Die mit Unterstützung der DGPPN 2018 veröffentlichten S3-Leitlinien ADHS spiegeln den derzeitigen Wissens- und Erfahrungsstand über die Behandlung von ADHS im Erwachsenenalter wider. Das Spektrum pharmakologischer und nicht-pharmakologischer Behandlungsoptionen der ADHS wird jedoch ständig erweitert. In dem Symposium werden einige innovative, derzeit in Erprobung befindliche Behandlungsansätze vorgestellt und die Entwicklungen in der Behandlung von erwachsenen ADHS-Patienten aufgezeigt.
Im ersten Vortrag von A. Philipsen (Bonn) wird ein Selbstmanagement-Programm vorgestellt, das durch eine App technisch unterstützt wird. Erfahrungen aus dem AWARE-Programm und erste Ergebnisse zur Akzeptanz und Behandlungseffekten werden zur Diskussion gestellt. Der zweite Vortrag von W. Retz (Homburg) behandelt die sich in den letzten Jahren durch die Zulassung verschiedener Medikamente im Erwachsenenbereich erweiterten Behandlungsmöglichkeiten der ADHS. Es wird auch auf Substanzen eingegangen, die derzeit in klinischen Studien erprobt werden und zur Frage Stellung genommen, ob sich innovative pharmakologische Behandlungsmöglichkeiten abzeichnen. A. Fallgatter (Tübingen) stellt einige Studien vor, in denen die Behandlungseffekte einer NIRS-basierten Neurofeedback-Behandlung bei Erwachsenen mit ADHS untersucht wurden. Vor- und Nachteile dieser Variante des Neurofeedback werden diskutiert. Im letzten Vortrag des Symposiums wird S. Kittel-Schneider (Frankfurt) die Möglichkeiten aufzeigen, durch stressreduzierende Maßnahmen und Stressmanagement auf die ADHS-Symptomatik und Komplikationen bzw. komorbide Störungen der ADHS Einfluss zu nehmen. Anhand von Studienergebnissen wird unter anderem gezeigt, wie bei ADHS-Patienten stressbedingte Veränderungen des Cortisol-Spiegels mit dem Risiko für Unfallereignisse zusammenhängen. Hieraus ergeben sich praktischge Konsequenzen für die die Behandlung von ADHS-Patienten.
Stressreduktion als therapeutischer Ansatz bei ADHS im Erwachsenenalter
Sarah Kittel-Schneider, Frankfurt am Main (Germany)
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Autor:in:
Sarah Kittel-Schneider, Frankfurt am Main (Germany)
Erwachsene Patienten mit Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) leiden im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung vermehrt unter chronischem psychosozialen Stress, was unter anderem mit dem Trierer Inventar zum chronischen Stress (TICS) abgefragt werden kann. Auf biologischer Ebene korreliert dies mit erniedrigten Morgen-Cortisolwerten im Vergleich zu gesunden Kontrollen, was als Zeichen einer chronisch dysregulierten Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse gewertet werden kann. Verstärkt werden diese Befunde durch comorbide psychiatrische Erkrankungen, können aber auch bei ADHS ohne Komorbidität gefunden werden. Frühere Untersuchungen konnten zudem zeigen, dass ADHS Patienten Schwierigkeiten haben, sich nach akuten Stresssituationen davon zu erholen. In einer eigenen Studie, in der wir ein Screening für ADHS in einer Population von Unfallopfern durchführten, zeigte, dass die Unfallopfer mit ADHS signifikant häufiger als die Unfallopfer ohne ADHS angaben, dass vermehrter Stress direkt vor dem Unfallereignis bestanden hatte. Daraus kann man die Hypothese aufstellen, dass psychosozialer Stress möglicherweise die ADHS Kernsymptome (Aufmerksamkeitsdefizit, Hyperaktivität, Impulsivität) verstärkt und dies wiederum zu des auch aus vorherigen Studien gut belegten erhöhten Unfall- und Verletzungsrisikos bei ADHS Patienten beiträgt. In eigenen Studien konnten wir die Reduktion der TICS Werte durch Stimulantienmedikation bei erwachsenen ADHS Patienten zeigen und auch ist bekannt, dass Stimulantieneinnahme die Unfall-und Verletzungswahrscheinlichkeit reduziert. Bisher gibt es aber noch kaum Studien, wie sich psychoedukative und psychotherapeutische Stressbewältigungsmaßnahmen auf die Lebensqualität und das Stressempfinden bei ADHS Patienten im allgemeinen und auf die Reduktion von Unfällen im Besonderen auswirken. Dies könnte in der Zukunft zusätzlich zur Medikation ein vielversprechender Ansatz zur Prävention von Komorbiditäten und Komplikationen sein.