08:30 Uhr
Kommunale Gesundheitsberichterstattung in Bayern
Johannes Brettner | Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL)
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Autor:innen:
Johannes Brettner | Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL)
Sylvia Zollikofer | Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL)
Dr. Veronika Reisig | Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL)
In Bayern ist die Gesundheitsberichterstattung Pflichtaufgabe der Gesundheitsämter nach Art. 10 GDVG. Um die Gesundheitsämter fachlich adäquat unterstützen zu können, führte das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) zwischen April und Juli 2018 eine Befragung der Gesundheitsämter in Bayern durch, an der 61 der 76 Gesundheitsämter teilnahmen. 24 der 61 Gesundheitsämter haben in den vergangenen fünf Jahren mindestens einen Gesundheitsbericht erstellt, vier Gesundheitsämter planen einen Bericht.
Die Themen der Gesundheitsberichte beziehen sich bei gut der Hälfte der Ämter auf die Schwerpunkte des Bayerischen Präventionsplans sowie die Schwerpunktkampagnen des bayerischen Gesundheitsministeriums. Bei den Datenquellen für die Gesundheitsberichte stehen die Schuleingangsuntersuchungen, der Bayerische Gesundheitsindikatorensatz und der Gesundheitsatlas sowie Daten aus der amtlichen Statistik im Vordergrund, d.h. die Gesundheitsämter nutzen vor allem leicht zugängliche Daten.
Unterstützungsbedarf sahen die Ämter vor allem hinsichtlich epidemiologischer Kenntnisse und Risikokommunikation, Öffentlichkeitsarbeit, EDV allgemein, Projektmanagement und Textgestaltung. Die verschiedenen Handlungshilfen des LGL werden von den Gesundheitsämtern in den meisten Fällen genutzt.
Insgesamt zeigt die Erhebung, dass die Gesundheitsberichterstattung in Bayern durch den Bayerischen Präventionsplan, die Landesrahmenvereinbarung zur Umsetzung der nationalen Präventionsstrategie nach § 20f SGB V und insbesondere die Implementierung der Gesundheitsregionenplus in den letzten Jahren wichtige Entwicklungsimpulse und auch zusätzliche Ressourcen erhalten hat. Die Erhebung lässt zudem erkennen, dass gegenüber der „Münchner GBE-Studie 2008 eine sowohl quantitative als auch qualitative Weiterentwicklung der Gesundheitsberichterstattung stattgefunden hat. Eine unterstützende Infrastruktur, wie sie mit dem bayerischen Gesundheitsindikatorensatz, dem Gesundheitsatlas, den GBE-Handlungshilfen, den Fortbildungen und den Gesundheitsregionenplus als regionalen Netzwerken vorgehalten wird, ist dabei unverzichtbar.
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08:50 Uhr
Der Kindergesundheitszieleprozess in Berlin: 10 Jahre zielsicher gesund aufwachsen – Ergebnisse des Monitorings 2005- 2015.
Dr. Sylke Oberwöhrmann | Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung | Germany
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Autor:innen:
Dr. Sylke Oberwöhrmann | Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung | Germany
Dr. Susanne Bettge | Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung
Hintergrund: Im Land Berlin wurden 2007 Kindergesundheitsziele unter dem Oberziel „Gesundheitschancen für Kinder und Jugendlichen erhöhen – Benachteiligung abbauen“ in den Handlungsfeldern Bewegung, Ernährung und Sprache beschlossen und 2011 sowie 2016 Auswertungen zum Monitoring vorgenommen, die die Basis für einen sich anschließenden Reflexionsprozess darstellten.
Methoden: Grundlage des Monitorings waren Indikatoren, die aus den Daten der Berliner Einschulungsuntersuchungen und dem Kita-Bereich stammen. Darüber hinaus wurde auch eine Stratifizierung nach Migrationshintergrund und sozialer Lage vorgenommen.
