Die Elektrokonvulsionstherapie (EKT) ist das effektivste psychiatrische Behandlungsverfahren bei schweren affektiven und psychotischen Erkrankungen. Auch und gerade bei therapieresistenten Behandlungsverläufen stellt die EKT eine wirksame Behandlungsoption dar. Entsprechende Empfehlungen finden sich sowohl in den nationalen, als auch in den internationalen Leitlinien der psychiatrischen Fachgesellschaften. Die Nebenwirkungen sind, vor allem verglichen mit der häufigen Polypharmazie, meist gering und die gefürchteten Gedächtnisstörungen in der Regel vorübergehend.
Trotz des guten Wirkungs-Nebenwirkungsverhältnisses bieten nur etwa die Hälfte der psychiatrischen Kliniken ihren PatientInnen die EKT als Behandlungsmöglichkeit an. Studierende der Medizin bekommen im Rahmen ihrer Ausbildung meist nicht die Möglichkeit eine EKT zu sehen und sich mit der Effektivität vertraut zu machen. Auch in der Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer für das Gebiet Psychiatrie sind keine speziellen Kenntnisse zur EKT gefordert.
Unser Symposium richtet sich ausdrücklich an Studierende der Medizin und Assistenzärztinnen und -Ärzte in Weiterbildung, die bislang kein oder wenig Kontakt mit der EKT hatten und sich mit den Grundlagen dieser Behandlungsform vertraut machen möchten.
Im Rahmen der Symposiumsbeiträge soll zunächst die praktische Durchführung einer EKT mit Hilfe eines Videos demonstriert werden. Anschließend wird ein Überblick über die Evidenz bei den gängigen Indikationen gegeben. Nachfolgend wird sich ein Vortrag mit den ethischen Aspekten zur EKT beschäftigen. Abschließend soll die Wiedereinführung der EKT am Universitätsklinikum Eppendorf samt ihrer Möglichkeiten und Widerstände nachvollzogen werden.
Wir würden uns über eine Aufnahme des Symposiums in das Nachwuchsprogramm der Generation PSY freuen, sehen unser Symposium aber auch in einem anderen Kontext sehr relevant an.
Strom, und sonst? Zutaten für eine gute EKT
Matthias Besse, Göttingen (Germany)
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Autor:in:
Matthias Besse, Göttingen (Germany)
Die Elektrokonvulsionstherapie stellt bei schweren Verläufen affektiver und psychotischer Störungen eine sehr effektive Behandlungsform dar. Auch bei vorliegender Therapieresistenz kann in vielen Fällen durch die EKT eine Depression oder Schizophrenie deutlich gebessert werden. Nebenwirkungen, vor allem in Form von Gedächtnisstörungen, sind meist nur leicht ausgeprägt und bilden sich nach wenigen Tagen zurück.
Trotz der oben erwähnten Punkte wird die EKT lediglich in ca. 50 % der psychiatrischen Kliniken angeboten. Auch in der universitären psychiatrischen Lehre wird die EKT meist als Randthema abgehandelt. Somit haben viele Ärztinnen und Ärzte, auch wenn sie eine Weiterbildung im Fach Psychiatrie durchlaufen, nicht die Möglichkeit eine EKT-Behandlung selbst zu sehen geschweige denn zu erlernen. Dies trägt in einem hohen Maß zur Stigmatisierung und Marginalisierung der EKT an einigen psychiatrischen Kliniken bei.
Die EKT ist aber mehr, als einfach nur Strom in das Gehirn der Betroffenen zu leiten. Um die EKT gut und sicher durchführen zu können, sind mehrere Punkte zu beachten. Ziel des Vortrags ist es, die Grundlagen der EKT vorzustellen und anhand eines Videos die verschiedenen notwendigen Schritte vor, während und nach der EKT-Behandlung zu zeigen. Hierdurch sollen Ängste und Vorurteile der EKT gegenüber abgebaut werden. Auch die Voraussetzungen, um an einer psychiatrischen Klinik EKT anbieten zu können, werden aufgezeigt. Vorwissen wird dezidiert nicht vorausgesetzt.
(Wie) Wirkt die EKT?
