Autor:innen:
Martina Platzer, Graz (Austria)
Frederike T. Fellendorf, Graz (Austria)
Susanne Astrid Bengesser, Graz (Austria)
Armin Birner, Graz (Austria)
Nina Dalkner, Graz (Austria)
Carlo Hamm, Graz (Austria)
Melanie Lenger, Graz (Austria)
Sieglinde Zelzer, Graz (Austria)
Harald Mangge, Graz (Austria)
Hans-Peter Kapfhammer, Graz (Austria)
Nina Kotar, Graz (Austria)
Einführung: Es gibt Hinweise darauf, dass sich Personen, die an einer bipolaren Störung (BP) leiden weniger ausgewogen und insgesamt ungesünder ernähren als der Durchschnitt der Bevölkerung. Das gehäufte Auftreten von Übergewicht und Adipositas geht oft mit körperlichen Folgeerkrankungen und einer reduzierten Lebensqualität einher.
Das Phänomen des food cravings, d.h. das starke Verlangen nach bestimmten Lebensmitteln, insbesondere nach Kohlehydraten, wird häufig mit Psychopharmaka, die in der Therapie der BP Anwendung finden, in Verbindung gebracht, kann aber auch Merkmal einer (atypischen) Depression sein.
Methode: In dieser Untersuchung wurde das food craving bei 154 Personen mit BP sowie 93 gesunden Kontrollpersonen mittels einer deutschen Version des Food Craving Inventory untersucht. Es wurden klinische, soziodemographische und anthropometrische Daten erfasst und eine Nüchternblutabnahme durchgeführt.
Ergebnisse: Personen mit BP berichteten nicht nur über häufigeres food craving insgesamt, sondern auch über häufigeres Verlangen nach fettreichen Speisen, Süßem, Kohlehydraten und Fastfood. Das Verlangen nach Fastfood korrelierte mit den Werten des Beck-Depressions-Inventar (r = .22, p = .008) und der Hamilton-Depressions-Skala (r = .19, p = .023). Bei weiblichen Personen mit BP fand sich außerdem eine signifikante negative Korrelation zwischen Ghrelin-Serumspiegeln und dem food craving insgesamt (r = .40, p = .006) sowie dem Verlangen nach fettreichen Speisen (r = .32, p = .027), Kohlehydraten (r = .33, p = .022) und Fastfood (r = .46, p = .016).
Schlussfolgerung: Die vorliegende Untersuchung gibt Hinweise auf die klinische Relevanz von food craving bei Personen mit BP. Obwohl aufgrund des Studiendesigns derzeit keine Rückschlüsse auf die Kausalität gezogen werden können, könnte der Zusammenhang zwischen dem Verlangen nach Fastfood und depressiver Symptomatik neue Erkenntnisse in der Prävention und Behandlung von Krankheitsepisoden liefern.