Bei steigendem Gebäralter nimmt der Anteil von Schwangeren mit chronischen Erkrankungen zu. Eine wachsende Zahl von Frauen im fertilen Alter steht unter Behandlung mit Psychopharmaka. Viele dieser Medikamente sind jedoch laut Fachinformation der Hersteller nicht für Schwangerschaft und Stillzeit geeignet. Manche Substanzen wie Valproat oder Lithium erfordern wegen erhöhter Fehlbildungsrisiken eine spezielle Diagnostik. Hohe Prävalenzraten psychischer Störungen und die hierdurch begründete große Anzahl von Schwangeren, die Psychopharmaka einnehmen, unterstreichen den besonderen Bedarf, den Nutzen einer Pharmakotherapie vor dem Hintergrund der mit dem Einsatz verbunden möglichen Risiken abzuwägen. Aber auch schon bei der psychopharmakologischen Behandlung von Frauen im gebärfähigen Alter oder Frauen mit Kinderwunsch müssen bereits grundsätzlich mögliche Risiken berücksichtigt werden.
Kenntnisse über den Einsatz von Psychopharmaka in Schwangerschaft und Stillzeit sind insbesondere vor dem Hintergrund einer hohen Arzneimitteltherapiesicherheit für Mutter und (ungeborenes) Kind dringend erforderlich. Die medikamentöse Behandlung psychischer Störungen während dieser Phase entspricht dabei einer klinisch komplexen Situation, die zudem durch eine veränderte Pharmakokinetik geprägt ist. Das Symposium verschafft einen breiten Überblick über den aktuellen Stand zum Einsatz verschiedener Substanzgruppen in Schwangerschaft und Stillzeit mit einem Schwerpunkt hinsichtlich eines individuellen Risikoassessments einzelner Psychopharmaka. Eigene Daten zum Therapeutischen Drug Monitoring von Psychopharmaka in mütterlichem Serum, Fruchtwasser, Nabelschnurblut und Muttermilch runden den Beitrag ab und geben hierdurch viele wichtige klinisch praktische Empfehlungen zur Behandlung dieser sehr vulnerablen Patientengruppe.
Pharmakologische Behandlung von affektiven Störungen während der Schwangerschaft
Niels Bergemann, Bad Mergentheim (Germany)
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Niels Bergemann, Bad Mergentheim (Germany)
Die die Option einer medikamentösen Behandlung bei affektiven Störungen in der Schwangerschaft muss nicht prinzipiell ausgeschlossen werden. Vielmehr bedarf es einer individuellen Nutzen-Risiko-Abwägung zwischen der Gefährdung von Mutter und Kind durch eine unbehandelte psychische Störung ohne Medikamenteneinnahme und einer angemessenen Behandlung, die den Einsatz einer antidepressiven – oder auch stimmungsstabilisierenden – Medikation einschließen kann.
Es wird ein aktueller Überblick über die Datenlage hinsichtlich Antidepressiva in der Schwangerschaft gegeben. Im Vordergrund stehen dabei die Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI), aber auch Antidepressiva anderer Substanzgruppen werden unter dem Aspekt ihres Einsatzes in der Schwangerschaft diskutiert. Dabei werden das Risiko von Teratogenität sowie weitere Schwangerschaftskomplikationen bei intrauteriner Exposition mit Antidepressiva untersucht wie auch Fragen der neuropsychologischen Entwicklung diskutiert.
Unter Beachtung einiger Regeln und bei geeigneter Auswahl des Psychopharmakons kann das Risiko für das Neugeborene wie für die Mutter in der Schwangerschaft minimiert werden. Therapeutisches Drug-Monitoring ist beim Einsatz von Psychopharmaka in der Schwangerschaft indiziert und erhöht die Arzneimittelsicherheit für Mutter und Kind.
Psychosen in Schwangerschaft und Stillzeit – eine interdisziplinäre Herausforderung
Wolfgang Paulus, Ulm (Germany)
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Wolfgang Paulus, Ulm (Germany)
Die Erstmanifestation einer Schizophrenie erfolgt bei Frauen überwiegend im fertilen Alter und tangiert damit häufig Fragen der Familienplanung. Unter der wachsenden Zahl von Neuroleptika der zweiten Generation registriert man meist geringere extrapyramidal-motorische Nebenwirkungen und moderatere Veränderungen des Prolaktinspiegels, so dass die Lebensqualität der Betroffenen steigt und häufiger Schwangerschaften eintreten.
Nicht selten bestehen zwischen den betreuenden Frauenärzten und den behandelnden Psychiatern Meinungsverschiedenheiten bei Planung und Begleitung einer Schwangerschaft unter Neuroleptika.
In der ohnehin kritischen Phase des Wochenbetts wird oft vor dem für die Interaktion zwischen Mutter und Kind wichtigen Stillen gewarnt, weil eine kindliche Gefährdung durch Belastung der Muttermilch befürchtet wird.
Der aktuelle Beitrag soll eine Entscheidungshilfe bei der therapeutischen Gratwanderung in Schwangerschaft und Stillzeit bieten: Das Ziel ist eine optimale Versorgung der Mutter bei gleichzeitiger Schonung des Kindes.
Therapeutisches Drug-Monitoring zur Risikobewertung beim Einsatz von Antikonvulsiva in der Schwangerschaft
Georgios Schoretsanitis, New York (United States)
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Georgios Schoretsanitis, New York (United States)
Antikonvulsiva werden häufig als Stimmungsstabilisatoren in der Behandlung affektiver Störungen eingesetzt, aber auch aus der Epileptologie liegen zahlreiche Daten zu deren Einsatz vor. Bereits bei der Verordnung für Frauen im gebärfähigen Alter muss zwingend deren teratogenes Risiko berücksichtigt und über dieses aufgeklärt werden, wobei hier insbesondere Valproat im Fokus steht. Kommt es unter Einnahme von potentiell teratogenen Antikonvulsiva dennoch zum Eintritt einer Schwangerschaft, kann mit dem Einsatz von Therapeutic Drug Monitoring (TDM) vor dem Hintergrund der vorliegenden epidemiologischen Daten das Risiko der kindlichen Exposition quantifiziert und eine potentielle Schädigung abgeschätzt werden. In diesem Beitrag sollen Strategien und Entscheidungshilfen aufgezeigt werden, wie Mutter und (ungeborenes) Kind unter stimmungsstabilisierender Therapie mit Antikonvulsiva möglichst unbeschadet durch die vulnerable Phase von Schwangerschaft und Stillzeit begleitet werden können.