Expositionstraining bei Suchterkrankten in der echten und der virtuellen Realität
Henning Vieker, Hamburg (Germany)
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Autor:in:
Henning Vieker, Hamburg (Germany)
Rückfälle sind im Rahmen von Suchterkrankungen ein bekanntes und häufiges Problem. Ein hoher Anteil von Patienten begibt sich aufgrund eines Rückfalls zum wiederholten Mal in die Behandlung von Einrichtungen des Suchthilfesystems. Für einen Teil dieser Patienten scheinen die derzeit etablierten psychotherapeutischen Verfahren nicht zum Erhalt einer nachhaltigen Abstinenz zu führen.
Das Expositionstraining ist ein bereits in der Vergangenheit im Rahmen von Entwöhnungstherapien häufig eingesetztes Verfahren, dass auf der Löschung von klassisch konditionierten Reizen basiert. Bei der Behandlung von Abhängigkeitskrankheiten jedoch zeigen Ergebnisse von Metaanalysen, dass dieses Verfahren, wenn es im Krankenhaus durchgeführt wird nicht zu einer signifikanten Verbesserung des Outcomes bzgl. der Rückfallraten führt.
Dennoch gibt es Hinweise auf eine positive Wirkung auf physiologische Parameter, wie Herzrate und Hautleitwiderstand, die den Schluss zulassen, dass Extinktionslernen zwar stattfindet, jedoch nicht in den jeweiligen Konsumkontext transferiert werden kann. Die starke Kontextabhängigkeit der Konditionierungsprozesse wurde als möglicher Grund für die fehlende Effektivität der traditionellen Expositionstherapie identifiziert und in tierexperimentellen Studien belegt.
Vor diesem Hintergrund wurde ein neues Expositionstraining etabliert, in dessen Zentrum Durchführung von Expositionsübungen im Konsumkontext steht. Hierbei entstehen logistische und therapeutische Herausforderungen, die sich zukünftig durch den Einsatz von virtueller Realität im Sinne der Herstellung eines virtuellen Konsumkontextes bzw. virtueller Rückfallsituationen lösen lassen. Weiterhin besteht die Möglichkeit durch den Einsatz von Gamification-Elementen die Langzeitmotivation zu erhöhen und damit die Adhärenz zu verbessern.
Internetsucht im Kindes- und Jugendalter: ein systematisches Review zu Präventionsmaßnahmen und protektiven Faktoren
Felicitas Auersperg, Wien (Austria)
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Autor:innen:
Felicitas Auersperg, Wien (Austria)
Christiane Eichenberg, Wien (Austria)
Einleitung: Heute greifen 89% der Jugendlichen täglich auf das Internet zu und 28% der 6-3 Jährigen nutzen das Internet mindestens 1x/Woche (Feierabend et al., 2017, 2018). Neben vielen Vorteilen sind mit der Netznutzung auch Gefahren verbunden: immer mehr Studien beschäftigen sich mit möglichen negativen Folgen exzessiver Internetnutzung. Insbesondere Kinder und Jugendliche stehen als Risikogruppe im Mittelpunkt des Forschungsinteresses und werden als besonders vulnerabel diskutiert. In dem hier vorgestellten systematischen Review soll daher der derzeitige Forschungsstand zu Präventionsangeboten von Internetsucht im Kindes- und Jugendlichen unter Berücksichtigung von Risiko- sowie protektiven Faktoren zusammengefasst werden.
Methode: Nach der Prisma-Methode zur systematischen Literaturrecherche werden über die Plattform Pubmed (für englischspr. Literatur) und Psyindex (für deutschspr. Literatur) Artikel identifiziert, die nach einschlägigen Suchkriterien selektiert wurden.
Ergebnisse: Die systematische Literaturrecherche zeigt, dass sich zwar eine große Zahl an Publikationen mit exzessiven Nutzungsweisen des Internets beschäftigt, aber nur wenige Vorschläge zur Prävention dieses Phänomens gemacht werden. Vondráčková et al. (2016) identifizieren innerhalb der bis 2016 erschienen Artikel folgende thematischen Schwerpunkte: Zielgruppen, Verbesserung bestimmter Fähigkeiten, Charakteristika von Präventionsprogrammen und umweltbezogene Interventionen. Unsere Untersuchung nimmt Bezug auf diese Kategorien, aus der Literaturrecherche hat sich aber ergeben, dass auch Risikofaktoren wie der schulische und der familiäre Kontext, individuelle Verhaltens- und Charakterausprägungen und Komorbiditäten berücksichtigt werden müssen, um Vorschläge für Präventionsprogramme erbringen zu können. Zudem werden protektive Faktoren ausgearbeitet, die in der bisherigen wiss. Literatur kaum Beachtung finden, aber ebenfalls zur Entwicklung geeigneter Präventionsprogramme beitragen könnten.
