Psychedelika, insbesondere Psilocybin, haben in den letzten Jahren eine Renaissance in der Anwendung bei psychiatrischen Erkrankungen erfahren. Erste kleine klinische Studien bei therapieresistenter Depression, Zwangsstörung oder Alkoholabhängigkeit liegen vor. In diesem Symposium soll der aktuelle Stand der Wissenschaft und der gesellschaftlichen Diskussion dargestellt werden. Gerhard Gründer, Mannheim, wird darstellen, was wir derzeit über die neurochemischen und pharmakologischen Mechanismen dieser Substanzgruppe wissen. Zudem wird er die Ergebnisse der wichtigsten neueren klinischen Studien diskutieren. Franz Vollenweider, Universität Zürich, der Wissenschaftler die größten klinischen und wissenschaftlichen Erfahrungen mit Psychedelika in Europa hat, wird die Brücke von den Wirkungen von Psilocybin auf grundlegende Prozesse der Emotionsverarbeitung und der Wahrnehmung des Selbst zur klinischen Anwendung der Substanz bei der Depression schlagen. Michael Koslowski, Berlin, wird die verschiedenen psychotherapeutischen Ansätze für die begleitende psychotherapeutische - sowohl verhaltens- als auch tiefenpsychologische – Intervention bei psychedelika-gestützter Therapie vorstellen. Diese bewegen sich zwischen ausschließlicher Gabe der Substanz in einem supportiven Setting bis zu manualisierter substanzgestützter Psychotherapie. Es sollen auch Perspektiven für eine integrative, auf die besondere Therapiesituation angepasste Intervention aufgezeigt werden. Die wissenschaftlich fundierte Bewertung psychedelischer Substanzen in der Psychotherapie sollte in eine evidenzbasierte Einschätzung ihres Nutzen-Risiken-Verhältnisses für die öffentliche Gesundheit eingebettet werden. Henrik Jungaberle, Berlin, fasst die internationale Literatur zur diesem Thema zusammen und vergleicht sie mit dem Risikoprofil anderer medikamentöser Therapieformen. Schlussfolgerungen zur professionellen Ethik und zur weiteren Entwicklung von Psychedelika-unterstützter Therapien werden formuliert.
Therapie mit Psychedelika – psychotherapeutische Ansätze
Michael Koslowski, Berlin (Germany)
Felix Betzler, Berlin (Germany)
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Autor:innen:
Michael Koslowski, Berlin (Germany)
Felix Betzler, Berlin (Germany)
Im Laufe der Geschichte des therapeutischen Einsatzes von Psychedelika haben sich verschiedene therapeutische Rahmenbedingungen und Ansätze herausgebildet, die von schamanistischen Ritualen bis zu modernen, manualisierten, psychotherapeutisch ausgerichteten Interventionen reichen. In den neueren Studien zur Untersuchung der Psychedelischen Therapie wird versucht, psychotherapeutische Ansätze zu integrieren, unter teils eklektischer Verwendung von Elementen verschiedener Therapieschulen. Aus der Verhaltenstherapie kommen dabei Modelle und Techniken aus der klassischen KVT wie Motivational Interviewing, Therapien der „dritten Welle“ wie Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT) sowie Achtsamkeitsbasierte Techniken (MBCT) zum Einsatz . In den 1950er und 60er Jahren wurden psychedelische Sitzungen mit eher niedrigen Dosierungen in psychoanalytische Langzeitbehandlungen eingebettet, um Abwehrmechanismen zu reduzieren und einen verbesserten Zugang zu unbewussten Konflikten, Erinnerungen und Beziehungsmustern zu ermöglichen. Diese psychodynamischen Elemente haben weiterhin eine Bedeutung in den modernen Studien zur Psychedelischen Therapie. Neben den schulenspezifischen Aspekten können in der psychedelischen Therapie allgemeine Wirkfaktoren der Psychotherapie identifiziert werden, wie etwa die Bedeutung der therapeutischen Beziehung, Ressourcenaktivierung, Problemaktualisierung, motivationale Klärung und Problembewältigung (5 Wirkfaktoren nach Grawe). Um die substanzspezifischen Effekte der Psychedelika optimal zu nutzen und die Sicherheit der Behandlung zu maximieren, findet in modernen Studien eine ausführliche Vor- und Nachbereitung der psychedelischen Sitzungen statt, die auf die besondere Therapiesituation angepasst ist. Es werden Perspektiven aufgezeigt, wie die verschiedenen psychotherapeutischen Ansätze sinnvoll kombiniert und integriert werden können, um eine evidenzbasierte Psychedelika-assistierte Therapie verschiedener psychischer Störungsbilder zu ermöglichen.