Hintergrund
Jährlich erkranken in Deutschland etwa 4.500 Frauen an Gebärmutterhalskrebs, ca. 1.500 versterben an den Folgen der Erkrankung. Voraussetzung für die Entstehung von Gebärmutterhalskrebs ist eine persistierende Infektion mit Hochrisiko-Typen (HR) von anogenital übertragbaren Humanen Papillomviren (HPV). Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die HPV-Impfung für Mädchen seit 2007. Impfstoffe schützen gegen 2 bis 7 HR-HPV-Typen. Daten zur HPV-Krankheitslast werden nicht routinemäßig erfasst, 2010/11 wurden in einer Basisstudie deutschlandweite Daten zu HPV-Infektionen bei 20- bis 25-jährigen Frauen erhoben.
Fragestellung
Erfassung der HPV-Prävalenzen zehn Jahre nach Einführung der HPV-Impfempfehlung bei geimpften und ungeimpften 20- bis 25-jährigen Frauen in Deutschland durch das Robert Koch-Institut in Kooperation mit der Frauenklinik der Charité-Universitätsmedizin Berlin in einer bevölkerungsbezogenen, bundesweiten Querschnittsstudie, deren Studiendesign und erste Ergebnisse wir hier vorstellen.
Material und Methoden
Anhand eines zweistufigen, geschichteten Stichprobendesigns sollten deutschlandweit mindestens 1.173 20- bis 25-jährige Frauen über die Einwohnermeldeämter rekrutiert werden. Mittels eines Selbstabnahmesets (Evalyn brush, Rovers, Niederlande) entnahmen die Teilnehmerinnen cervicovaginale Zellmaterialproben, die auf eine Infektion mit 18 HR- (u.a. Typ 16, 18, 31 und 45) und 8 Niedrigrisiko-Typen (u.a. Typ 6 und 11) getestet wurden (genotypisierender HPV-Test Optiplex, Diamex, Heidelberg). Mit einem Fragebogen wurden Angaben zu Soziodemographie, Risikofaktoren, HPV-Impfstatus bzw. der Bereitschaft, sich impfen zu lassen, erhoben.
Ergebnisse
1.226 Frauen nahmen teil, von 1.202 lag neben den Ergebnissen des HPV-Tests ein ausgefüllter Fragebogen vor. Der Rücklauf betrug 15 % und war in den ländlichen, östlichen Sample Points (18 %) höher als in Berlin (10 %). Von 1.134 Teilnehmerinnen gaben 67 % an, jemals gegen HPV geimpft worden zu sein. Weitere Ergebnisse sind im Verlauf des Jahres 2019 zu erwarten.
Diskussion
Die Studie soll folgende Fragestellungen beantworten: Wie hoch ist die Prävalenz von in den Impfstoffen enthaltenen und in den Impfstoffen nicht enthaltenen HPV-Typen bei 20- bis 25-jährigen Frauen zum jetzigen Zeitpunkt und im Vergleich zur Basisstudie? Besteht ein Unterschied in der HPV-Prävalenz zwischen geimpften und ungeimpften Frauen? Wie hoch ist die Prävalenz von HR-HPV-Typen bei 20- bis 25-jährigen Frauen zum jetzigen Zeitpunkt und im Vergleich zur Basisstudie? Welche Faktoren sind mit einer höheren Wahrscheinlichkeit, mit HPV infiziert zu sein bzw. nicht geimpft zu sein, assoziiert?
Schlussfolgerung
Die Studie wird einen wesentlichen Beitrag zur Evaluation der bestehenden HPV-Impfempfehlung der STIKO leisten und dazu dienen, diese Impfempfehlung ggf. zu modifizieren und damit die Prävention HPV-assoziierter Karzinome in Deutschland zu verbessern.
Gefördert durch das BMG (Förderkennzeichen 321-4471-02/158)
Hintergrund
Die meisten Menschen infizieren sich mindestens einmal im Leben mit humanen Papillomviren (HPV). Infektionen mit Niedrigrisiko-Typen können Genitalwarzen, mit Hochrisiko-Typen maligne Tumoren verursachen. 2007 wurde in Deutschland die erste HPV-Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) herausgegeben. Ziel dieser Studie ist die Bestimmung der Krankheitslast von HPV-assoziierten anogenitalen Erkrankungen bei Frauen auf Basis von Abrechnungsdaten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).