Strukturelle und funktionelle Korrelate der „Smartphoneabhängigkeit”
Robert Christian Wolf, Heidelberg (Germany)
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Autor:innen:
Robert Christian Wolf, Heidelberg (Germany)
Christina Mundinger, Heidelberg (Germany)
Juliane Horvath, Heidelberg (Germany)
Nadine Donata Wolf, Heidelberg (Germany)
Mike Michael Schmitgen, Heidelberg (Germany)
Smartphones sind allgegenwärtig, und ihre Funktionen bestimmen auch zunehmend Nutzerverhalten und soziale Kommunikationsstrukturen. Es überrascht nicht, dass in den letzten Jahren auch zunehmend auf potenziell nachteilige gesundheitliche Folgen exzessiver Smartphone-Nutzung verwiesen wurde. Kürzlich wurden auch Forschungskriterien für eine „Smartphone-Abhängigkeit“ (smartphone addiction, SmAd) definiert. Die neuronalen Korrelate der SmAd sind derzeit unbekannt. In dieser Studie wurden strukturelle und funktionelle Korrelate der SmAd untersucht. Eingeschlossen wurden 26 Kontrollprobanden und 22 Personen mit einer SmAd (initiales Screening mithilfe der Kurzversion der Smartphone Addiction Scale, gefolgt von einer detaillierten Untersuchung mithilfe der Langversion der Smartphone Addiction Inventory [SPAI]). Eine komorbide IGD wurde mithilfe der Internet Gaming Disorder Scale ausgeschlossen. Alle Probanden wurden mithilfe eines 3 Tesla Magnetresonanztomographen untersucht. Mithilfe der voxel-basierten Morphometrie wurde das Volumen der grauen Substanz (VGS) erfasst. Die intrinsische neuronale Aktivität wurde mithilfe der „amplitude of low frequency fluctuations“ Methode bestimmt. Personen mit einer SmAd zeigten im Vergleich zu Kontrollprobanden ein reduziertes VGS im links insulären, inferior temporalen und parahippocampalen Cortex, sowie eine Minderaktivierung des rechten anterioren cingulären Cortex (ACC) (p < 0.001 auf Voxel-Ebene). Darüber hinaus zeigte sich eine negative Korrelation zwischen SPAI-Scores und dem VGS im rechten inferioren occipitalen und im linken orbitofrontalen Kortex, sowie im rechten ACC. Die intrinsische Aktivität des rechten ACC war negativ assoziiert mit den SPAI-Scores. Diese Ergebnisse legen umschriebene Veränderungen der Gehirnstruktur und -funktion bei Personen mit einer SmAd nahe. Die Konvergenz der Befunde suggeriert eine prominente Rolle des ACC bei der Entstehung und/oder der Aufrechterhaltung der SmAd.
Mediensüchte und Bindungsstile: Ergebnisse zweier Online-Befragung von Internet- und Smartphonenutzern
Christiane Eichenberg, Wien (Austria)
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Autor:innen:
Christiane Eichenberg, Wien (Austria)
Athina Schroiff, Wien (Austria)
Markus Schott, Wien (Austria)
Hintergrund u. Fragestellung: Mediensüchte sind für die psychotherapeutische Praxis von hoher Relevanz. Nichtsdestotrotz liegen kaum systematische Untersuchungen zur Ätiopathogenese vor. Die Bindungstheorie kann hierzu einen Beitrag leisten, denn unsichere Bindungsstile haben sich auch als relevanter Faktor in der Entwicklung substanzgebundener Störungen gezeigt.
Ziel dieser Studie war es, die Internetsucht und Smartphonesucht mit einem Fokus auf bindungsspezifische Unterschiede zwischen abhängigen und abhängigen Nutzern zu untersuchen. Zentrale Hypothese war dementsprechend, dass Personen mit unsicherem Bindungsmuster häufiger problematische Nutzungsweisen des Internet sowie des Smartphones zeigen als sicher gebundene Personen.
Methode: In zwei Online-Befragungen wurden neben Items zur Erfassung soziodemografischer Merkmale u.a. validierte Skalen zur Erhebung des Bindungsstils (Bielefelder Fragebogens zu Partnerschaftserwartungen (BFPE), Höger & Buschkämper, 2002) sowie der Internetsucht (Skala zum Onlinesuchtverhalten (OSV-S), Wölfling, Müller & Beutel, 2010) bzw. Smartphonesucht eingesetzt (Smartphone-Sucht-Skala (SPAS) von Bian & Leung, 2014). Die erste Studie fokussierte auf die Internetsucht, N= 245 (Alter: M= 29.6 [SD= 9.2]) Befragungspersonen wurden über soziale Netzwerke und verschiedene thematische Foren rekrutiert. Die zweite Studie untersuchte die Smartphonesucht unter Studierenden (Vollerhebung aller eingeschriebenen Studierenden der Sigmund Freud PrivatUniversität Wien; Rücklauf: N= 497 = 27,07%, Alter: M= 19.38 [SD= 16.50]).
Ergebnisse: Die Hauptbefunde beider Studien zeigen übereinstimmend, dass sich unsichere von sicher gebundenen Personen in ihrer Tendenz zu suchtartigem Medienverhalten unterscheiden, wobei insbesondere ambivalente Bindungsstrategien mit auffälliger Internet- bzw. Smartphonenutzung verbunden waren.
Diskussion: Diese Ergebnisse haben therapeutische Implikationen und liefern Erkenntnisse für die Ätiopathogenese von Mediensüchten.