David Zilles-Wegner, Göttingen (Germany)
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Autor:in:
David Zilles-Wegner, Göttingen (Germany)
81 Jahre nachdem die EKT in Italien zum ersten Mal in der Behandlung eines Patienten mit Schizophrenie eingesetzt wurde, kommt sie nach einigen Höhen und Tiefen in den letzten Jahren auch in Deutschland wieder vermehrt zur Anwendung. Sowohl für die Akutbehandlung als auch die Erhaltungstherapie schwerer depressiver und auch psychotischer Störungsbilder gibt es eine zunehmende Evidenz, die zu klaren Anwendungsempfehlungen in nationalen wie internationalen Leitlinien geführt hat. Neben der Darstellung der Wirksamkeitsdaten werden auch klinische Responseprädiktoren und potentielle Wirkmechanismen dargestellt und diskutiert.
EKT durchführen oder nicht? Medizinethische Perspektiven auf eine notorisch umstrittene Therapie
Jakov Gather, Bochum (Germany)
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Autor:innen:
Jakov Gather, Bochum (Germany)
Jochen Vollmann, Bochum (Germany)
Die Anwendung der Elektrokonvulsionstherapie (EKT) wird in der Psychiatrie nach wie vor kontrovers diskutiert und häufig stehen sich Befürworter und Kritiker mit Vehemenz gegenüber. Bei der Frage, ob in einem konkreten Fall EKT angewendet werden soll oder nicht, spielen neben medizinisch-fachlichen auch ethische Überlegungen eine Rolle. Viele Kritiker lehnen die EKT sowohl im Rekurs auf medizinische als auch auf ethische Argumente ab.
Der Vortrag verfolgt das Ziel, normative Aspekte der Diskussion um die EKT zu identifizieren und systematisch zu analysieren. Dabei wird der Frage nachgegangen, unter welchen Voraussetzungen die Durchführung einer EKT ethisch gerechtfertigt ist. Darüber hinaus wird dafür argumentiert, in der Debatte um die EKT stärker die Einstellungen und Präferenzen der betroffenen Patient*innen zu berücksichtigen.
Wie kam die EKT ans UKE? Zwischen Widerstand und Wiederbelebung
Nils Freundlieb, Hamburg (Germany)
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Autor:in:
Nils Freundlieb, Hamburg (Germany)
Während in anderen deutschen Universitätskliniken die Elektrokonvulsionstherapie (EKT) seit Jahren zum Standard psychiatrischer Behandlung gehört, wurde sie im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf seit den 1960er Jahren nicht mehr angewendet. Obwohl die Datenlage für kaum eine andere psychiatrische Therapie so günstig ist, standen einer Anwendung große Vorbehalte gegenüber. Was lag dieser Diskrepanz zugrunde?
Am UKE wurden bis 1965 sogenannte „Schocktherapien“, zu denen neben die EKT auch die „Insulin-Koma-Therapie“ zählte, häufig durchgeführt. Nach einem Wechsel des Ordinarius wurde der Schwerpunkt auf sozialpsychiatrische Aspekte gelegt, die „Schocktherapien“ galten in diesem Zusammenhang als nicht damit vereinbar. Über Jahrzehnte festigte sich eine EKT-kritische Haltung auf allen Mitarbeiterebenen. Schwerkranke Patienten, bei denen dann doch die Indikation zur EKT gestellt wurde, mussten bis weit nach der Jahrtausendwende an kooperierende psychiatrische Häuser verlegt werden.
Anfang 2015 gründete sich die klinikinterne Arbeitsgruppe „Stimulationsverfahren in der Psychiatrie“, um die Diskussion über die EKT berufsgruppenübergreifend erneut anzuregen. Vorurteile, Befürchtungen und auch übersteigerte Hoffnungen wurden im Vorfeld erfasst, kritisch hinterfragt und in den weiteren Prozess einbezogen.
Nach einem Jahr kontroverser, aber insgesamt konstruktiver zweiwöchentlicher klinikinternen Treffen wurde im April 2016 wieder mit der Durchführung der EKT begonnen. Im weiteren Verlauf entwickelte sich die EKT zu einer Therapieoption unter vielen, die in unserem Hause angeboten wird. Hierbei zeigte sich, dass der direkte Kontakt zu Patienten, die mit EKT behandelt wurden, eine positive Einstellung dazu besser fördert als formale Informationsveranstaltungen.