Methoden
Es wurde eine retrospektive Analyse der Forschungsdatenbank des “Institut für angewandte Gesundheitsforschung Berlin” (InGef) durchgeführt. Die Datenbank umfasst anonymisierte Abrechnungsdaten von etwa 4 Millionen Versicherten der GKV und ist hinsichtlich Alter und Geschlecht repräsentativ für die deutsche Bevölkerung. Im Zeitraum von 2012-2017 wurden alle Frauen der Geburtskohorten (GK) 1989-1992 identifiziert, die im Alter von 23-25 Jahren durchgängig versichert waren. Es wurden sowohl Frauen eingeschlossen, die entsprechend der STIKO- Empfehlung bei Einführung der Empfehlung zu alt (GK 1989) für die HPV- Impfung waren, als auch Frauen, die die HPV-Impfung erhalten haben könnten (GK 1990-1992). Aufgrund des Beobachtungszeitraums von 2012-2017 liegen keine Informationen zum HPV- Impfstatus vor. Anhand von ICD-10-GM-Diagnosen (gesicherte ambulante oder stationäre Haupt- oder Nebendiagnose) wurde die administrative Prävalenz (95 % Konfidenzniveau) von Genitalwarzen (A63.0) sowie anogenitalen Dysplasien Grad I (K62.8, N87.0, N89.0, N90.0), Grad II (N87.1, N89.1, N90.1) und Grad III (D01.3, D06.-, D06.0, D07.1, D07.2, N87.2, N89.2, N90.2) bestimmt.
Ergebnisse
Von 2012-2017 waren insgesamt 15.358 (GK 1989), 16.027 (GK 1990), 14.748 (GK 1991) und 14.862 (GK 1992) Frauen im Alter von 23-25 Jahren durchgängig versichert. Es wurde bei 5,52 % (5,16-5,89; GK 1989) bzw. 4,47 % (4,15-4,82; GK 1992) der Frauen mindestens eine der untersuchten ICD-10-GM-Diagnosen dokumentiert. Sowohl bei Genitalwarzen (1,30 % (1,12-1,49) GK 1989 vs. 0,94 % (0,79-1,10) GK 1992) als auch bei Dysplasien Grad III (1,09 % (0,93-1,26) GK 1989 vs. 0,71 % (0,58-0,86) GK 1992) lässt sich ein Abwärtstrend der administrativen Prävalenz erkennen. Für Dysplasien Grad III zeigt sich dies insbesondere bei schwerer zervikaler Dysplasie (N87.2) (0,91 % (0,76-1,07) GK 1989 vs. 0,60 % (0,48-0,74) GK 1992). Demgegenüber bleiben Dysplasien Grad I (1,41 % (1,23-1,61) GK 1989 vs. 1,31 % (1,14-1,51) GK 1992) und Grad II (0,61 % (0,49-0,75) GK 1989 vs. 0.52 % (0,42-0,65) GK 1992) relativ konstant.
Schlussfolgerung
Obwohl für die untersuchte Studienpopulation keine Informationen zum HPV-Impfstatus vorliegen, lässt sich anhand der GKV-Abrechnungsdaten ein Abwärtstrend der Krankheitslast, insbesondere bei Genitalwarzen und Dysplasien Grad III, zugunsten der jüngeren GK, welche nach STIKO Empfehlung die Möglichkeit der HPV Impfung hatten, erkennen. Es bleibt wichtig zu beobachten, ob sich der Trend bestätigt.
Background
Influenza is one of the most underestimated viruses accounting for many mild, but more importantly, many severe infections and deadly outcomes. Commonly misinterpreted as a trivial cold, the true burden of disease (BOD) is underestimated, especially with regards to children. Children younger than 5 years, and more particularly those under 2, have higher risks of hospitalization and medical complications attributable to severe influenza. Furthermore, they also play a crucial role as a common source of influenza for the entire community, as it is known that they shed higher amounts of virus over a longer time, thereby contributing to infection of older people and those with comorbidities. Although in Germany influenza vaccines are available for children ≥ 6 months, the overall vaccination rate is not higher than 4-5 %.
Objective
Aims of this literature review were to get an insight on the available data on influenza BOD among children in Germany and to assess the possible benefits of higher vaccination rates in this population with regards to direct and indirect effects.
Methods
Literature (via PubMed, Google), Seasonal Influenza Reports from the Influenza Working Group of the Robert Koch Institute (RKI) and online databanks (SurvStat@RKI 2.0, Statistisches Bundesamt: GENESIS-Online Datenbank) from 2010-2018 (post-pandemic period) were searched for data related to influenza burden and vaccination among children ≤ 18 years in Germany.