Ergebnisse: Aufgrund des Umfangs des Monitorings können nur exemplarische Ergebnisse aus den drei Handlungsfeldern dargestellt werden. Handlungsfeld Ernährung: die angestrebte Erhöhung des Anteils der Kinder mit Normalgewicht von 81% auf 83% konnte nicht erreicht werden, wenn auch eine gewisse Annährung zu beobachten ist. Die Differenzierung nach sozialer Lage zeigt, dass der Anteil normalgewichtiger Kinder in der mittleren/oberen Schicht über die Zeit ansteigt, während ihr Anteil in der unteren sozialen Schicht konstant bleibt, wodurch die initiale Differenz zwischen den Gruppen von 5,7 auf 7,0 Prozentpunkte ansteigt. Handlungsfeld Bewegung: die u.a. angestrebte Erhöhung des Anteils der Kinder mit einem unauffälligen Test in der Visuomotorik (Auge-Hand-Koordination) von 73% auf 77% konnte nicht erreicht werden. Die angestrebte Halbierung im Unterschied zwischen Kindern mit und ohne Migrationshintergrund von 12 auf 6 Prozentpunkte wurde hingegen erreicht. Demgegenüber hat die Differenz zwischen Kindern aus der unteren sozialen Schicht und der mittleren/oberen Schicht über die Zeit von 19 auf 25 Prozentpunkte deutlich zugenommen. Handlungsfeld Sprache: Das Ziel einer Verringerung des Anteils von Kindern nichtdeutscher Herkunft mit Sprachförderbedarf (Indikator aus der Sprachstandserhebung in Kitas) wurde nicht erreicht, der entsprechende Anteil blieb über die Jahre bei im Mittel 34% konstant.
Zusätzlich zur deskriptiven Analyse der Indikatoren im Zeitverlauf wurden multivariate Analysen der Einschulungsdaten zu verschiedenen Zeitpunkten mit den Einflussfaktoren soziale Lage, Migrationshintergrund und Kitabesuchsdauer, kontrolliert für Alter, Geschlecht und Geburtsgewicht durchgeführt. In allen Analysen zeigt sich die soziale Lage signifikant als stärkster Einflussfaktor (OR je nach Zielvariable und Jahr zwischen 1,25 und 4,78; p < 0,001).
Fazit: Die Auswertungen zeigen, dass die gesetzten Ziele mehrheitlich nicht erreicht wurden. Der Abbau sozial bedingter gesundheitlicher Ungleichheiten wurde in vielen Bereichen für Kinder mit Migrationshintergrund erreicht, wohingegen die Unterschiede zwischen den sozialen Schichten konstant blieben bzw. in einigen Bereichen sogar deutlich zugenommen haben. Vor diesem Hintergrund wird die Erreichung sozial benachteiligter Gruppen auch im Setting Kita weiterhin als eine zentrale Herausforderung angesehen.
09:00 Uhr
Der Kindergesundheitszieleprozess in Berlin: 10 Jahre zielsicher gesund aufwachsen – eine Bilanz aus Sicht der GBE.
Dr. Sylke Oberwöhrmann | Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung | Germany
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Autor:innen:
Dr. Sylke Oberwöhrmann | Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung | Germany
Dr. Susanne Bettge | Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung
Im Land Berlin wurden 2007 Kindergesundheitsziele unter dem Oberziel „Gesundheitschancen für Kinder und Jugendlichen erhöhen – Benachteiligung abbauen“ in den Handlungsfeldern Bewegung, Ernährung und Sprache als erstem Gesundheitszieleprozess beschlossen. Die Auswertungen zum Monitoring des Zielerreichungsgrades zeigten, dass zwar in Teilbereichen eine Annäherung an die gesetzten Ziele gelungen ist, diese jedoch im Wesentlichen (noch) nicht erreicht werden konnten. Insbesondere bezüglich des Abbaus von Benachteiligung ist festzustellen, dass sozial bedingte gesundheitliche Ungleichheiten im Zeitverlauf unverändert geblieben sind bzw. in einigen Bereichen sogar zunehmen. Ausgehend von den Ergebnissen des Monitorings wurde der Gesundheitszieleprozess unter Einbeziehung der Akteure der Landesgesundheitskonferenz im Bereich Kindergesundheit einer kritischen Reflexion unterzogen. Dabei wurden sowohl die Planungsphase, die Etablierung und Durchführung des Monitorings, als auch die Umsetzungsphase in den Blick genommen. Im Beitrag werden die Implikationen für die Gesundheitsberichterstattung aufgegriffen, die sich aus der Reflexion insbesondere der Planungs- und Monitoringphase ergeben haben. Dabei werden u. a. Aspekte wie die Zielformulierung bei fehlender Datenbasis, der Erforderlichkeit einer breiteren Datenbasis nicht nur zur gesundheitlichen Lage, sondern auch zu Strukturen und Prozessen der Gesundheitsförderung, Indikatorenauswahl und -operationalisierung sowie die Etablierung der Wirkungsorientierung im Zieleprozess dargestellt. Eine Herausforderung besteht zudem hinsichtlich der Klärung einer Präzisierung von Zielgruppen im Spannungsfeld zwischen zielgenauer Bedarfsermittlung und potentieller Stigmatisierung sowie der Frage der Quantifizierung von Ergebniszielen. Diese beiden Fragen wurden im Rahmen der Reflexion von den verschiedenen am Prozess beteiligten Akteuren kontrovers diskutiert und sind bisher offen.
