikonzentration (BLL) von Kindern, die in Wohnungen mit Bleileitungen leben.
Im Rahmen der Gefahrenabwehr wurden im Februar 2018 alle Familien mit Kindern (0-18 Jahre) postalisch über das Angebot einer Blutbleiuntersuchung informiert, die in Häusern mit bekannten Bleileitungen wohnen. Neben einer Vollblutprobe (2,5 ml) wurden zur Erhebung möglicher Risikofaktoren je ein Fragebogen vom Arzt und ein Interview mit den Eltern erhoben. Die Blutprobe wurde mittels ICP-MS (induktiv gekoppeltes Plasma mit Massenspektrometrie) analysiert (Bestimmungsgrenze 2,2 µg/l). Die Daten wurden deskriptiv ausgewertet.
Insgesamt haben 9 Familien mit 20 Kindern an der Untersuchung teilgenommen. Das Medianalter der Kinder lag bei 6 Jahren (1-17 Jahren). Die Wohndauer in der aktuellen Wohnung betrug 2 Jahre (Median) und 45% der Eltern gaben an, dass das befragte Kind seit Geburt in der aktuellen Wohnung lebt. Mit Passivrauch innerhalb der Wohnung kamen 35% der Kinder in Kontakt. Alle Mütter gaben an nicht in Deutschland geboren worden zu sein.
In allen Haushalten wurde angegeben, Trinkwasser aus der Leitung zur Zubereitung von Speisen/Getränke zu nutzen. Nach Angaben der Eltern lag der mittlere Wasserkonsum täglich bei 0,6 Liter pro Kind [Range 0,1-1,5 Liter/Tag].
Die gemessene BLL lag im Median bei 17,9 µg/l (8,5 µg/l-45,4 µg/l). Die BLL der 1- bis 6-Jährigen (n = 11) war im Mittel höher (Median 25,8 µg/l; AM 25,5 µg/l) als bei über 7-Jährigen (n = 9) (Median 15,9 µg/l; AM 16,5 µg/l). Jungen (n = 9) hatten im Median eine niedrigere BLL als Mädchen (n = 11) (16 µg/l vs. 19,6 µg/l).
Trotz des starken Rückgangs der Bleikonzentration in der Umwelt lag die BLL im Untersuchungskollektiv, leicht oberhalb derer aus dem Umweltbundessurvey von 2006 [AM 18,2 µg/l vs. 20,6 µg/l]. Vergleicht man die BLL der 1- bis 6-Jährigen mit denen von Kindern (0,5-6 Jahre) aus Frankreich (2008-2009) lagen die aus Cuxhaven deutlich höher [AM 17,0 µg/l vs. 25,5 µg/l].
Die Ergebnisse können nicht auf die Allgemeinbevölkerung übertragen werden und die 20 Beobachtungswerte sind nicht statistisch unabhängig, insofern verbieten Datenumfang und -struktur jegliche induktiv-statistische Aussage.
Die Ergebnisse dieser Untersuchung bestätigen, dass ein gesetzliches Verbot für Bleileitungen in der Trinkwasserinstallation hilfreich wäre, da es sich um eine vermeidbare Expositionsquelle handelt. Außerdem wäre eine Aktualisierung des Referenzwerts für Blei in Vollblut bei Kindern dringend notwendig.