Results
RKI reports showed mean influenza-related estimated hospitalization rates of 64.4 per 100.000 children aged 0-4 years and 15,3 per 100.000 children aged 5-14 years. However, only patients referred to the hospital by a medical practitioner were included. Mean excess-consultation rates are estimated to be 13.050 and 9.075 per 100.000 for children aged 0-4 years and 4-15 years, respectively (seasons 2010/11 to 2017/18). The reported annual mean influenza-associated hospitalization is 11.591 (GENESIS-Online databank; 2010-2017). The 4Flu modelling analysis calculated that 2,5 million infections (all age groups) could be prevented annually if the vaccination rate was increased to 40 % in children 0,5-17 years of age.
Discussion
Our review highlighted data gaps in the assessment of influenza BOD among children in Germany (e.g. disease severity, influenza-associated complications and risk factors, direct/indirect impact on the community/family), thereby not allowing a correct assessment of the true BOD of influenza. The subsequent lack of awareness is most likely one of the main causes for the low vaccination rates. More data on the BOD is needed to allow a better understanding of the benefits of vaccination. Data from dynamic models could overcome this problem. This could be an important first step for a general vaccination recommendation in children ≥ 6 months.
Funding
GlaxoSmithKline Biologicals SA
Literaturverzeichnis
1.) Fraaij PL, Heikkinen T. Seasonal Influenza: the burden of disease in children. Vaccine 2011;29:7524-8.
2.) Iskander M, Booy R, Lambert S. The burden of influenza in children. Curr Opin Infect Dis 2007;20:259-63.
3.) Plotkin S, Orenstein W, Offit P, Edwards KM. Plotkin’s Vaccines. 7th Edition. USA: Elsevier; 2017. 1720 p.
4.) World Health Organization (WHO). Vaccines against influenza WHO position paper – November 2012. Wkly Epidemiol Rec 2012;87:461-76.
5.) Haas J, Braun S, Wutzler P. Burden of influenza in Germany: a retrospective claims database analysis for the influenza season 2012/2013. Eur J Health Econ 2016;17:669-79.
6.) Riens B, Mangiapane S, Erhard M, von Stillfried D. Analyse regionaler Unterschiede der Influenza-Impfraten in der Impfsaison 2007/2008. Versorgungsatlas 2012. Available from: http://www.versorgungsatlas.de/fileadmin/ziva_docs/2/Influenza_Bericht_1.pdf.
7.) Bericht zur Epidemiologie der Influenza in Deutschland Saison 2010/2011 to 2017/2018, Berlin: Robert Koch-Institut; 2011-2018. Available from: https://influenza.rki.de/Saisonbericht.aspx. [Accessed Feb 6, 2019].
8.) GENESIS-Online Datenbank [Internet]. Wiesbaden: Statistisches Bundesamt Deutschland. Available from: https://www-genesis.destatis.de/genesis/online. [Accessed Feb 6, 2019].
9.) SurvStat@RKI 2.0 [Internet]. Berlin: Robert Koch-Institut. Available from: https://survstat.rki.de/. [Accessed Feb 6, 2019].
10.) Schmidt-Ott R, Anastassopoulou A, Yanni E, et al. Assessing direct and indirect effects of pediatric influenza vaccination in Germany using individual-based simulations – Epidemiological considerations. Abstract presented at: ESWI 2017. 6th European Influenza Conference - European Scientific Working group on Influenza; 2017Sep 10-13; Riga, Latvia.
Hintergrund
Die HPV-Impfung ist seit Ende 2006 in Deutschland erhältlich. Seit 2007 empfiehlt die STIKO die HPV-Impfung für Mädchen, seit 2018 auch für Jungen. Die Impfung soll vor dem ersten sexuellen Kontakt erfolgen, um eine bereits bestehende HPV-Infektion auszuschließen. Die HPV-Impfung gilt als hochwirksam und sicher [1, 2]. Daten aus Australien, wo in einem schulbasierten Impfprogramm alle 12-jährigen Mädchen und Jungen geimpft werden, zeigen eine deutliche Reduktion genitaler Warzen bei geimpften jungen Frauen, wenn diese bei der Impfung noch HPV-naiv waren. Im australischen Impfprogramm liegen die Impfquoten bei den Mädchen bei 80 %. In Deutschland waren im Jahr 2015 44,6 % der 17-jährigen Mädchen vollständig geimpft, für Bayern lagen die Impfquoten niedriger [3].
Fragestellung
Wie verläuft die Inanspruchnahme der HPV-Impfung bei Mädchen in Bayern in den Jahren nach der Einführung?
