Raum:
Saal London 3
Topic:
Wissenschaftliches Programm
Topic 04: Affektive Störungen, F3
Topic 06: Essstörungen, Schlafstörungen und andere der Kategorie F5
Topic 14: Neurobiologie und Genetik
Format:
Symposium
Dauer:
90 Minuten
Besonderheiten:
Q&A-Funktion
Lern- und Gedächtnisprozesse sind an synaptische Plastizitätsprozesse in neuronalen Netzen gebunden, und dabei wird dem Wachstumsfaktor Brain-derived neurotrophic factor (BDNF) eine bedeutende Rolle beigemessen. Ein Mangel an BDNF scheint in die Pathogenese von Stress-assoziierten psychiatrischen Erkrankungen wie der Depression und der Insomnie involviert zu sein. Anne Eckert (Basel) stellt eine Übersicht des derzeitigen Kenntnisstandes über die Verbindung zwischen der zellulären Verarbeitung von BDNF und der Funktion des Proteins bei Plastizitätsprozessen bei Depression und Schlafstörungen dar.
Die Expression von BDNF wird auf verschiedenen Ebenen reguliert, wobei epigenetischen Mechanismen wie der DNA-Methylierung eine besondere Bedeutung zukommt. Gerade die Beeinflussung der BDNF-Sekretion durch monoaminerge Antidepressiva scheint in erheblichem Ausmaß von der aktuellen epigenetischen „Einstellung“ des Gens abzuhängen. Der Beitrag von Helge Frieling (Hannover) beleuchtet die BDNF-Regulation im Zusammenhang mit psychischen Erkrankungen und zeigt mögliche klinische Implikationen auf.
Thorsten Mikoteit (Solothurn) geht der Frage nach, in wie weit periphere BDNF-Spiegel bzw. deren frühe Veränderungen als Biomarker prädiktiv sind für das Ansprechen auf eine Antidepressiva-Therapie. Weiter werden Zusammenhänge zwischen BDNF, subjektiver und objektiver Schlafqualität und kognitiven Funktionen dargestellt. Die Insomnie, die konsistent mit niedrigen BDNF-Serumspiegeln korreliert, scheint den Zusammenhang zwischen Depression und Neuroplastizität zu vermitteln.
Physische Aktivität hat sich als eine Möglichkeit erwiesen, BDNF Spiegel zu erhöhen, und damit mutmasslich die Neuroplastizität zu steigern. Christian Imboden (Münchenbuchsee) stellt die Ergebnisse einer randomisiert kontrollierten Sportinterventionsstudien bei depressiven Patienten vor. Die Effekte auf BDNF, kognitive Funktionen und subjektive Schlafqualität werden berichtet.
BDNF als Biomarker für Insomnie und Depressionen
Thorsten Mikoteit, Solothurn (Switzerland)
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Autor:in:
Thorsten Mikoteit, Solothurn (Switzerland)
Einführung:
BDNF-Serumspiegel (BDNF i.S.) sind bei Depressionen reduziert, und korrelieren mit Schweregrad und Therapieresponse. Da Depressionen auch häufig mit Insomnie verbunden sind, war das Ziel der aktuellen Studie, zu prüfen, ob BDNF i.S. ein Indikator für Insomnie sein könnte, und ob BDNF i.S. auch mit objektiven Schlafstörungen korreliert. Schliesslich wurde untersucht, ob reduzierte BDNF-Spiegel mit kognitiven Defiziten bei Insomnie korrelieren.
Methode:
In einer prospektiven Studie an 60 erwachsenen Patienten mit Insomnie nach DSM-IV (Insomniegruppe, IG) und einer Gruppe von 30 alters- und geschlechtskontrollierten Probanden mit normalem Schlaf (Kontrollgruppe, CG), wurde der Schlaf subjektiv mit dem Insomnia Severity Index (ISI) und objektiv mit Polysomnographie erhoben. BDNF i.S. wurde am Morgen direkt nach dem Aufwachen bestimmt, ebenso Aufmerksamkeitsfunktionen und die hippocampusabhängige Pattern Separation.
Ergebnisse:
BDNF i.S. war in der IG deutlich erniedrigt (g = 1.75). Der ISI-score prädizierte BDNF i.S. unabhängig von Depressivität und Angst. Im Hinblick auf objektive Schlaf-EEG-Parameter unterschied sich die IG nur geringfügig bis mässig von der CG, und keine Schlafkontinuitätsvariabel korrelierte mit BDNF i.S. In der IG war die Aufmerksamkeit reduziert, während die Leistung in Pattern Separation nur mit Tiefschlaf korrelierte. BDNF i.S. korrelierte mit keiner der getesteten kognitiven Funktionen.
Diskussion:
Das Muster der Ergebnisse bestätigt unsere Annahme, dass niedrige BDNF-Serumspiegel nicht nur ein typischer Befund sind für Depressionen, sondern auch für die Insomnie, und dies unabhängig von komorbider Depressivität. Es gab keinen Zusammenhang zwischen BDNF i.S. und objektiven Schlafkontinuitätsmassen, wie auch die Insomnie nicht mit der objektiven Schlafeffizienz korrelierte. Schliesslich schienen periphere BDNF Serumspiegel kein Indikator für kognitive Defizite zu sein.
Aerobe physische Aktivität als therapeutische Intervention zur Förderung der Neuroplastizität
Christian Imboden, Münchenbuchsee (Switzerland)
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Autor:in:
Christian Imboden, Münchenbuchsee (Switzerland)
Aus dem Tiermodell ist ein positiver Effekt von Bewegung auf die Neuroplastizität und BDNF gut bekannt. Auch beim Menschen weisen verschiedene Befunde in dieselbe Richtung. Mehrere Studien zum Effekt von Ausdauertraining bei depressiven Patienten haben aber nicht einheitliche Resultate ergeben, was unter anderem damit zusammenhängen könnte, dass sBDNF durch verschiedene Faktoren mit beeinflusst wird. Wir haben bei stationär behandelten Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Depression den Effekt eines 6-wöchigen Ausdauertrainings auf verschiedene Parameter untersucht. Dabei zeigte sich bei allen Patienten ein deutlicher Zeiteffekt auf sBDNF unabhängig von der Gruppenzuteilung. Allerdings fand sich auch eine signifikante Verbesserung des Arbeitsgedächtnisses durch die Sportintervention, was auf einen Effekt auf die Neuroplastizität hinweisen könnte. Zusammenhänge zwischen sBDNF nach 2 Wochen Behandlung und depressiver Symptomatik nach der Intervention sowie der subjektiven Schlafqualität konnten ebenfalls nachgewiesen werden.