Im kritischen, aber konstruktiv geführten Diskussionsprozess hat sich die Einbeziehung der unterschiedlichen Blickwinkel verschiedener Akteure als gewinnbringend für die Reflexion erwiesen. Insgesamt wird der Reflexionsprozess und seine Implikationen nicht nur aus der Sicht der GBE, sondern auch von den anderen am Zieleprozess beteiligten Akteure als wichtige und hilfreiche Grundlage für die Weiterentwicklung des Zieleprozesses erachtet.
09:20 Uhr
Kommunale Gesundheitsberichterstattung und die fehlenden Informationen zur Morbidität: Was gewinnt der ÖGD, wenn wir diese Datenlücke schließen?
Dr. Nicole Rosenkötter | Landeszentrum Gesundheit Nordrhein-Westfalen | Germany
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Autor:innen:
Dr. Nicole Rosenkötter | Landeszentrum Gesundheit Nordrhein-Westfalen | Germany
Dr. Brigitte Borrmann | Landeszentrum Gesundheit Nordrhein-Westfalen | Germany
Einleitung
Daten zur Morbidität liegen für die kommunale Gesundheitsberichterstattung (GBE), d.h. auf Kreisebene und auf Städte- und Gemeindeebene, nur eingeschränkt vor. Realistische Prävalenzschätzungen im kommunalen Raum, insbesondere bezüglich Public Health relevanter und häufig chronisch verlaufender Erkrankungen, sind in der Regel routinemäßig nicht möglich. In Nordrhein-Westfalen (NRW) steht die GBE seit einiger Zeit mit den Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) in Kontakt, um Möglichkeiten zur Verfügbarmachung von Morbiditätsdaten zu eruieren. In diesem Kontext sind auch die konkreten Bedarfe und potentiellen Einsatzgebiete von Morbiditätsdaten im Rahmen der kommunalen GBE bzw. der Arbeit des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) von Interesse, um die Bedeutung der KV-Daten und den Nutzen für verschiedene Aufgaben des ÖGDs beleuchten zu können.
Methode
Den Gesundheitsberichterstatter*innen aus den 53 Kreisen und kreisfreien Städten in NRW wurde im Frühjahr 2018 im Rahmen einer Online-Befragung u.a. folgende offene Frage gestellt: „Für welche Zwecke könnte Ihre Kommune Morbiditäts- und Leistungsdaten der KVen neben der reinen Verwendung in der GBE nutzen?“ An der Befragung haben sich insgesamt Gesundheitsberichterstatter*innen aus 42 Kreisen und kreisfreien Städten in NRW beteiligt (Responserate: 79,2 %). Die Frage zu potentiellen Einsatzmöglichkeiten der Morbiditätsdaten wurde von 33 (62,3 %) Befragten (bzw. Kommunen) beantwortet.
In Anlehnung an die qualitative Inhaltsanalyse nach Mayering wurden induktiv Einsatzmöglichkeiten und -gebiete kategorisiert und ausgezählt.
Ergebnisse
Die Antworten der Befragten konnten zu 34 verschiedenen Einsatzmöglichkeiten zusammengefasst werden, wovon 32 in die Analyse eingeflossen sind. Diese Einsatzmöglichkeiten ließen sich zu sechs Einsatzgebieten zusammenfassen: Analyse, Monitoring, Berichterstattung, Erstellung von Projekt- und Förderanträgen, Planung und Steuerung. Den größten Anteil machten Einsatzmöglichkeiten im Bereich der Planung aus (39 %).
In vier der sechs Einsatzgebiete (Analyse, Monitoring, Berichterstattung, Planung) wurden Einsatzmöglichkeiten im Rahmen der integrierten Zusammenarbeit mit anderen Ressorts (z.B. Soziales, Umwelt) benannt.