Geht bei geimpften jungen Frauen in Bayern die Prävalenz genitaler Warzen im Vergleich zu den nicht-geimpften altersgleichen Frauen zurück?
Material und Methoden
Die Daten der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern zu den gesetzlich Versicherten wurden deskriptiv ausgewertet. Die Entwicklung der Impfquoten wurde im Querschnitt und im Längsschnitt betrachtet. Das Alter bei Impfung sowie der verwendete Impfstoff wurden analysiert. Erste Trends zur Entwicklung der Diagnose genitale Warzen (ICD-10: A63.0) zwischen geimpften und ungeimpften jungen Frauen wurden ausgewertet.
Ergebnisse
Mehr als 350.000 Mädchen wurden in den Jahren 2008 bis 2018 in Bayern gegen HPV geimpft. Dabei zeigen die Kinderärzte einen deutlich steigenden Anteil an der Gruppe der impfenden Ärzte, während der Anteil der impfenden Gynäkologen und Hausärzte rückläufig ist. Die Impfquoten steigen über die Jahre deutlich an, allerdings mit starken regionalen Unterschieden. Ein Rückgang der Diagnose von genitalen Warzen bei jungen Frauen ist sichtbar.
Schlussfolgerungen
Die ersten Auswertungen zur Inanspruchnahme der HPV-Impfung in Bayern verliefen vielversprechend. Eine weitere Steigerung der Impfquoten ist jedoch notwendig.
Literaturverzeichnis
1.) Deleré Y., Wichmann O., Klug S.J., van der Sande M., Terhardt M., Zepp F., Harder T. The Efficacy and Duration of Vaccine Protection Against Human Papilloma Virus. Deutsches Ärzteblatt International 2014; 111(35-36): 584-91.
2.) Harder T., Wichmann O., Klug S.J., van der Sande M., Wiese-Posselt M. Efficacy, effectiveness and safety of vaccination against human papillomavirus in males: a systematic review. BMC Medicine 2018; 16:110. doi:10.1186/s12916-018-1098-3
3.) Aktuelles aus der KV-Impfsurveillance. Impfquoten ausgewählter Schutzimpfungen in Deutschland. Epidemiologisches Bulletin 2018; 1:8-9.
Hintergrund
Hepatitis A (HepA) ist eine impfpräventable, hochansteckende, durch das Hepatitis A-Virus (HAV) verursachte Infektionskrankheit. In Deutschland starten Infektionsketten zumeist durch Reiserückkehrer aus endemischen Gebieten.
Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt eine HepA-Impfung als Berufs- und Indikationsimpfung sowie für Reisende in Regionen mit hoher HepA-Inzidenz.
Kinder sind wichtige HAV-Überträger und häufig an Ausbrüchen beteiligt. Wesentliche Gründe hierfür sind geringe Immunitätsraten, die schlechter entwickelte Hygienekompetenz und oftmals subklinisch bzw. asymptomatisch verlaufende Infektionen.
Eine Berücksichtigung der zentralen Rolle von Kindern in der Epidemiologie der HepA ist ein wesentlicher Ansatzpunkt für eine weitere Senkung der Krankheitslast in Deutschland.
Fragestellungen
1.) Gibt es in Deutschland bestimmte Gruppen unter Kindern und Jugendlichen mit erhöhtem HAV-Infektionsrisiko?
2.) Sind bestehende Impfempfehlungen für HepA ausreichend bzw. müssten weitere Impfindikationen definiert werden?
Methoden
Im Rahmen der Basiserhebung der KiGGS-Studie (bundesweite, bevölkerungsbezogene Querschnittserhebung bei Kindern und Jugendlichen, 2003-2006) wurden für die Altersgruppen 3-17 Jahre HAV-Serologie, Impfstatus und demographische Informationen analysiert. Über gewichtete, multivariate, logistische Regression wurden in separaten Modellen demographische Faktoren untersucht, die mit einer HAV-Infektion bzw. einer HepA-Impfung assoziiert sind.
Ergebnisse
Von 12.249 Teilnehmern der KiGGS-Studie waren komplette Datensätze zur HAV-Serologie sowie demografische Informationen und Impfpassangaben verfügbar.
In Deutschland lebende Kinder und Jugendliche hatten zu 86 % einen negativen HAV-Serostatus (Antikörpertiter < 20 IU/L, n = 10.494). Kinder und Jugendliche mit einem positiven HAV-Serostatus (Antikörpertiter ≥ 20 IU/L) waren vorwiegend geimpft (11 %, n = 1.395) und nur ein geringer Teil hatte die Immunität nach einer HAV-Infektion erworben (3 %, n = 360).
Die Prävalenz für eine HAV-Infektion korrelierte stark mit steigendem Alter und einem zweiseitigen Migrationshintergrund; die Prävalenz für eine HepA-Impfung korrelierte ebenfalls stark mit zunehmenden Alter und hohem bzw. mittlerem sozioökonomischen Status.
Diskussion und Schlussfolgerungen
Kinder und Jugendliche mit (zweiseitigem) Migrationshintergrund haben ein erhöhtes Risiko für eine HAV-Infektion (vermutlich durch häufigere Reisen in und Besuche aus Endemiegebieten).
Kinder und Jugendliche mit einem niedrigen sozioökonomischen Status waren seltener gegen HepA geimpft.
Bei Kindern und Jugendlichen sollte auf mögliche HAV-Expositionsrisiken geachtet und rechtzeitig eine HepA-Impfung empfohlen werden. Dies könnte das Ausbruchspotential im Umfeld von Kindern und Jugendlichen vermindern und möglicherweise zu einer weiteren Senkung der Krankheitslast der HepA in Deutschland führen.
Hintergrund
Migrierte ohne definierten Aufenthaltsstatus können durch Barrieren im Zugang zum Gesundheitssystem, durch lange Migrationsverläufe und Unsicherheiten der Lebensumstände besonders gefährdet sein, keine Impfungen zu erhalten. In Niedersachsen gaben Vergabestellen (VS) in Göttingen und Hannover im Rahmen eines Modellprojektes des Landes Niedersachsen von 2016-2018 Behandlungsscheine ähnlich einer Krankenversicherungskarte an Migrierte ohne Papiere aus. Dieser stellte die Kostenübernahme für die Behandlung akuter Erkrankungs- und Schmerzzustände sowie für Vorsorgemaßnahmen wie Impfungen sicher. Ab dem 2. Projektjahr wurde in den VS aktiv auf die Möglichkeit einer Impfung hingewiesen.
Fragestellung
Das Ziel der Studie ist die Beurteilung der Inanspruchnahme von Impfungen, um Bedarfe zu identifizieren.
Methoden
Wir werteten die Routinedaten der VS und die Abrechnungen der Leistungserbringer der ersten zwei Jahre des Projektes (Februar 2016-Januar 2018) aus. Wir beschreiben demografische Charakteristika der Personen, die einen Behandlungsschein erhielten und die Durchführung von Impfungen. Außerdem führten wir von Februar bis April 2018 eine explorative Befragung zu Impfungen in einer VS durch.
Ergebnisse
Es wurden 698 Behandlungsscheine an 236 Menschen (76 im 1. Jahr, 160 im 2. Jahr) ausgegeben, die mindestens 807 ärztliche Behandlungen erhielten. Die Inanspruchnahme der VS stieg von zunächst im Mittel 17 im ersten auf 44 Scheine/Monat im letzten halben Jahr. 38 von 236 Personen (16 %) waren unter 18 Jahren, 132 (56 %) waren weiblich, hiervon 66 (50 %) schwanger. Neun Personen (3,8 %) erhielten eine Impfung, darunter vier Säuglinge. Alle Impfungen wurden im 2. Projektjahr verabreicht. 23 % gaben an, ein Impfdokument zu besitzen. 18 von 25 Menschen beantworteten Fragen zu Impfungen, 12 (67 %) hatten schon einmal eine Impfung erhalten und 16 (89 %) hätten Interesse an einer Impfaufklärung bzw. Impfung.
Schlussfolgerungen
Impfungen wurden bisher nur in geringem Umfang verabreicht. Bei einer möglicherweise grundsätzlichen Bereitschaft von Betroffenen, sich impfen zu lassen, ist aber ohne zusätzliche Impfaufklärung allein der Zugang zur Gesundheitsversorgung, vor allem bei akuten Erkrankungszuständen, nicht ausreichend, um eine positive Impfentscheidung zu treffen. Vermutlich lässt sich durch eine Intensivierung und Verstetigung einer Impfaufklärung die Inanspruchnahme fördern.