Diskussion
Die Analyse der Einsatzmöglichkeiten von kleinräumigen Morbiditätsdaten verdeutlicht deren Potential und das breite Aufgabengebiet bzw. Aufgabenverständnis des ÖGDs. Besonders hervorzuheben ist die Relevanz der Daten zum Ausbau des integrierten Handelns im kommunalen Raum.
09:40 Uhr
Regionale Unterschiede in der Verwendung nicht-informativer ICD-Kodes bei kardiovaskulären Todesfällen
Susanne Stolpe | Uniklinikum Essen | Germany
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Autor:in:
Susanne Stolpe | Uniklinikum Essen | Germany
EinleitungErkrankungsspezifische Mortalitätsdaten sind wichtige Indikatoren der Bevölkerungsgesundheit und der Leistungsfähigkeit des Gesundheitswesens. Die Reliabilität von Mortalitätsdaten wird von der WHO u.a. anhand des Anteils nicht-informativer Kodes an allen für die Todesursachenkodierung verwendeten ICD-10-Kodes geschätzt. Die meisten dieser nicht-informativen ICD-Kodes gehören zu den kardiovaskulären Erkrankungen (I00-I99).Im Vortrag soll gezeigt werden, wie groß regionale (national und international) Unterschiede in der Verwendung nicht-informativer Kodierungen bei kardiovaskulären Todesfällen sind und inwieweit dies die Aussagekraft regionaler Mortalitätsvergleiche beeinflusst.MethodenFür den regionalen Vergleich in Deutschland wurden die kardiovaskulärer Todesfälle (I00-I99) für die Jahre 2000-2015 von GBE-Bund (www.gbe-bund.de) geladen. Für den europäischen Vergleich wurden Daten der European Detailed Mortality Database für die Jahre 2000-2013 verwendet. Die nicht-informativen ICD-Kodes wurden für den internationalen Vergleich drei-stellig, für den nationalen Vergleich 4-stellig nach Veröffentlichungen der WHO identifiziert.Ergebnisse Der am häufigsten verwendete nicht-informative ICD-Kode bei kardiovaskulären Todesfällen ist I50 (Herzinsuffizienz). Herzinsuffizienz als Todesursache liegt in Deutschland an dritter Stelle aller Todesursachen. Zwischen den Bundesländern sind deutliche regionale Unterschiede in der Verwendung nicht-informativer Kodes bei kardiovaskulären Todesfällen zu erkennen. Der Anteil nicht-informativer Kodierungen ist abhängig von Todesjahr, Geschlecht und Alter des Verstorbenen. 2015 betrug der Anteil nicht-informativer Kodes bei kardiovaskulären Todesfällen in NRW 30% (2000: 27%), in Hessen 16% (2000: 23%) und in Sachsen nur 13% (2000: 13%). Kardiovaskuläre Todesfälle bei Frauen wurden in allen Bundesländern über alle Altersgruppen häufger mit nicht-informativen ICD-10-Kodes kodiert als bei Männern (insgesamt: 21% vs. 17%). Der Anteil nicht-informativer Kodes ist ebenfalls größer bei Verstorbenen im Alter von 45-55 Jahre bzw. >90 Jahre. Auch im europäischen Vergleich variiert der Anteil nicht-informativer Kodes bei kardiovaskulären Todesfällen variiert stark. Er betrug 2013 zwischen 4% (FI) und 27% (NL). Zeitliche Trends von 2000-2013 sind landesspezifisch verschieden. Die Geschlechts-und Altersabhängigkeit in der Verwendung nicht-informativer Kodes lässt sich in allen europäischen Ländern zeigen.DiskussionUnterschiede in der Kodierpraxis innerhalb Deutschlands und in Europa beeinflussen die Höhe erkrankungsspezifischer kardiovaskulärer Mortalitätsraten. Die Wahrscheinlichkeit der Nutzung nicht-informativer Kodes ist abhängig von Zeit, Geschlecht und Alter eines Verstorbenen und beeinflusst die Validität der Mortalitätsstatistik.
Es ist zu überlegen, ob zum Vergleich der Mortalitätsraten zwischen Regionen und Ländern Methoden zur Korrektur von Misklassifikationen eingesetzt werden sollten.