Hintergrund
Die Impfung gegen humane Papillomviren (HPV) ist neben dem Papanicolaou-Test (PAP-Test) ein wesentlicher Bestandteil der Prävention von Gebärmutterhalskrebs. Seit 2006 ist die Impfung in Deutschland zugelassen. Für Mädchen besteht eine Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) seit 2007 und für Jungen seit 2018. Wesentlich für die Sicherstellung des Impfschutzes ist es, dass die zu impfende Person einen vollständigen Impfschutz vor dem ersten Geschlechtsverkehr erhält. Ausgehend von diesem Aspekt sowie der Einschätzung, dass die erforderliche Dauer des Impfschutzes gegeben ist, passte die STIKO die Impfempfehlung 2014 an. Das empfohlene Impfalter liegt aktuell bei 9 bis 14 Jahren anstatt bei 12 bis 17 Jahren.
Fragestellung
Wie häufig und in welchem Alter wurden HPV-Impfstoffe seit ihrer Zulassung in der PKV verordnet und wie entwickelten sich die altersspezifischen Impfquoten in der PKV?
Material und Methoden
Die Inanspruchnahme der HPV-Impfung bei weiblichen Personen mit einer Vollversicherung in der privaten Krankenversicherung wird unter Nutzung von Arzneimittelverordnungsdaten des ambulanten Bereiches untersucht. Für das Jahr 2016 umfassen diese Daten 18 Unternehmen, was einem Marktanteil von etwa 90 % entspricht. Verordnungszahlen werden nach Kalenderjahr (2006 bis 2016) und Alter ausgewertet. Zudem wird die Entwicklung der Impfquoten bei den 13- bis 15-Jährigen untersucht (2011 bis 2016). Bei der Interpretation der berechneten Impfquoten ist zu beachten, dass diese durch nicht eingereichte Verordnungen unterschätzt und durch den fehlenden Personenbezug für die einzelne Verordnung überschätzt werden. Es ist jedoch zu erwarten, dass diese Faktoren über die Jahre hinweg gleichbleibend wirken und somit die relativen Veränderungen der berechneten Impfquoten valide sind.
Ergebnisse
Die Verordnungszahl war 2007, im Jahr der erstmalig von der STIKO gegebenen Impfempfehlung gegen HPV, am höchsten und betrug 263 Impfdosen pro 1000 weibliche 9- bis 26-Jährige; im Jahr 2016 betrug sie 101 Impfdosen. Insgesamt weisen die Verordnungszahlen über die betrachteten Jahre Schwankungen auf, was durch Einführungseffekte sowie die Änderung der STIKO-Impfempfehlung begründet werden kann. Das Alter, auf welches die höchsten Verordnungszahlen entfielen, ist dabei gesunken: 2007 waren es die 17-Jährigen (18,8 %), 2011 die 15-Jährigen (22,3 %) und 2016 die 14-Jährigen (17,8 %). Dies spiegelt sich auch in den altersspezifischen Impfquoten wider. Zwischen 2011 und 2016 stieg die Impfquote bei den 13-Jährigen um den Faktor 2,6
(auf 12 %), bei den 14-Jährigen um den Faktor 1,9 (auf 22 %) und bei den 15-Jährigen um den Faktor 1,7 (auf 31 %).
Schlussfolgerung
In der PKV ist das Impfalter für die HPV-Impfung seit deren Einführung gesunken, jedoch nicht in dem von der aktuellen STIKO-Impfempfehlung vorgesehenen Umfang. Das Potential der HPV-Impfung zur Prävention von Gebärmutterhalskrebs ist im Hinblick auf das Impfalter noch nicht ausgeschöpft.
Hintergrund und Fragestellung
Medizinisches Personal im Krankenhaus stellt eine wichtige Zielgruppe in der Influenza-Impfprävention dar. Die Impfung dient dem individuellen Schutz und kann die Weiterverbreitung des Virus im stationären Bereich und damit das Auftreten nosokomialer Infektionen bei (Risiko-) Patienten reduzieren. Zudem können Fehlzeiten reduziert und damit wichtige medizinische Versorgungsleistungen sichergestellt werden. Um Erkenntnisse zu bundesweiten Impfquoten und Impfmotivation beim Klinikpersonal zu gewinnen und um zeitliche Entwicklungen abzubilden, baut das RKI seit 2016 ein kontinuierliches bundesweites Influenza-Impfquoten-Monitoring bei Klinikpersonal auf: OKaPII (Online-Befragung von Krankenhaus-Personal zur Influenza-Impfung).
Material und Methoden
Im Spätsommer 2017 und Frühjahr 2018 erhielten teilnehmende Kliniken einen Link zur Online-Befragung, den sie an ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiterleiteten. Neben soziodemographischen und berufsspezifischen Informationen wurden der Influenza-Impfstatus, Gründe für bzw. gegen die Inanspruchnahme der Influenza-Impfung sowie in 2018 Angaben zum Masern-Impfstatus erhoben.
Ergebnisse
An der ersten bundesweit angelegten Welle in 2017 nahmen 54 Kliniken mit 5.821 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern teil; in 2018 waren es 141 Kliniken mit 18.354 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Insgesamt waren in der Influenza-Saison 2016/17 39,5 %, in 2017/18 39,3 % der Befragten gegen Influenza geimpft. In der Ärzteschaft lag die Impfquote in 2017/18 bei 59,4 % (2016/17: 60,8%), beim Pflegepersonal waren in 2017/18 31,1 % (2016/17: 32,7 %) geimpft. Die Gründe für eine erfolgte Impfung waren in der Ärzteschaft und beim Pflegepersonal ähnlich. Als Hauptmotivation wurde der Eigenschutz genannt. Während das ärztliche Personal als Hauptgründe gegen die Inanspruchnahme der Influenza-Impfung überwiegend organisatorische Barrieren angab, bezogen sich diese beim Pflegepersonal auf fehlendes Vertrauen in die Sicherheit und Effektivität der Impfung. 86,9 % der Befragten in 2018 waren mindestens einmal gegen Masern geimpft: 54,1 % von ihnen hatten zwei Impfdosen, 9,9 % eine Impfdosis bekommen und 23,0 % wussten nicht über die Anzahl der erhaltenen Impfdosen Bescheid. 6,3 % der Teilnehmerinnen und Teilnehmer wiesen einen Immunschutz durch erfolgte Maserninfektion auf.
Diskussion und Schlussfolgerung
Die Influenza-Impfquoten beim medizinischen Personal sind zu niedrig. Ansätze zur Verbesserung der Impfquoten sollten berufsgruppenspezifische Unterschiede berücksichtigen. Während in der Ärzteschaft ein vereinfachter Zugang zur Impfung erfolgsversprechend sein kann, sollte beim Pflegepersonal insbesondere das Vertrauen in die Impfung gestärkt werden.
Hintergrund/ Fragestellung: Medizinisches Personal im Krankenhaus stellt eine wichtige Zielgruppe in der Influenza-Impfprävention dar. Die Impfung dient dem individuellen Schutz und kann die Weiterverbreitung des Virus im stationären Bereich und damit das Auftreten nosokomialer Infektionen bei (Risiko-) Patienten reduzieren. Zudem können Fehlzeiten reduziert und damit wichtige medizinische Versorgungsleistungen sichergestellt werden. Um Erkenntnisse zu bundesweiten Impfquoten und Impfmotivation beim Klinikpersonal zu gewinnen und um zeitliche Entwicklungen abzubilden, baut das RKI seit 2016 ein kontinuierliches bundesweites Influenza-Impfquoten-Monitoring bei Klinikpersonal auf: OKaPII (Online-Befragung von Krankenhaus-Personal zur Influenza-Impfung).
Material und Methoden: Im Spätsommer 2017 und Frühjahr 2018 erhielten teilnehmende Kliniken einen Link zur Online-Befragung, den sie an ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiterleiteten. Neben soziodemographischen und berufsspezifischen Informationen wurden der Influenza-Impfstatus, Gründe für bzw. gegen die Inanspruchnahme der Influenza-Impfung sowie in 2018 Angaben zum Masern-Impfstatus erhoben.
Ergebnisse: An der ersten bundesweit angelegten Welle in 2017 nahmen 54 Kliniken mit 5.821 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern teil; in 2018 waren es 141 Kliniken mit 18.354 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Insgesamt waren in der Influenza-Saison 2016/17 39.5%, in 2017/18 39,3% der Befragten gegen Influenza geimpft. In der Ärzteschaft lag die Impfquote in 2017/18 bei 59,4% (2016/17: 60.8%), beim Pflegepersonal waren in 2017/18 31,1% (2016/17: 32.7%) geimpft. Die Gründe für eine erfolgte Impfung waren in der Ärzteschaft und beim Pflegepersonal ähnlich. Als Hauptmotivation wurde der Eigenschutz genannt. Während das ärztliche Personal als Hauptgründe gegen die Inanspruchnahme der Influenza-Impfung überwiegend organisatorische Barrieren angab, bezogen sich diese beim Pflegepersonal auf fehlendes Vertrauen in die Sicherheit und Effektivität der Impfung. 86.9% der Befragten in 2018 waren mindestens einmal gegen Masern geimpft: 54,1% von ihnen hatten zwei Impfdosen, 9,9% eine Impfdosis bekommen und 23,0% wussten nicht über die Anzahl der erhaltenen Impfdosen. 6,3% der Teilnehmerinnen und Teilnehmer wiesen einen Immunschutz durch erfolgte Maserninfektion auf.
Diskussion und Schlussfolgerung: Die Influenza-Impfquoten beim medizinischen Personal sind zu niedrig. Ansätze zur Verbesserung der Impfquoten sollten berufsgruppenspezifische Unterschiede berücksichtigen. Während in der Ärzteschaft ein vereinfachter Zugang zur Impfung erfolgsversprechend sein kann, sollte beim Pflegepersonal insbesondere das Vertrauen in die Impfung gestärkt werden.
Hintergrund
In Gemeinschaftseinrichtungen für Flüchtlinge besteht ein höheres Risiko für die Ausbreitung von Infektionskrankheiten, insbesondere wenn die Unterbringungssituation sehr beengt ist, wie das ab Sommer 2015 in den niedersächsischen Einrichtungen der Fall war.
Das Robert Koch-Institut (RKI) hat im Oktober 2015 ein „Konzept zur Umsetzung frühzeitiger Impfungen bei Asylsuchenden nach Ankunft in Deutschland“ (RKI-Impfkonzept) entwickelt. Um den Verlauf der Umsetzung zu begleiten, wurden die niedersächsischen Erstaufnahmeeinrichtungen (EAEs) gebeten, im Sinne einer Surveillance die Anzahl der verabreichten Impfungen bei Asylsuchenden zu erfassen und in aggregierter Form an das Niedersächsische Landesgesundheitsamt (NLGA) zu berichten.
Methode
Von sechs Aufnahmeeinrichtungen des Landes wurde in den drei EAEs, in denen Erstuntersuchungen stattfanden, eine kontinuierliche Surveillance der Impfungen etabliert. Die Anzahl der 2017 in zwei bzw. ab KW 33/2017 drei EAEs verabreichten Impfungen wird für die Jahre 2017 und 2018 differenziert nach Altersgruppe und verabreichtem Impfstoff deskriptiv ausgewertet und im Zeitverlauf dargestellt.
Ergebnisse
Insgesamt wurden in drei EAEs 2017 bei 8.048 Asylsuchenden 16.827 Impfungen durchgeführt.
Die Durchimpfungsrate für MMR(-V) betrug bei Kindern ab 9 Monaten bis 12 Jahre (n = 1.711) 72 %, in der Altersgruppe 13 – 45 Jahre (n = 5.274) für MMR 83 %. 60 % der Kinder ab 9 Monaten bis 4 Jahre (n = 558) erhielten die Kombinationsimpfstoffe DTPa-IPV-Hib(-HBV), und 84 % der Altersgruppe ab 5 Jahren (n = 7.422) Tdap(-IPV). Gegen Influenza wurden in den KW 39 – 52/2017 50 % der erstuntersuchten Personen (n = 8.048) geimpft.
Die Auswertung für das Jahr 2018 ist noch nicht abgeschlossen und wird bei der Vorstellung des Posters präsentiert.
Diskussion
Der für die Berechnungen herangezogene Nenner liegt unter der tatsächlichen Anzahl der in Niedersachsen registrierten Flüchtlinge (2017: 15.299). Ein Grund dafür war, dass die Dokumentation der Impfungen nicht gleichermaßen vollständig in allen Einrichtungen erfolgt ist. Die Erfassung erfolgte überwiegend papierbasiert und als zusätzlicher Arbeitsschritt. Im Idealfall sollten solche Erfassungen möglichst integraler Bestandteil bestehender Prozesse sein und keinen zusätzlichen Dokumentationsaufwand erfordern.
Gründe für eine Nichtinanspruchnahme des Impfangebots wurden nicht erfasst.
Fazit aus Public Health-Perspektive
Die Notwendigkeit der Impfungen ist von den Gesundheitsbehörden stets als wichtiger Aspekt des Gesundheitsschutzes von Flüchtlingen im Dialog mit den übrigen Akteuren betont worden. Auch die Surveillance mag dazu beigetragen haben, dass eine kontinuierliche Impfaktivität erzielt wurde. Nach der Verstetigung des RKI-Impfkonzepts in EAEs bietet die Landesaufnahmebehörde Niedersachsen seit Anfang 2019 den Asylsuchenden alle nach STIKO empfohlenen Impfungen aktiv an.